JURAcon Jahrbuch 2011

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Anwaltsmarkt der Zukunft

und standardisierte Abläufe einführen. Rechtsabteilungen werden in Zukunft mehr und besser gemanagt werden. Für alle Syndizi bedeutet das im Umkehrschluss mehr Verantwortung, Leistungsdruck und zeitlicher Einsatz. Die Belastungsspitzen der Anwälte in Großkanzleien werden sie zwar auch in Zukunft kaum erreichen. Doch der Traum vom geregelten Job als Unternehmensjurist ist ausgeträumt. Syndikusanwalt zu sein, ist keine Lifestyle-Option mehr – aber eben auch kein unkreativer Bürojob. Neuordnung der Machtverhältnisse Auch die deutschen Anwälte bleiben von dieser Entwicklung nicht verschont. Wenn Partner renommierter Kanzleien heute die Veränderungen bei ihren Auftraggebern leichtfertig vom Tisch wischen, verkennen sie, dass eine effizient arbeitende Rechtsabteilung auch an die externen Berater neue und härtere Anforderungen stellt. Das beginnt bei einer transparenten Honorarabrechnung und endet bei einer strukturierten Beraterauswahl, die lange gewachsene Vertrauensbeziehungen hinterfragt. Die Rechtsabteilungen legen seit der Finanzkrise ein deutlich differenzierteres Verhalten bei Mandatierungen an den Tag. Als dessen direkte Folge verändern sich die Beziehungen zwischen Klient und Kanzlei dramatisch. Bislang profitierten vor allem die Kanzleien, weil den Rechtsabteilungen kaum eine andere Möglichkeit blieb, als für die ausgelagerte Highend-Arbeit auch hohe Stundensätze zu bezahlen. Mit der Krise nahm jedoch der Wettbewerb unter den Kanzleien deutlich zu. Zusätzlichen Druck auf die Kanzleien üben die Rechtsabteilungen aus, wenn sie heute auch anspruchsvolle Arbeit selbst erledigen, für die sie noch vor zwei Jahren viel Geld an die Kanzleien überwiesen haben.

Syndikusanwalt zu sein ist keine Lifestyle-Option mehr – aber eben auch kein un­k reativer Bürojob.

Groß oder klein – Großkanzlei oder Boutique? Suchen die Rechtsabteilungen ihre Berater zunehmend sorgfältiger und kostenbewusster aus, wähnen sich kleine, spezialisierte Kanzleien gerne im Wettbewerbsvorteil. Darüber hinaus bietet aus Sicht vieler Anwälte das Konzept der unabhängigen Boutique wesentliche Vorteile gegenüber der Arbeit in einer Großkanzlei. Gegen Letztere entscheiden sich Anwälte etwa, wenn dort der Partnertrack verstopft scheint, wenn aufgrund der eigenen Spezialisierung auf bestimmte Rechtsgebiete wenig Mehrwert zu heben ist oder weil mehr Rücksicht auf Interessenskonflikte mit anderen Praxisbereichen gefordert wird. Auch in diesem Jahr gab es in Hamburg, Frankfurt oder Düsseldorf wieder eine ganze Reihe Ausgründungen aus größeren Kanzleien. Dieser Trend ist für Berufseinsteiger überwiegend positiv zu bewerten. Denn erstens wird durch die vielen Ausgründungen die Kanzleilandschaft vielfältiger und mit ihr das Angebot an attraktiven Arbeitgebern zwischen Großkanzlei, Spezialkanzlei mit langer Tradition und kleinen, jungen Sozietäten mit Großkanzlei-Hintergrund. Partner in Letzteren verfügen häufig über eine hohe Sensibilität für Ausbildungs-, Personal- und Karrierethemen. Interessant ist aber auch, dass sich diese Anwälte nicht für den Wechsel in irgendeine x-beliebige andere Kanzlei entschieden haben, sondern für den Weg in die

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