IPPNW forum 139/2014 – Die Zeitschrift der IPPNW

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FRIEDEN

„U-Boot-Lieferungen an Israel thematisieren“ Interview mit Sharon Dolev, Direktorin der Abrüstungskampagne „Israeli Disarmament Movement“ forum: Die deutsche IPPNW-Sektion hat die Gewalteskalation des israelisch-palästinensischen Konfliktes mit großer Sorge beobachtet. Was waren die Forderungen der israelischen Friedensbewegung?

Dolev: Falls die Frage auf den Konflikt abzielt – es gibt eine größere Minderheit von Israelis, die einen Waffenstillstand, den Stopp der Bombardierung Gazas und ein ehrliches Eintreten für eine nachhaltige Konfliktlösung gefordert haben.

Sharon Dolev: Es gibt keinen Zweifel an einer Eskalation der israelisch-palästinensischen Beziehung. Die Situation ist höchst beunruhigend und erschütternd. Ich denke nicht, dass wir behaupten können einen einheitlichen Forderungskatalog der Friedensbewegung in Israel zu haben, einfach, weil es keine einheitliche Friedensbewegung gibt. Ein Teil verlangte ein stärkeres Engagement im Rahmen der Waffenstillstandsgespräche, ein anderer Teil forderte die Aufhebung der Besatzung. Andere glaubten, dass es ohne Gespräche mit Präsident Abbas keine Lösung des Konflikts geben kann. Andere wie Mossi Raz, der Kopf des NGO-Friedens-Forum in Israel, forderten den Stopp der gezielten Tötungen durch die Israel Security Forces (ISF), die Zustimmung zu einem Flughafen und Hafen in Gaza, Arbeitserlaubnis für Palästinenser in Israel und Verhandlungen über eine Zweistaatenlösung. Die „Israelische Abrüstungsbewegung“ forderte, dass die israelischen Verteidigungsstreitkräfte aufhören sollten, die Waffenruhe zu brechen. Selbst wenn die Hamas Raketen auf Israel abfeuert, sind wir entschieden gegen den massiven Beschuss und die Bombardierung von Wohngebieten in Gaza, bei denen Tausende Zivilisten verwundet und getötet werden. Auch nur ein einziges verletztes Kind ist eines zu viel. Es gibt in der Anti-Atomwaffen-Bewegung weltweit das Motto, dass Städte generell kein Ziel sein dürfen. Dieses Motto trifft auch in diesem Fall zu.

Falls die Frage auf die Abrüstungskampagne abzielt: Es gibt eine kleine Gruppe Israelis, die die Ziele der Kampagne für einen Bann nuklearer Waffen und eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Nahen Osten unterstützt. Unsere erklärten Unterstützer belaufen sich auf ungefähr 300, einige von ihnen sind Knesset-Mitglieder. Zwei Abgeordnete gründeten während des Besuchs von Dr. Ira Helfand (Ko-Präsident der IPPNW) in Israel die erste Lobbygruppe für die Abschaffung der Atomwaffen. An einer Demonstration vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv haben sich etwa 350 Menschen beteiligt, wir haben ungefähr 200 Abonnenten für unseren Newsletter und 3.000 Follower auf unserer FacebookSeite. In der Regel berichten wir selbst über unsere Aktivitäten, außer wir veranstalten ein Ereignis, dass die Medien nicht einfach ignorieren können. Es scheint, als ob die Mainstream-Medien immer noch Angst vor dem Atomthema haben – aus zwei Hauptgründen: Auf der einen Seite ist es immer noch ein Tabu-Thema, und auf der anderen mögen es Reporter nicht, über etwas zu schreiben, von dem sie nicht viel verstehen. Während die Regierung in Israel uns quasi als Verräter sieht, haben wir es trotzdem geschafft, eine regelmäßige Beziehung zu israelischen Offiziellen aufzubauen, die uns nicht unbedingt mögen – aber dennoch ein Interesse am gelegentlichen Austausch der Sichtweisen haben. forum: In sozialen Netzwerken in Israel wurde nach der Entführung der drei israelischen Jugendlichen gezielt zur Gewalt gegen Araber und sogar zum Mord aufgerufen. Wie groß ist der Rassismus in der israelischen Bevölkerung?

forum: Wie groß ist die Unterstützung in der israelischen Bevölkerung und wie viele Menschen beteiligen sich an den Aktionen?

Dolev: Man kann eine starke Zunahme feststellen: Seit den Kidnappings und den Morden an den drei Jugendlichen wird in sozialen Netzwerken oder durch Rechte auch zur Gewalt oder gar Mord an israelischen Linken aufgerufen. Rassismus gehörte immer ein Stück weit zur israelischen Gesellschaft, zwischen Juden und Arabern und auch unter Juden selbst. Jüngste Entwicklungen spiegeln sich vordergründig in drastischen Drohungen wieder – als wären sie nach den Entführungen und Morden legitim. Andererseits haben diese extremen Aufrufe und Aktionen viele Menschen, die sonst nicht involviert waren, dazu bewegt – schockiert von der schrecklichen Eskalation – auf die Straße zu gehen oder auf andere Weise gegen verbale oder physische Angriffe auf Palästinenser zu protestieren.

SHARON DOLEV UND DR. IRA HELFAND (KOPRÄSIDENT DER IPPNW) SPRECHEN IN DER KNESSET ÜBER DIE FOLGEN EINES REGIONALEN ATOMKRIEGES.

Forum: Wie und was versucht Ihr als Friedensbewegung dagegen zu setzen? 10


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