Jahresbericht
2008 2009 2010 2011
Erzeugerring Westfalen
2010
Franz-Josef Hüppe, Aufsichtsratsvorsitzender
Jahresbericht
Liebe Berufskolleginnen und -kollegen, sehr geehrtes Mitglied,
VORWORT
das Wirtschaftsjahr 2009 – 2010 ist so gut wie abgeschlossen. Wir können feststellen, dass dieses Jahr hätte besser sein können, aber wir Schweinehalter sind mit diesem Ergebnis mäßig zufrieden! In Anbetracht dessen, dass die Schweineproduktion im letzten Jahr wieder ordentlich zugelegt hat – besonders in der Mast (Selbstversorgungsgrad von 110 %) – haben die Betriebe im vor- und nachgelagerten Bereich einen guten Job gemacht. Die Schlachtunternehmen haben es geschafft, die hohen Stückzahlen an Schweinen zu verarbeiten und zu vermarkten. Die Unternehmen haben neue Wege im Export aufgemacht. Das Wachstum auf den landwirtschaftlichen Betrieben steigt bei vielen weiter an. Hier muss man sich schon mal fragen, welche Größe ist noch gut?? Unsere Mitarbeiter begleiten Sie natürlich auch hier in allen Fragen. Gerade in der letzten Zeit haben sich viele Berater spezialisiert. Sie können Sie bei Fragen zur Wirtschaftlichkeit, Finanzierung, Baumaßnahmen, Lüftung und vielen Dinge mehr, die dieses Themenfeld umfasst, beraten. Sprechen Sie uns an. Wenn die Ackerbaubetriebe von guten Preisen sprechen, heißt das für die Veredlungsbetriebe teureres Futter. Die DKFL sind zurzeit überhaupt nicht zufriedenstellend. Das letzte Glied in der Kette sind dann immer wieder die Ferkelerzeuger, die für die Mäster gute und billige Ferkel produzieren sollen. Hier wäre es schon gut, wenn die Solidarität etwas größer unter den Veredlern wäre. Wir wissen aber alle, dass der Markt den Preis gestaltet. Ich wünsche Ihnen, dass sich die finanzielle Situation zum Positiven entwickelt, sodass Sie mit Ihrer Familie und Ihren Mitarbeitern auch weiterhin Spaß an der Arbeit in Ihrem Betrieb haben.
Franz-Josef Hüppe Aufsichtsratsvorsitzender
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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2010 Jahresbericht
Seite 6
Ferkelerzeugung - Jahresergebnisse 2009/2010 Reinhard Hinken, Erzeugerring Westfalen
Seite 7
Schweinemast - Jahresergebnisse 2009/2010 Georg Freisfeld, Erzeugerring Westfalen
Seite 9
Konditionierung der heutigen Hochleistungssauen Sabrina Möller, Erzeugerring Westfalen
Seite 11
Fließfutter: TS-Gehalte sind oft falsch Prof. Dr. Mechthild Freitag, Georg Freisfeld, top agrar
Seite 12
Closed Herd Johannes Strukamp, GFS-Katalog
Seite 16
Fette Bäuche – magere Erlöse Gerburgis Brosthaus, Landwirtschaftliches Wochenblatt
Seite 18
Trockenfutter: Hygiene ist kein Selbstläufer Christine Kolle, top agrar
Seite 21
Auswertung und Controlling ist Grundlage für eine effiziente Mast Bernhard Walgern, Agravis
Seite 24
Schadnager und Insekten müssen ständig bekämpft werden Dieter Jürgens, Agravis
Seite 26
Homöopathie im Schweinestall – auch etwas für mich? Edda Hübert, Dipl. Ing. agr. und Tierheilpraktikerin
Seite 29
Veterinärmedizin „Made in Germany“ Dr. Andreas Becker, IDT
Seite 30
Nie mehr Fliegen im Stall – Ein Traum? Dipl. Ing. agr. Anna-Catharina Heitgress, Menno Chemie
Seite 32
Genomische Selektion beim Schwein – von der Utopie zur Realität Dr. Holger Looft, PIC
Seite 34
Der Ebereinsatz im DanZucht-System Cindy Nowatzki, TGZ
Seite 36
Smartphone versus Erfahrung? Carsten Bergstedt, (M. A.), WEDA
Seite 38
IMPRESSUM
INHALT
Geschäftsbericht 2010 Ulrich Meierfrankenfeld, Erzeugerring Westfalen
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Herausgeber: Erzeugerring Westfalen, Am Dorn 10, 48308 Senden-Bösensell, Telefon: 0 25 36 / 34 27-0, Telefax: 34 27-20 verantwortlich Dipl.-Wirt.-Ing. Ulrich Meierfrankenfeld, Geschäftsführer für den Inhalt: meierfrankenfeld@erzeugerring.com Redaktion: Sabine Bartling, Erzeugerring Westfalen Bildnachweis: Autoren, ERW, Landwirtschaftliches Wochenblatt Konzept, Realisation: Vera Schäper Druck: Druckerei Limberg KG © 2010 Erzeugering Westfalen. Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Herausgebers / Autors. Die mit Autorennamen versehenen Beiträge geben die Meinung der jeweiligen Verfasser wieder und sind keine Texte des ERW. Bei Anregungen oder Diskussionsbedarf wenden Sie sich bitte an die jeweiligen Autoren.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Seite 42
Hohe Absetzgewichte – ein „Muss“ für optimale Leistungen in Ferkelaufzucht und Mast Manfred Pudlik Dipl. Ing. agr. (FH), Bröring Unternehmensgruppe
Seite 44
Aus zwei wird eins – ein Mischimpfstoff in der Anwendung Regina Bartel, Boehringer Ingelheim; Dr. Heike Engels, Agrarjournalistin
Seite 48
Chancen durch kostengünstigen Neuaufbau des Bestandes Lars Eggen, JSR
Seite 52
Wie aggressiv sind die männlichen Mastschweine wirklich? Prof. Dr. M. Zitron, Fachhochschule Soest
Seite 55
Die Wiederauferstehung einer tot geglaubten Erkrankung – Glässer Thorsten Bekendorf, Pfizer
Seite 58
Leistungsschub nach Intensivberatung Fred Schnippe, SUS
Seite 60
Langfristige Existenzsicherung im geschlossenen System Eduard Eissing, Martin Gerdes, TOPIGS SNW
Seite 63
Angepasste Versorgungsempfehlungen für die Mast im Rechenmeister für die Schweinefütterung 2010 Dr. Gerhard Stalljohann, LKW NRW
Seite 66
GERMAN PIETRAIN – eine Marke steht für Qualität Albrecht Weber, ZEG
Seite 68
Mitglieder des Vorstandes, Mitglieder des Aufsichtsrates, Mitarbeiter der Geschäftsstelle Senden
Seite 70
Ringberater
Seite 71
Mitglieder werben Mitglieder
Seite 74
Jahresbericht 2009 Erzeugerring Westfalen
2010
NEU: Die Spermatube mit UV-Schutz Josef Brüninghoff, GFS
Jahresbericht
Seite 40
INHALT
Abschlussprüfung für Prinzessinnen Christoph Vornholt, Hubert Henne, BHZP
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2010 Jahresbericht Geschäftsbericht
Geschäftsbericht 2010 Aktivitäten im vergangenen Jahr
Geschäftsführer
Das Genossenschaftsprinzip Der Erzeugerring Westfalen ist eine eG, eine eingetragene Genossenschaft. Das bedeutet, die Mitglieder sind die Eigentümer. Die Aktivitäten unserer Genossenschaft dienen den Mitgliedern. Das ist der Sinn unserer Arbeit. Jeder Mitarbeiter weiß das. Dabei ist es egal, ob wir uns in einer Kommission um die „Bester verfügbare Technik“ einbringen, an verschiedensten Stellen uns mit der Ebermast beschäftigen und darüber aufklären, ob wir uns verschiedenen Gremien über das Kopieren von Schwänzen einbringen oder versuchen über den Landesverband einen Betriebsbesuch mit unserem Minister zu organisieren. Immer haben wir Ihr Interesse im Hinterkopf und setzten uns für Ihre Belange ein. Mitgliedschaft im Erzeugerring ist noch einiges mehr als regelmäßige Besuche der Berater auf den Betrieben, es ist eine umfassende Betreuung.
Frauenworkshop „Von Frauen für Frauen“ war das Motto des Workshops, den unsere Beraterinnen Kristin Fechler, Henrike Freitag, Sabrina Möller und Katrin Westermann in Borken und in Meerhof mit einer Gruppe mitarbeitender Betriebsleiterinnen durchgeführt haben. Schwerpunktthema war die Erstversorgung von Ferkeln. Schnell wurde klar, dass in einer reinen Frauenrunde etwas anders diskutiert wird. Die Gespräche waren sehr offen. Alle Beteiligten konnten mit neuen Erkenntnissen und Eindrücken die Arbeit im eigenen Stall optimieren.
Sauenworkshop Im Oktober trafen sich unsere Sauenberater, um sich intensiv von Sauenberater zu Sauenberater auszutauschen. Dabei waren praktische Fallbeispiele und persönliche Erfahrungen jedes einzelnen sehr hilfreiche Mittel. Im Kern wurde sich damit beschäftigt, wie die Beratung der Sauenbetriebe weiterentwickelt werden kann, um den Nutzen für Sie als Sauenhalter weiter zu steigern. Wir liefern Daten und Fakten, die so keine andere Organisation liefern
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Ulrich Meierfrankenfeld,
kann. Dieses Alleinstellungsmerkmal wollen wir weiter zu Ihrem Nutzen ausbauen.
Cluster-Projekt Cluster bedeutet „Gruppe“. Wir, der Erzeugerring Westfalen, sind an dem Gruppen-Projekt “Gesunde Tiere gesunde Lebensmittel“ beteiligt. Der WLV, der Tiergesundheitsdienst, die Fachhochschule Südwestfalen in Soest, die GFS, IQ-Agrar und die Schlachthöfe Westfleisch und Tönnies beteiligen sich. Es handelt sich um ein von vom Land und von der EU gefördertes Projekt. In geschlossenen Systemen und in festen Beziehungen zwischen Sauenhaltern und Mästern wird in den nächsten drei Jahren mit der Hilfe aller Beteiligten genau geschaut, wie erfolgreich und mit welchem Gesundheitsstatus die Tiere von der Besamung bis zur Schlachtung sind. Es soll herausgearbeitet werden, welche Maßnahmen die Tiergesundheit verbessert haben und welche nicht erfolgreich waren. Eine Maßnahme kann der gezielte Einsatz von Medikamenten bedeuten, genauso wie die Veränderung einer Impfstrategie aber auch eine Veränderung im Management, die eine vorher übliche Medikamentengabe überflüssig macht kann gemeint sein. Wir hoffen, dass wir aus diesem Projekt Erkenntnisse ziehen, die so praktikabel sind, dass sie für Ihren Betrieb Erfolg bedeuten.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Ammentag 2010 Im November haben wir einen Ammentag 2010 in Gescher organisiert. Neben der Technik haben wir auch Praktiker zu Wort kommen lassen. Diese Vorträge von Praktikern haben die Veranstaltung zu einem vollen Erfolg werden lassen. Dieses Thema „Amme“ wird für jeden Sauenhalter in den nächsten Jahren ein Thema werden, mit dem er sich auseinandersetzen muss. Denn die Fruchtbarkeit der Sauen wird immer mehr gesteigert und somit wächst auch die Zahl der geborenen, zu versorgenden Ferkel.
Verabschiedung von Frau Martin Nach 15 Jahren verlässt uns Frau Martin. In dieser Zeit war sie verantwortlich für die Buchhaltung und das Controlling. Auch wenn Sie als Mitglieder sie nie direkt zu Gesicht bekommen haben, hatten Sie letztlich bei jeder Rechnung und bei einer Reihe von Rundschreiben Kontakt mit ihr. Jetzt geht sie in den Ruhestand und wir werden sie vermissen. Auf diesem Weg unseren herzlichen Dank und alles Gute für die Zukunft.
Ferkelerzeugung – Jahresergebnisse 2009/2010
Die Ferkelnotierungen hatten ihren typischen saisonalen Verlauf. Zum Herbst 2009 fielen sie kontinuierlich bis sie in Oktober 2009 ihren niedrigsten Stand mit 35,- € je 25-kg Ferkel (Notierung: ø NRW) erreichten. Danach stiegen sie wieder langsam an. Von Februar 2010 bis Mitte Juni 2010 konnte lange der Höchststand von 49,€ gehalten werden, um dann auf einen augenblicklich neuen Tiefststand von 33,- € (Oktober 2010) zu fallen. Die Direktkostenfreie Leistung (DKfL) von 582,- € je Sau und Jahr lag um 56,- € höher als das 10-Jahres-Mittel von 526,- € je Sau (Tabelle 1). Der Ferkelerlös fiel im letzten Wirtschaftsjahr zwar um brutto 5,40 € je Ferkel niedriger als im Jahr davor aus. Dafür lagen die variablen Kosten je Ferkel um 3,30 € niedriger. Dies ist vor allem durch niedrigere Gesamtfutterkosten begründet (-3,10 € je Ferkel bzw. -57 € je Sau).
WJ
00/01 01/02 02/03 03/04 04/05 05/06 06/07 07/08 08/09
09/10 Mittel 10 Jahre
Betriebe
Außer den Remontierungskosten sind alle anderen Kosten gestiegen. Es zeigt sich aber, dass die gesunkenen Direktkosten den Mindererlös beim Ferkelverkauf nicht ganz kompensieren konnten.
Die biologischen Leistungen sind auch dieses Jahr weiterhin gestiegen Niedrigere Stückkosten bei den Ferkeln kamen auch dadurch zustande, dass die biologischen Leistungen wieder einmal deutlich gesteigert werden konnten. Die Grenze von 25 abgesetzten Ferkeln je Sau und Jahr ist überschritten. Die genetische Leistungsfähigkeit der Sauen nimmt weiterhin zu. Dies zeigt sich durch eine Verbesserung der Fruchtbarkeit in den Sauenherden. Innerhalb eines Jahres konnten die beim Erzeugerring Westfalen organisierten Betriebe die lebend geboren Ferkel je Wurf von 12,1 auf 12,5 erhöhen. Bei tendenziell leicht verbesserter Wurffolge und gleichbleibender Überlebensrate der Ferkel konnte die Zahl der abgesetzten Ferkel je Sau und Jahr um 0,7 auf 25,0 bei den Betrieben mit Verkauf von schweren Fer-
Sauen
je Sau und Jahr
Ferkelverluste
keln gesteigert werden (Betriebstyp 1). Die Betriebe mit Verkauf von Absatzferkeln (sind in Tabelle 1 nicht enthalten) konnten sogar 25,6 Ferkel je Sau und Jahr absetzen.
Die guten Betriebe werden immer besser Im Diagramm 1 wird die Entwicklung der biologischen Leistungen (hier: abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr) bei drei Kategorien von Betrieben über einen Zeitraum von fünf Jahren dargestellt. Hierbei handelt es sich um Betriebe, die schwere Ferkel und/oder Absatzferkel verkauften. Die blaue Säule stellt den Durchschnitt aller Betriebe (Ringschnitt), die rote Säule das obere Viertel (Top 25 %) und die grüne Säule die oberen 10 % der Betriebe (Top 10 %) dar. Letztere haben die meisten Ferkel je Sau und Jahr absetzten können. In diesen fünf Jahren gab es allgemein eine „rasante“ Entwicklung bei den biologischen Leistungen. Gleichzeitig nahm die Anzahl der produktiven Sauen je Betrieb von Jahr zu Jahr deutlich zu. Am stärksten wuchsen die
Ferkelverkauf
2,27 2,27 2,28 2,28 2,30 2,30 2,31 2,33 2,34
abges. Ferkel 21,0 21,1 21,4 22,0 22,3 22,7 23,7 24,3
aufgez. Ferkel 20,4 20,3 20,3 20,5 21,2 21,5 21,9 22,8 23,5
gesamt in % 15,9 16,6 17,6 17,5 17,2 17,3 17,7 17,6 17,3
17,2
29,9
2,03
-
21,7
17,2
29,4
2,01
Typ I *)
je Betr.
Würfe
324 319 295 268 260 239 233 230 209
131 138 146 150 158 158 163 173 182
211
195
2,35
259
159
2,30
25,0
24,2
2010 Jahresbericht
Erzeugerring Westfalen
Futter je Sau
Erzeugerring
Das Wirtschaftsjahr 2009/ 2010 (WJ 09/10) war über zehn Jahre gesehen, ein überdurchschnittlich gutes Jahr.
Reinhard Hinken,
je Sau und Jahr
kg je Tier
EUR je kg
dt
EUR
28,1 28,5 29,1 29,3 29,4 29,9 29,9 30,2 29,6
2,31 2,22 1,82 1,71 2,09 2,03 2,00 1,66 2,24
11,4 11,5 11,7 11,9 11,9 11,9 12,1 12,0 12,1
12,1
212,216,210,232,212,211,229,331,301,-
256,-
Aufwand EUR 719,750,739,777,772,780,841,1007,1009,-
960,-
582,-
11,9
241,-
835,-
526,-
DKfL **) 703,617,411,332,614,603,552,204,637,-
Tabelle 1: Entwicklung der Ferkelerzeugung in den vergangenen 10 Jahren *) Typ I: Die Daten dieser Betriebe wurden im ganzen Wirtschaftsjahr erfasst und ausgewertet. Nur Ferkelerzeuger mit Ferkelaufzucht. **)DKfL = Direktkostenfreie Leistung. Gilt ab WJ 2001/2002. Wegen veränderter Bewertung der Tierbestände ist die DKfL nicht unmittelbar mit den Deckungsbeiträgen der Vorjahre vergleichbar.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
7
2010 Jahresbericht Erzeugerring Diagramm1: Entwicklung der nach biologischen Leistungen überdurchschnittlichen Betriebe
Top 10%-Betriebe. Sie hielten im letzten Wirtschaftsjahr durchschnittlich 320 Sauen.
Kein Abflachen der Leistungskurven in Sicht Bemerkenswert ist, dass während dieser fünf Jahre der Abstand bei den abgesetzten Ferkeln zwischen dem Ringschnitt und den Spitzenbetrieben nicht geringer wurde. Bei den leistungsmäßig oberen zehn Prozent der Betriebe wurden etwa 3,5 Ferkel gegenüber dem Ringschnitt mehr abgesetzt. Im WJ 09/10 waren es immerhin 28,6 abgesetzte Ferkel je Sau und Jahr. Das obere Viertel konnte den Abstand zum Ringschnitt im Verlauf der letzten fünf Jahre noch vergrößern. Bis zum WJ 2007/2008 setzten sie ein halbes Ferkel mehr ab. In den letzten beiden Wirtschaftsjahren wurden 2,4 Ferkel (WJ 08/09) bzw. 2,3 (WJ 09/10) Ferkel mehr abgesetzt als der Durchschnitt des gesamten Erzeugerringes Westfalen. Dies zeigt, welche Reserven in Hinblick auf die biologischen Leistungen bei vielen Betrieben noch stecken. Es muss allerdings darauf hingewiesen, dass eine Leistungssteigerung
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um jeden Preis ökonomisch nicht immer sinnvoll ist. Der Grenznutzen nimmt dann mit zunehmender Ferkelzahl ab und kann unter Umständen gegen Null tendieren. Wo der Grenznutzen bei steigenden Kosten aufhört, sollten Sie am besten anhand Ihrer betriebsindividuellen Zahlen mit Ihren Berater besprechen.
Was trägt zur Verbesserung der Leistung bei? Eine Grundvoraussetzung für gute Leistungen sind überdurchschnittlich große Würfe. Hier hat es in den letzten Jahren große züchterische Fortschritte gegeben. Überdurchschnittlich bedeuten hier mindestens 12,5 bis 13,0 lebend geborene Ferkel je Wurf. Hierunter darf natürlich nicht die Überlebensrate bis zum Absetzten bzw. bis zum Verkauf der Ferkel „leiden“. Nach unseren Auswertungen der Schlüsselzahlen hat sowohl der Einsatz der künstlichen Amme als auch das Beifüttern von Milch in den ersten Lebenstagen der Saugferkel zum Erfolg geführt. Dies war besonders dann der Fall, wenn man um die 13,0 lebend geborene Ferkel je Wurf hatte. Gleichzeitig konnten die Gesamtverluste unter dem Ringschnitt gehalten werden.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Bei größeren Betrieben wird die regelmäßige Geburtseinleitung immer mehr zur Routine. Die Betriebe, die eine gezielte Geburtsüberwachung durchführten, konnten 0,9 Ferkel mehr je Sau als der Ringschnitt absetzten. Mit der Verlustrate lagen sie bis zum Verkauf der Ferkel um 1 % niedriger als im Mittel aller Betriebe. Beim Produktionsrhythmus waren die Betriebsleiter am erfolgreichsten, die den 4-Wochen-Absetzrhythmus praktizierten.
Fazit: • Das Wirtschaftsjahr 2009/2010 war ein überdurchschnittlich gutes Jahr. • Die gesunkenen Direktkosten konnten den Mindererlös bei den Ferkeln nicht ausgleichen. • Die guten Betriebe wachsen am stärksten. Ein Abflachen der Leistungskurve über einen Zeitraum von fünf Jahren ist nicht zu erkennen. • Die Kosten sollten immer im Blick behalten werden. • Große Würfe erfordern eine sorgfältige Erstversorgung der Saugferkel.
Schweinemast – Jahresergebnisse 2009/2010
WJ
Betriebe*)
91 92 92 93 93 94 94 95 95 96 96 97 97 98 98 99 99 00 00 01 01 02 02 03 03 04 04 05 05 06 06 07 07 08 08 09 09 10
601 591 595 585 575 559 565 542 486 537 532 545 501 508 537 564 585 601 618
Mittel
559
Scheinbar reicht diese aber alles noch nicht aus, jetzt scheinen namhafte Tierschutzvereinigungen mit barer Gewalt eindimensional betrachtete Vorstellungen in die Nutztierhaltung integrieren zu wollen. Wurde doch das Hausschwein seit Jahrhunderten kastriert, um den Genuss des Fleisches sicher zu stellen, soll dieser Eingriff schlagartig verboten werden. Solange aber die geruchsauffälligen Fleischhälften noch nicht sicher erkannt werden können, besteht die Gefahr, dass der Verbraucher und dadurch auch der Markt dieses Fleisch meidet. Die Konsequenz daraus könnte ähnlich wie in der Geflügelhaltung sein, dass die Vermarktungsfähigkeit männlicher Ferkel stark eingeschränkt wird. Im Extrem kann es dazu führen, dass dieses Geschlecht dann keine Lebensberechtigung mehr findet. ... und diese Folge ist das Ergebnis aus mehr Tierschutz? Die Landwirtschaft und gerade der nachgelagerte Bereich benötigen Zeit um Erfahrungen zu sammeln, ansons-
ten wird das Ziel Tierschutz total verfehlt. Der Erzeugerring Westfalen geht offen mit allen Forderungen rund um die Produktionsbedingungen um. Er sucht den Dialog. Das Ziel des Erzeugerring Westfalen ist es, den Schweinehalter nachhaltig für eine erfolgreiche Zukunft zu beraten. Dafür kann der Landwirt niemals zu jung oder zu alt sein. Zu Abb 1 Das abgeschlossene Wirtschaftsjahr ist biologisch als sehr erfolgreich zu bewerten. Die Ein- und Ausstallgewichte sind unverändert zu den Vorjahren gewesen. Nach der Einführung der AFom Abrechnung in mehreren großen Schlachtunternehmen in Nordwestdeutschland werden die Schweine im laufenden Wirtschaftsjahr bei der derzeitigen gängigen AFom Maske mit höheren Gewichten die Mastbetriebe Richtung Schlachtstätte verlassen. Sehr erfreulich sind die weiterhin gesunkenen Mortalitäten in der Mast, die
FutterTierzahl Mastpe- Verlu- Tageszu- Futterverkosten €/kg Mastende riode kg ste % nahme g wertung 1: Zuwachs 636.459 666.648 698.530 710.190 750.967 774.215 830.557 904.056 857.672 982.017 986.328 1.055.120 1.013.523 1.081.024 1.220.993 1.311.864 1.465.076 1.614.887 1.710.006
1.014.217
25-112 26-114 27-115 27-117 27-118 28-119 28-119 28-118 28-118 28-119 28-120 28-120 28-120 28-120 29-120 29-120 29-120 29-121 29-121
27,8-119
3,7 3,8 3,7 3,7 3,8 3,2 3,2 2,9 3,3 3,5 4,2 4,4 4,5 4,2 3,8 3,6 3,27 2,8 2,4
3,6
641 650 658 664 671 687 704 716 722 728 716 720 722 724 730 728 732 752 762
707
3,07 3,05 3,03 3,01 3 2,98 2,95 2,93 2,9 2,9 2,91 2,91 2,91 2,9 2,9 2,9 2,91 2,89 2,88
2,94
2010 Jahresbericht
Erzeugerring Westfalen
0,68 0,65 0,58 0,55 0,54 0,57 0,55 0,47 0,47 0,5 0,5 0,47 0,51 0,45 0,44 0,49 0,73 0,63 0,54
0,54
Ferkelkosten €/kg
Erlös €/ kg SG
2,09
1,35
2,74 1,97 1,71 2,05 2,2 2,56 2,33 1,38 1,85 2,38 2,3 1,91 1,82 2,2 2,12 2,07 1,71 2,3 2,1
1,57 1,21 1,09 1,15 1,24 1,42 1,32 0,82 1,01 1,7 1,48 1,29 1,3 1,51 1,49 1,47 1,51 1,62 1,47
Erzeugerring
Die Anzahl der beratenen Mastbetriebe ist mit 618 so hoch wie nie. Die Anzahl der ausgewerteten Mastschweine hat sich wie in den letzten Jahren auch nochmals erhöht. Hier zeichnet sich der immer weiter anhaltende Strukturwandel ab. Aber auch die Nachfrage, der in Produktion bleibenden, bzw. stark wachsenden Betriebe, nach Beratung nimmt zu. In der Landwirtschaft wachsen die Anforderungen an die Dokumentation über die einzelnen Produktionsschritte in rasantem Tempo. Was die Technik im Stall an Erleichterungen und Zeitersparnissen bringt, wird vom Papierkrieg im Büro wieder aufgezerrt. Landwirtschaft bedeutet schon lange nicht mehr den ganzen Tag körperlich zu arbeiten. Wer erfolgreich einen Veredlungsbetrieb führen will muss auch im Büro seine Unternehmerqualitäten unter Beweis stellen. Der Schweinehalter wird immer mehr zum Lebensmittelproduzent, mit allen Konsequenzen bezüglich der Verantwortung gegenüber dem Verbraucher.
Georg Freisfeld,
Überschuss € je Schwein 35 18 17 17 24 30 20 7 15 34 23 17,5 17,7 30,8 31,5 26,4 18,78 22,61 23,74
22,58
Abb 1
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
9
2010 Jahresbericht Erzeugerring
Einführung der Circoimpfung hat in hohem Maße die Gesundheit der Schweine verbessert. Die Tageszunahmen stiegen abermals, allerdings sind auch die modernen Genetiken nur selten in dem viel verkündeten 900 g Tageszunahmebereich wieder zu finden. Wirtschaftlich wurde der deutlich gesunkene Erlös durch geringere Futterkosten und (leider auch zu Lasten der Ferkelerzeuger) durch einen fallenden Ferkelpreis abgefangen. In 2009 / 2010 erzielten die Mastbetriebe noch einen in den Schnitt passenden Überschuss von 23,74 € je erzeugtem Schwein. Für die gesamte Wertschöpfungskette ist die wirtschaftliche Entwicklung aber als sehr gefährlich zu betrachten. Wenn die heimische Ferkelerzeugung im Familienbesitz kaum noch eine Chance hat, kostendeckend zu arbeiten, stehen den Mästern immer weniger regionale Ferkelbezüge zur Verfügung. Mit Hinblick auf Seuchengefahren und damit verbundenen internationalen Handelseinschränkungen ist der Ferkelbezug aus dem Ausland nicht als dauerhaft „sicher“ zu bezeichnen. Wie die Abbildung 3 zeigt, sind Mäster in einer Direktbeziehung
Verkaufte Mastschweine (Stück) Tageszunahme (g) Futterverwertung (1: ) Muskelfleischanteil (%) IdPkt/kg SG Schlachtgewicht (kg / MS) Verluste in (%) Erlös je verk. MS
erfolgreiche 10 % WJ 08/09 2850 746 2,83 55,5 0,982 96,5 2,6 158,6
erfolgreiche 10 % WJ 09/10 3161 765 2,82 56,5 0,984 96,2 1,6 144,6
Ferkelkosten (€ / Ferkel)
65,4
58,9
53,9
47,5
2,28
1,61
1,35
1,19
nach DKFL
Futterkosten (€ / MS) Verlustkosten (€ / MS) Tierarzt (€ / MS) Gesamtaufwand (€ / MS) Überschuss € je 100 kg Zuwachs
126,07
112,2
35,00
34,85
Abb 2
Tageszunahme g Verluste % IdPkt/ kg SG FVW 1:… Tierarzt Euro / Schwein Überschuß / Schwein
Ferkel aus 1 Betrieb 767 2,3 0,978 2,88 1,75 23,67
Ferkel aus Handel / Spotmarkt 746 3,3 0,968 2,91 2,79 22,56
Abb 3
auch Leistungsmäßig auf der sicheren Seite. Sie erzielten höhere Tageszunahmen, geringere Verluste mit günstigeren Tierarztkosten, bessere Indexpunkte je kg Schlachtgewicht mit einer besseren Futterverwertung. Daraus resultierend erwirtschafteten sie einen um 1,1 € höheren Überschuss je Mastschwein. Abb 2 zeigt die Entwicklung der besten 10 % der Schweinemäster nach Überschuss in den letzten beiden Wirtschaftsjahren. Bei gleichbleibender Futterverwertung konnte die Spitzengruppe ihre Tageszunahmen nochmals um 20 g steigern. Die Verluste wurden um 1,0 % auf 1,6 % zurückgefahren. Hier wird der hohe Gesundheitsstatus der besseren Betriebe noch einmal deutlich sichtbar. Der Überschuss blieb in beiden Jahren bei den besten Betrieben mit knapp 35 € fast gleich.
10
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Leptin ist wichtig Das Fettdepot der Sauen hat in diesem Zusammenhang neben den Aufgaben der Wärmeisolierung und des Organschutzes vor allem auch die Funktion als Speicherort für Vitamine und Hormone. In dieser Funktion ist Fett also auch für Trächtigkeit und Milchbildung ebenso verantwortlich wie für die Fruchtbarkeitsleistung. Somit spielt für die Betriebe Leptin eine wichtige Rolle. Leptin ist ein in den Fettzellen gebildetes Hormon, das direkten und indirekten Einfluss auf den Stoffwechsel, Futteraufnahme, Hormonsekretion, Fortpflanzung und auch das Immunsystem hat. Da Leptin die Ausschüttung von für den Brunstzyklus wichtigen Hormonen (FSH, LH GnRH) stimuliert und die Endausreifung der Tertiärfollikel beeinflusst, ist ein direkter Zusammenhang zwischen Rückenspeckdicke und Fruchtbarkeit vorhanden. Kurz gesagt, bei einem relativ hohen Anteil von Fettgewebe und damit hohen Leptinspiegel im Blut kann somit eine hohe Fruchtbarkeitsleistung erbracht werden.
„Täuschungseffekt“ Die Konditionsbeurteilung findet in den meisten Betrieben auf subjektive Weise durch das geschulte Auge des Betriebsleiters statt. Mittels BCS (Body Condition Score) vergeben die Ferkelerzeuger ihren Sauen Konditionsnoten von 1 (stark abgemagert) bis 5 (stark verfettet). Der BCS-Status im Sauenbestand sollte sich in den Bereichen von mindestens 2,5 zum Zeitpunkt des Absetzens, bis 3,5 bei AS und 4,0 bei JS am 80. Trächtigkeitstag bewegen. Unterkonditionierte Sauen zeigen in der Säugezeit eine gute Futteraufnahme, die jedoch in den meisten Fällen nicht ausreicht, um den Bedarf der Ferkel zu decken. Die Folge daraus ist die Einschmelzung des Körperfetts und daraus resultierende schlechte Fruchtbarkeit. Überkonditionierte Sauen hingegen fallen meist durch verlängerte Geburten mit lebensschwachen Ferkeln, schlechter Futteraufnahme und Milchmangel auf. Doch sind es nicht oft die gut konditionierten Sauen, die Probleme bereiten? Sie zeigen eine Körperfülle, die uns die gewünschten Rückenspeckdicken vortäuscht. In der Praxis werde etwa 25 % der Sauen falsch eingeschätzt. Aus diesem Grund sollte das Auge immer wieder durch die objektive Messung der Rückspeckdicke in den verschiedenen Leistungsabschnitten (Tab 1.) „geeicht“ werden. o o o o o
Erstmalig bei Lieferung der Jungsauen (160.-180. LT) Zur 1. Belegung Mitte der Trächtigkeit Beim Einstallen in den Abferkelbereich und somit zum Abferkeln Beim Absetzen bzw. zum Belegen
Tabelle 1: Messpunkte Rückenspeck
Sauenabgänge vor dem 4. Wurf Nicht unbedingt in den geborenen Ferkel/Wurf bzw. abgesetzten Ferkel/Wurf liegen die großen Unterschiede der Sauen mit „wenig“ Speck und denen mit „ausreichend“ Rückenspeck. Vielmehr in der Anzahl der Sauen, die den 4. Wurf erreichen und somit in der Anzahl der aufgezogenen Ferkel/Sau. So zeigt
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Erzeugerring Westfalen
Erzeugerring
In den Ferkelerzeugerbetrieben wird den funktionalen Merkmalen eine zunehmende Bedeutung beigemessen. Dazu zählen vor allem die Verbleibrate bis zu einer vorgegebenen Wurfnummer, die Nutzungsdauer und Lebensleistung. Moderne Hybridsauen sollen im Durchschnitt 5 bis 6 Würfe, bzw. mindestens 60 verkaufsfähige Ferkel erzielen. Dazu bedarf es niedriger Tierverluste und der weiteren Senkung der ungewollten Sauenabgänge. In mehreren Ferkelerzeugerbetrieben hat sich gezeigt, dass letztere mit gut konditionierten Jung- und Altsauen und mit gezielter Steuerung der Gewichtsentwicklung und Körperzusammensetzung deutlich niedriger ausfallen als in Problembetrieben. Somit bestehen praktisch nutzbare Zusammenhänge zwischen der aktuellen Körperverfassung der Zuchtsauen und ihrer produktiven Fitness.
Sabrina Möller,
Jahresbericht
Konditionierung der heutigen Hochleistungssauen
eine Studie (Kornblum, 1997) , bei der nur 28% der Sauen mit einer mittleren Rückenspeckdicke von weniger als 14 mm den 4 Wurf erreichten. Ebenso sehen wir es häufig in der Praxis, das Sauen zu früh ausscheiden. Der Anteil von Fettgewebe beeinflusst somit entscheidend die Lebensleistung einer Sau. Tiere mit geringen Fettreserven scheiden in der Regel früher aus der Produktion aus als Tiere mit größeren Fettdepots. Damit wird die Wirtschaftlichkeit der sauenhaltenden Betriebe wesentlich beeinflusst. Die Sauen erbringen zwischen dem 3. und 5. Wurf die höchsten Fruchtbarkeitsleistungen. Wenn zu viele Sauen bereits nach den ersten Würfen ausscheiden, verringert sich die Leistung des gesamten Bestandes erheblich. Außerdem fallen höhere Kosten für die Remontierung der Jungsauen an.
Fütterung zur Sicherung ausreichender Fettreserven Bekanntermaßen sind unsere Zuchtsauen in vergangenen Jahren nicht nur viel leistungsfähiger geworden, sondern weisen auch höhere Körpergewichte und eine in Richtung mehr Muskelfleisch und weniger Fettgewebe veränderte Zusammensetzung des Körpergewebes auf. Um somit den Anforderungen an den Energiehaushalt während der verschiedenen Reproduktionsphasen gerecht zu werden, muss die Fütterung auf die einzelnen Phasen und Auffüllung bzw. Erhaltung der Fettdepots ausgerichtet sein. Bereits in der Eingliederungsphase der Jungsauen sollte ein energiereiches Futter (13-13,4 MJME) verabreicht werden, denn die Jungsauen werden in der
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2010 Jahresbericht Erzeugerring
Regel mit einer Rückenspeckdicke von 10-13 mm geliefert und sollten zur Belegung 15-18 mm Rückenspeck aufweisen. Um also einen perfekten Start hinzulegen, muss die Jungsau in den ca. 6 Wochen bis zur Belegung, nun 5 mm an Speck zulegen. Mit einen „normalen“ Tragefutter ist dies nicht möglich. In der Trächtigkeitsphase muss das Hauptaugenmerk der Fütterung darin liegen, den Gewichtsverlust aus der Laktation auszugleichen und gleichzeitig soll für die nächste Laktation eine gute Kondition erreicht werden. Die Sau muss in den ersten fünf Wochen nach der Belegung in Kondition gebracht werden Bei Sauen in sehr guter Zuchtkondition sollten nach dem Absetzen 30 MJME gefüttert werden und bei denen, die sich in einer eher schlechten körperlichen Verfassung be-
finden eine Futtermenge von bis zu 50 MJME täglich. Nach der Belegung ist ein Energiegehalt von wenigstens 28 MJME bis 38 MJME zu empfehlen. Erst ab dem 85. Trächtigkeitstag wird eine erhöhte Futtermenge für das Wachstum der Föten benötigt. Es wird empfohlen die Futtermenge auf 37-45 MJME/Tag zu steigern. Denn wird kein zusätzliches Futter verabreicht, geht Muskelgewebe und Rückenspeck der Sau für das Ferkelwachstum verloren. Zum Abferkeln ist eine Rückenspeckdicke von 19-23 mm anzustreben. Während der Laktation sollte ein energiereiches Futter (>13,2 MJME) eingesetzt werde, um den Verlust der Rückenspeckdicke auf unter 4 mm zu reduzieren! Auf Betrieben mit sehr fruchtbaren Sauen werden diese durch zusätzliche Beifütterung der Ferkel mit
Fließfutter: TS-Gehalte sind oft falsch
Milch etwas entlastet. Aus einem durch die Autorin begleiteten Praxisversuch stellte sich heraus, das Sauen deren Ferkel mit Milch beigefüttert wurden, etwa 1 mm weniger Rückenspeck verlieren als Sauen der Kontrollgruppe.
Fazit: Rückenspeck lässt sich anfüttern! Kontrollieren sie ihre Fütterung und schulen Sie Ihr Auge. Fragen Sie Ihren Berater, Ihren Scanner oder Tierarzt und messen mit ihnen zusammen die Rückenspeckdicke einzelner Sauen in den oben genannten Leistungsstadien. Hierbei ist zu beachten, dass die oben genannten Werte sicherlich nicht bei allen Herkünften gleich sind und variieren können, sie können dennoch als Richtlinie dienen.
Prof. Dr. Mechthild Freitag, Georg Freisfeld top agrar 11/2010
Selten stimmen die tatsächlichen Trockensubstanzgehalte der Flüssigfütterung mit den kalkulierten Werten überein. Eine effiziente Mast ist so nicht möglich. Prof. Dr. Mechthild Freitag und Georg Freisfeld stellen die Ergebnisse einer Projektarbeit vor. Prof. Dr. Mechthild Freitag, Fachhochschule Südwestfalen, Abteilung Soest, Fachbereich Agrarwirtschaft; Georg Freisfeld, Erzeugerring Westfalen An der Projektarbeit beteiligten sich zudem die Agrarstudenten Philip Himmelmann und Johannes Söbbeler.
Schweine lassen sich nur dann bedarfsgerecht versorgen, wenn die kalkulierten Trockensubstanzgehalte (TS-Gehalte) auch in den Futtertrögen wieder zu finden sind. Liegen die tatsächlichen TS-Gehalte unter den berechneten Werten, ist zu viel Wasser in der Mischung und die Schweine werden unterversorgt. Sind die TS-Gehalte in der Futterration zu hoch, kommt es zu einer Nährstoffüberversorgung. Zudem ist das Futter dann unter Umständen nicht mehr fließfähig. In beiden Fällen kann das Futter nicht kosteneffi-
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Die Futterprobe am Ventil wurde gezogen, nachdem ein Drittel des Futters in den Trog gepumpt worden war.
zient eingesetzt und von den Schweinen nicht optimal zur Muskelfleischbildung umgesetzt werden. Die Fachhochschule Soest und der Erzeugerring Westfalen haben im Rahmen einer Projektarbeit in 49 Schwei-
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
nemastbetrieben untersucht, ob das Futter im Anmischbehälter und am Fütterungsventil noch den gleichen TSGehalt aufweist, der zuvor am Computer theoretisch errechnet wurde. Für die Projektarbeit wurden pro Betrieb
Ergebnisse sind alarmierend Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen sind alarmierend. Lediglich in neun von 49 beprobten Betrieben konnte der nach Rezeptur geforderte TS-Gehalt auch an allen Probeentnahmestellen nachgewiesen werden. In den anderen 40 Betrieben waren die Abweichungen zum Teil erheblich. So wiesen 21 Betriebe bereits im Anmischbehälter mehr als 5 % Abweichungen auf. Und zwar lagen diese bei zwölf Betrieben zwischen 5 und 10 %, bei acht Betrieben sogar zwischen 10 und 20 %. Im Extremfall beliefen sie sich auf bis zu 30 %. Dieses Futter hatte statt der für die Nährstoffversorgung notwendigen 22 % TS im Anmischbehälter nur 15,4 % TS und wies somit einen zu hohen Wasseranteil auf. Allerdings wurde teilweise auch zu wenig Wasser zugemischt. In einem Betrieb wurden statt der gewünschten 24,5 % sogar 28 % TS im Futterbrei analysiert. Somit waren diese Schweine deutlich überversorgt. Noch gravierender waren die Unterschiede zwischen der kalkulierten Rezeptur und dem ausdosierten Futterbrei am ersten Ventil. Hier betrugen die Abweichungen bis zu 60 %. Statt der angestrebten 25,6% TS kamen am Ventilauslass bei einem Betrieb nur 10,5 % TS an. Umgekehrt wurden aber auch in einem anderen Betrieb statt der angestrebten 23 % TS am Ventil 31 % gemessen. Abweichungen ähnlicher Größenordnung traten auch am letzten Ventil auf. Sie lagen hier ebenfalls bei bis zu 60 % nach oben und unten.
30 Tage länger mästen Welche Bedeutung die Abweichungen der Trockensubstanzgehalte auf das Wachstum der Tiere haben, zeigt folgendes Beispiel. Ein Betrieb berechnete seine Futterrezeptur auf 26% TS. Bei einem Energiegehalt des Futters von 13,2 MJ ME/kg (bei 88% TS) müsste das Flüssigfutter rein rechnerisch 3,9 MJ ME/kg enthalten. Bei einem durchschnittlichen Energiebedarf der Schweine von 34 MJ ME pro Tier und Tag bei 80 kg Lebendmasse und 800 g Tageszunahmen dosiert die Fütterung an jedem Ventil etwa 8,7 kg Fließfutter pro Tier aus. An Ventil 1 wurde der Futterbrei allerdings mit einem TS-Gehalt von 21% und am letzten Ventil von 27,6% TS ausdosiert. Das heißt, dass am ersten Ventil 3,15 MJ ME/kg und am letzten Ventil 4,15 MJ ME/kg Flüssigfutter ankommen. Somit erhalten die Tiere am ersten Ventil pro Tag nur 27,4 MJ ME (8,7 kg x 3,15 MJ ME), während die Tiere am letzten Ventil 36 MJ ME (8,7 kg x 4,15 MJ ME) bekommen. Bei einer Energieverwertung von 39 MJ ME pro kg Zuwachs benötigen die Tiere am ersten Ventil rund 128 Tage und die am letzten Ventil etwa 98 Tage für einen Zuwachs von 90 kg. Die stark abweichenden TS-Gehalte zwischen erstem und letztem Ventil innerhalb einer Futtergruppe bedeuten in diesem Betrieb somit eine um 30 Tage verlängerte Mastzeit.
Falsche TS-Gehalte im Fließfutter lassen sich recht einfach vermeiden. Hierzu ein paar Tipps vom Erzeugerring Westfalen. Die Untersuchungsergebnisse der Fachhochschule Soest und des Erzeugerringes Westfalen zu den TSGehalten im Fließfutter (siehe Seite S 14) sind alarmierend. 80% der Schweine in den untersuchten Betrieben werden nicht bedarfsgerecht gefüttert, da die kalkulierten Mischungen nicht im Trog ankommen. So werden Leistungsreserven verschenkt, von den finanziellen Einbußen ganz zu schweigen. Mischungsabweichungen und falsche Trockensubstanzgehalte (TS-Gehalte) im Fließfutter lassen sich durch verschiedene Maßnahmen vermeiden: Fehlerquelle Anmischbottich • Analysewerte eingeben: Entscheidend ist, dass Sie nicht mit standardisierten TS-Gehalten rechnen, sondern mit analysierten Daten. Die tatsächlichen TS-Gehalte der Rohkomponenten müssen im Fütterungscomputer richtig hinterlegt sein. Besonders wichtig sind diese Informationen, wenn Sie Nebenprodukte einsetzen, deren TS-Gehalte von Charge zu Charge stark schwanken. Hierzu zählen unter anderem Schlempen und Molkeprodukte. Aber auch beim Einsatz von CCM gilt es, die tatsächlichen TS-Gehalte im Computer immer wieder zu aktualisieren. Wird zum Beispiel die Anschnittfläche des CCM-Silos nicht vor Regen geschützt, ändert sich der TS-Gehalt sofort. • Waage kontrollieren: Die Waage des Mischers muss regelmäßig kalibriert werden. Ideal ist es, wenn Sie den
2010
So vermeiden Sie Mischfehler im Fließfutter
Jahresbericht
-> Damit die kalkulierten TS-Gehalte auch tatsächlich am Schwein ankommen, sollte die Flüssigfütterung regelmäßig überprüft werden. Worauf Sie im Einzelnen achten sollten, lesen Sie im folgenden Beitrag.
Erzeugerring
jeweils drei Flüssigfutterproben gezogen und auf ihre TS-Gehalte hin untersucht. Die erste Probenentnahme erfolgte nach Ablauf der betriebsüblichen Rührzeit aus dem Anmischbehälter unmittelbar nach dem Abschalten des Rührwerks. Die zweite und dritte Probe wurde am ersten bzw. letzten Ventil der Futterleitung entnommen. Die Probenahme am Ventil erfolgte aus dem Hauptfutterstrom, nachdem zuvor rund ein Drittel des Futterbreis in den Trog gepumpt wurde.
Wir fassen zusammen Die FH Soest und der Erzeugerring Westfalen untersuchten die TS-Gehalte im Flüssigfutter. Die Ergebnisse zeigten, dass viele Mastschweine nicht optimal versorgt werden. Denn in 80 % der Betriebe kommt die kalkulierte Ration nicht am Futtertrog an. Das geht zu Lasten der Mastleistung und verursacht Kosten. Im Anmischbehälter wichen die Werte um bis zu 30 % ab. An den Ventilen betrugen die Abweichungen zur kalkulierten Ration sogar bis zu 60 %.
Um Mischfehler zu vermeiden, müssen immer die Analysewerte der Komponenten in den Futter-PC eingegeben werden.
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2010 Jahresbericht Erzeugerring
Sind die Anschlüsse zwischen Anmischbehälter und Pumpe (linkes Bild) sowie zwischen Komponentenzuläufen und dem Behälter (rechtes Bild) flexibel ausgeführt, kommt es zu keiner Beeinflussung der Wägung.
Behälter mit einer definierten Wassermenge füllen und dann das Gewicht ablesen. Die Ermittlung der exakten Menge lässt sich mithilfe einer handelsüblichen Wasseruhr messen. Eventuelle Gewichtsabweichungen sollten Sie im unteren und oberen Füllbereich des Anmischbehälters kontrollieren. Dazu ist es sinnvoll, beispielsweise die Gewichte nach jeweils 100 zugefügten Litern zu vergleichen. Wichtig ist, den Behälter vollständig zu füllen, da Unregelmäßigkeiten vor allem im oberen Messbereich sicher erkennbar sind. Beachten Sie, dass alle Anschlüsse am Anmischbehälter (Zuläufe und Pumpe) flexibel ausgeführt werden, um die Wägung nicht zu beeinflussen.
• Reibungsloser Anmischvorgang:
Um einen homogenen Futterbrei zu erhalten, sollten die Komponenten in einer gewissen Reihenfolge eingemischt
Mithilfe eines Sichtrohres hinter dem letzten Ventil eines jeden Abteils, lassen sich Entmischungen schnell erkennen.
werden. Nach dem Wasser bzw. den flüssigen Komponenten sollte zuerst das Getreide eingefüllt werden, damit es noch eine gewisse Zeit quellen kann. Anschließend folgen CCM, Sojaschrot bzw. Ergänzer. Zum Schluss kommen die Kleinstmengen wie die Mineralstoffe. Bei der Dosierung sollte das Rührwerk stehen. Damit steigt die Wiegegenauigkeit.
• Ausreichende Nachlaufkontrolle:
Mithilfe einer Wasseruhr lässt sich die Genauigkeit der Waage kontrollieren.
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Beim Einfüllen der Komponenten sind die Nachlaufmengen zu berücksichtigen. Sie entstehen, wenn sich die Zuführschnecke abschaltet und anschließend eine bestimmte Komponentenmenge in den Anmischbehälter nachrieselt. Ist die Nachlaufzeit zu kurz bemessen, kann der PC keine exakte Gewichtsermittlung vornehmen. Achten Sie vor allem bei einer Erweiterung der Fütterungsanlage darauf, dass die Nachlaufzeiten ausreichend lang sind. • Funktionsfähiges Rührwerk: Wenn das Rührwerk während des Anmischvorganges nicht ständig und gleich-
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mäßig läuft, bilden sich schnell Sinkschichten. Zudem entstehen Schwankungen im Behälter, die die Dosiergenauigkeit beeinträchtigen, da die Wiegestäbe ständig neue Werte an den Rechner melden. Das beeinträchtigt die Zu- und Ausdosierung der Futtermengen. Bei Getreide-Mischungen sind langsame Paddelmischer zweckmäßig. Bei CCM-haltigen Mischungen sind schnelllaufende Rührwerke vorteilhaft, da sie größere Futterbrocken besser zerschlagen. Entscheidend ist, dass die vorgegebenen Mischzeiten im Mischer und im vorgeschalteten Vormischbehälter eingehalten werden.
Entmischung häufig während des Transportes • Exaktes spezifisches Gewicht: Wird im Futter-PC das falsche spezifische Gewicht (kg/Liter) des Futters angegeben, führt das zum Ausdosieren falscher Futtermengen. Gleichzeitig sollten Sie den Querschnitt und die Länge der Leitung zum jeweiligen Ventil mes-
Abgefüllt in einen festen Plastikbehälter ist die Probe umgehend zum Untersuchungslabor zu schicken.
sen und den Leitungsinhalt berechnen. Unterbleibt dies, kann das bei der Restlosfütterung mit Wasser zur Folge haben, dass beispielsweise am letzten Ventil zu viel Wasser ankommt. Es kann aber auch dazu führen, dass zu viel Futter in die Leitung gepumpt wird und die überschüssige Futtermenge in den Brauchwassertank gelangt. Zur Kontrolle bietet es sich an, hinter dem letzten Ventil eines jeden Abteils ein Sichtrohr anzubringen. Wichtig: Bei jeder Rationsänderung sollten Sie das spezifische Gewicht überprüfen und entsprechend korrigieren. Kristin Fechler vom Erzeugerring Westfalen zieht mithilfe einer Entnahmesäule eine Flüssigfutterprobe von rund einem Liter.
• Gleichmäßiger Futtertransport: Durch
den Einsatz von Fre-
2010 Jahresbericht
Um die tatsächlichen TS-Gehalte des Fließfutters und die Entmischungszeitpunkte zu ermitteln, müssen Sie mindestens drei Futterproben untersuchen lassen. Die erste Probeentnahme erfolgt aus dem Anmischbehälter, direkt nach der regulären Mischzeit unmittelbar nach dem Mischvorgang. Mithilfe einer geeigneten Entnahmesäule können Sie eine repräsentative Stichprobe aller Schichten im Behälter ziehen. Die weiteren Proben entnehmen Sie am ersten und letzten Ventil des zu fütternden Stranges aus dem Hauptfutterstrom, also nachdem bereits ein Teil des Futters in den Trog dosiert wurde. Die Proben von je rund einem Liter müssen Sie in festen Plastikbehältnissen verpacken und umgehend zum Untersuchungslabor schicken. Hier können Sie zentrale Sammelstellen nutzen, wie sie u. a. der Erzeugerring Westfalen, Landwirtschaftskammern oder Genossenschaften eingerichtet haben. Um die bedarfsgerechte Versorgung ihrer Schweine stets zu gewährleisten, sollten Sie die TS-Gehalte des Futters regelmäßig kontrollieren, vor allem nach einem Futter- bzw. Komponentenwechsel.
Erzeugerring
Futterproben richtig ziehen
quenzumrichtern laufen die Elektromotoren der Pumpen und Dosierschnecken ruhiger. Dadurch wird das Futter gleichmäßiger und schlagfrei ausdosiert. Das Gleiche gilt beim Eindosieren der Komponenten in den Anmischbehältern. • Pumpenleistung optimieren: Die Pumpenleistung muss der Länge der Förderwege angepasst sein. Ist die Fließgeschwindigkeit zu gering, setzen sich die schweren Futterbestandteile ab. So entstehen Ablagerungen in den Leitungen. Das führt dazu, dass der flüssige Teil des Futters über die Ablagerungen hinweg schießt, während die festen Bestandteile langsamer durch die Leitung gedrückt werden. • Entmischungen vermeiden: Um Entmischungen während des Transportes zu verringern, bieten einige Hersteller so genannte statische Mischer an. Diese verursachen eine Verwirbelung des Futters in der Leitung und verhelfen so zu einer besseren Durchmischung. Diese Mischer lassen sich nachträglich in die Leitungen einbauen. • Höhenunterschiede vermeiden: Um Entmischungen während des Transportes zu verhindern, sollte der Verlauf der Futterleitungen möglichst waagerecht sein. Gleichzeitig sind weiche 90°-Winkel bzw. zwei hintereinander geschaltete 45°-Winkel vorteilhafter für einen gleichmäßigen Futtertransport. Fotos: Tovornik
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Jahresbericht
Closed Herd
GFS-Katalog 12/2009
Die Remontierung der Sauenherde gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen: Schwierige Eingliederung der Zukauftiere in die Herde, schlechte Qualität der gelieferten Tiere bei Fundamenten, Konstitution, Gesundheit und anschließender Fruchtbarkeitsleistung. Außerdem wird auch oft der Preis der Jungsauen als zu hoch angesehen. Hier liegt der Gedanke natürlich nahe, die Jungsauen in der eigenen Herde nachzuziehen, um dieses Problem zu lösen. Ein solcher Bestand wird als geschlossene Herde, als „Closed Herd“ bezeichnet. Bei diesem Konzept werden keine Tiere zugekauft. Möglich ist dieser Schritt, er ist aber keinesfalls ein Selbstläufer, sondern muss gut geplant werden. Dabei gibt es verschiedene Varianten der Eigenremontierung, die im Folgenden gezeigt werden sollen.
Genauigkeit und Spaß an der Zucht!
Die Möglichkeiten
Dieses Konzept ist möglich ab 600 Sauen, damit auch die Kernherde eine Mindestanzahl von Individuen aufweist. Um eine ausreichende Remontierung von 40-45 % zu erreichen, wird eine Kernherde von 8-10 % des Sauenbestandes benötigt. Beispiel:
Das sind die Möglichkeiten im Closed Herd Konzept: • Einmaliger Zukauf von Elterntieren zu Beginn der Eigenremontierung und Aufbau einer Kernherde • Wechselkreuzung (Crisscross) mit 2 Linien. • Die Rotationskreuzung als Variante der Wechselkreuzung mit mehr als 2 Linien (ist in der Regel zu aufwendig). • Daneben gibt es eingeschränkte Closed Herd Konzepte. Hier werden die Elterntiere für die Kernherde zugekauft.
Was passiert mit den Vermehrungsbörgen? Sowohl bei der Kernherde als auch bei der Wechselkreuzung sind mehrere Punkte zu beachten: Die Vermehrungsbörge sollten möglichst separat vermarktet werden oder selbst gemästet werden, denn sie haben bei der Schlachtung eher fettreichere und fleischärmere Schlachtkörper. Dadurch müssen bei den gängigen Abrechnungsmasken größere Abschläge hingenommen werden. Wenn der Mäster sie abnimmt, besteht oft der Verdacht, dass mehr Vermehrungsbörge abgeliefert werden, als angegeben. In der Regel werden Vermehrungsbörge 10-15 € billiger verkauft als Mastferkel.
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Johannes Strukamp,
Die Anpaarungen müssen bei beiden Varianten genau geplant und umgesetzt werden. Das setzt ein genaues und intensives Führen des Sauenplaners voraus. Es muss bei jedem Tier die Abstammung und die Rasse eingegeben werden, um später passende Anpaarungen planen zu können. Die eindeutige Kennzeichnung der Reinzuchtsauen am besten durch Tätowierung der Mutternummer ist ebenso wichtig wie das richtige Versetzten von Ferkeln mit dauerhafter Kennzeichnung (Ohrkerbung), damit die Leistung der Sauen (Anzahl lebend geborene Ferkel, Anzahl aufgezogene Ferkel) richtig bewertet werden kann.
Kernherde
der Sauen in die Anpaarungsentscheidung einfließen kann, sollten Sauen ab dem 3. Wurf in die Eigenremontierung genommen werden. Von diesen ist die biologische Leistung bekannt. Bei Engpässen kann zwischenzeitlich auch bei sehr guten Jungsauen bereits die 2. Besamung mit Reinzuchtsperma erfolgen. Die Kernherde selbst sollte mit den 10 % besten Sauen der Kernherde ergänzt werden. Ist die zu belegende Sau für die Ergänzung der Kernherde eine Landrassesau, wird sie mit Sperma eines Landrasseebers besamt, gehört sie zur Rasse Large White, wird sie mit einem Large White-Eber besamt, sodass diese Linien „rein“ weiter gezüchtet werden.
Wechselkreuzung Die Wechselkreuzung (Criss Cross) ist möglich in Beständen ab 250 Sauen. Auch hier ist es wichtig, die Abstammung der Bestandssauen zu kennen. Denn die F1 Sauen werden mit Sperma der Mutterrasse belegt, dadurch haben deren Nachkommen 75 % Genetikanteil dieser Rasse. Diese Nachkommen werden dann mit Sperma der Großvaterras-
Anzahl
Annahme
Sauenbestand
600
42% Remontierung
Benötigte Jungsauen
252
70% positiv selektierte Jungsauen
Einstallung in Aufzucht
360
Selektions- und sonstige Verluste im Flatdeck
Einstallung Flatdeck
380
4,7 weibliche Tiere/Wurf
Würfe Bestandsergänzung
81
1.+2. Wurf Mastanpaarung(28% der Würfe)
Würfe Kernherde
113
2,35 Würfe je Sau und Jahr
Sauen Kernherde für F1 Produktion
48
+ 6 Sauen Ergänzung Kernherde
Sauen Kernherde
60-70
1.+2. Wurf Mastanpaarung (28 % der Würfe)
In dem Beispielbetrieb mit 600 Sauen sollte eine Kernherde mit 60-70 Sauen gebildet werden. Da die kalkulierten Zahlen in der Praxis eher selten passen, sondern mehr oder weniger starke Abweichungen nach oben oder unten eintreten, muss die Selektionsschärfe und die Remontierungsquote angepasst werden. Damit auch die Eigenleistung
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se belegt usw. Für die Bestandsergänzung sollten die 10 % besten Sauen ab dem 3. Wurf ausgesucht werden. Kriterien sind: • Anzahl lebend geborene und abgesetzte Ferkel • Gesäuge- und Fundamentqualität • Mütterlichkeit Da bei dieser Nachzuchtmethode die
Wichtige Grundimmunisierungen werden gern vergessen. Dazu zählt vor allem die Rotlaufimpfung. Diese muss in der Aufzucht inklusive Boosterimpfung (Auffrischungsimpfung) gesetzt werden! Weitere Impfungen sind nach Ge-
Generation
Sau (Rassenanteil)
Eber
Nachkommen (Rassenanteil)
1
Large White(LW)100 %
Landrasse(LR)100 %
LW50 % LR50 %
2
LW50 % LR50 %
LW100 %
LW75 % LR25 %
3
LW75 % LR25 %
LR100 %
LW37,5 % LR62,5 %
4
LW37,5 % LR62,5 %
LW100 %
LW68,7 % LR31,3 %
Was ist noch wichtig? Für die Aufzucht können die Zuchttiere bis Ende Flatdeck (28 kg) mit den anderen Tieren gehalten werden. Anschließend sollten separate Abteile vorhanden sein, um einen hohen Gesundheitsstatus zu erreichen. Um die Kosten gering zu halten sollte die gesamte Eigenremontierung in Gruppen geführt werden. Es bietet sich an, alle 4 Wochen anzupaaren und die Aufzuchtphase von 70 – 180 Tagen Lebensalter in 4 Gruppen zu teilen. So sind die Partien an Vermehrungsbörgen bei gesonderter Vermarktung größer und auch die Selektion der Zuchtläufer kann gebündelt werden. Die Selektion der Jungsauen sollte der Berater des Zuchtunternehmens oder des Erzeugerrings durchführen. Hier ist zu achten auf mind. 7/7 Zitzen davon mind. 8 vor dem Nabel. In der Aufzucht muss den Zuchtläufern mehr Platz (1 m² netto) als Mastschweinen zugedacht werden. Außerdem sollte bereits im Flatdeck der Boden mindestens zur Hälfte aus Beton bestehen, damit ausreichend Klauenabrieb und eine gute Beinstellung gegeben ist.
sundheitsstatus des Betriebes durchzuführen. Die Fütterung am Quertrog ist ideal um das Ziel von 600-650 g Tageszunahmen zu erreichen. Die meisten Betriebe schießen über dieses Ziel hinaus! Auch an die Fütterung stellen Zuchtläufer besondere Ansprüche. Bis zum Alter von 70 Tagen kann das normale Ferkelfutter gefüttert werden. Anschließend in der Aufzucht gelten folgende Richtwerte: • 12,5 MJ ME/kg • 17% RP • 0,9% Lysin • 5,5% RF • 0,55% Phosphor, davon mindestens 0,5% Monocalciumphosphat Diese Werte gelten für die Fütterung am Quertrog. Bei der Fütterung am Breiautomaten muss mehr Rohfaser eingesetzt werden. Die Steuerung des Wachstums ist entsprechend schwieriger und das Futter kann teurer werden.
Gute Partner sind nötig! Wer in die eigene Remontierung einsteigen will, muss mit einem erhöhten Zeit-
2010 Jahresbericht Erzeugerring
Genanteile der Rassen von Generation zu Generation im Verhältnis ein Drittel zu zwei Dritteln wechseln, sind die Endprodukte in der Ausprägung ihrer Eigenschaften einer gewissen Variation unterworfen:
bedarf für die Zucht von 0,5 – 1 Stunde je Bestandssau und Jahr rechnen. Dieser entsteht durch die umfangreichere Datenerfassung, intensivere Betreuung der Zuchttiere und Planung der Anpaarungen. Dementsprechend sind die Kosten für die Eigenremontierung nicht geringer als bei konventioneller Remontierung. Um den Zuchtfortschritt der großen Zuchtunternehmen mitgehen zu können, sollte man sich einem Zuchtunternehmen anschließen. So können die eigenen Jungsauen in die Zuchtwertschätzung des Unternehmens aufgenommen werden, Inzucht wird vermieden und man bekommt Unterstützung bei der Auswahl der Eber. So erhält man zu Beginn der Eigenremontierung gutes Zuchtmaterial und laufend Sperma von guten Vorstufenebern. Hier muss auf mehrere Eber gesetzt werden, damit Negativvererber nicht zu große Anteile bei den Nachkommen haben. Mittlerweile stehen den Eigenremontierern ebenfalls die geprüften Vorstufeneber der verschiedenen Zuchtunternehmen zur Verfügung. Bei der Zucht können dann eigene Schwerpunkte gelegt werden, z.B. auf die Anzahl lebend geborener Ferkel je Wurf, den Muskelfleischanteil und die Fundamente. Zu beachten sind dabei die Auswirkungen auf andere Eigenschaften, z.B. bewirkt die Erhöhung der Anzahl lebend geborener Ferkel eine Verringerung des Einzelgeburtsgewichts.
Fazit Größter Vorteil der Closed Herd Konzepte ist die stabile Gesundheit der Sauenherde, weil durch Tierverkehr keine Krankheitserreger eingeschleppt werden. Wer die Vermeidung der Einschleppung von Krankheiten als Ziel hat, sollte aber auch die anderen Wege der Krankheitseinschleppung in einen Bestand unterbrechen. Dazu zählen in erster Linie der Personenverkehr und Schadnager und –insekten. Erst wenn diese Vektoren unterbrochen sind, darf man sich einen langfristig erhöhten Gesundheitsstatus seiner „Closed Herd“ erhoffen.
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2010
Gerburgis Brosthaus, Landwirtschaftliches Wochenblatt, Ausgabe 34/2010
Jahresbericht
Fette Bäuche – magere Erlöse
Erzeugerring
ne bekommen in der Endmast zu viel zu fressen.“ Beim Quertrag, wo jedes Schweinen einen eigenen Fressplatz hat, ist eine Rationierung einfach umzusetzen. Dabei sollten Börge auf 34 MJ ME in der Endmast begrenzt werden. Noch stärkere Absenkung der Futtergabe empfiehlt sich nicht, da die Tageszunahmen zu stark leiden und Aggressionen zunehmen. In Mastställen mit Breiautomaten oder Sensorfütterung, bei denen sich mehrere Schweine einen Fressplatz teilen, ist eine Rationierung schlecht bis gar nicht möglich.
2. Energiegehalt in der Endmast senken ?
Schweine, die zur Verfettung neigen, sammeln Fettpolster nicht nur am Nacken, sondern auch am Bauch. Das kostet bis zu 11 € Erlös.
Fette Bäuche bringen Minuspunkte bei Klassifzierung und Erlös. Wir haben uns bei Martin Breuer, Berater beim Erzeugerring Westfalen schlau gemacht, wie Mäster gegensteuern können. Der magere Grillbauch ist der Traum jedes Metzgers. Denn der kann teuer über die Frischfleischtheke verkauft werden, während fette Bäuche im Cutter der Wurstfabriken landen. Aufgrund des Erlösunterschieds im Verkauf straft die Schlachtbranche fette Bäuche drastisch ab. Bei Autofom-Klassifizierung wird der Bauchfleischanteil (BFL) direkt benotet, allerdings leicht unterschiedlich je nach Vermarkter. • Ein magerer Bauch über 51 % BFL bringt 1,0 bis 1,2 Indexpunkte (IXP) pro kg Bauch. • Unter 51 % BFL sinkt die Bewertung auf 0,8 IXP/kg. • Drastisch wird es für fette Bäuche unter 45 % BFL, die lediglich mit 0,5 bis 0,7 IXP/kg bewertet werden. Das macht bei einem durchschnittlichen Bauchgewicht von 15 kg einen
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Unterschied von rund 7,5 IXP pro Schwein zwischen Grillbauch und Wurstbauch. Bei einem Basispreis von 1,50 €/IXP schmälern fette Bäuche den Nettoerlös um gut 11 € pro Tier. Dem Mäster fällt dies meistens an der schlechten Klassifizierung auf. Weniger als 92 IXP pro Tier sind ein deutliches Warnsignal, ebenso Ergebnisse unter 0,95 IXP/kg Schlachtgewicht (SG). Bei FOM-Klassifizierung sind die Auswirkungen fetter Bäuche indirekt, da parallel zur Fetteinlagerung im Bauch auch das Fettpolster auf dem Kotelett zunimmt. Da jeder zusätzliche Millimeter Speckauflage bei FOM-Klassifizierung 0,82 %-Punkte Fleischanteil kostet, senkt das den Muskelfleischanteil drastisch.
1. Rationieren in der Endmast Beschweren sich Mäster beim Ferkellieferanten über die schlechte Klassifizierung, bekommen sie fast reflexhaft den Schwarzen Peter zurückgespielt: „Du bist der einzige Kunde mit diesem Problem. Deine Schwei-
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
„Dann muss der Energiegehalt des Endmastfutters runter“, lautet der nächste Ratschlag. Doch der Schuss geht schnell nach hinten los. Energiegehalte von 13,0 MJ ME/kg Futter oder weniger sind mit einer Getreideration nicht machbar, da die Komponenten zu energiereich sind. Deshalb werden Soja- oder Sonnenblumenschalen, Rapsschrot oder andere energiearme Komponenten eingemischt. Diese senken den Futterpreis pro dt. Jedoch fressen die Tiere bei Sattfütterung mehr Futter, sodass die Futterkosten steigen. Dadurch verschlechtert sich die Futterverwertung. Die Tageszunahmen stagnieren oder gehen tendenziell zurück, da das Schwein schalenreiches Futter nicht in gewohnter Weise in Zunahmen umsetzen kann. Paradoxerweise werden die Tiere häufig trotz Diät nicht magerer. Im Extremfall benutzten sie das Eiweiß als Energielieferanten statt als Muskelbaustein. Dabei arbeitet die Leber auf Hochtouren, da sie für die Entgiftung des entstehenden Ammoniaks zuständig ist. In der Praxis verschlechtert sich nach Berater Breuers Erfahrungen durch die Absenkung des Energiegehalts auf 13,0 MJ ME in der Endmast die Futterverwertung um 0,25 bis 0,30. Auch die Zunahmen können um bis zu 25 g/Tag sinken, während die Klassifizierung sich nicht verbessert. Die schlechtere Futterverwertung kos-
2010 Jahresbericht 3. Mehr Protein in der Vormast Mehr Erfolg verspricht die Strategie, den Proteingehalt zu steigern – allerdings nur zum richtigen Zeitpunkt. In der Endmast ist es zu spät, um mit überhöhten Proteinanteilen die Fleischbildung zu forcieren. Die Vormast ist die entscheidende Phase, da dann die Muskelfasern angelegt werden. Hier haben Billigmacher nichts im Futter zu suchen. Hochwertig und schmackhaft muss das Vormastfutter sein, um eine maximale Futteraufnahme zu fördern. Beim Einstallen mit 25 kg sollte das Futter 0,84 g Lysin/MJ ME enthalten, während in der Endmast ab 70 kg bei einem Energiegehalt von 13,4 MJ ME/ kg ein Anteil von 0,70 g Lysin/MJ ME ausreicht.
4. Schweine leichter schlachten? „Kein Wunder, dass Deine Schweine fett sind, bei 96 kg Schlachtgewicht! Du musst leichter verkaufen!“ lautet gern der Ratschlag des Ferkelhändlers. Auf
Merkmal
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den ersten Blick einleuchtend: Dass Mastschweine erst in der Endmast Speck anlagern, gehört zum Basiswissen der Mäster. Das Problem ist nur: Herkünfte, die zur Verfettung neigen, sammeln die Fettpolster nicht erst in der Endmast. Bei diesen Typen lohnt sich eine Verringerung des Endgewichts nicht. Ganz im Gegenteil – bei den wertbestimmenden Teilstücken, insbesondere beim Lachs, schlägt das leichtere Endgewicht sich negativ nieder. Unterschreitet der Lachs die kritische Grenze von 6,2 kg, so verschlechtert sich die Bewertung je nach Vermarkter abrupt von 3,45 bzw. 3,50 IXP/kg Lachs auf 2,80 IXP/kg. Steuert ein 6,2 kg schwerer Lachs 21,7 IXP zum Erlös bei, so wird der 6,1 kgLachs auf 17,1 IXP herabgestuft. Der Verlust von 4,6 IXP bedeutet bei einem Basispreis von 1,50 €/kg ein Minus von über 6 € Nettoerlös pro Schwein. So können Partien mit einem durchschnittlichen Schlachtgewicht von 92 kg aufgrund ihrer Schwächen bei Lachs und Bauch auf lediglich 86 IXP abstürzen. Dadurch fehlt ein entscheidender Teil des Erlöses. Diese Schweine müssen nach Einschätzung von Berater Breuer eher schwerer gemästet werden: „Liegt der Bauchfleischanteil auch bei 92 kg Schlachtgewicht unter 50 % BFL, so kann sich die Bauchbewertung bei höheren Schlachtgewichten nicht ver-
schlechtern. Da die schwerere Lachse höher bezahlt werden, schneidet das Schwein unterm Strich besser ab.“ Aufgrund der Vielzahl von Daten kann kein Landwirt aus den Schlachtprotokollen ersehen, wie sich der BFL seiner Schweine mit steigendem Schlachtgewicht entwickelt. Ist der Betrieb jedoch dem Infosys-System der IQ-Agrar GmbH angeschlossen, kann er diese Auswertung auf Knopfdruck abrufen – separat aufgelistet für jeden Liefertag oder auch zusammengefasst über einen längeren Zeitraum. Beim Beispielbetrieb in Übersicht 1 liegt der Bauchfleischanteil ab 90 kg Schlachtgewicht konstant niedrig bei rund 50 % BFL. Für diesen Betrieb lohnt es sich nicht, das durchschnittliche Schlachtgewicht auf 91 bis 92 kg zu senken, da sich der Bauchfleischanteil nicht verbessert.
5. Liegt‘s am Eber? „Die Ferkel stammen alle von top-Genetik-Besamungsebern – da kann die Ursache der fetten Bäuche nicht liegen“, behaupten Ferkelhändler, wenn‘s um die Genetik geht. Doch ist das nur die halbe Wahrheit. Denn top-GenetikEber gehören zwar leistungsmäßig zum oberen Drittel der Besamungsstation. Doch sagt die Einstufung nichts darüber aus, ob ihre Stärken eher bei den Zunahmen oder bei der Fleischbildung liegen.
Entwicklung des Bauchfleischanteils nach Eberwechsel 11.02. 28.03. 20.05. 29.06. 07.10. 08.10. 16.12. 27.12. 2009 2009 2009 2009 2009 2009 2009 2009 34
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Erzeugerring
tet rund 5 €/Schwein, die niedrigeren Tageszunahmen knapp 1 €/Schwein. Somit ist die Absenkung des Energiegehalts wirtschaftlich ein Fehlschuss, wenn sich die Schlachtleistung nicht um 6 € pro Schwein verbessert. Das aber setzt bei jetzigem Preisniveau eine Steigerung um mehr als 0,04 IXP/kg Schlachtgewicht voraus.
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15.04. 2010 99
SG, kg
94,98
93,31
92,5
98,86
92,01
91,85
96,82
93,38
95,52
98,13
94,35
94,67
93,16
IXP/kg
0,962
0,963
0,936
0,937
0,966
0,952
0,98
0,952
0,959
0,965
0,988
0,993
1,001
IXP gesamt
91,4
89,86
86,61
92,68
88,87
87,43
94,91
88,86
91,62
94,66
93,22
94,04
93,28
BFL, %
51
50,7
48
46,9
51
49,3
51,8
49,8
50
50,1
51,7
53,2
52,9
Lachs, kg
6,94
6,84
6,66
7,21
6,65
6,59
7,01
6,66
6,89
7,23
7,03
7,13
7,01
- BFL
54
52
30
25
52
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43
41
42
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- Lachs
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100
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Anteil im Normbereich der Abrechnungsmaske
Nach dem Eberwechsel verbesserte sich die Bauchqualität. Lieferungen ab Ende 2009 erzielten höhere Bauchfleischanteile trotz gestiegenen Schlachtgewichts. Zudem übertrafen mehr Lachse die kritische Grenze von 6,2 kg, sodass weniger Abzüge fällig wurden.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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2010 Jahresbericht
2 Entwicklung des Bauchfleischanteils nach Eberwechsel Nach dem Eberwechsel verbesserte die Bauchqualität. Lieferungen ab Ende 2009 erzielten höhere Bauchfleischanteile trotz gestiegenen Schlachtgewichts. Zudem wurden weniger Lachse durch Abzüge bestraft. Schlachtdatum
9.1. 2009
10.1. 2009
11.2. 2009
28.3. 2009
20.5. 2009
29.6. 2009
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20.3. 2010
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SG, kg 1)
95,0
93,3
92,5
98,9
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91,9
96,8
93,4
95,5
98,1
94,4
94,7
93,2
IXP/kg 2)
0,962
0,963
0,936
0,937
0,966
0,952
0,980
0,952
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0,993
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IXP gesamt
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86,6
92,7
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87,4
94,9
88,9
91,6
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94,0
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BFL, % 3)
51,0
50,7
48,0
46,9
51,0
49,3
51,8
49,8
50,0
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Lachs, kg
6,94
6,84
6,66
7,21
6,65
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6,66
6,89
7,23
7,03
7,13
7,01
Erzeugerring
Anteil Schweine im abzugsfreien Normbereich der Abrechnungsmaske - bei BFL
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- bei Lachs
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1) Schlachtgewicht 2) Indexpunkte 3) Bauchfleischanteil
Kombibetriebe oder Mäster mit festem Ferkelerzeuger, die bei der Eberauswahl mitbestimmen können, dürfen die Besamungseber nicht nach hohen Tageszunahmen oder überdurchschnittlicher Futteraufnahme aussuchen. Bei Problemen mit schlechten Bauchpunkten sind andere Merkmale entscheidend: • ein langer Schlachtkörper, • ein extrem trockener Bauch. Wie sich ein Eberwechsel auswirkt, zeigen die Zahlen in Übersicht 2. Trotz niedriger Schlachtgewichte pendelte der Bauchfleischanteil des Praxisbetriebes zwischen 48 und 51 BFL. Beim Lachs überschritten teilweise nur dreiviertel der Schweine einer Partie die kritische Grenze von 6,2 kg Teilstückgewicht. Nachdem der Sauenhalter gezielt einen trockenen Eber mit langem Schlachtkörper zur Anpaarung eingesetzt hatte, verbesserten sich die Zahlen ab Dezember 2009 vorsichtig, ab März 2010 schlagartig. Trotz höherer Schlachtgewichte erzielten die Schweine bis zu 53 % BFL. Mehr als 90 % der Tiere kamen mit ihren Lachsen in die höchste Bewertungsstufe. Mäster mit fester Anbindung an einen Ferkelerzeuger sollten daher genau hinschauen, welche Eber ihr Sauenhalter einsetzt. Noch besser ist es, die Eber gemeinsam auszusuchen. Leider sind solche Eber sehr begehrt
20
und entsprechend Mangelware an den Besamungsstationen.
Kurz und knapp Mastschweine mit fetten Bäuchen verderben Mästern den Spaß an der Arbeit, da der Erlös einfach nicht passt. Gut 11 € Erlösunterschied pro Schwein stecken zwischen einem mageren Grill- und einem fetten Wurstbauch. Das macht den Unterschied zwischen den erfolgreichen und den weniger erfolgreichen Mästern aus. Wenn dann noch teueres energiearmes Futter die Kosten erhöht, sind Mäster mit fetten Bäuchen chancenlos beim Wettstreit um die vorderen Plätze im Kollegenkreis. Es gibt viele Ratschläge, um das Problem zu mindern. Doch nicht alle haben Erfolg. Und nicht immer verbessern sie auch die Wirtschaftlichkeit: • An erster Stelle steht die Genetik, vor allem au der Eberseite. Wenn die Sauenherkunft kein Garant für magere Bäuche ist, muss ein entsprechend trockener und langer Eber ausgewählt werden. Das Siegel „top Genetik“ allein reicht nicht aus. Denn Eber mit überragenden Zunahmen eignen sich kaum, den Bauchfleischanteil des Mastschweins zu erhöhen. • Zweiter Ansatzpunkt ist die Fütterung. Rationieren der Börge in der Endmast hilft, darf aber nicht übertrieben werden.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
In Betrieben mit Breiautomaten oder Sensorfütterung ist eine Rationierung nur begrenzt möglich. • Eine gute Proteinausstattung in der Vormast sowie schmackhafte Komponenten legen das Fundament für gezielten Muskelansatz. • Kontraproduktiv wirkt eine Endmastdiät, die auf faserreiche Komponenten setzt. Tageszunahmen und Futterverwertung leiden bei Energiegehalten von 13,0 MJ ME/kg und darunter. Höhere Futterkosten und schlechtere Mastleistung führen zu steigenden Produktionskosten, ohne dass eine Verbesserung des Bauchfleischanteils sicher ist. • Ob durch Absenken des Schlachtgewichts die Qualität der Bäuche steigt, sollte man anhand der Schlachtprotokolle auswerten. Wenn der Bauchfleischanteil in den leichteren Schlachtgewichtsklassen nicht deutlich besser ausfällt, lohnt sich der Verzicht auf Gewicht nicht. Hilfreich für die Analyse ist das Infosys-System der IQ-Agrar. • Bei niedrigen Schlachtgewichten ist die Gefahr groß, dass Abzüge aufgrund zu leichter Lachse den Zugewinn beim Bauch kompensieren oder sogar übersteigen. Schweine mit durchgängig fetten Bäuchen sollten daher eher schwerer als leichter gemästet werden. Foto: Bernadette Lütke Hockenbeck
top agrar, Ausgabe 7/2010
Erzeugerring
Verschimmelte Futterreste beeinträchtigen die Tiergesundheit. Wie Sie die Hygiene beim Trockenfutter verbessern, erläutert Martin Breuer, Erzeugerring Westfalen.
2010
Christine Kolle,
Jahresbericht
Trockenfutter: Hygiene ist kein Selbstläufer
In Außensilos lässt sich Schimmelbildung nicht verhindern. Daher sollten Sie hier die Hygiene regelmäßig kontrollieren. Fotos: Heil, privat (1)
Nicht nur bei Flüssigfutter kann es zu Hygieneproblemen kommen. Auch bei Trockenfutter können Verunreinigungen durch Vogelkot oder Schimmelnester den Schweinen auf den Magen schlagen. Die Folgen: Minderleistungen durch eine eingeschränkte Futteraufnahme, Schwächung der körpereigenen Abwehr durch Pilztoxine und im Extremfall sogar Totalausfälle. Die größten Probleme ergeben sich dort, wo Futter mit Vogelkot oder Kondenswasser in Kontakt kommt. Kondenswasser entsteht im Winter, wenn warme Luft auf kältere Oberflächen trifft. Aus Feuchtigkeit und organischem Material entsteht dann Schimmel. Dies kann in Außensilos der Fall sein, aber auch in der Futtermaschine, in den Rohrleitungen oder im Futterautomat. Schimmelbildung lässt sich insbesondere in Außensilos niemals ganz verhindern, sondern allenfalls reduzieren. Die folgenden Tipps zeigen Ihnen, wie Sie diese Probleme vermeiden.
Sauberes Getreide verfüttern Verfüttern Sie grundsätzlich nur gereinigtes Getreide. Denn verunreinigtes Futter kann zum Aufblähen und plötzlichen Verenden der Tiere führen. Besonders gefährdet sind frohwüchsige Herkünfte. Zudem sollten Sie die Schmachtkörner herausreinigen, da sie besonders stark mit Toxinen belastet sein können. Idealerweise reinigen Sie das Getreide mit einem Windsichter (siehe großes Bild oben rechts) bereits beim Einlagern. Denn auch die Lagerqualität leidet durch Verunreinigungen (siehe kleines Bild oben rechts). Kostengünstiger ist das Reinigen vor dem Mahlen. Dann reicht ein Windsichter mit deutlich geringerer Leistungsfähigkeit.
Futter ins Schwein. Daher sollten Sie offene Hallenseiten mit Toren oder Windnetzen bestücken. Sinnvoll ist es, das Futter zusätzlich mit Folie abzudecken. Zwischen Dach und Außenwand verhindern Lüftungsprofile (siehe Bild unten), dass die Vögel in die Halle gelangen können.
Verunreinigungen durch Vogelkot verhindern In Hallen gelagertes Getreide lockt Vögel an. Über den dabei anfallenden Vogelkot gelangen Salmonellen übers
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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2010 Jahresbericht Erzeugerring
Schimmebildung im Außensilo reduzieren
Außensilos regelmäßig reinigen lassen
In Außensilos entsteht Schimmel vorrangig an der Silodecke (siehe Bild oben) und an undichten Stellen zwischen Silo und Auslauftrichter, wo Wasser von außen eindringt. Bei Silos, die selten oder nie voll befüllt werden, kann sich Schimmel auch schnell an den Silowänden oberhalb des Futters bilden. Denn dort lagert sich bei jeder Befüllung viel Staub ab, der in Verbindung mit Kondenswasser schimmelt. Daher sollte die Silogröße stets das vollständige Befüllen ermöglichen. Dann reinigt herabrutschendes Futter die Wände mechanisch. Die Kondensatbildung können Sie verringern, indem Sie die Außensilos im Schatten platzieren.
Damit neues Futter nicht durch alte Schimmelreste verunreinigt wird, müssen die Silos regelmäßig von innen gereinigt werden. Doch Vorsicht: Das Einatmen der geruchlosen Schimmelsporen ist sehr gefährlich. Daher sollten Sie das Reinigen an Profis vergeben. Ideal ist die vollautomatische Reinigung mit einem Reinigungsroboter (siehe Bild oben rechts). Das dazu im Silo erforderliche „Mannloch“ lässt sich auch nachträglich problemlos einbauen. Die Luke eignet sich auch optimal, um die Hygiene im Siloinneren zu kontrollieren.
Sacksilos sind hygienischer Hygienischer als Außenbehälter sind Treviralsilos, die im Gebäudeinneren untergebracht sind. Die leeren Silos sind durch Ausklopfen ganz einfach sauberzuhalten. Schimmelbildung ist hier in der Regel kein Thema. Aus hygienischen Gründen sollten Sie die Silos jedoch nach etwa 15 Jahren erneuern. Denn im Laufe der Zeit sammeln sich massenhaft Milben an, die die Futterhygiene ebenfalls beeinträchtigen.
Saubere Anschnittfläche bei Flachsilos Wenn Sie Feuchtgetreide oder CCM in Flachsilos lagern kann sich bei Hitze an der Anschnittfläche schnell Schimmel bilden. Um die Oberfläche so klein wie möglich zu halten, sollten Sie den Anschnitt grundsätzlich sauber, glatt und fest halten. Im Sommer ist das Besprühen der Anschnittfläche mit Propionsäure sinnvoll, um Schimmelbildung vorzubeugen. Ideal ist ein täglicher Vorschub von mindestens 10 cm. Bei der Anlage des Siloplatzes sollten Sie dies berücksichtigen. Außerdem sollten Sie die Anschnittfläche gegen starken Sonneneinfall beschatten.
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Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Futtermaschine und Umlenkrollen abdichten In Futtermaschinen und Umlenkrollen der Futterkette, die außerhalb vom Gebäude installiert sind, kann sich leicht Kondenswasser bilden. Am besten ist die Futtermaschine im Vorraum untergebacht. Und um die Umlenkrollen gegen eindringendes Regenwasser zu schützen, sollten Sie die Verkleidung wie im Bild sorgfältig mit einer guten Dichtungsmasse abdichten. Zudem ist es sinnvoll, die Futtermaschine regelmäßig mit einem Industriestaubsauger von altem Futter zu befreien. Denken Sie jedoch daran die Maschine vorher auszuschalten!
2010 Jahresbericht Erzeugerring verursachen dort Schimmelbildung. Die Fallrohre sollten sich daher zum reinigen schnell und komplett abnehmen lassen.
Kondenswasser an Wasserleitungen beachten
Abnehmbare Fallrohre Nach dem Ausstallen müssen Sie die Automaten und die Fallrohre auch von innen mit dem Hochdruckreiniger gründlich waschen. Die Deckel der Automaten sollten dazu – sofern vorhanden – abnehmbar sein. Die Öffnung muss groß genug sein, um den Automaten bequem reinigen zu können. Die Fallrohre dürfen Sie mit dem Hochdruckreiniger nicht von unten reinigen. Denn dann drücken Schmutz und Reinigungswasser in die Futterkette und
An den Wasserleitungen im Abteil bildet sich regelmäßig Kondenswasser. Kritisch ist es daher, wenn die Wasserleitung bei Breiautomaten im Automaten verlegt ist und Futterkontakt hat. Achten Sie zudem darauf, dass die Leitungen unterhalb der Stalldecke so geführt werden dass das Kondeswasser nicht in Automaten oder Tränkeschalen tropfen kann. Automaten mit Deckel sind aus hygienischen Gründen geeigneter als offene Automaten: Sie schützen das Futter besser vor der Stallluft und dem Tropfwasser.
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2010 Jahresbericht Agravis
Auswertung und Controlling ist Grundlage für eine effiziente Mast
Bernhard Walgern, Produktmanagement Schwein Agravis Raiffeisen AG
Schweinemäster Post nutzt den Erzeugerring Westfalen eG und die AGRAVIS Raiffeisen AG zur Optimierung der Produktion
Schweinemast im Überblick 1.900 Mastplätze in drei Ställen mit 400, 500 und 1.000 Plätzen Einstallgewicht: im Durchschnitt 26 kg Schlachtgewicht: im Durchschnitt 95 kg Tägliche Zunahmen: 815 g Futterverwertung: 1 : 2,79 Indexpunkte je kg Schlachtgewicht: 0,99 Verluste: 1,8 Prozent Mastdauer: im Durchschnitt 115 Tage Ausschlachtung: 80,5 Prozent
Es gibt viele Wege der Optimierung, um einen Betrieb besser aufzustellen. Diese sind ein effizienter Hebel, um die Leistung und damit den wirtschaftlichen Erfolg zu steigern. Auf dieses Prinzip setzt auch Familie Post aus Ahlen. Der Betrieb Post ist vielfältig aufgestellt. Mit 1.900 Mastschweinen, Ackerbau und den Milchkühen agiert die Betriebsleiterfamilie in drei sehr unterschiedlichen und anspruchsvollen Betriebszweigen auf einem hohen Niveau.
Zudem wird die Waage der Fließfutteranlage von Martin Post alle paar Monate überprüft. Dazu füllt er Wasser über eine Wasseruhr in den Anmischbehälter und gleicht die eingefüllte Menge mit der Waage ab. Neben der Arbeit am Schreibtisch und regelmäßigem Controlling ist aber auch die konsequente und intensive Tierbeobachtung für die guten Leistungen in der Schweinemast entscheidend. So verbringt er je nach Anforderung zwei bis drei Stunden am Tag im Stall und greift regulierend in Fütterung oder Klimacomputer ein. Beispielsweise konnte der Betrieb schnell auf die Hitze im Sommer reagieren: Morgens wurde früher gefüttert und abends länger. Darüber hinaus konnte über eine einfache Kühlanlage die Temperatur im Stall um ca. fünf Grad gesenkt werden.
phasen werden die Sorten Fisopan V 25 im Begrüßungsfutter, Fisopan V 24 in der verlängerten Vormast sowie Fisopan M Select in der Endmast eingesetzt. „Diese Kombination passt ideal zu unserem Betrieb und der Schweinegenetik aus Topigs 20 x Pietrain“, bestätigt der Betriebsleiter. Er füttert vier verschiedene Rezepturen an die Altersgruppen angepasst, flüssig über eine Sensorfütterung. Diese dosiert über den Tag verteilt in 3 Futterblöcken mit je 4 bis 6 Mahlzeiten das Futter aus. Zu jeder Gruppe gehören 168 bis 180 Tiere und je Bucht sind 40 bis 45 Tiere aufgestallt. „Als lohnenswert hat sich für uns die Trennung von Börgen und Sauen herausgestellt“, betont Post. Dabei werden die männlichen Tiere ab einem Gewicht von 65 Kilogramm auf 33,5 MJ/ME pro Tag begrenzt, während die weiblichen Tiere bis 36 MJ/ME fast ad libitum gefüttert werden.
Ein Beispiel, wie er das Wissen aus den Leistungsanalysen für die Optimierung nutzt, kann Post schnell geben: „Uns fiel In der Schweinemast strebt Beauf, dass die Bäuche häufig zu triebsleiter Martin Post konfett waren.“ Der Einsatz des neustant hohe Leistung und die en Fisopan-Konzeptes schöpft Optimierung der Leistungspainsbesondere in der Vormast rameter an. Ein wichtiger Baudas Leistungspotenzial der Tiestein des Managements ist die re voll aus. Das Futter zeichnet Auswertung der Mastleistung. sich durch gute SchmackhaftigRund fünf Mal im Jahr erhält Auch Junior Stefan Post ist bereits aktiv bei der Tierkontrolle keit, sowie den Mastphasen entdie Familie Post eine ausführlisprechend optimalen Aminosäuche Analyse ihrer Leistungsdaten vom Zugeschnittenes Futterkonzept ren- und Rohfasergehalten aus. „Damit Erzeugerringberater Andreas Brinkbekommen wir einen mehr fleischbemann. Das Wissen um die aktuellen Auch die intensive Zusammenarbeit mit tonten Schlachtkörper und konnten uns Stärken und Schwächen ist die Grund- AGRAVIS-Produktionsberater Stefan in dem Punkt erheblich verbessern“, lage für weitere Schritte und die Op- Schürmann ist Martin Post wichtig. Als zieht der Landwirt ein positives Fazit. timierung des Betriebszweiges. Ei- Selbstmischer von Futter mit den hof- Allein der Parameter Indexpunkte pro nen weiteren wichtigen Stellenwert bei eigenen Komponenten Gerste, Weizen Kilogramm Schlachtgewicht habe sich den Besuchen hat das Controlling und und CCM setzt er seit Jahren auf Er- von 0,97 auf 0,99 verbessert, was ca. die Produktionsberatung. So gleicht gänzungsfutter der Marke Fisopan. Auf 2,70 € Mehrerlös pro Tier ausmacht Brinkmann mehrmals jährlich die Ver- Empfehlung von Schürmann, mit dem und die Futterverwertung verbesserte bräuche der Komponenten mit den Post die Rezepturgestaltung regelmä- sich von 1 : 3,0 auf 1 : 2,79 was noch geplanten Rezepturen ab. Damit ist ßig bespricht, ist seit einem Jahr das einmal ca. 4 € ausmacht. Somit konngewährleistet, dass Fehler beim Futter- neue Fisopan Hochleistungskonzept te der Ertrag pro Tier um ca. 6,70 € veranmischen schnell aufgedeckt werden. im Einsatz. In den verschiedenen Mast- bessert werden.
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Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
2010 Jahresbericht Agravis Diskutieren die aktuellen Futterkonzepte (v.li.): Stefan Post, Stefan Schürmann, AGRAVIS-Spezialberater Schwein, Martin Post, Michael Post und Bernhard Walgern, Agravis-Produktmanager Schwein
Futterverluste im Fokus
Schlachtkörper im optimalem Bereich
Neben den effizienten Futterkonzepten gibt es auch weitere wichtige Hebel, die Einfluss auf den Futterverbrauch pro kg Zuwachs haben. So haben Martin Post und Andreas Brinkmann beim Bau des neuen Schweinmaststalls besonderen Wert auf die Ausgestaltung der Tröge gelegt. „Durch an den Enden positionierte Trogteiler und einen 3-4 cm hohen senkrechten Abschluss der Trogschale wird das herauswühlen von Fließfutter deutlich reduziert“, hat Brinkmann in vielen Praxisbetrieben festgestellt. Er achtet bei seinen Stallbesuchen auch darauf, das die Futterblöcke dem Fressverhalten der Tiere angepasst sind. „Wenn zu lange Futterreste in den Trögen stehen, werden diese häufiger von den Tieren herausgewühlt“ berichtet er.
Besonderen Wert legt der Betrieb Post außerdem auf die Sortierung der Schweine zur Schlachtung. Die Schlachtdaten analysiert er regelmäßig über das Internetportal „Schlachtdaten Online“ (früher INFOSYS). Dabei wird insbesondere auf die Teilstückgewichte geachtet. „Bei der schinkenbetonten Genetik im Betrieb Post ist es besonders wichtig, die weiblichen Tiere nicht zu schwer zu verkaufen,“, weiß Erzeugerringberater Andreas Brinkmann. Da Post einer der Betriebe ist, die Tiere der Nachkommenprüfung für die Zuchtwertschätzung der GFS mästen, kommen bei seinem Ferkelerzeuger verschiedene junge Pietrain-Eber zum Einsatz. Daher ist die optische Beurteilung der Schlachtreife eine besondere Herausforderung. Bei der Sortierung der Schweine zur Schlachtung werden die Tiere von Martin Post und einem Erzeugerring-Berater gemeinsam bewertet und gekennzeichnet. Aktuell liegen seine Sortierverluste bei 2,7 Indexpunkten pro Tier, der Durchschnitt des Schlachthofes liegt bei ca. 3,5 Verlustpunkten. Die Differenz von 0,7 Indexpunkten multipliziert mit einem Basispreis von 1,35 € ergibt einen geldlichen Vorteil für Post von 0,95 € pro Tier gegenüber dem Schlachthofdurchschnitt. „Hier kann schnell Geld verdient oder auch verschenkt werden“, bestätigt auch AGRAVIS-Produktionsberater Stefan Schürmann, der weiß, dass das Wie-
Finanzieller Schaden durch Futterverluste Futterverluste in %
Futterverluste je Tier in kg*
Kosten/Tier Basis 25 €/dt
1
2,6
0,65
3
7,8
1,95
5
13,0
3,25
7
18,2
4,55
* 28 bis 118 kg LM; Futterverwertung 1 : 2,9
gen der Schweine längst nicht selbstverständlich ist. Wöchentlich werden die Endmasttiere, die zum Schlachthof gehen sollen, gewogen und als homogene Gruppe zusammengestellt. Das Vorgehen ist wie folgt: Ein Schwein wird gewogen, das Gewicht auf den Rücken geschrieben und das Tier wird dann wieder in die Bucht gelassen. Somit kann das Gewicht der anderen Tiere einfacher eingeschätzt werden. Nun werden weitere zwei bis drei Tiere gewogen und das Gewicht vermerkt. Schon mit einigen „Referenzschweinen“ kann man wesentlich besser die tatsächlichen Gewichte einschätzen. „Die Arbeit kann durchaus von einer Person alleine gemacht werden“, sagt Post. In der Leistungsentwicklung der Schweinemast auf dem Betrieb Post zeigt sich, das die produktionstechnische Beratung durch den Erzeugerring Westfalen eG, die Futterkonzepte der AGRAVIS Raiffeisen AG, sowie die Einsatzempfehlungen durch die AGRAVIS-Produktionsberater sich optimal ergänzen und im Ergebnis eine effiziente Schweinproduktion für den Landwirt bringen. Info: Haben Sie Fragen zur Schweinefütterung? Gern helfen Stefan Schürmann, AGRAVIS-Spezialberater Schwein unter Tel. 01 72 / 2 92 95 17 oder Bernhard Walgern, AGRAVISProduktmanagement Schwein unter Tel. 02 51 / 6 82-22 83 weiter.
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2010 Jahresbericht Agravis
Schadnager und Insekten müssen ständig bekämpft werden Viele pathogene Krankheitserreger (z.B. Salmonellen, Leptospiren, MKSVirus, Schweinpestvirus usw.) sind durch Ratten und Mäuse auf Menschen und Nutztiere übertragbar. Daher sind Schadnager nicht nur als Material- und Vorratsschädlinge zu sehen, sie haben eine wesentliche, hygienische Bedeutung in der modernen Tier- und Lebensmittelproduktion. Im Rahmen steigender Hygieneanforderungen an Lebensmitteln (EU-Lebensmittelhygieneverordnung) ist neben dem allgemeinen Hygienemanagement auf landwirtschaftlichen Betrieben eine kontinuierliche und nachweisbare Schadnagerbekämpfung Pflicht geworden.
Drei wichtige Gründe warum Schad-
Die Wirkstoffe der Blutgerinnungshemmer werden in zwei Gruppen aufgeteilt: 1. Multiple-Dose Wirkstoffe der ersten Generation (Warfarin, Coumatetralyl und Chlorphacinon). Diese Wirkstoffe müssen über mehrere Tage aufgenommen werden, um tödlich zu wirken. 2. Single-Dose Wirkstoffe der zweiten Generation (Bromadiolone, Difenacoum, Flocoumafen, Brodifacoum und Difethialone). Eine einmalige Aufnahme reicht schon aus. Resistenzen sind bei den Multiple-Dose Wirkstoffen, Bromadiolone bzw. Difenacoum bekannt. Probleme mit Resistenzen treten aber sehr selten auf. In der Regel sind es Anwendungsfehler.
Häufige Fehler sind:
nager bekämpft werden müssen: 1. Übertragung von Krankheiten auf Menschen und Nutztiere 2. Verunreinigung und Fressen von Nahrungs- und Futtermitteln 3. Nageschäden an Gebäuden, Kabelinstallationen und Geräten In 99% aller Fälle werden in den verschiedenen Köderformulierungen zur Bekämpfung der Schadnager Blutgerinnungshemmer verwendet. Die Antikoagulantien wirken aufgrund der hohen inneren Blutverluste tödlich. Ein großer Vorteil ist die verzögerte Wirkung von ca. 3-5 Tagen nach der Aufnahme. Eine Köderscheu ist nicht zu erwarten, da die Köder nicht mit der allgemeinen Körperschwächung in Verbindung gebracht werden. Als Formulierungen kommen im landwirtschaftlichen Bereich hauptsächlich Pasten (z.B. DESINTEC MegalEx Paste oder DESINTEC RodEx Paste und Getreideköder (lose oder in Wurfbeuteln) zum Einsatz.
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• vorbeugende Maßnahmen, wie das Aufräumen des Hofgeländes werden nicht ernst genommen! Hier stehen alle landwirtschaftlichen Berater in der Pflicht! • unzureichende Kenntnisse über das Verhalten von Mäusen und Ratten. Mäuse sind z.B. sehr neugierig, Ratten dagegen sehr köderscheu • das Aufstellen von zu wenig und unattraktiven Köderboxen • das Aufstellen von Köderboxen an falschen Orten (z.B. in der Nähe von Kot- oder Urinstellen) • das Auswählen von falschen Köderformulierungen (z.B. Wachsblöcke sind für die Kanalisation geeignet, aber nicht für die Landwirtschaft) • häufig wird bei Ratten zu wenig Köder bereitgestellt bzw. nachgelegt! Als Grundlage für eine erfolgreiche Bekämpfung sollte eine Inspektion des landwirtschaftlichen Betriebes zusammen mit einem ausgebildeten Schädlingsbekämpfer erfolgen. Der landwirtschaftliche Betriebsleiter hat danach zu entscheiden, ob er die Bekämpfung regelmäßig selber durchführen oder an einen professionellen Schädlingsbekämpfer abgeben will. Aus Erfahrung werden aufgrund von hohen Arbeitsbelastungen und ständig steigenden Betriebseinheiten die Schadnager auf den Betrieben aber nur sporadisch oder nicht konsequent
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Dieter Jürgens, Agravis Raiffeisen AG
genug bekämpft. Daher ist es für viele Landwirte nur konsequent, wenn sie die Aufgaben der Schadnagerbekämpfung an professionelle Schädlingsbekämpfer abgeben. Ausgebildete Schädlingsbekämpfer stellen nach einer Inspektion einen Bekämpfungsplan mit dazugehörigem Lageplan fertig. Darin werden die Köderstellen eingetragen, so dass sie jederzeit leicht zu finden sind. Köderboxen werden sowohl innerhalb als auch außerhalb der Stallgebäude aufgestellt. Das Aufstellen der Köderboxen außerhalb ist sehr wichtig, da die Schadnager schon draußen abgefangen werden sollten. Regelmäßiges Kontrollieren und Auslegen der Köder in abschließbaren Boxen ist neben der Auswahl von attraktiven Köderprodukten entscheidend für den Bekämpfungserfolg. Lückenlose und auswertbare Dokumentationsunterlagen werden den Landwirten zur Verfügung gestellt. Diese dienen gleichzeitig als Nachweis für alle Qualitätssicherungssysteme, bei denen die Pflicht zur Eigenkontrolle und Dokumentation der Schädlingsbekämpfung besteht. Eine schadnagerfreie Tier- und Lebensmittelproduktion sowie Futterlagerung muss daher in der Landwirtschaft angestrebt werden. Mit solchen bewussten Hygienemanagement-Maßnahmen kann jeder Landwirt das bestehende Seuchenrisiko minimieren.
Vorteile der professionellen Schadnagerbekämpfung: • Effektives Kurzhalten der Schadnager • Visuelle Befallsermittlung durch geschultes Fachpersonal • Durchführung der regelmäßigen Bekämpfung nach Plan • Lückenlose Dokumentation aller Behandlungen • Gesetzliche Anforderungen werden erfüllt Neben der professionellen Schadnagerbekämpfung durch einen ausgebildeten Schädlingsbekämpfer steht allen Landwirten, die eine Bekämpfung selber vornehmen wollen, im Internet unter www.desintec.de ein Tool zur individuellen Planung der Rattenbekämpfung zur Verfügung. Kernstück des Inter-
Hygienische Bedeutung und Bekämpfung der Orientalischen Schaben (Blatta orientalis) auf landwirtschaftlichen Betrieben!
Orientalische Schaben (Blatta Orientalis) 21-28 mm lang
bis schwarzbraun. Sie haben eine bevorzugte Umgebungstemperatur von 20° – 29° C, können sich aber auch noch bei 15° C vermehren. Die Schabenweibchen tragen am Hinterleib Eipakete (Oothek) mit ca. 15 Eiern mit sich herum. Problem: Diese Eipakete werden vom Weibchen nach ca. 24 Std. vor allem in Ritzen frei abgelegt. Erst nach ca. 2 Monaten schlüpfen die Larven (Nymphen) aus den abgelegten Eikapseln. Die anschließende Larvenentwicklung dauert insgesamt 126 – 165 Tage, wobei die Larven 9 – 10 Häutungen durchlaufen. Bei niedrigen Temperaturen ist die Entwicklung stark verlängert.
Orientalische Schaben inkl. Eipaket
1. Hygienische Bedeutung, Aussehen, Entwicklung und Verhaltensweise Orientalische Schaben sind laut Infektionsschutzgesetz als Gesundheitsschädlinge einzustufen. Durch ihre Lebensweise tragen sie zur Verbreitung von human- und veterinärmedizinisch bedeutsamen Krankheitskeimen bei. Sie gelten als potentielle Krankheitsüberträger. Viele Untersuchungen haben ergeben, dass sie mehr als 60 Krankheiten (z.B. Hepatitis, Salmonella spp., oder Streptococcus spp.) weitergeben können. Die Schaben verunreinigen mit dem Kot die Vorräte und rufen bei vielen Menschen Ekelerregung hervor. „Tierställe machen es den Schädlingen sehr bequem, sie haben genug zu Fressen und genügend Wärme.” Weiter wurde festgestellt, dass Krankheitskeime bis zu 72 Std. am Schabenkörper haften bleiben, eine Kontamination der Umgebung also ca. 3 Tage lang möglich ist. Außerdem werden von den Schaben aufgenommene Keime über ihren Verdauungstrakt noch über einen längeren Zeitraum ausgeschieden. Auch spielen Schaben als Verursacher von Allergien eine bedeutende Rolle. Die adulten Orientalischen Schaben sind ca. 21 – 28 mm lang und kastanien-
Bei Pastenköder ist die Aufnahme sehr gut sichtbar.
2. Bekämpfung Die Kenntnis über die Biologie der Schabenart ist für den Bekämpfungserfolg von äußerster Wichtigkeit. Die Bekämpfung der Orientalischen Schaben kann nach den Kriterien des „Integrated Pest Management“ in mehrere Stufen gegliedert werden. Hierzu gehört gezieltes Monitoring (Befallsermittlung und -kontrolle) in den betroffenen Bereichen sowie gezielte Behandlungsmaßnahmen ihrer Aufenthaltsorte und Verstecke (Schlupfwinkelbehandlung). Vor einer Schabenbekämpfung sollten auf landwirtschaftlichen Betrieben immer gründliche Stallreinigungsarbeiten vorgenommen werden. Ausreichende Hygienemaßnahmen und das Abdichten von Schlupfwinkeln sollten selbstverständlich sein. Bei der Bekämpfung sind immer mehrere Maßnahmen erforderlich, da sonst kein ausreichender Erfolg erzielt werden kann.
• Spritz- und Sprühverfahren: mit nachhaltig wirkenden Insektiziden (z. B. DESNTEC® EntomEx) Barrieren um Schlupfwinkel setzen. DESINTEC® EntomEx beinhaltet das gegen Schaben wirksame Pyrethroid Lambda-Cyhalothrin, Der Wirkstoff liegt verkapselt in einer wässrigen Suspension vor, wodurch DESINTEC® EntomEx bis zu 12 Wochen nach der Ausbringung noch wirkt. Erst bei Kontakt mit Chitin wird der Wirkstoff Lambda Cyhalothrin freigesetzt. Nicht in Reichweite der Nutztiere einsetzen! • Verwendung von Stäuben in Hohlräumen: im Dachraum, in Ritzen und Ecken sind Silicate (z.B. DESINTEC® M-Ex Pulver) auszubringen. Die Kieselsäure wirkt austrocknend. Schaben, die in den Dachraum oder in Ritzen fliehen können, werden so sicher bekämpft. Aufgrund der physikalischen Wirkung sind bei dem Einsatz von Silikatstäuben keine Resistenzen zu erwarten. • Larvizideinsatz in den Bereichen (z.B. Gülle), in denen bei der Befallskontrolle Larvenstadien (Nymphen) gefunden wurden. Einsetzbar sind Larvizide mit dem Wirkstoff Triflumuron (z.B. P3 Larvicide). • Ausbringen von Gelköder in sauberen Vorräumen und Ställen. Diese Gele stellen ein für Schaben attraktives Nahrungsmittel dar, von dem sie während ihrer Aktivitätsphase angelockt werden. Tiere, die von diesem Köder gefressen haben, sterben während der Ruhephase. Dieser Köder eignet sich besonders für Ecken und Stellen, die schlecht behandelt werden können. Es empfiehlt sich grundsätzlich die Ausbringung von Gelköder bei einem Schabenbefall in die Hände einer zertifizierten Schädlingsbekämpfungsfirma mit geschultem Personal zu legen (z.B. Raiffeisenkooperationspartner TAPO).
2010 Jahresbericht
Es sind folgende Bekämpfungsmaßnahmen in der Landwirtschaft von Bedeutung:
Agravis
net-Tools ist ein interaktiver Schadnager-Bekämpfungsplan, der auf jeden Hof zugeschnitten werden kann. Hier kann das Betriebsgelände mit Scheunen, Silos oder Stallungen eingezeichnet werden. Als Ergebnis erhält der Landwirt nach Fertigstellung des Plans einen individuellen Beköderungsplan mit den entsprechenden Köderplätzen. Um Arbeit und Zeit einzusparen, besteht die Möglichkeit den Lageplan zu sichern und bei Bedarf wieder zu verwenden. Im Programmteil „Datenblatt“ des Tools werden gleichzeitig die notwendigen Dokumentationsunterlagen erstellt, die als Nachweis der Schadnagerbekämpfung in das Bestandsbuch integriert werden können.
Wichtig: aufgrund der versteckten Ablage der Eipakete in Ritzen, Güllekanälen und anderen Kanalsystemen sind bei der Orientalischen Schabe immer mehrere Behandlungswiederholungen erforderlich. Das Tragen einer persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ist bei allen Bekämpfungsmaßnahmen unerlässlich. Reinigungs- und Desinfektionsmittel unzugänglich für Kinder und Unbefugte aufbewahren. Nicht mit anderen chemischen Wirkstoffen (z.B. Desinfektionsoder Reinigungsmittel) mischen. Biozide sicher verwenden. Vor Gebrauch stets Kennzeichnung und Produktinformation lesen.
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Edda Hübert,
mein sollte grundsätzlich optimal sein. Ohne diese wird weder eine homöopathische noch eine konventionelle Behandlung auf Dauer erfolgreich sein, und das ist ja unser Ziel. Eine gute Beobachtungsgabe und das „hinsehen “ eines Tierhalters ist schon eine gute Voraussetzung für die Arbeit mit einem Tierhomöopathen oder einem homöopathisch arbeitenden Tierarzt. Diese sind angewiesen auf das Beobachten von Symptomen, um die entsprechenden homöopathische Arznei zu ermitteln und um den Leitsatz von Hahnemann „Similia similibus curentur“ oder „Ähnliches mit Ähnlichem heilen“ praktisch und erfolgreich anzuwenden.
Der Begründer der Homöopathie, der Arzt Dr. Samuel Hahnemann (1755 – 1843) hat sich schon zu seiner Zeit auch mit der Homöopathie in der Tierheilkunde befasst. Die Homöopathie ist, im Gegensatz zu der konventionellen Therapie, die gegen die Krankheitssymptome gerichtet ist, eine sogenannte Regulationstherapie. Dabei werden die körpereigenen Kräfte aktiviert und der Organismus wieder ins Gleichgewicht gebracht. Die Homöopathie ist in der modernen Tierhaltung, sei es im Milchviehbereich oder in der Ferkelerzeugung und Schweinemast nicht mehr weg zu denken. Nicht zuletzt wegen der (Nicht-) Rückstände, der fehlenden Wartezeitprobleme und der nicht vorhandenen Resistenzen bei den Tieren, die für die Gewinnung von Lebensmitteln erzeugt werden. Auf der einen Seite gibt es mittlerweile eine Reihe von Landwirten und andere Tierhalter, die sich mit der Homöopathie intensiv beschäftigt und sich umfangreiche Kenntnisse angeeignet haben. Die über viele Jahren Erfahrungen durch praktische Anwendung und Beobachtung das Wesen der Homöopathie erfasst und in der Anwendung homöopathischer Mittel bei ihren Tie-
ren durchaus beachtliche Erfolge erzielen konnten. Auf der anderen Seite wird die Anwendung von Homöopathie beim Menschen wie bei den Tieren als „unwissenschaftlich“ oder als nicht belegbar abgelehnt. Dann heißt es „das kann ja nicht wirken“ oder „da muss man ja dran glauben“. Wer aber einmal die mitunter verblüffenden Erfolge einer homöopathischen Behandlung miterlebt hat, der ist nachhaltig davon beeindruckt und vielleicht dann auch überzeugt. Manche Tierbesitzer finden den Weg zum Tierhomöopathen mehr zufällig. Häufig, nach dem schon sämtliche konventionellen Therapien ausprobiert wurden, darf die Homöopathie zum Einsatz kommen. Nicht selten mit erstaunlichem Erfolg. Den Blick wieder mehr auf das Tier lenken, auf das Wohlbefinden des Tieres auch und gerade unter modernen Haltungsbedingungen. Nicht, dass es hier zum Missverständnis kommt, die Homöopathie bewirkt deutlich mehr als nur das Ergebnis einer besseren Aufmerksamkeit, wie eine Reihe von Kritikern die Erfolge der Homöopathie zu deuten pflegen. Die Bedingungen unter denen Tiere leben, also Haltung, Fütterung, Hygiene, das Management allge-
Hübert
Jahresbericht
Dipl. Ing. agr. und Tierheilpraktikerin, Ladbergen
2010
Homöopathie im Schweinestall – auch etwas für mich?
Es ist noch kein Homöopath vom Himmel gefallen. Da gibt es Landwirte, die sich in homöopathischen Arbeitskreisen zusammenschließen und anhand ihrer eigenen Erfahrungen und der Erkenntnisse ihrer Mitstreiter unter Begleitung eines erfahrenen Homöopathen zu bestimmten Themen ihr Wissens- und Erfahrungsspektrum erweitern. Der noch unerfahrene Anwender beginnt meist mit Komplexmitteln unterschiedlicher Firmen, die er über seinen Tierarzt beziehen kann. Sie sind eine Kombination von homöopathischen Arzneien, die für bestimmte Wirkungsrichtungen wie z.B. Geburtsvorbereitung, konzipiert sind und für die homöopathische Behandlung von Tieren, auch von lebensmittelliefernden Tieren, zugelassen sind. Mit fortschreitender Erfahrung und Sicherheit in der Anwendung und in Zusammenarbeit mit Tierhomöopathen / homöopathisch arbeitenden Tierärzten werden, wie in der klassischen Veterinärhomöopathie üblich, überwiegend Einzelmittel angewendet. Die Homöopathie ist in ihrer Gänze schon sehr komplex und umfangreich, doch man soll sich von der Fülle den Symptomen auch nur eines einzigen Mittels nicht demotivieren lassen. „Der Weg ist das Ziel“, nach diesem Motto eines alten chinesischen Sprichwortes, kann man den Weg beginnen.
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2010 Jahresbericht IDT 30
Veterinärmedizin „Made in Germany“
Dr. Andreas Becker, IDT
IDT Biologika als weltweit einziger Hersteller des Schweineinfluenza-Impfstoffes mit aktuellen Impfstämmen
Dessau-Roßlau, 30. Juli 2010 – IDT Biologika hat seit Beginn dieses Jahres den ersten in Europa zugelassenen neuen Schweineinfluenza-Impfstoff in den Markt gebracht, der gegen alle drei klinisch bedeutsamen Subtypen des Virus H1N1, H3N2 und H1N2 wirksam ist. Damit ist es den Forschern des Unternehmens gelungen, einen Impfstoff zu entwickeln, der auch den seit einigen Jahren neu auftretenden Subtypen H1N2 abdeckt. „Das Krankheitsbild der Influenza hat sich im Laufe der Jahre verändert. Seltener tritt die klassische Form auf, bei der sich Symptome wie hohes Fieber, Bauchatmung und Futterverweigerung innerhalb kürzester Zeit durch den Schweinestall verbreiten. Viel häufiger ist mittlerweile eine schleppend verlaufende Influenzainfektion, z.B. bei den Zuchtsauen“, erklärt Dr. Andreas Becker, zuständig für das internationale Marketing der Tierimpfstoffe. Die Symptome seien weniger eindeutig ausgeprägt: Sauen fressen schlecht und je nachdem, zu welchem Zeitpunkt sich die Sau im Reproduktionszyklus infiziert, verferkeln Sauen scheinbar ohne Grund oder es kommen vermehrt lebensschwache Ferkel auf die Welt. In der Säugezeit wird Milchmangel beobachtet. Eine sichere Diagnose kann die Laboruntersuchung bringen. Der neue Influenza-Impfstoff für Schweine ist seit etwa einem halben Jahr im Markt. Fast zehn Jahre Forschungsarbeit auf dem Gebiet der Influenza stecken dahinter. Viele Tierärzte bewerten insbesondere die Wirksamkeit und Verträglichkeit sehr positiv. Umfassende praktische Erfahrungen mit diesem Impfstoff haben Anwender und Forscher mittlerweile gesammelt. Doch nicht nur auf dem Gebiet der Tierimpfstoffe ist die IDT Biologika ein Spezialist. Das im Herzen Deutschlands gelegene Unternehmen entwickelt und produziert auch Humanimpfstoffe und Pharmazeutika auf biotechnologischem Wege für den weltweiten Markt. Seit Privatisierung hat der BiologikaSpezialist Investitionen von mehr als 200 Millionen Euro für den Ausbau des biopharmazeutischen Standortes realisiert. 2009 erhöhte sich die Mitarbeiter-
Die Impfstoffproduktion bei IDT findet in hochmodernen Anlagen statt. Der Qualitätsmaßstab ist bei Handels- und Bestandsimpfstoffen sehr hoch.
spezifischen Impfstoffe für Bestandsprobleme herzustellen, für die noch keine Handelsimpfstoffe zur Verfügung stehen“, erklärt Dr. Becker. Auch zukünftig bleibt die Forschung und Entwicklung ein wichtiger Baustein für das Unternehmen – und die Internationalisierung, die für den weiteren Erfolg eine immer größere Rolle spielt. Dank umfassendem Impfschutz ein guter Start ins Leben
zahl von 650 auf 800. Etwa 12 Prozent des Umsatzes investiert das Unternehmen jährlich in die Forschung. In Deutschland gibt es kein vergleichbares Unternehmen, das eine so umfassende Tierimpfstoffentwicklung von der Forschung bis zur Produktion an einem Standort aufweisen kann. Von den Erkenntnissen aus eigener Forschung und den langjährigen Erfahrungen in der Impfstoffentwicklung profitieren insbesondere auch die Schweineproduzenten: „Wir wissen von den Tierarztpraxen sehr genau, welche Gesundheitsprobleme sich gerade abzeichnen. Ich sitze buchstäblich Tür an Tür zur Impfstoffentwicklung“, sagt Dr. Andreas Becker. „Diese kurzen Wege nutzen wir, um beispielsweise auch unsere bestands-
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Über IDT Biologika GmbH Die IDT Biologika fertigt biotechnologisch hergestellte Impfstoffe für den weltweiten Markt und hat sich seit der Gründung im Jahr 1921 zu einem führenden Standort der Pharma- und Biotechnologie in Sachsen-Anhalt entwickelt. Mit ihren Produkten und Leistungen trägt die IDT Biologika seit über 85 Jahren zur Gesunderhaltung von Mensch und Tier bei.
Kontakt IDT Biologika GmbH Am Pharmapark 06861 Dessau-Rosslau www.idt-biologika.de Dr. Andreas Becker International Marketing Manager Phone: +49 172 341 9683 Fax: +49 34901 885 5313 andreas.becker@idt-biologika.de
2010 Jahresbericht Menno Chemie 32
Nie mehr Fliegen im Stall – Ein Traum?
Jeder kennt Ställe, in denen sich weder Menschen noch Tiere wohl fühlen, weil es an allen Stellen summt und krabbelt. Keine Stelle im Stall kann anfasst werden, ohne dass Fliegenkot an den Händen klebt. Fliegen sind aber nicht nur störend, sondern, als Überträger von Krankheiten, auch gefährlich. Es ist bekannt, dass Fliegen Erreger wie z.B. der Dysenterie, Salmonellose oder auch Spulwurmeier aus der Gülle in den Tierbereich bringen. Auch MRSA (Methicillin-resistente Staphylococcus aureus) kann durch Fliegen auf den Menschen übertragen werden. Eine Reduktion der Fliegenpopulation im Stall ist also erstes Ziel, wenn es um ein funktionierendes Hygienekonzept geht. Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen laufen ins Leere, wenn der Landwirt das Fliegenproblem nicht in den Griff bekommt. Erfahrungsgemäß gibt es 3 Stalltypen die fast immer Probleme bei der Fliegenbekämpfung machen: • Ställe mit dem Güllelager unter Spalten • Ställe, die nicht regelmäßig gereinigt werden z.B. Warteställe. • Großbuchten mit mehr als 100 Tieren/ Bucht. In allen 3 Stalltypen können sich
bequem dicke Schwimmdecken bilden, die von den Fliegen sehr gerne angenommen werden. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht unbedingt, dass alle anderen Ställe fliegenfrei wären. Tendenziell ist das Problem hier aber leichter in den Griff zu bekommen. Fliegenbekämpfung setzt also schon beim Neu- bzw. Umbau an. Güllekanäle sollte man Ablassen, Spülen und Rühren können. So kann eine Fliegenbekämpfung im 1. Schritt mechanisch erfolgen. Lüftungsbedingt müssen einige Futtergänge geschlossen sein.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Dipl. Ing. agr. Anna-Catharina Heitgress, Menno Chemie
Schon beim Neubau sollte die Möglichkeit geschaffen werden, diese anschließend wieder leicht zu öffnen. Ist das nicht möglich, werden förmlich Rückzugsräume für die Fliegen gebaut. Denn Mittel, die über die Gülle ausgebracht werden, können hier nicht greifen. Zu bedenken ist auch, dass Fliegen in die Ställe einfliegen. Genau wie die Küche am späten Nachmittag „schwarz“ vor Fliegen sein kann, wenn alle Fenster geöffnet sind, genau so kommen die Fliegen auch in die Ställe. Geöffnete Fenster und Türen sollten mit einem Fliegengitter (4x4 mm) geschlossen werden. Wenn alle baulichen Maßnahmen umgesetzt wurden und dennoch eine Fliegenbekämpfung notwendig ist, wäre als 2. Schritt die chemische Bekämpfung vorzunehmen. Diese sollte immer in der Gülle ansetzen. Eine alleinige Bekämpfung oberhalb der Spalten ist nicht erfolgversprechend, da sich hier nur ca. 20 % der adulten Fliegen befinden. Wichtig ist deshalb der Ansatz unter den Spalten, wo sich die Eier und Larven, aber auch ein großer Teil (80 %) der adulten Fliege befindet. Nachdem die Gülle behandelt wurde, können dann die letzten Fliegen mit dem MFG Konz. von Menno Chemie oberhalb der Spalten bekämpft werden. Das Präparat wird mit einem Feinsprühgerät ausgebracht und tötet, durch seinen Knock-down-Effekt, alle Fliegen oberhalb der Spalten ab. Oft wird die Fliegenbekämpfung aber erst in Angriff genommen, wenn es schon zu spät ist. Wenn die Fliegenpopulation schon überhandgenommen hat. Führt man sich vor Augen, dass der Landwirt nur 20 % der Population wirklich sieht, wird das ganze Ausmaß des Problems deutlich. Die Anwendung aller genannten Maßnahmen wie rühren, spülen, Mittel aus-
Für den Landwirt ist die Fliegenbekämpfung nun keine unangenehme Arbeit mehr, die sehr viel Zeitaufwand bedeutet und an Mitarbeiter delegiert häufig fehlerbehaftet ausgeführt wird. Die Automatisierung der Fliegenbekämpfung schließt menschliche Anwendungsfehler wie falsche und zu späte Behandlungszeitpunkte aus. So wird außerdem mit natürlichem Pyrethrum ein Wirkstoff zum Einsatz gebracht, der auch für den ökologischen Produktionsbereich durch die FiBL, Forschungsinstitut für biologischen Landbau, Frankfurt a. M. als geeignet eingestuft wurde. Seit ca. einem Jahr läuft die Anlage bei der Lehr- und Versuchsanstalt Haus Düsse mit sehr gutem Erfolg. Hier wurde sie in einem Stall mit Großgruppen eingebaut, in dem es vorher massive Probleme gegeben hat. Überzeugen Sie sich vor Ort über die Funktion des NEOPREDIZID Spray Systems in dem laufenden Betrieb. Biozide sicher verwenden. Vor Gebrauch stets Kennzeichnung und Produktinformation lesen.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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natürlicher Wirkstoff, um bestehende Resistenzen in Fliegenpopulationen zu überwinden.
Jahresbericht
• Automatisierung der Fliegenbekämpfung • Keine Rückstandsproblematik, weder im Fleisch noch in der Gülle • Keine Resistenzen • Bekämpfung unter Spalten, wo 80 % der adulten Fliegen sich vorzugsweise aufhalten. Rein technisch gesehen, wird in regelmäßigen Abständen ausschließlich natürliches Pyrethrum unter den Spalten versprüht. Hierzu wird eine dünne Edelstahllanze mit einer Düse bis unter die Spalten geschoben. Die Sprühstöße werden von einer kleinen Steuereinheit ausgelöst. Je nach Fliegenbefall kann die Länge der Sprühstöße und der Mitteleinsatz variieren. Das Mittel greift dann die adulten und gerade geschlüpften Fliegen ab, so dass die Population reduziert wird und es nicht zu einem erneuten Aufbau kommt. Der Wirkstoff natürliches Pyrethrum (Pyrethrine) ist biologisch gut abbaubar, zerfällt im Kontakt mit organischen oder alkalischen Medien wie der Gülle, was für die wirtschaftliche Verwertung der Gülle in Biogasanlagen wichtig ist. Aufgrund des Wirkmechanismus von natürlichem Pyrethrum sind auch nach langjährigem Einsatz keine Resistenzen bekannt. Es eignet sich als rein
Menno Chemie
bringen, streichen und vernebeln sind sehr arbeitsaufwendig und damit über die verbrauchten Stunden schon sehr teuer. Rechnet man Mittelkosten dazu, kommen größere Betriebe auf mehrere 100, manchmal auf mehrere 1000 € im Jahr. Werden diese Maßnahmen dann aber unregelmäßig durchgeführt, führen sie trotz der immensen Kosten nicht zum Ziel. Hinzu kommt, dass der Cocktail aus verschiedenen Desinfektionsmitteln, Larviziden und Insektiziden einen nicht zu kalkulierenden Güllemix für Biogasanlagenbetreiber darstellt. Hier kommt es zu Wechselwirkungen zwischen den Mitteln, die bisher noch nicht untersucht wurden. Bis vor Kurzem gab es eigentlich keine wirkliche Lösung für diese Probleme. Viele Landwirte haben sich bei der Fliegenbekämpfung so „durchgewurschtelt“. Die Firma Menno-Chemie hat jetzt eine Lösungsmöglichkeit entwickelt: Ein automatisches Fliegenbekämpfungssystem, das Neopredizid ®Spray System. Es wurde auf der letzten Euro Tier mit einer Silbermedaille prämiert. Was ist darunter zu verstehen? Folgende Maßgaben sollten bei der Entwicklung dieses Fliegenbekämpfungssystems umgesetzt werden:
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2010 Jahresbericht PIC
Genomische Selektion beim Schwein – von der Utopie zur Realität
Zuchtleiter der PIC Deutschland
Genauigkeit der Zuchtwertschätzung bestimmt den Zuchtfortschritt Züchter streben danach, den Zuchtfortschritt laufend zu verbessern. Dabei können sie verschiedene Faktoren beeinflussen, denn der jährliche Zuchtfortschritt einer Population (ΔGJahr) wird durch vier Größen bestimmt: • durch die Genauigkeit der Selektion (r Sel), also der Korrelation zwischen dem wahren Zuchtwert und dem geschätzten Zuchtwert, d. h. je genauer der geschätzte Zuchtwert den wahren Zuchtwert vorhersagt, umso größer ist der Zuchtfortschritt, • durch die genetische Standardabweichung (σg), d.h. je größer die Variation zwischen den Tieren, umso größer ist der Zuchtfortschritt, • durch die Selektionsintensität (i) und • durch das Generationsintervall (t), also das durchschnittliche Alter der Eltern wenn ihre Nachkommen geboren werden. D.h. je kürzer das Generationsintervall, umso höher der Zuchtfortschritt
Umfangreiche Eigenleistungs- und Nachkommenprüfung = hoher Zuchtfortschritt? Auf den ersten Blick erscheint es einfach, den Zuchtfortschritt zu erhöhen, denn mit vielen Leistungsdaten von Verwandten und Nachkommen erhöht sich die Genauigkeit der Selektion. Allerdings wird dadurch gleichzeitig das Generationsintervall deutlich verlängert und somit der gewonnene Vorteil wieder aufgezehrt. Das heißt also, dass zu einem frühen Zeitpunkt genaue Informationen über den genetischen Wert eines Tieres vorliegen müssen. Genau an dieser Stelle setzt die genomische Selektion an.
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Dr. Holger Looft,
Der Fortschritt in der Biotechnologie macht‘s möglich Verständlich ist, warum sich derzeit gerade die Rinderzüchter intensiv mit der genomischen Selektion beschäftigen, da aufgrund des langen Generationsintervalls und dem Test- und Wartebullensystem viel Zeit vergeht, bis ein erster sicherer Zuchtwert für einen Bullen geschätzt werden kann. Aber nicht nur die Verkürzung des Generationsintervalls spielt eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung für die Nutzung von Genom-Informationen. Auch in der Schweinezucht leistet die marker-gestützte/genomische Selektion einen wichtigen Beitrag. Niedrig erbliche Merkmale wie Fruchtbarkeit, Vitalität oder Krankheitsresistenz, erst am geschlachteten Tier oder nach Abschluss des Produktionsabschnitts messbare Merkmale wie Muskelfleischanteil, Rückenspeck, Fleischqualität, Tageszunahmen, Futterverwertung sind nur einige hier zu nennende Merkmale. Gerade auch die Vielzahl der wirtschaftlich relevanten Merkmale in der Schweine- im Vergleich zur Rinderzucht, macht es notwendig, alle Möglichkeiten zu ihrer weiteren Verbesserung auszuschöpfen. In den vergangenen Jahren wurde das Schweine-Genom immer weiter
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
erforscht und mehr und mehr Gene bzw. Marker und mit ihnen verbundenen Eigenschaften wurden entdeckt. Voraussichtlich Ende 2010 wird das Schweinegenom vollständig entschlüsselt sein. Zu Beginn der markergestützten Selektion (Marker Assisted Selection - MAS) wurde der jeweilige Markerstatus für das Einzeltier ausgewiesen, Bsp. Halothan-Status NN, NP oder PP, und die Effekte als so genannte fixe Effekte in die statistischen Modelle der Zuchtwertschätzung einbezogen.
Chip zur gleichzeitigen Analyse von 60.000 Genorten eines Tieres, Foto: Illumina
Frühzeitige Nutzung sichert den Zuchtvorsprung Schon seit rund 20 Jahren ist bei PIC die Nutzung genetischer Marker in der Selektion und Zuchtwertschätzung ein integraler Bestandteil des Zuchtprogramms War es Anfang der 90er Jahre noch ziemlich zeit- und kostenintensiv, an einzelnen Tiere einzelne Marker zu identifizieren, so ist es heute möglich mit so genannten SNP-Chips 60.000 Genorte eines Tieres in einem Lauf auf eine Vielzahl von Markern zu untersuchen. Auch die Rechenmodelle und Rechnerkapazitäten wurden laufend verbessert, so dass heutzutage Zuchtwerte täglich aktualisiert werden können. Heute bezieht PIC die Informationen
• Verbesserung der Genauigkeit der Selektion und damit Erhöhung des Zuchtfortschritts • Vorverlegung der Selektionsentscheidung und damit Erhöhung des Zuchtfortschritts je Zeiteinheit • Möglichkeit zur Produktdifferenzierung (z.B. Futteraufnahme, Krankheitsresistenz, Fleischqualität, Rückverfolgbarkeit)
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die in den vergangenen zehn Jahren gesammelt wurden. Und täglich kommen neue Daten hinzu!
PIC • erhöht die Selektionsgenauigkeit und damit den Zuchtfortschritt durch genomische Selektion, umfangreiche Leistungsprüfungen und modernste Schätzmodelle um über 60 % (Fruchtbarkeitsmerkmale), • hat als einziges Schweinezuchtunternehmen die notwendigen Voraussetzungen und Möglichkeiten, um die genomische Selektion für ihre Kunden gewinnbringend anzuwenden.
Jahresbericht
Vorteile der marker-gestützten Selektion
sowie u. a. 360.000 US$ für ein Hochleistungs-Computer-Cluster ausgegeben, um die exponentiell zunehmende Datenmenge zu bewältigen. Auch das Kreuzungszucht-Programm wurde weiter ausgebaut und liefert umfangreiche Leistungsinformationen aus der kommerziellen Produktionsstufe für die Verbesserung der Reinzuchtlinien. PIC hat heute, wie kein anderes Zuchtunternehmen, eine Datenbank mit rund 12,5 Millionen Datensätzen über phänotypische Leistungsinformationen, darunter über eine Million Sauen mit vollständig erfasster Abstammung sowie über 1,5 Millionen eingelagerte DNA-Proben,
PIC
von über 4,2 Millionen Schweinen in die tägliche Zuchtwertschätzung ein. So wurden z.B. 2009 wöchentlich mehr als 411.000 Einzeltier-Indizes aktualisiert.
Ohne Leistungsinformationen sind genomische Informationen nicht viel wert Um sicher herauszufinden, welche Effekte bestimmte Genorte haben, benötigt man umfassende Leistungsinformationen. Diese tierindividuellen Leistungsinformationen müssen mit denen aus der GenomUntersuchung für jedes Tier verknüpft werden. Erst dann erhalten die Genom-Informationen einen Wert, der für die Zuchtwertschätzung von Bedeutung ist. Regelmäßige Aktualisierung sowohl der phänotypischen als auch der genotypischen Daten ist auch weiterhin unumgänglich, um auch in Zukunft weitere Verbesserungen in der Schätzgenauigkeit zu erzielen. Deshalb hat PIC in den vergangenen Jahren erheblich investiert und die Leistungsprüfungen im Nukleus um 20 % erhöht
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2010 Jahresbericht TGZ
Der Ebereinsatz im DanZucht-System
Die TGZ (Top Genetik Zuchtschweine GmbH & Co. KG) vermarktet DanZuchtGenetik in Deutschland und Holland. Wir stehen unseren Kunden in allen produktionstechnischen Fragen rund um die DanZucht-Genetik zur Verfügung. Die vermarkteten Jungsauen werden nur aus anerkannten Zuchtbetrieben bezogen. Die deutschen Vermehrungsbetriebe sind dem dänischen Zuchtprogramm angeschlossen und produzieren analog den Vorgaben der „DanZucht“.
Landrace
schöpfung aus der Schweinehaltung zu erzielen. Sämtliche Zuchttiere von DanZucht besitzen einen Zuchtindex. Der Zuchtindex drückt den erwarteten Gesamtwert des Tieres in Bezug auf die geltenden Zuchtziele aus. Er basiert auf einer gesammelten Bewertung der finanziell wichtigsten Eigenschaften. Die Gewichtung der einzelnen Zuchtziele, aus denen sich der Index zur Zeit zusammensetzt, ist in der Grafik dargestellt. Innerhalb der einzelnen Rassen beträgt der durchschnittliche Index immer 100. Er wird wöchentlich in der Nacht zu Donnerstag mittels BLUPZuchtwertschätzung berechnet. Die Zuchtziele werden regelmäßig dem Markt neu angepasst.
Yorkshire
Wie werden die Eber verteilt?
Die Bereitstellung des Vorstufenspermas
Die DanZucht-Sau (F1-Hybrid) basiert auf der Kreuzung von Landrasse und Yorkshire. DanZucht-Vorstufeneber beider Rassen stehen auf dänischen und deutschen Besamungsstationen.
In Dänemark werden die Betriebe, die Vorstufensperma einsetzen, jeden Dienstag und Freitag von ihrer Besamungsstation angerufen, um den Bedarf an Sperma zu erfragen. Bei der
Das dänische Zuchtprogramm
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TGZ
Auswahl und Ranking neuer Eber für die dänischen Besamungsstationen übernimmt die Abteilung für genetische Forschung und Entwicklung unter dem VSP. Auswahlkriterien sind der Zuchtindex des Ebers sowie die Begrenzung der Anzahl verwandter Eber. Dabei gilt die Regel, dass nur ein Eber je Wurf, zwei Eber je Muttersau und maximal 15 Eber eines Vaters für die Aufstallung auf einer Besamungsstation ausgewählt werden. Damit erreicht DanZucht einen sehr schnellen Zuchtfortschritt, während gleichzeitig die Inzuchtsteigerung eingeschränkt und das Risiko der Streuung von unerwünschten Eigenschaften minimiert wird. Die wichtigen deutschen Besamungsstationen haben einen Vertrag mit unserem Partner Breeders of Denmark. Die Auswahl der Eber für diese Stationen werden von Breeders of Denmark übernommen. Aufgrund der dänischen Vorgaben hat Breeders of Denmark die Möglichkeit auf Eber zuzugreifen, die einen sehr hohen Index (teilweise einen höheren als die Eber auf dänischen Besamungsstationen) haben, aber aufgrund der Vorgaben nicht mehr auf dänischen Besamungsstationen eingestallt werden dürfen.
DanZucht steht unter der Leitung des „VSP“ (Wissenschaft der Schweineproduktion). Dessen Vorstand wird von den dänischen Schweineproduzenten gewählt und besteht aus Vertretern des dänischen Bauernverbands sowie einzelnen Sauenhaltern und Mästern. Damit werden bei der Festsetzung der Zuchtziele die Interessen aller Beteiligten berücksichtigt, um so für alle eine möglichst hohe Wert-
Cindy Nowatzki,
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Eberwahl haben als erstes die Reinzuchtbetriebe Zugriff, denn um den schnellstmöglichen Zuchtfortschritt zu erreichen, haben sie ein Anrecht auf das allerbeste Erbgut. Die Reinzuchtbetriebe haben 3 Monate das alleinige Zugriffsrecht auf die neu aufgestallten Eber, dann sind 3 bis 6 Monate lang die Vermehrungsbetriebe an der Reihe und danach die Eigenremontierer. Dabei gilt innerhalb der Zuchtbetriebe ein rotierendes System, so dass jeder Züchter einmal an erster Stelle bei der Spermabestellung steht und zwischen allen verfügbaren Ebern auswählen kann. Das Ziel ist, dass alle Züchter gleichmäßig mit Sperma von den Ebern versorgt werden. Um einen Anstieg der Inzucht zu begrenzen, dürfen maximal 5 % der Würfe eines Zuchtbetriebs von einem Eber abstammen. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Zuchtbetriebe nur jeweils 2
Portionen je Eber bestellen können. So ist das DanZucht System für alle Züchter und Vermehrer ausgewogen, ohne dass sich einzelne Zuchtbetriebe über das Zuchtsystem hinwegsetzen können oder ihre „eigene Zuchtstrategie“ verfolgen. Eine konsequente Eberauswahl für die Vermehrungsbetriebe ist also nicht möglich und auch nicht gewollt.
Eberauswahl für Ferkelerzeuger In Dänemark werden vorwiegend Duroc-Eber für die Produktion von Mastschweinen eingesetzt. Für den deutschen Markt ist der Einsatz der dänischen Duroc-Eber über Breeders of Denmark bzw. die TGZ gesteuert; hier werden speziell ausgewählte Eber eingesetzt, die einen guten Zuchtindex in Kombination mit guten Fleischwerten aufweisen. Der Duroc-Einsatz ist
Die TGZ bietet für Ferkelerzeuger, die ihren Bestand mit selbst produzierten Jungsauen ergänzen wollen, die Möglichkeit, mit Sperma von dänischen Zuchttieren diese Nachkommen zu erzeugen. Auf deutschen Besamungsstationen werden laufend Reinzuchteber aus dem dänischen Zuchtprogramm direkt von Züchtern aus Dänemark aufgestallt. Die Überwachung und Steuerung des Zuchtfortschrittes übernimmt Breeders of Denmark. Damit ist sichergestellt, dass immer genügend Reinzuchtsperma von sehr hoher Qualität zur Verfügung steht. Zurzeit haben dänische Eigenremontierungsbetriebe Zugriff auf Reinzuchtsperma von Ebern mit einem Index von ca. 110 (laut Datenbank Kopenhagen). Die Reinzuchteber, die Breeders of Denmark auf deutschen Besamungsstationen aufgestallt hat, haben aktuell einen durchschnittlichen Index von über 120 Indexpunkten. Dies ist ein klarer Vorteil für die deutschen Eigenremontierungsbetriebe. Die Betreuung der Erzeugerbetriebe und die Vermittlung von Know-how werden von der TGZ gemeinsam mit den Besamungsstationen und Breeders of Denmark speziell auf die Ansprüche des Kunden ausgerichtet.
2010 Jahresbericht
Eigenremontierung mit DanZucht
TGZ
nicht für jedes System geeignet; vor der Umstellung sollte die Abnahme der Ferkel mit dem Vermarkter bzw. Mäster abgeklärt werden. Zur Mastschweineerzeugung für den deutschen Markt hat sich der Einsatz von ausgewählten Pietrain-Ebern bewährt, die gemeinsam mit der Besamungsstation speziell für die Anforderungen des Betriebes ausgesucht werden.
Haben wir Ihr Interesse geweckt? Dann besuchen Sie unsere Homepage: www.t-g-z.com.
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2010 Jahresbericht WEDA
Smartphone versus Erfahrung?
WEDA Dammann & Westerkamp GmbH
Die strukturellen Verwerfungen innerhalb der deutschen Landwirtschaft sind nicht mehr aufzuhalten. In der Tierhaltung, im Besonderen in der Schweinehaltung, erleben wir in den letzten 20 Jahren einen dramatischen Wandel hin zu immer größeren Tierbeständen pro Unternehmen. Die Kehrseite der Entwicklung: Die Tiere werden von immer weniger Betrieben erzeugt. Produzierten 1990 noch 268.000 Betriebe 3,8 Millionen Tonnen Fleisch, so wurden im Jahre 2007 4,5 Millionen Tonnen Schweinefleisch von nur noch 80.000 Betrieben produziert. Dieser Wandel ist von den eher kleinteilig strukturierten Regionen in Süddeutschland bis hin in die Intensivtierhaltungsgebiete Niedersachsens und Nordrhein-Westfalens zu beobachten. Die Entwicklung macht selbst vor den großen industriellen Anlagen im Osten nicht halt. Die Einflussgrößen, die auf die Schweine haltenden Betriebe wirken und zu dieser Entwicklung beitragen, sind vielfältig: globalisierte Märkte, die komplexe EU-Agrarpolitik, ein verändertes Konsumentenverhalten oder der enorme Preisdruck von Seiten des Handels. Wahrscheinlich wird sich die Fahrtrichtung des aktuellen Strukturwandels für die kommenden Jahre nicht mehr ändern. Natürlich sind die aktuell mahnenden Stimmen aus der eigenen Branche, die die berechtigte Frage nach den Grenzen des Wachstums stellen, von Bedeutung. Doch welche Rolle spielen in diesem Prozess die Stallbau- und Agrartechnikanbieter? Sind es Protagonisten oder Antagonisten? Führt Hightech im Stall zu einem Paradigmenwechsel im Stallmanagement? Und wenn ja, wie wirkt sich dieser dann
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Carsten Bergstedt, (M. A.)
auf das berufliche Handeln des Landwirtes aus? Aktuell erleben wir nun im EurotierJahr 2010, dass die Anbieter von Fütterungsrechnern das mobile Internet entdeckt haben. Stehen wir jetzt vor dem revolutionären Beginn eines neuen Zeitalters im Farm-Management? Mobile Endgeräte, besonders Handys und die neuen Smartphones, sind heutzutage für viele Landwirte zum ständigen Begleiter geworden. Immer mehr Unternehmer in der Agrarbranche nutzen mit diesen Geräten auch das mobile Internet. Sei es nun zur Abfrage von Emails oder des landwirtschaftlichen Wetterdienstes. Die Eingabe von Webadressen oder Texten über eine Telefontastatur oder Touchscreen ist allerdings in den meisten Fällen wenig benutzerfreundlich. Mit dem Einzug von Smartphones ändert sich dies aktuell rasant. Neuwörter, sogenannte Neologismen sind entstanden und weiterhin am Entstehen. Wer hat nicht schon einmal etwas von Apps oder Widgets gehört? Das
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
mobile Internet ist heraus aus den Kinderschuhen. Internetflatrates sind für jedermann erschwinglich. Damit ist es nun erstmals praktisch möglich geworden, unabhängig von Raum und Zeit in das Management seines Hofes aktiv einzugreifen; sei es mit intelligenten Remoteverbindungen oder speziell programmierten Handyapplikationen. Die führenden Hersteller bieten hier gute und intelligente Lösungen an. Jeder mit seiner eigenen Philosophie, aber in Ergebnis und Intention ähnlich. Die Ausstattung von Anlagenkomponenten mit simplen Codes (wie z.B. MIX – Mobile Information Xtraction), die vom Fotohandy ausgelesen werden können und dann in Sekunden den Zugang zur Ersatzteilbestellung ermöglichen, sind weitere innovative Techniken, die die Arbeitsabläufe verändern werden. Der Ruf der Branche konservativ zu sein, ist eine gern benutzte gesellschaftspopulistische These, die leider häufig verkennt, dass Landwirte weltweit zu den Berufsgruppen gehören,
die im höchstem Maße innovativ sind. Innovationen, die ökonomisch und ökologisch Sinn machen, werden schnell und konsequent umgesetzt. Doch wie sieht es mit der Erfahrung aus? Können voll automatisierte Fütterungsanlagen, mit Sensoren gespickte Hightech-Ställe berufliche Defizite kompensieren? Wird es in Zukunft möglich sein, ohne wirkliche Fachkenntnisse Ferkelerzeuger zu werden? Die Antwort lautet ganz klar: Nein!
Die modernen internetgestützten Anwendungen sind Hilfsmittel und werden es auch in Zukunft bleiben! Eine fundierte Ausbildung und die berufliche Erfahrung lassen sich durch technische Geräte nicht ersetzen. Die sehr hohe Verantwortung, die Schweinehalter, besonders die Ferkelerzeuger, heute tragen müssen, erfordert weiterhin den persönlichen Einsatz im Stall. Erfahrung, ein gutes Auge und das sichere Gefühl für den Tierbestand lassen sich
Der Preis- und Einkommensdruck für die Landwirte wird weiter steigen, und damit auch der Zwang zu mehr Wachstum und betrieblicher Entwicklung. Bei objektiver Betrachtung auf diese sich abzeichnenden Entwicklungen in Deutschland, natürlich auch darüber hinaus, wird die moderne Stalltechnik mit ihren technischen Innovationen zukünftig weiter an dem Strukturwandel in der Schweinehaltung mitwirken.
2010 Jahresbericht
Die moderne Kommunikationstechnik ermöglicht dem Schweinehalter allerdings neue Chancen, die wiederum eng mit seinem ökonomischen Erfolg zusammen hängen. Die Fernwartung oder Fernkontrolle schafft Spielräume, beruflich wie privat. Der schnelle Kontrollblick via Handy aus der Ferne gibt Sicherheit.
WEDA
nicht durch „künstliche Intelligenz“ ersetzen.
„Smartphone versus Erfahrung“ ist kein Widerspruch. Erfolgreiche Unternehmer werden auch in Zukunft ihre gesamte Fachlichkeit und Erfahrung benötigen, um am Markt zu bestehen. Umso schöner, dass mit den mobilen Geräten, ab sofort ein spielerisch leichtes Stallmanagement möglich ist.
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2010 Jahresbericht BHZP
Abschlussprüfung für Prinzessinnen
BHZP
Neben den „inneren Werten“, also dem genetische Potential sind sind auch die äußeren Merkmale einer Jungsau von großer Bedeutung. Der Ferkelerzeuger erwartet heute, dass Fundament, Rahmen, Bemuskelung und Zitzen in einwandfreiem Zustand sind. Damit eine gleichbleibende Qualität der auszuliefernden Tiere gewährleistet ist, werden alle Jungsauen im BHZP von geschulten Zuchttechnikern selektiert. Die Vermehrungsbetriebe im BHZP arbeiten im Drei-Wochen-Rhythmus, so dass auch alle drei Wochen ein Selektionstermin stattfindet. Alle weiblichen Tiere, die zu diesem Zeitpunkt etwa 160 bis 165 Tage alt sind, werden dem Techniker vorgestellt. Wie die Selektion in der Praxis abläuft soll hier am Beispiel des Betriebes Rehme aus Ostercappeln dargestellt werden.
Kollege Computer hilft Für die Erfassung der Daten nutzen die Techniker einen mobilen PC. Aus hygienischen Gründen wird der Computer, bevor er in den Selektionsraum gebracht wird, in eine Plastikhülle eingepackt und desinfiziert. Anschlussgeräte verbleiben auf dem jeweiligen Betrieb. Zu groß ist sonst die Gefahr, dass Keime von einem Betrieb zum nächsten verschleppt werden. Mit dem Zuchtmodul des db-Planers kann der Techniker die vorgestellten Tiere einzeln aufrufen, die Abstammung und das Alter anzeigen lassen und anschließend Benotungen und Kommentare abspeichern. Auf diese Daten basierend erfolgt dann später die Zuchtwertschätzung oder es wird ein Eigenleistungsindex für Hybridsauen berechnet.
Der Test Buchtenweise werden die Jungsauen in den Selektionsraum geführt. Damit die Tiere unter praxisnahen Bedingungen getestet werden können, ist der Selektionsraum mit Spaltenboden ausgelegt. Noch während die Tiere in der Gruppe laufen achtet der Techniker bereits auf offensichtliche Mängel, die zum Ausschluss führen und markiert diese Tiere mit einem roten Strich. Anschließend
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Christoph Vornholt, Hubert Henne
BHZP-Zuchttechniker Martin Schröder am PC
werden die Tiere einzeln gewogen. Dabei wird anhand der Ohrmarkennummer die Abstammung der Tiere festgestellt. Jedes weibliche Tier bekommt im Vermehrungsbetrieb eine individuelle Kennzeichnung mit dem Lochteil der amtlichen Ohrmarke. Reinzuchttiere sind zusätzlich durch die Tätowierung der Mutternummer gekennzeichnet. Diese Ident-Nummern werden im dbPlaner mit den Wurfmeldungen abgespeichert. So erscheinen beim Test nach Aufrufen der Ident-Nummer alle relevanten Daten zu diesem Tier. Sobald der Techniker das Gewicht des Tieres im PC erfasst, erscheint auf dem Display die Lebenstageszunahme dieses Tieres. Nur Tiere, die bis zum Test die vorgegebene Mindestentwicklung aufzeigen, können positiv getestet werden, schwächere Tiere bekommen keine zweite Chance. Aber auch zu mastige Tiere sind nicht gewünscht und werden ausgeschlossen. Jetzt kontrolliert der Techniker auch das Gesäuge: Mindestens 7 funktionsfähige Zitzen auf jeder Seite mit einer korrekten Verteilung der Zitzen sind die Mindestanforderungen im BHZP. Die Gesäugeleisten müssen straff aufgehängt sein, zu loses Gewebe könnte in der Laktation zu Problemen füh-
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Alle Jungsauen sind mit einer Identnummer auf dem Lochteil der amtlichen Ohrmarke gekennzeichnet
ren und wird deshalb nicht toleriert. Im Reinzuchtbereich wird zusätzlich die Rückenspeckdicke per Ultraschall gemessen. Ist bis jetzt bei dem Tier alles in Ordnung, wird die Verkaufsohrmarke eingezogen. Wenn die Tiere die Waage verlassen erfolgt die Bonitur des Exterieurs in Form einer linearen Beurteilung. Die Stellung von Vorder- und Hinterhand wird jeweils mit einer Note beurteilt: Die Note „3“ bedeutet, alles in Ordnung; Note 1 und Note 5 führen zum Ausschluss, die 2 und die 4 deuten Abweichungen in Richtung „steil“ oder „säbelbeinig“ an. Zusätzlich zur Stellung kontrolliert der Techniker, ob das Tier Liegebeulen hat und damit zuchtuntauglich ist. Auch für Rahmen und
2010 Jahresbericht
Klassenziel erreicht, alles passt
BHZP
Bemuskelung wird nach dem linearen Benotungsschema eine Note vergeben. Zeigt ein Tier Mängel, die nicht über die lineare Beurteilung erfasst werden, werden entsprechende Ausfallcodes im db-Planer angegeben. Tiere, die im Exterieur Mängel aufweisen, werden definitiv nicht zur Zucht oder zum Verkauf zugelassen und zwar völlig unabhängig von ihrem Zuchtwert.
Ermittlung der Zuchtwerte Nach Abschluss des Tests werden die Daten vom db-Planer elektronisch an die zentrale Datenbank des BHZP übertragen. Die Eigenleistungsdaten der Jungsauen, alle Informationen der Verwandten aus Feldtests oder der zentralen Eberprüfung sowie die gesamten Fruchtbarkeitsinformationen aus allen BHZP-Betrieben fließen dann in die BLUP-Zuchtwertschätzung ein. Am nächsten Morgen stehen die Zuchtwerte für die getesteten Jungsauen zeitnah bereit und die abschließende Selektion kann durchgeführt werden. Im Durchschnitt erreichen ca. 70% der vorgestellten Tiere das Klassenziel. Der Zuchttechniker druckt eine Liste mit den Eigenleistungsdaten der posi-
Abbildung 1: Lineare Beurteilung im BHZP
tiv getesteten Tiere aus. Anhand dieser Liste kann der Vermehrer später die Verkaufsgruppen zusammenstellen. Etwa zwei Wochen nach der Selektion werden die Tiere ausgeliefert. Beim Gruppieren der Tiere überprüft der Vermehrer nochmals die Jungsauen. Einzelne Tiere werden dann z.B. aufgrund von Verletzungen noch nachträglich gemerzt. Mit Hilfe der Eigenleistungstests und die Endabnahme durch den BHZP-Zuchtbetrieb direkt vor der Auslieferung wird
die Qualität der Hybridsauen für den Ferkelerzeuger sichergestellt. Gleichzeitig dient das Verfahren innerhalb des BHZP-Zuchtbetriebes dazu, die besten Reinzuchtsauen zur Produktion der nächsten Generation Jungsauen zu remontieren. Im Falle eines Ferkelerzeugerbetriebes mit Eigenremontierung sichert das gleiche Prozedere die Qualität der Sauenherde langfristig. Dafür kann auf die Beratung durch die BHZP-Zuchttechniker zurückgegriffen werden.
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2010 Jahresbericht GFS
NEU: Die Spermatube mit UV-Schutz
Bei der Lagerung und beim Transport muss die Spermatube vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden. Sonnenlicht enthält UV-Strahlung. Diese natürlich vorkommende Strahlung macht nur wenige Prozent der auf der Erde auftreffenden Sonneneinstrahlung aus. Sie verursacht bei entsprechender Strahlungsdauer und -intensität Schäden, z.B. auf der Haut (Sonnenbrand). Die Intensität der UV-Strahlung ist je nach Jahres- und Tageszeit sowie Bewölkung unterschiedlich.
Sperma vor UV-Strahlung schützen
(Firma Minitube in Tiefenbach) besprochen. Intensive Überlegungen und das Ausloten unterschiedlicher Möglichkeiten führten dazu, dass die ersten Prototypen im Frühjahr 2010 produziert wurden. Diese UV-Protect-Tuben wurden erstmals im April dieses Jahres bei der GFS getestet und brachten gute Ergebnisse hinsichtlich Material- bzw. Spermaverträglichkeit. Neue Produkte müssen vor ihrem Einsatz auf Eignung und Verträglichkeit in Bezug zum Ebersperma überprüft werden. Erfahrungen aus der Vergangenheit haben gezeigt, dass nicht jeder Kunststoff für den Einsatz in der Schweinebesamung geeig-
Besamungspor tionen müssen nicht nur bei einem Temperaturbereich von 16-18° C transportiert und gelagert werden, sondern es muss darauf geachtet werden, dass die Besamungspor tionen keiner intensiven und dauerhaften UV-Strahlung ausgesetzt sind. In Übersicht 1 sind die Einwirkungen von starker direkter Sonneneinstrahlung auf die Besamungspor tionen dar gestellt. Hier sind an zwei verschiedenen Tagen von jeweils 3 unterschiedlichen Ebern Besamungsportionen dem Sonnenlicht ausgesetzt worden. In der Darstellung wird deutlich, dass die neue UV-Protect-Tube vor der schädlichen Sonneneinstrahlung schützt. Bei ordnungsgemäßem Spermatransport und Spermalagerung in einer Kühlbox sind keine Spermaschädigungen zu erwarten. Um unerwartete Sondereinflüsse im Handling vorzubeugen, haben wir uns Gedanken gemacht. Bei der GFS entstand die Idee, die Besamungstube mit einem eingebauten Schutz vor UV-Strahlung zu entwickeln. Die Gedanken wurden ähnlich wie bei vielen Industrieprodukten mit dem Lieferanten
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Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Josef Brüninghoff, GFS
net ist. Weitere Untersuchungen zur Spermaverträglichkeit erfolgten an der Tierärztlichen Hochschule in Hannover (Übersicht 2). Hier sind zwei TestChargen mit 6 unterschiedlichen Ebern überprüft worden. Die Ergebnisse zeigen keine Unterschiede zwischen den Chargen, sowie eine gute Eberspermaverträglichkeit. Die Tierärztliche Hochschule Hannover bestätigte im September 2010: Die UV-Protect-Tube ist für Ebersperma geeignet.
UV-Protect-Tuben: Einsatz ab November 2010 Ab November 2010 ist der Start für die neue Tube mit UV-Schutz gesetzt. Alle neuen Tubenlieferungen erfolgen mit dem neuen Produkt: UV-Protect. Sukzessiv wird dann die neue Tube an den einzelnen Standorten eingeführt. Mit der Entwicklung der neuen Tube UV-Protect ist eine weitere Maßnahme zur Qualitätssicherung und ein weiterer Schritt zu einem verbesserten Handling und sicheren Umgang mit dem Ebersperma erfolgt. Zu erkennen ist die neue Tube an der Prägung unter dem GFS-Logo: UV-Protect.
2010 Jahresbericht Bröring Unternehmensgruppe
Hohe Absetzgewichte – ein „Muss“ für optimale Leistungen in Ferkelaufzucht und Mast
Manfred Pudlik Dipl. Ing. agr. (FH) Bröring Unternehmensgruppe
In den letzten Jahren hat die Sauenfruchtbarkeit stark zugenommen. Mittlerweile liegt das genetische Potenzial vieler Sauen bei 30 oder mehr geborenen Ferkeln pro Jahr. Würfe mit über 20 gesamt geborenen Ferkeln sind heute keine Seltenheit mehr. Das hat leider auch Nachteile. Steigende Ferkelzahlen führen zu geringeren Geburtsgewichten, zu einer größeren Konkurrenz um die Milch am Gesäuge und in der Folge zu geringeren Absetzgewichten. Die Streuung in den Würfen ist größer geworden. Der Anteil von leichten Ferkeln beim Absetzen steigt.
Quelle. BRÖRING , 2009
Es gibt jedoch einen Einfluss von Geburtsgewicht auf das Absetzgewicht und in der Folge auf die Aufzucht- sowie die Mast- und Schlachtleistungen. Bei der Auswertung (eigene Untersuchungen) der Gewichte von insgesamt 1.127 Ferkeln von ausschließlich Jungsauenwürfen war eindeutig nachzuweisen: je leichter die Ferkel zur Geburt, desto geringer der Zuwachs bis zum Absetzen. Mehr als 1,5 kg Unterschied im Geburtsgewicht führten schon zu 2,9 kg Gewichtsunterschied beim Absetzen (fast Faktor 2). Bis zum Ende der Ferkelaufzucht war der Unterschied schon auf 10,1 kg angewachsen (Faktor 3). Die Auswirkung leichter Absetzgewichte auf die Ökonomie in der Ferkelaufzucht wurde in der LVZ Futterkamp im Jahr 2007 untersucht.
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Quelle: LVZ FUTTERKAMP, 2007
Fazit: Zwar ließen sich die Ferkel mit niedrigem Absetzgewicht ohne große Probleme aufziehen. Jedoch ist die Aufzucht dieser Ferkel gegenüber den schwersten Ferkeln aus den Würfen um 4 – 5 € teurer.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Inzwischen ist auch bekannt, dass das Geburtsgewicht nicht nur das Absetzgewicht, sondern auch die Gewichtsentwicklung und das Muskelwachstum bis zum Mastende entscheidend mitbestimmt. Die Ursache für die
Was tun, um die Absetzgewichte zu steigern? Hier gilt es einen ganzen Maßnahmenkatalog abzuprüfen. Grundvoraussetzung für hohe Absetzgewichte sind hohe Geburtsgewichte. In der Praxis sind Geburtsgewichte von 1.400 g/Ferkel bei im Durchschnitt 16,25 leb.geb.Ferkeln/Wurf durchaus möglich. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Einfluss auf das Geburtsgewicht zu nehmen. Gute und stabile Sauengesundheit, Sauengenetik, Ebereinsatz und Fütterung in der Tragezeit. Beim Ebereinsatz stehen in der Regel die Mast- und Schlachtleistungen im Vordergrund. Es wird jedoch empfohlen, bei Einsatz eines neuen Ebers diesen zuerst bei 30-40 Sauen in Reinbelegung einzusetzen, um danach seine Fruchtbarkeitsleistung und die Geburtsgewichte zu überprüfen. Wichtig ist die Verringerung der Streuung eines Wurfes. Über Futterzusammensetzung lässt sich bei der Fütterung der tragenden Sau Einfluss nehmen. Der Mikronährstoffbedarf heutiger Hochleistungsgenetiken ist höher als noch vor einigen Jahren. Bestimmte, die Embryonalentwicklung fördernde Mikronährstoffe wie Folsäure, Jod, Vitamine der B-Gruppe, organisch gebundene Spurenelemente u.a. können in der entsprechenden Dosierung die Fötenentwicklung positiv beeinflussen. Nabelschnur- und Plazentaausbildung, Blut- und Gewebebildung sowie die Stimulation bestimmter Wachstumshormone und eine Verbesserung des Nährstofftransportes dürften sich durchaus positiv für die Fötenentwicklung darstellen. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang ist die richtige Futterkurve für die Tragezeit, da hierüber am einfachsten und effektivsten die richtige Menge Nährstoffe zum richtigen Zeitpunkt angeboten werden können. Die ersten 50 Tage der Trächtigkeit sind die wichtigsten! Zu Große Würfe gehen einher mit niedrigen durchschnittlichen Geburtsgewichten
Geburtseinleitung und Geburtsüberwachung sind effektive Maßnahmen,
den Ferkeln von Beginn an eine intensive Betreuung zu geben, und damit einen guten Start zu hohen Absetzgewichten zu verschaffen. Wenn das Ferkel dann mit einem ausreichenden Geburtsgewicht auf die Welt gekommen ist, gilt es zunächst, optimale Bedingungen für die Tiergesundheit zu gewährleisten. Insbesondere Darmerkrankungen (Coccidien, Chlostridien, Coli,..) aber auch Streptokokken sind häufig vorkommende Krankheiten, die die Entwicklung der Saugferkel negativ beeinflussen. Das Reinigen (BIOGEL) und Desinfizieren (CID – LINES) der Abferkelbucht, das Waschen der Sauen (KENODIN 3000), Einsatz von Trockendesinfektionspulver (SCA NATURCLEAN), das wurfweise wechseln von Skalpell und Nadel sind
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2010
wichtige Voraussetzungen, die Tiergesundheit zu unterstützen. Das Wichtigste für die frisch geborenen Ferkel ist die frühzeitige Kolostrumaufnahme. Denn die Darmwand für die überlebenswichtigen Immunglobuline ist nur in den ersten sechs bis zwölf Stunden durchlässig. Vor allem die schwächeren Ferkel und die letztgeborenen aus den Würfen müssen ausreichend Biestmilch aufnehmen können, damit auch sie gegen stallspezifische Keime gewappnet sind. Da sich die Zusammensetzung der Kolostralmilch innerhalb weniger Stunden ändert, gilt es schnelle Geburten zu realisieren. Um auch den im Wurf letztgeborenen Ferkeln gute Chancen zu bieten, große Mengen Kolostrum aufzunehmen, sperren einige Sauenhalter die erste Hälfte des Wurfes weg (Split Suckling/Schicht-säugen). Aufgrund der begrenzten Anzahl funktionsfähiger Zitzen und der immer größer werdenden Würfe kommt es zu „überzähligen“ Ferkeln. Hier muß der Ferkelerzeuger helfen. Das Ausgleichen der Würfe innerhalb derselben
Jahresbericht
und einer grösseren Streuung innerhalb des Wurfs. Wird schwachen Ferkeln nicht von Beginn an eine erhöhte Betreuung geschenkt, so zieht sich das Wachstumsdefizit über das Absetzen und durch die gesamte Mast hindurch.
Bröring Unternehmensgruppe
bessere Leistung liegt offensichtlich in der größeren Anzahl und der Art der Muskelfasern, die schwerere Ferkel im Vergleich zu leichteren bei der Geburt aufweisen. Die Muskelfasern vermehren sich nach der Geburt nicht mehr. Eine Zunahme an Muskelmasse erfolgt durch die Vergrößerung der einzelnen Fasern. Tiere mit einer höheren Anzahl Muskelfasern haben somit ein größeres Wachstumspotenzial für Muskelfleisch. Beim Absetzen wird es immer leichte und schwere Ferkel geben. Entscheidend ist, wie viele Ferkel im niedrigen Gewichtsbereich liegen, denn die Aufzucht der kleineren Ferkel ist teurer.
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2010 Jahresbericht Bröring Unternehmensgruppe 46
Abferkelgruppe ist die einfachste und kostengünstigste Methode. Wenn alle Ferkel optimal mit Kolostrum versorgt sind, kann sich ein umsichtiger Wurfausgleich anschließen. Hierbei gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen. Entscheidend ist, dass das Umsetzen konsequent mit Konzept nach dem Motto erfolgt: „So viel wie nötig und so wenig wie möglich“. Wenn allerdings die Ferkelzahl so groß ist, dass innerhalb der Abferkelgruppe nicht ausreichend umgesetzt werden kann, muss auf Alternativen zurückgegriffen werden Neben dem Einsatz von Ammensauen gibt es mittlerweile aber auch ein ausgereiftes technisches System am Markt, mit dem sich „überzählige“, 3 Tage alte Ferkel aufziehen lassen (RESCUE DECK). Für die Aufzucht von Ferkeln ab einem Lebensalter von 7 Tagen gibt es mehrere technische Systeme (u.a. PORCIMIXER). Für die Aufzucht an natürlichen wie auch an technischen Ammen sind erfahrungsgemäß ganze Würfe mit gut entwickelten Ferkeln geeignet. An die frei werdende Sau können dann zurückgefallene, abgesammelte Ferkel angesetzt werden, die weiterhin von der Sauenmilch und „Mutternähe“ profitieren können. Die Erhöhung der Absetzgewichte über die Sauenmilch ist und bleibt aber immer die wirtschaftlichste Lösung. Bei der Sauenfütterung spielt der Übergang vom Tragefutter zu Säugefutter eine große Rolle. Hier sind fließende Übergänge wichtig. Schweine reagieren empfindlich auf gravierende Futterumstellungen. Daher dürfen sich die aufeinander aufbauenden Futter zwar in ihrer Nähr-, Mineral- und Wirkstoffausstattung unterscheiden, die eingesetzten Komponenten müssen aber möglichst gleich sein. Die Sauen sollten mindestens 7 Tage vor Geburt ins Abferkelabteil eingestallt werden. Gleichzeitig mit dem Einstallen in das Abferkelabteil erfolgt auch der Wechsel von Trage- auf Säugefutter. Dieser Zeitraum ist wichtig, damit über die Anionen-Kationen-Bilanz der Stoffwechsel der Sau von „einlagern“ während der Trächtigkeit auf „auslagern“ während der Laktation umgestellt wird. Dieses ist insbesondere bei Calcium und Phosphor wichtig – für Muskelkontraktion (Wehentätigkeit) und für die Milchbildung hat die Sau einen hohen Ca Bedarf, der ausschließlich über Futter nicht zu decken wäre – es muß eine Auslagerung aus den Knochen erfolgen. Ist die Zeit von Einstallen bis zur Geburt kürzer als 7 Tage, oder erfolgt ein Wechsel von Trocken- auf Flüssigfütterung, oder kommen die Sauen aus der Grup-
penhaltung, dann kann es Betriebsindividuell sinnvoll sein, das Tragefutter zunächst weiter zu füttern und erst zwei bis drei Tage nach Geburt die Umstellung auf Säugefutter vorzunehmen. Hier kommt der durchgängigen Verdauung ganz besondere Bedeutung zu. Verstopft die Sau mit dem Säugefutter und nimmt so gut wie kein Futter mehr auf, dann ist die Nährstoffversorgung immer deutlich schlechter als mit einem Tragendfutter, das gut aufgenommen und verdaut wird. Wird im Bestand ein sehr energiereiches Säugefutter (13,4 MJME/kg und mehr) eingesetzt, ist natürlicherweise der Anteil quelliger Rohfaserträger in dem Futter begrenzt. Laktionsfutter mit 13,0 MJME/kg sind in der Regel völlig ausreichend. Neben optimierten Gehalten und Relationen von Nährstoffen im Laktationsfutter entscheiden natürlich die tatsächlich gefressene Futter- und damit Nährstoffmenge darüber, ob über den bestehenden Erhaltungsbedarf hinaus für die Milchproduktion ausreichend Nährstoffe bleiben. Die benötigten Tagesnährstoffe können jedoch nur über die Maximierung der Futtermenge erreicht werden. Hier spielen Umweltaspekte eine ganz wichtige Rolle. Der erste wichtige Aspekt ist die Wasseraufnahme. Nur Tiere, die ausreichend Wasser aufnehmen können, nehmen auch ausreichend Futter auf. Ganz wichtig: Wasserversorgung prüfen! Sauenmilch besteht zu mehr als 80% aus Wasser. Laktierende Sauen haben einen täglichen Wasserbedarf von bis zu 40 Litern. Hier gilt es zu prüfen, ob die Nippeltränken ausreichend Durchflussmenge ( ca. 3,5 bis 4 l / min) haben. Der Einbau von AquaLevel, Wasserprogramme bei Einsatz von Flüssigfütterung oder aber auch separate Zugaben per Hand(Schlauch) sind eine sinnvolle Möglichkeit, die Wasseraufnahme zu erhöhen. Das die Qualität von Tränkwasser auch immer der von Trinkwasser entspricht, sollte heute Standard sein. In der Praxis lässt sich auch immer wieder ein Zusammenhang zwischen Luftqualität und Futteraufnahme feststellen. So ist es wichtig, der Sau im Kopfbereich ausreichend Sauerstoff
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zur Verfügung zu stellen. Mittels CO2 Messung kann die Situation überprüft, durch Einbau von Nasenlüftung in vielen Fällen optimiert werden. Die Temperaturansprüche von Sau und Ferkel sind sehr unterschiedlich. Während für die Ferkel hohe Temperaturen unbedingt erforderlich sind, mögen es die Sauen kühler. Insbesondere die Futteraufnahme der Sauen ist bei starker Wärmebelastung reduziert. Das bedingt, dass Nestabdeckungen bei den Ferkeln unbedingt eingebaut werden sollten, auch wenn diese die Übersicht in der Bucht erschweren. Vielmehr müssen dann Möglichkeiten gefunden werden, die Abdeckungen einfach zu bedienen. Kühlanlagen (z.B. Hochdruckvernebelung) können im Sommer zu einer deutlichen Wärmereduzierung führen. Der Troghygiene muss Beachtung geschenkt werden. So müssen Futterreste vor jeder neuen Fütterung konsequent entfernt werden. Im Bereich der Tiergesundheit zeigt sich, dass bei den Sauen Lahmheiten, Influenza und PRRS einen deutlich negativen Einfluss auf die Futteraufnahme und damit die Milchleistung haben. Hier gilt es, in Zusammenarbeit mit dem Hoftierarzt, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Auch die Herdenstruktur spielt hier eine Rolle und muss geprüft werden. Tiergesundheit und Herdenstruktur, aber auch Haltungsverfahren und Züchtung spiegeln sich oft in der Gesäugequalität nieder und müssen überprüft werden. Der zweite Aspekt, der die Futter aufnahme betrifft, sind die Futterkurven in der Säugephase. Denn für 250 g tägliche Säugezunahme müssen etwa 1 Liter Milch gebildet werden. In Würfen mit 14 Ferkeln werden also bis zu 14 Liter Milch abgegeben, wofür die Sauen über 100 MJ ME umsetzbare Energie brauchen. Dafür müssen die Tiere 7 bis 8 kg Futter aufnehmen, was oft nur in der Spitze, aber nicht im Durchschnitt der Säugezeit gelingt. In vielen Diskussionen werden die Futteraufnahme in der Spitze sowie die Aufnahme im Durchschnitt sogar synonym verwendet! So sollte rund um die Geburt die Futtermenge/Tag nicht unter 2,5 kg (13,0 MJME) betragen – bei deutlich niedrigeren Mengen kann es zu Problemen mit der Darmperistaltik kommen. Die Steigerung der Futtermengen darf in der Anfangsphase nicht zu schnell erfolgen (~ 350 g Steigerung je Tag), damit nicht das Gegenteil erreicht wird und die Tiere das Futter verweigern. Eine zu starke Versorgung in der ersten Phase kann dazu führen, dass zu viel Milch erzeugt wird, die von den Ferkeln nicht aufgenommen werden kann und
unbedingt erforderlich, die Ferkel beizufüttern. In einem Versuch wurden in der LVA Köllitsch in sieben Versuchsdurchgängen mit etwa 1.000 Ferkeln der Einfluß einer Beifütterung im Zeitraum 7.Lebenstag bis 28 Tage Säugezeit auf die nachfolgende Ferkelaufzucht untersucht. So wiesen die beigefütterten Ferkel in allen Bereichen höhere tägli-
BRÖRING Unternehmensgruppe Haneberg & Leusing GmbH & Co.KG Ramsberg 99, 48624 Schöppingen Fotos: Manfred Pudlik
2010 Jahresbericht Bröring Unternehmensgruppe
es zu Gesäugeproblemen kommt. Hier gilt es, für den Einzelbetrieb die Optimalkurven zu finden. Im Zeitraum 8. – 12. Säugetag sollte mit Blick auf ein „Überfüttern“ und als Folge eine Futterverweigerung die „Plateaufütterung“ praktiziert werden, d.h., dass in diesem Zeitraum die Menge nicht gesteigert sondern beibehalten wird. Danach erfolgt dann eine weitere Steigerung. Eine mehrmalige Futtervorlage (3-4/ Tag) führt oft auch zu einer höheren Futteraufnahme. Ziel ist es, zu Ende der Säugezeit (3 Wochen) Futteraufnahmen von 6-7 kg / Tag zu realisieren. Eine weitere, effektive Maßnahme zur Steigerung der Absetzgewichte ist in jedem Fall die Beifütterung der Saugferkel mit einem hochwertigen Prestarter (HEAVY PIG 3) oder aber auch mit einer Ferkelmilch (RESCUE MILK), da insbesondere zum Ende der Säugezeit der Milchbedarf der Ferkel die Milchleistung der Sau übersteigt und es zu einem Defizit kommt (ganz besonders bei 4-wöchiger Säugezeit). Somit ist es
che Zunahmen im Flatdeck auf, als die nicht beigefütterten Saugferkel. Die Beifütterung muss sich hinsichtlich der Futterausstattung an der Sauenmilch orientieren. Der Hygiene muss besondere Beachtung geschenkt werden. Zusammenfassend ist zu sagen, dass schwerere Absetzferkel die wesentliche Grundlage für eine ökonomische Ferkelaufzucht und Mast sind. Zur Erzielung hoher Absetzgewichte bedarf es eines ganzheitlichen Managementsystems, von der Haltung, über Fütterung, Genetik bis hin zu Tiergesundheitsmaßnahmen. Grundsätzlich sollten alle Managementmaßnahmen zwischen dem Landwirt, dem Fütterungsberater und dem bestandsbetreuenden Tierarzt abgestimmt werden. Nur wenn alle möglichen negativen Einflussfaktoren weitgehend ausgeschaltet sind, können die Sauen und Ferkel Top-Leistungen erbringen.
Quelle: Köllitsch, 2007
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2010 Jahresbericht Boehringer Ingelheim
Aus zwei wird eins – ein Mischimpfstoff in der Anwendung
Auf dem Hof Beckmann in BorkenMarbeck kommt seit einigen Wochen ein neues Impfstoffgemisch zum Einsatz. Die Einzelimpfungen haben sich bereits bewährt, wie sich der Mix in der Anwendung macht, dafür interessieren sich auch Berater und die Herstellerfirma. Jack-Russel-Terrierhündin Daisy würde am liebsten überall mit hingehen. In den Stall darf sie nicht, aber draußen ist sie ständig in Bewegung, denn es sind Gäste auf dem Hof. Robert Wenning, Berater beim Erzeugerring Westfalen und Herbert Heger vom Impfstoffhersteller Boehringer Ingelheim besuchen den Betrieb, um sich mit Landwirt Georg Beckmann über die Erfahrungen mit einem neuen Mischimpfstoff auszutauschen. 400 Sauen hat der Betrieb, 9.500 bis 10.000 Ferkel gehen jedes Jahr in den Verkauf. Sie bleiben alle in der Nähe: Die Mastbetriebe, die Beckmanns Ferkel über die Agri V Raiffeisen eG Raesfeld abnehmen, liegen im Umkreis von vier bis fünf Kilometern, gelegentlich fährt eine Ladung auch mal 25 Kilometer, weiter aber nicht. Die Sauen sind in 40er Gruppen für einen zweiwöchentlichen Arbeitsrhythmus eingeteilt – mit anderthalb Arbeitskräften verlangt das gute Organisation und den ständigen Blick auf die Arbeitswirtschaftlichkeit. Vor allem, da der Betrieb derzeit an zwei Standorten wirtschaftet. Vor zehn Jah-
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ren musste ein Nachbar aus gesundheitlichen Gründen sehr kurzfristig seine Sauen abgeben, bot Beckmann den Bestand an und binnen kürzester Zeit war die Entscheidung gefallen, sich endgültig auf Sauen zu spezialisieren: „Damals hatten wir selbst etwa 100 Sauen, aber auch noch 20 Zuchtkühe. Die Kühe haben auch Spaß gemacht, aber die Perspektiven waren nicht gut“, erzählt Georg Beckmann. Auch sein Berater vom Erzeugerring Westfalen erinnert sich an die Zeit der schnellen Entschlüsse: „Bestände bewertet hatte ich vorher noch nie“, sagt Robert Wenning, „am Ende lag ich aber nur 4.000 DM von einem Schätzergebnis weg, das der Verpächter eingeholt hatte und die beiden konnten sich in der Mitte einigen“.
Arbeitseffektivität stetig erhöhen Jetzt möchte Beckmann die Wege für sich und die Schweine verringern: Zwischen den zwei Standorten zu pendeln und Jungtiere von A nach B transportieren zu müssen, ist umständlich, andererseits ist ein geschlossenes System besser für die Tiere. Schon jetzt werden die Sauen nicht umgetrieben, sondern bleiben nach dem Belegen in den Niedertragenden-Buchten stehen, nur die Ferkel müssen zwischen den Stallanlagen umziehen. Wenn der geplante Stallneubau umgesetzt ist, entfal-
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Regina Bartel, Dr. Heike Engels, Agrarjournalistin
Boehringer Ingelheim
len alle Wege außerhalb der Hofstelle: „Meine Schweine sehen dann Tageslicht nur noch durchs Fenster“, sagt Beckmann. Seit Jahresanfang verändert Georg Beckmann auch die Genetik seines Sauenbestandes. Bisher hat er JSR-Tiere, nun ergänzt er durch Dänen. Per direkter Anlieferung ohne Zwischenstopps und nur mit Tieren für seinen Betrieb auf dem Wagen hat er im Frühjahr die ersten dänischen Sauen erhalten und ist bisher sehr zufrieden: Er hat nur noch 3,6 % Umrauscher bei den neuen Sauen, und eine niedrigere Remontierung als vorher, und das bei 15,5 lebend geborenen Ferkeln pro Sau. Die Ferkel sind etwas leichter, holen das aber wieder auf.. „Das sind sehr große Würfe“, wendet Herbert Heger von Boehringer Ingelheim ein, „da muss das Management stimmen, damit das alles Qualitätsferkel werden.“ Noch ist das kein Problem für Beckmann: „Ich habe ja auch noch die anderen Sauen. Wenn ich zu viele Ferkel habe, setze ich welche rüber“.
Weniger Streß für Mensch und Tier Den Schweinen hilft es bei ihrer Entwicklung, wenn sie ihre Ruhe haben: Wenig Stress bedeutet, kein wiederholtes Gerangel um die Saugordnung, gleichmäßige Futterauf- und Gewichtszunahme. Und die Milchproduktion der Sau richtet sich nach der Nachfrage – auch für das Muttertier ist also ein Wurf gelassener Ferkel gut. Weniger Stress für die Tiere und für sich selbst waren auch die Gründe, warum Georg Beckmann im Sommer seinen Tierarzt nach einer neuen Impfstoffmischung gefragt hat, von der er in einem landwirtschaftlichen Wochenblatt gelesen hatte: Seit Juli ist es zugelassen, die Boehringer Impfstoffe gegen Mycoplasma hyopneumoniae und das Porcine Circovirus (PCV2) zusammen als 1-Shot-Impfung zu verabreichen. Georg Beckman wendet bei seinen Ferkeln dieses Mischpräparat seit August an und ist zufrieden: „Bisher haben wir keine negativen Einflüsse gesehen, da ist keiner umgefallen und es war auch sonst nichts auffällig.“ Robert Wenning kennt das auch von anderen Betrieben: „Innerhalb des
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wenn man ein paar Hundert in der Hand hatte, weiß man dann auch, was man getan hat.“
Erzeugerrings haben jetzt mehrere mit dieser Impfung angefangen. Das Hauptinteresse der Landwirte ist dabei die Arbeitserleichterung bei gleichbleibender Wirksamkeit und Verträglichkeit.“ Weniger Stress – das Ziel hat der Wechsel auf dieses Präparat auf diesem Betrieb schon erreicht. Bevor es die Mischung gab, bekamen Beckmanns Ferkel in der ersten und dritten Woche eine 2-Shot-Impfung gegen Mycoplasmen und dann noch die Circo-Impfung. Jetzt erhalten sie das in nur einem Arbeitsgang beim Absetzen am Ende der Säugezeit nach 21 Tagen mit der Mischimpfung. Das ist von der Arbeitswirtschaftlichkeit und dem Alter der Tiere ein optimaler Impfzeitpunkt, da die Ferkel dann stabil sind. Zu frühe Impftermine sind unter Umständen auch unwirtschaftlich, findet Beckmann: „Es sterben ja auch in der ersten Woche
immer mal welche – wenn die dann schon geimpft waren, sind die Kosten für die Impfung gleich mit weg.“ Außerdem passt die späte Impfung auf dem Betrieb gut in die Arbeitsabläufe: „Der Absetztag ist natürlich purer Stress: In den Gang treiben, greifen, impfen, aber mit zwei Mann schaffen wir etwa 200 Ferkel pro Stunde.“ „Man könnte den Impfzeitpunkt theoretisch auch wieder ein wenig vorziehen,“ gibt Heger zu bedenken: „Das Flatdeck ist ja der Kindergarten, in dem die Keime aus den einzelnen Gruppen zusammen kommen. Das ist für das Immunsystem der Tiere belastend und dann kommt noch gleichzeitig die Impfung dazu. Wenn man die Impfung zwei bis drei Tage vor dem Absetzen durchführt, sind die Tiere außerdem auch leichter und die Abwehrbewegungen nicht so kräftig. Zu diesem Zeitpunkt sind die Tiere auch noch leicht, aber
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Boehringer Ingelheim
Die Vorbereitung für einen Impfdurchgang sind unkompliziert: Die Mischung herzustellen sei nicht schwer, ist Beckmanns Erfahrung. Beide Impfstoffe sind vom Hersteller so abgefüllt, dass sie im Mischungsverhältnis 1:1 direkt in das sterile Mischgefäß umgefüllt und dann verimpft werden können. Eine EinmalTransfernadel, die das Umfüllen erleichtert, kann der Tierarzt mitliefern. Das Mischgefäß passt auf die gängigen Spritzensysteme. Beckmann verwendet ein Spritzbesteck von Kaycee und zur Sterilisation ein Ultrasoon Reinigungsbad. Die Spritzen sind allerdings nicht für die Ewigkeit: „Wenn die zwei oder drei Jahre alt sind, dann tauschen wir die komplett aus“, sagt Beckmann, er will sich nicht darauf verlassen, dass die Spritze nach Reparaturen und dem Auseinander- und wieder Zusammenbauen noch perfekt dosiert, daher ersetzt er sie lieber regelmäßig. Beckmann bedauert, dass man eventuell übrig bleibende Reste des Mischimpfstoffes nicht aufbewahren kann. Heger erläutert die Gründe: „Die ideale Anwendung ist, wenn nur gemischt wird, was auch direkt verbraucht wird. In den Impfstoffen sind keine Stabilisatoren, deshalb ist es ja so wichtig, hygienisch zu arbeiten und darum sollen keine gemischten Reste gelagert werden. Die Anbruchstabilität der Präparate beträgt etwa vier Stunden, da ist sauberes und zügiges Arbeiten nötig.“ Frisch, aber nicht kalt soll der Impfstoff injiziert werden. „Wir impfen handwarm“, erzählt Beckmann, „Meist kriegen wir die Lieferung kurz vorher gebracht, denn unser Tierarzt schaut sowieso jede Woche vorbei. Wenn er das zum Termin frisch mitbringt, geht das gar nicht mehr in den Kühlschrank.“ Und wie um das zu bestätigen, fährt keine halbe Stunde später Tierärztin Heike Schulte, Mitarbeiterin der Praxis Sandwald in Borken, in Begleitung ihres Praktikanten Florian Lohkamp auf den Hof und bringt die nächste Lieferung. Hund Daisy muss auch diesen Besuch genau begutachten. Für den Nachmittag ist wieder eine Charge Ferkel zum Impfen dran. Bisher hat sich der Wechsel als positiv für den Betrieb erwiesen „Ich bin gespannt, wie das mit dem Impfstoff im Herbst und Winter läuft“, so Beckmann, „bei dem 2-Shot hatte ich nie Ferkel mit Husten.“ Heger kann ihn beruhigen: „Wir verkaufen die Präparate schon länger auch außerhalb von Deutschland und in Deutschland haben wir Betriebe, die seit Anfang des Jahres beide Impfungen zusammen
Jahresbericht
Impfschutz bis zum Mastende
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2010 Jahresbericht Boehringer Ingelheim geben – bis zur Zulassung noch nicht gemischt, sondern rechts-links geimpft. Bisher zeigt sich, dass der Impfschutz bis zum Ende der Mast vollkommen ausreichend ist.“
Dank Spezialisierung für die Zukunft gerüstet Schweine, nichts als Schweine – da rund um die allein liegenden Hofgebäude der Mais hoch steht, liegt die Frage nahe, ob nicht doch auch noch ein wenig Ackerbau dabei ist: „Ach, als Hobby vielleicht“, winkt Beckmann ab, da seien schon noch Flächen, aber um die kümmert sich ein Lohn unternehmer. Familie Beckmann selbst widmet ihre Arbeitskraft ganz den Sauen. Und dass das auch in Zukunft so ist, scheint auch schon sicher: Seit dem Sommer lernt die älteste Tochter Landwirtschaft. Sie hat sich als Ausbildungsbetrieb einen Ferkelproduzenten ausgesucht und ist dort sehr zufrieden.
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Interview mit Dr. Heinrich Specker Erster 1-Shot gegen PCV2 und Mycoplasmen: Mischen der Impfstoffe bedeutet Arbeitserleichterung und weniger Streß fürs Tier
diese neue Form der Impfstoffverabreichung für die praktische Arbeit im Stall bedeutet und wie die ersten Erfahrungen damit sind, darüber berichtet der Tierarzt Dr. Heinrich Specker im Interview. Er ist seit 16 Jahren in eigener Praxis in Rheine tätig und betreut zusammen mit zwei weiteren Tierärzten Schweine- und Rinderbetriebe sowie auch Kleintiere.
Herr Dr. Specker, welche Erwartungen haben Sie als Tierarzt an das Mischen der Impfstoffe gegen PCV2 und M.hyo?
Soeben hat der Impfstoffspezialist Boehringer Ingelheim die Zulassung für das Mischen der Impfstoffe gegen PCV2 und Mycoplasmen erhalten. Was
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Wenn man für jeden Bestand die passenden Impfungen mischen kann, dann kann man das als Baukastensystem bezeichnen. Grundsätzlich ist dieses Baukastensystem sowohl für den Anwender als auch fürs Tier sehr begrüßenswert. Ich denke deshalb, dass viele Betriebe auf dieses neue Konzept umsteigen werden. Die Betriebe in unserer Praxis impfen zu fast 100 % gegen Mycoplasmen und mittlerweile zu sicherlich 80 % gegen Circo, da bietet sich die Mischung aus den beiden gut wirksamen Impfstoffen an. Schließlich kommen meistens noch weitere Impfungen hinzu, da ist es gut, wenn Impfungen zusammengefasst werden können.
Müssen die Betriebe etwas im Ablauf ändern, wenn sie die Mischung verimpfen wollen? Wie bereits gesagt, die meisten Betriebe haben sowieso beide Impfungen etabliert. Ändern wird sich wohl für einige die Mycoplasmen-Komponente, denn
Und wie ist das Mischen vorzunehmen? Von der Zulassung her darf der Landwirt die Impfstoffe selber mischen und verimpfen. Das ist auch nicht so kompliziert, wie es auf den ersten Blick aussieht. Man benötigt zum Mischen die beiden Impfstoffe in gleicher Handelsgröße zu bspw. 50 ml, eine Transfernadel und ein steriles Mischgefäß mit 100 ml Volumen. Dann fängt man bspw. mit dem Circoimpfstoff an, nimmt die Impfstoffflasche und gibt die Transfernadel hinein. Man lässt den Impfstoff möglichst ohne Druck ganz langsam kopfüber in die sterile Mischflasche hineinlaufen. Mit dem anderen Impfstoff verfährt man genauso und schüttelt die Mischung leicht. Zu beachten ist, dass man beim Mischen steril arbeitet, man muss deshalb für jedes Mischen eine neue Mischflasche nehmen. Reinigen geht nicht, denn die Flasche wird dadurch nicht wieder steril. Und auch das Impfbesteck muss – wie jetzt natürlich auch schon – immer sauber sein. Dann gilt es, den Impfstoff zügig zu verarbeiten und am besten
Sehen Sie auch Nachteile in der Mischung? Nachteile sehe ich eigentlich nicht, außer dass die Mischung nicht so lange haltbar ist durch den bewussten Verzicht auf Konservierungsmittel und man deshalb schon vorher genau wissen muss, wie viele Impfdosen man benötigt. Aber das ist einfach, Boehringer will für diesen Zweck verschiedene Handelsgrößen anbieten, damit man tierzahlgerechte Mischungen herstellen kann. So bleibt kein Impfstoff übrig und muss womöglich verworfen werden.
Gibt es etwas, worauf beim Mischen besonders zu achten ist? Ja. Ganz wichtig ist: Die Impfdosis der Mischung besteht natürlich aus 2 ml, nur die Einzelkomponenten sind als 1 ml-Dosis einzusetzen. Und zu beachten ist, dass wirklich nur diese beiden Impfstoffe zum Mischen zugelassen sind und man jetzt nicht einfach jeden x-beliebigen Impfstoff mit einem anderen mischen kann. Nicht nur, dass es dafür keine Zulassung gibt, sondern die Impfstoffe verlieren dann schlichtweg ihre Wirkung.
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handwarm verimpfen, nicht direkt aus dem Kühlschrank.
Jahresbericht
Das Verabreichen von zwei Impfstoffen in nur einer Spritze bedeutet eine enorme Arbeitserleichterung für uns Tierärzte bzw. die Landwirte. Zwei Spritzen zu setzen – einmal links, einmal rechts – hört sich im ersten Moment nicht schlimm an, doch wenn man an die großen Betriebe denkt, die häufig mit Fremdarbeitskräften arbeiten, fällt eine Impfaktion schon sehr ins Gewicht. Zeit ist Geld. Und der Arbeitsgang mehr für das Mischen spart hinterher beim Impfen viel Zeit wieder ein, so dass es letztlich gar keinen Mehraufwand bedeutet. Außerdem dient es dem Tierschutz, weil das Ferkel nur noch einmal gestochen werden muss. Beide Impfstoffe sind wässrig, lassen sich deshalb einfach mischen und auch sehr gut verimpfen. Bisher habe ich abgesehen von ganz minimalen Hautrötungen keine Impfreaktionen beobachten können. Das bedeutet weniger Stress für die Tiere, und das bei sehr guter Wirksamkeit.
20 bis 30 % der Betriebe nutzten bisher einen 2-Shot-Mycoplasmenimpfstoff und müssen, wenn sie auf die Mischung umstellen wollen, auf den 1-Shot-Mycoplasmenimpfstoff wechseln. Da dieser aber sehr gut wirksam ist, sehe ich kein Problem.
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Was bedeutet das Mischen der Impfstoffe für Tierarzt und Landwirt?
Herr Dr. Specker, vielen Dank für das Gespräch!
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Chancen durch kostengünstigen Neuaufbau des Bestandes Der Kostenblock Tiergesundheit hat sich in den vergangenen dreizehn Jahren im Durchschnitt mehr als verdoppelt. Der Veterinäraufwand im Jahr 1996 betrug 66,- € pro Sau und Jahr und ist auf 140,- € gestiegen. Die wirtschaftlichen Effekte der biologischen Leistungssteigerung sind damit aufgebraucht und man kann davon ausgehen, dass auch weitere Steigerungen der Produktivität und Kostensenkungen, den Veterinäraufwand nicht ausgleichen können. Die Entscheidung, die Sie schon seit langer Zeit mit sich tragen, ist gereift und soll demnächst umgesetzt werden – ein Bestandsneuaufbau auf Hochgesundheitsniveau. Vielleicht warten Sie noch die passende Marktsituation ab, um die Erlöseinbußen niedrig zu halten, aber die Entscheidung ist richtig, weil Sie wissen, dass eine verbesserte Gesundheit mit höheren Leistungen und niedrigeren Kosten einhergeht. Ein hoher Gesundheitsstatus macht es Ihnen möglich, das genetische Potential der Herde besser auszuschöpfen, und die Möglichkeiten bei der Vermarktung der Ferkel wird gesteigert. Sie beginnen nun konkret zu kalkulieren und machen sich Gedanken wie der Bestandsaufbau zu erfolgen hat, damit die Kosten der Bestandsräumung und der anschließenden Wiederbelegung gedeckt werden. Eine erste Liste mit Stichwörtern, die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung ist, entsteht: • Der verbesserte Gesundheitsstatus kann auf Dauer gehalten werden. • In Zukunft – Eigenremontierung. • Nach Bestandsneuaufbau erfolgt eine strikte Schwarz/Weiß-Trennung. • Lieferung der Jungsauen aus einem Betrieb mit höchsten Gesundheitsstatus und wenigen Teillieferungen. • Gründliche Planung der Reinigung und Desinfektion. • Auf die betriebliche Organisationsform abgestimmte Bestückung. • Leerstand von mindestens 3 Wochen. • Reinigung der Stalleinrichtung, der Zu- und Abluftelemente, des Güllekellers, der Lagerbehälter, der Decke
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und der Spaltböden/beidseitig sowie eine gründliche Siloreinigung. • Sorgfältiges Hygienekonzept bei der Belieferung. Nachdem die Planung in Zahlen umgesetzt worden ist, ergeben sich Kosten durch Erlösausfall und Mehrkosten von ca. 500,- € je Sau. Dieser Betrag ist nicht unerheblich und führt letztendlich dazu, dass die an sich richtige Entscheidung hinterfragt wird und ein Bestandsneuaufbau erst mal verschoben wird: • „Vielleicht gibt es ja noch mal ein extremes Preistief – dann fangen wir an.“
Lars Eggen, JSR
während der Anlaufphase permanent unterstützt. • Konzepte erarbeiten, um die sehr langen Wiederbelegungsintervalle bei dem Neuaufbau zu reduzieren. • Dadurch die Kosten drastisch reduzieren. JSR Hirschmann hat gemeinsam mit weiteren Partnern im Lauf des ersten Halbjahres 2010 Bestandsneuaufbauten mit bis zu 2.000 Sauen durchgeführt. Zum Teil wurden die Jungsauen in einem Betrieb von Hirschmann belegt und innerhalb von 36 h ausgeliefert. Der Betrieb ist PRRS- und Mycoplasmen frei und verfügt über ein Deckzentrum.
Tragende Jungsauen in Trebbichau / Sachsen - Anhalt
• „Vielleicht können wir ja doch an der Kostenschraube drehen – mal ein neues Angebot für das Futter machen lassen.“ • „Vielleicht gibt es noch mal ein Preishoch bei den Ferkeln – das gleicht die Veterinärkosten aus.“ Und so vergeht weitere Zeit oder man gewinnt den richtigen Partner für einen weniger kostenintensiven Bestandsneuaufbau und fängt morgen mit der konkreten Planung an. Mit dem richtigen Partner werden Sie: • Bei der Planung, Durchführung und
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Die Familie Kruse betreibt seit 1996 eine Sauenanlage in Tornitz/SachsenAnhalt. Mittlerweile produzieren 2.000 Sauen für die eigene Mast im heimischen Damme als auch für die Vermarktung. Ende 2009 stand die Entscheidung für einen Bestandsneuaufbau fest. Es wurden erste Gespräche mit JSR Hirschmann geführt. Die beiden Unternehmen arbeiten seit 2008 zusammen und in dieser Zeit hat sich ein Vertrauensverhältnis entwickelt. In Zusammenarbeit mit Michiel Taken und Heinz Ohlmeyer von JSR
Jahresbericht
2010
Hirschmann sowie Jos Nooren/Agrar Mittelhausen hat Paul Kruse innerhalb von 14 Tagen eine Planung für den Bestandneuaufbau entwickelt. Zentraler Punkt der Planung war die Belegung von Sauen in einem Pachtstall, um den Produktionsausfall deutlich zu reduzieren. Das folgende Interview mit Paul Kruse wurde im Frühjahr 2010, während der Belegungsphase, geführt.
„Ja. Schon mein Vater hat sich über diesen Schritt Gedanken gemacht, noch bevor ich ins Unternehmen eingestiegen bin. Ich habe mich dann während meines Studiums und auch in meiner Diplomarbeit intensiv mit diesem Thema beschäftigt.“
Was war der ausschlaggebende Grund für die Entscheidung? „Der Gesundheitsstatus des Betriebes (PRRS, Mycoplasmen und Rhinitis positiv) und die sehr gute Lage. Somit kann der neue Status hoffentlich lange gehalten werden. Zusätzlich haben wir die Hoffnung auf Dauer noch bessere Leistungen zu erreichen, denn obwohl wir konstant ca. 26 Ferkel absetzen, merkt man das hier für uns das Ende der Fahnenstange erreicht ist“
Welchen Schwerpunkten in der Planung ist Ihrer Meinung nach besonders Beachtung zu schenken? „Der Gesundheitsstatus der neuen Sau ist entscheidend. Zusätzlich ist es wirtschaftlich enorm wichtig, Sauen an einem anderen Standort zu besamen, um die ferkelfreie Zeit möglichst
JSR
War ein Bestandsneuaufbau schon immer in der Planung?
Betrieb Kruse
kurz zu halten. Außerdem sind die Erfahrungen von Experten wichtig, die solch einen Schritt schon mal gemacht haben.“
Welche Erwartungen haben Sie an ein Zuchtunternehmen hinsichtlich eines Bestandsneuaufbau und der Eigenremontierung? „Es geht um eine langfristige Partnerschaft, um Offenheit (auch wenn mal etwas schlecht läuft) und den Willen zur Lösung von Problemen. Außerdem sind Nähe (in Bezug auf Erreichbarkeit) und Flexibilität wichtig.“
Gibt es weitere Veränderungen im betrieblichen Ablauf und der Struktur der Anlage, die mit dem Neuaufbau einhergehen?
„Wir stellen gleichzeitig mit diesem Schritt auf die Eigenremontierung um. Dieses halte ich nicht nur für wirtschaftlich, sondern auch für hygienisch sicherer und leistungssteigernd. Zudem bauen wir eine Hygieneschleuse für Mitarbeiter und Gäste sowie eine neue Schlachtsauenverladung und Kadaverlagerung. Zudem haben wir überdachte Treibewege errichtet. Alles um den Betrieb sicherer zu machen“
Die Planungsphase ist abgeschlossen, die ersten Sauen sind belegt – das Projekt ist noch lange nicht abgeschlossen, aber gibt es Dinge, die Sie beim nächsten Mal anders angehen würden? „Zwei Jahre eher beginnen, als die Ferkelpreise noch schlecht waren. Aber
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2010 Jahresbericht JSR
mal im Ernst: Dies ist ein sehr großer Schritt für uns, und der muss sehr gut geplant sein. Deshalb sollte man nichts überstürzen und auch finanziell nicht zu knapp kalkulieren. Mit den richtigen Partnern (JSR Hirschmann, VVG Lüdinghausen, Tierklinik Dümmerland) kann man es meiner Meinung nach aber schaffen.“ Den Bestandsneuaufbau abgeschlossen hat der Betrieb Wigger in Gorsleben/Thüringen. Anfang April wurden innerhalb von 36 Stunden 2.000 Sauen, davon 1.200 tragend mit SPF-Status geliefert. Gorsleben wurde seit geraumer Zeit geschlossen betrieben, hatte aber trotzdem keinen Hochgesundheitsstatus. Im August letzten Jahres stand die Entscheidung für einen Neuaufbau fest und die Planungen begannen. Ziel war es, den Produktionsausfall auf ein Minimum zu reduzieren und mit einem hohen Anteil an tragenden Sauen wieder in die Produktion zu gehen. Wilbert Enzerink, Betriebsleiter von Gorsleben, und Michiel Taken, Produktionsmanager bei JSR Hirschmann beschreiben den Ablauf der Planung, die entsprechenden Vorbereitungen und Vorkehrungen, die notwendig waren, um in so kurzer Zeit eine große Menge an Sauen tragend zu machen und den Gesundheitsstatus auch bei Auslieferung nicht zu gefährden.
impfen. Durch die positiven Erfahrungen in dem Betrieb Heygendorf mit SPF Tieren von Hirschmann und den Ergebnissen in der Mast, versprechen wir uns bessere Leistungen mit diesen Tieren.“
„Es gibt zwei Aspekte, die besonders wichtig sind. Ein großer Pool an Jungsauen und 40 % der Tiere müssen über Regumate gesteuert werden, dass eine ausreichende Basis für die Belegung da ist.
Herr Taken, der Betrieb Gorsleben war Ihnen schon bekannt und die Zusammenarbeit insofern einfacher. Generell – was sind die Grundvoraussetzungen, um eine erfolgreiche Planung abzuschließen?
Bei einer Abferkelrate von 80 % wurden im Schnitt 96 Belegungen pro Woche vorgenommen. Nach den ersten 3 Scan-Ergebnissen haben wir die Besamung unter der Berücksichtigung, dass 3 – 5 % der Abferkelung verloren gehen wegen Transportstress, Anfütterung in der neuen Anlage usw., angepasst.“
„Man muss offen über die eigenen Möglichkeiten sprechen, denn für den Kunden ist es inakzeptabel, nicht die Abferkelplätze voll zu haben. Das aller wichtigste ist es den Vorrat an Jungsauen so aufzubauen, dass jede Gruppe voll wird.“
Herr Enzerink, wie wurde gereinigt und desinfiziert und welchen Zeitraum muss man bei der Planung berücksichtigen?
Herr Enzerink, was für Vorteile versprechen Sie sich von dem Bestandsneuaufbau?
„Wir haben in der Woche 45 aufgehört zu belegen und Hirschmann hat in Woche 53 begonnen den Neubestand in Trebbichau (Aufzuchtbetrieb JSR Hirschmann) zu belegen. So hatten wir einen Produktionsstop von 8 Wochen. Durch die 3 Wochen Säugezeit war der Betrieb gut 4 Wochen leer und diese Zeit braucht man auch, um gründlich zu reinigen und desinfizieren. Die Reinigung haben die eigenen Mitarbeiter gemacht. Die Desinfektion haben wir durch die Firma VSH machen lassen.“
„Wir hatten einen sehr stabilen Gesundheitsstatus, mussten aber noch gegen PRRS und Mycoplasmen
Herr Taken, wie wurde bei der Belegung der Jungsauen vorgegangen?
Betrieb Gorsleben
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Herr Enzerink, wie wurden die Risiken bei der Lieferung reduziert? „Zum einen sind die Fahrzeuge, nach dem sie gereinigt und desinfiziert worden sind, 3 Tage lang nicht genutzt worden. Und zum anderen ist ein Großteil der Tiere an einem Feiertag verladen worden.“
Herr Taken, gibt es Dinge, die Sie heute – mit der Erfahrung der vergangenen 8 Monate – anders machen würden? „Bei dieser Bestückung ist von Anfang an die Planung mit Wilbert Enzerink einwandfrei gelaufen. Auch intern mit unseren verantwortlichen Mitarbeitern sind wir keinen Kompromiss eingegangen. Ab dem ersten Tag der Besamung sind zwei Mitarbeiter 4 Monate lang ununterbrochen in der Anlage gewesen und haben 2 mal am Tag die Jungsauen belegt. Persönlich gesehen, würde ich es beim nächsten Mal genauso machen.“
Jahresbericht
Fachhochschule Soest
Fachhochschule Soest
Als ein Haltungsproblem bei der Mast männlicher Schweine werden oft die Aggressionen der nicht kastrierten Tiere angeführt. Da die Eber nach vier bis sieben Monaten in die Geschlechtsreife kommen, sind immer Kandidaten dabei, die vor dem Ausstallungstermin ihren Geschlechtstrieb befriedigen wollen und so andere Tiere belästigen und sogar verletzen. Es stellt sich die Frage, wie verhält sich die Mastgruppe über den gesamten Tag in der Bucht und welche Veränderungen gibt es bis zum Ausstallen? Erste Eindrücke aus der Praxis zeigen, dass Aggressionen in den Eberbuchten nicht so häufig, wie befürchtet auftreten, aber doch vorkommen. Das Hauptproblem für den Landwirt ist es, diese Problemtiere zu finden und aus der Gruppe herauszunehmen, da er nicht ununterbrochen im Stall sein kann. Um dieser Frage nachzugehen wurde auf einem Praxisbetrieb in Zusammenarbeit mit dem Erzeugerring Westfalen ein Mastdurchgang mit männlichen Tieren genau beobachtet. Die Gruppengröße der Ebergruppe lag bei knapp 40 Tieren. Die Futterversorgung erfolgte mit Flüssigfutter (Drei-Phasen-Fütterung) am Quertrog bei einem Fressplatzverhältniss von 4 zu 1. Die Futterverabreichung war auf vier Blöcke am Tag ad libitum verteilt. Um herauszufinden, wie häufig es zu Aggressionen der Tiere untereinander kommt, wurde über der Bucht eine Videoinfrarotkamera montiert und die Tiere einmal pro Woche über einen Zeitraum von 24 Stunden aufgezeichnet. Die digitalisierten Videosequenzen konnten mit Hilfe einer computergestützten Auswertungsroutine ausgewertet werden. Die Auswertung der Videoaufzeichnungen startete in der reinen Eberbucht am 103. Aufstallungstag. Beobachtet wurden die Tiere bezüglich vorkommender Aggressionen, welche durch Stoßen und „Aushebeln“ mit dem Kopf sowie Beißen ausgeübt werden. Neben dem aggressiven Verhalten der Tiere untereinander erfolgten auch Beobachtungen zum Sexualverhalten der Tiere. Diese sind durch Kopfauflegen, Aufspringversuche oder auch durch andauerndes Bedrängen gekennzeichnet.
Prof. Dr. M. Ziron,
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Wie aggressiv sind die männlichen Mastschweine wirklich?
Abb. 1: Anzahl der Aggressionen in der Ebermast
Abb. 2: Mittlere Dauer von Aggressionen in der Ebermast (38 männliche Tiere, jeweils 24 h Videoauswertung pro Beobachtungstag)
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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2010 Jahresbericht Fachhochschule Soest Ergebnisse
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Das Aggressions- und Sexualverhalten wurde im Hinblick auf die Häufigkeit, Gesamtdauer und die durchschnittliche Dauer erfasst. Leichte Aggressionen lagen innerhalb von 24 Stunden bei 9 bis 12 Aktionen mit Ausnahme am 106. Masttag. Hier konnten 22 beobachtet werden, diese resultierten aus Auseinandersetzungen zweier Eber, die immer wieder aneinandergerieten. Der Konflikt bestand aus kleineren Schiebereien mit kurzen Pausen. Es lässt sich vermuten, dass einer oder beide in die Geschlechtsreife gekommen sind und daher die erhöhte Aktivität resultiert. Am 109. Masttag wurden die ersten Tiere ausgestallt, und es kam erwartungsgemäß zu heftigeren Aggressionen innerhalb der Gruppe. Da die schwereren Tiere in aller Regel die ranghöheren Tiere waren, bildete sich die Rangordnung neu. Diese Neuordnungen sind aber in der Regel nach ein bis zwei Tagen geklärt. Zusätzlich werden immer mehr Tiere geschlechtsreif und dadurch aggressiver. Zum Ende der Mast nehmen die schweren Aggressionen deutlich zu. Es wurden insbesondere an den beiden letzten Terminen schwere Beißereien beobachtet, die zu deutlichen Hautverletzungen wie Hautabschürfungen führten (Abb. 1).
am 106. Tag höher, als die mittlere Dauer der leichten Aggressionen, ausgelöst durch eine mit kurzen Unterbrechungen länger andauernde Auseinandersetzung zweier Eber. Mit zunehmendem Alter werden die Auseinandersetzungen intensiver und dauern im Mittel bis zu einer Minute an (Abb. 2).
Die mittlere Dauer der schweren Aggressionen ist mit einer Ausnahme
Nach dem Verkauf der ersten Tiere am 109. Masttag sinkt die Aktivität im
Abb. 3: Sexualverhalten in der Ebermast - Anzahl
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Bezug auf das Sexualverhalten. Die geschlechtsreifen Tiere sind scheinbar überwiegend ausgestallt worden. Der Anstieg am 124. und 130. Masttag lässt auf die Geschlechtsreife anderer Tiere schließen (Abb. 3). Am ersten Beobachtungsintervall zeigt ein frühreifer Eber ein sehr ausgeprägtes Sexualverhalten. Nach dem 109. Masttag (erste Ausstallung) ist zunächst
ein Rückgang der mittleren Dauer erkennbar, dann wieder ein Anstieg (Abb. 4). In dem Versuch war kein direkter Zusammenhang zwischen Aggressionen und Sexualverhalten erkennbar. Es konnte nicht beobachtet werden, dass an Tagen mit vielen Aggressionen auch das Sexualverhalten ausgeprägter war, bzw. umgekehrt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der reinen Ebermast die Anzahl an Aggressionen gesamt gesehen eher gering einzustufen ist. Bei 10 bis 25 auffälligen Aggressionen in 24 Stunden sieht der Landwirt nur zufällig Kämpfe der Tiere. Die Dauer der Aggression nimmt bis zum Mastende zu und dauert bei schweren Aggressionen von 20 bis zu 60 Sekunden. Vermehrt treten Rangkämpfe nach dem ersten Ausstallen auf.
Auslöser hierfür ist die Neugruppierung der Rangordnung. Problem sind oft Einzeltiere, deren frühzeitige Entfernung aus der Gruppe auch wieder für Ruhe sorgen würde.
Ausblick: Die Ebermast ist aus Sicht der Verhaltensbeobachtungen durchführbar. Es treten jedoch vermehrt Aggressionen
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2010 Abb. 4: Sexualverhalten in der Ebermast – Mittlere Dauer in Sekunden
Fachhochschule Soest
nach dem Ausstallen der Tiere durch die Neubildung der Rangordnung auf. Zu Mastende hin, wenn immer mehr Tiere in die Geschlechtsreife kommen, gibt es nochmals eine Welle an Kämpfen, die zum Teil sehr heftig ausfallen. Ein sehr großes Problem verursachen dabei Einzeltiere, die sehr vehement anderen Tieren nachsetzen und auch zum Teil schwer verletzen. Diese Tiere müssen so früh wie möglich ausgestallt werden. Die richtige Wahl der eingesetzten Fütterungsvarianten hat bei der Ebermast einen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg. Die jungen Eber fressen zum Teil aus reinem Futterneid oder blockieren den Fressbereich. Verfahren mit einem Tierfressplatz- Verhältnis von 1 : 1 sind hier deutlich im Vorteil. Auch die Gestaltung der Buchten und die Gruppengröße wirken auf die Dynamik in der Gruppe. Hier gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch ein großes Potenzial an Forschungsansätzen für die Praxis, um den Mastschweinen eine tiergerechte Aufstallung zu ermöglichen. Prof. Dr. Martin Ziron Fachhochschule Südwestfalen Fachbereich Agrarwirtschaft Fachgebiet Tierhaltung Lübecker Ring 2 59494 Soest Telefon: 02921/378 213 Fax: 02921/378 200 E-Mail: Ziron@FH-SWF.de http//www3.fh-swf.de
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2010 Jahresbericht Pfizer
Die Wiederauferstehung einer tot geglaubten Erkrankung – Glässer
Pfizer
Noch vor wenigen Jahren wurde die so genannte Glässersche Krankheit als beinahe „ausgestorben“ betrachtet. Heutzutage zeigt sich ein ganz anderes Bild: Die Glässersche Krankheit wird immer häufiger bei Saug- und Absatzferkeln und Mastläufern diagnostiziert! Woher dieser dramatische Anstieg an Nachweisen kommt, ist wahrscheinlich in einem multifaktoriellen Geschen begründet. Zu den auslösenden Faktoren zählen u. a. ein intensiver Tierverkehr mit der Mischung verschiedener Tierherkünfte, hohe Remontierungsraten und Koinfektionen mit z. B. PCV2 oder PRRS-Virus.
Infektion und klinische Symptome Es sind derzeit 15 verschieden stark krankmachende Serovare des Bakteriums Haemophilus parasuis bekannt. Der Verlauf der Erkrankung hängt deshalb im Wesentlichen vom Serovar, der Herdenimmunität und den Haltungsbedingungen (Mängel in der Fütterung oder im Stallklima, häufige Umstallungen etc.) ab. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Die Bakterien siedeln sich besonders gerne im Bereich des Brust- und Bauchfells, am Herzbeutel und in den Gelenken an. Infizierte Tiere zeigen in der Folge Fieber, geschwollene Gelenke und Lahmheit, Husten und Kümmern. Unter Umständen kommt es auch zu zentralnervösen Störungen, die aussehen wie die einer Streptokokken-Meningitis.
handelte Tiere zur Sektion gebracht werden. Die Sektion mit anschließender Entnahme von Tupfer- oder Gewebeproben ist der Gold-Standard. Über die PCR (Polymerase-Kettenreaktion) wird
Werden Ferkel geimpft, ist zu bedenken, dass der Aufbau der Immunität einige Wochen dauern kann. Diese Phase des Immunitätsaufbaus muss antibiotisch abgedeckt werden; von
der Erreger bestimmt. Bei der pathologisch-anatomischen Untersuchung werden sehr häufig Entzündungen von Brust- und/oder Bauch- und/oder Rippenfell nachgewiesen; auffällig sind dabei gelbliche Fibrinauflagerungen. Daneben findet man auch Gelenk- und Lungenentzündungen und Entzündungen des Herzbeutels.
Vorteil sind hierbei Langzeitantibiotika, die mit einer Injektion bis zu 15 Tagen wirksam sind. Des Weiteren ist bei der Planung des Ferkelimpfprogramms eine eventuelle Interferenz mit maternalen Antikörpern und der Zeitpunkt des Auftretens der klinischen Symptome zu berücksichtigen.
Behandlung und Vorbeuge
Diagnose Da die beschriebenen Symptome auch von anderen Erregern ausgelöst werden können (Differentialdiagnose: Mycoplasma hyorhinis-Infektion), sollten frisch und „typisch erkrankte“, unbe-
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Thorsten Bekendorf,
Zur Vorbeuge können trächtige Sauen geimpft werden; die Grundimmunisierung umfasst zwei Impfungen im Abstand von 4 Wochen und wird ca. 2 Wochen vor jedem Abferkeln wiederholt. In vielen Betrieben spielen die Jung sauen im Infektionsgeschehen eine sehr große Rolle und sollten deshalb bei Problemen grundsätzlich geimpft werden.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Nur die Kombination aus Therapie, Prävention und kritischer Analyse des Managements (Hygiene!) sichert nachhaltig den Erfolg bei der Bekämpfung der Glässerschen Krankheit.
2010 Jahresbericht Hypor
Leistungsschub nach Intensivberatung
Als unser Sohn sagte, dass er in den Betrieb einsteigen will, war das wie eine Initialzündung. Wir haben alles daran gesetzt, die Ferkelerzeugung fit für die Zukunft zu machen“, betont Johannes Verhaelen. Der 57-Jährige bewirtschaftet mit seiner Frau Thea in Uedem am Niederrhein einen Betrieb mit 180 Sauen. Junior Frank (17) hat im Herbst seine landwirtschaftliche Ausbildung begonnen. Voraussetzung für seine Entscheidung war, dass der elterliche Betrieb wächst und die Ferkelzahlen steigen: „Wir hatten nur gut 22 abgesetzte Ferkel pro Sau und Jahr. Kurzfristig wollten wir uns auf den Schnitt des Erzeugerringes Rheinland verbessern – sprich mehr als 24 abgesetzte Ferkel. Mittelfristig wollen wir uns im oberen Drittel platzieren.“ „Uns war klar, dass wir Impulse von außen brauchten. Deshalb haben wir unseren Tierarzt, Zuchtberater, Futtermittelberater sowie einen Vertreter der Besamungsstation eingebunden. Allerdings war die Abstimmung anfangs nicht einfach“, blickt Thea Verhaelen zurück. Schließlich übernahm Christian Vogelsberg vom Zuchtunternehmen Hypor die Koordination des Beraterteams. Denn er kennt den Betrieb seit mehr als zehn Jahren. „Damit die Beratung im Team funktioniert, haben wir neue Informationen sofort ausgetauscht. Außerdem müssen alle Beteiligten bei so einem Modell offen und flexibel sein. Das war hier gegeben“, unterstreicht Vogelsberg.
Beratung im großen Team Im Mai 2009 haben sich die Berater erstmals an einen Tisch gesetzt und erläutert, was aus ihrer Sicht zu verbessern ist. Zunächst hat das Team die Wachstumsmöglichkeiten des Betriebes analysiert. Ziel war die Aufstockung auf 240 Sauen, wobei die Investitionen möglichst niedrig bleiben sollten. „Wir haben uns daher darauf konzentriert, die vorhandenen Stallplätze optimal auszulasten“, erklärt Johannes Verhaelen. Nach intensiven Beratungen fiel die Entscheidung auf die Umstellung vom Drei- auf den Zwei-WochenRhythmus. Denn so kann der Betrieb auf die Zielgröße wachsen, ohne teure
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Fred Schnippe, SUS, Ausgabe 5/2010
Betrieb Verhaelen Familie Verhaelen ist seit Mai 2009 Kunde bei Hypor. Fotos: Heil
Betriebsspiegel*): 180 Sauen, 400 Mastplätze, 2 Arbeitskräfte Leistungen: 25,3 abgesetzte Ferkel/Sau und Jahr
Unternehmensziele: 240 Sauen, Abferkelplätze zu bauen. 27 abg. Ferkel/Sau und Jahr Die zusätzlichen Warteplätze konnte der *) Der Betrieb betreibt außerdem Betrieb relativ kostenAckerbau mit Kartoffen, Zuckerrüben, günstig schaffen. Hierzu Getreide und Mais wurden in der vorhandenen Maschinenhalle 50 Selbstfangbuchten mit Auslauf aufgestellt. Und durch den zeigte sich, dass die Sauen sehr unruUmbau eines Maststalls hat die Familie hig waren. „Uns wurde klar, dass wir die auch die zusätzlichen Ferkelaufzucht- Tiere genauer beobachten müssen, um plätze mit vertretbaren Kosten reali- den optimalen Besamungszeitpunkt zu treffen. Außerdem lassen wir uns heute siert. Parallel zur Aufstockung wurden alle mehr Zeit und stimulieren die Sauen mit Arbeitsschritte auf den Prüfstand einem Klemmbügel“, erklärt Thea Vergestellt, um bessere Aufzuchtleistun- haelen. Die Auswertung zeigte weitergen zu erzielen. Hierzu hat der Betriebs- hin, dass die Saugferkelverluste mit leiter gemeinsam mit dem Beraterstab über 15 % zu hoch waren. Die Ursadie Sauenplaner-Auswertungen ana- che waren häufig Erdrückungsverluste. lysiert. Dabei fiel sofort auf, dass die Als Sofortmaßnahme hat der Betrieb in Umrauschquote mit über 25 % viel zu den älteren Abferkelbuchten Ablegebügel nachgerüstet, die sich als sehr hoch war. wirkungsvoll erwiesen. Des Weiteren Analyse per Sauenplaner wurde die Temperatur der Ferkelnester per Infrarot-Thermometer überprüft. Um die Ursache zu finden, hat Chris- Hierbei kam heraus, dass die Nester in tian Vogelsberg einige Absetzgruppen den hinteren Buchten der Abteile nicht mit den Betriebsleitern besamt. Hier- warm genug sind. Durch den Einbau bei kam dem Berater zugute, dass er zusätzlicher Umwälzpumpen und Wäreinige Jahre in einer großen Sauen- metauscher hat der Betrieb das Proanlage gearbeitet hat. Beim Besamen blem inzwischen abgestellt. Weitere
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Zusammen mit dem Berater Vogelsberg wurden alle Sauen einer Beurteilung unterzogen.
Verbesserungsansätze gab es bei der Ferkelbetreuung. Um die Abferkelungen besser überwachen zu können, setzt der Betrieb heute auf eine kontrollierte Geburtseinleitung ab dem 115. Trächtigkeitstag. Außerdem legen die Landwirte jetzt an jede Jungsau mindestens 13 Ferkel, damit das Gesäuge optimal angerüstet wird. Zudem werden in jeder Abferkelgruppe ein bis zwei Sauen im zweiten oder dritten Wurf mit den kleinen Ferkeln ausgestattet. Bei diesen Würfen füttert Thea Verhaelen auf Anraten des Fütterungsberaters ab dem zweiten Tag Ferkeljoghurt zu. An den ersten drei Tagen wird die Milch zwei- bis dreimal täglich frisch angeboten, später je nach Bedarf. Hierdurch erreichen die kleinen Ferkel nahezu das Absetzgewicht der übrigen Tiere. Zudem liegen die Saugferkelverluste jetzt konstant unter 10 %.
Zu viele alte Sauen Weiterhin zeigte die Sauenplaner-Auswertung, dass zu viele alte Sauen im Bestand stehen. Die Remontierungsquote war mit 42 % jedoch nicht zu niedrig. Das Problem war vielmehr, dass viele junge Sauen frühzeitig ausgemustert werden mussten. Gleichzeitig blieben ältere Sauen länger in der Herde, damit die Remontierung nicht zu sehr ansteigt. „Hierdurch kann man die Schlachtsauen kaum noch leistungsbezogen selektieren. Auf Dauer sackt die Herdenleistung so immer weiter ab“, erklärt Berater Vogelsberg. Um gegenzusteuern, hat der Berater mit den Betriebsleitern alle Sauen bewertet und festgelegt, welche Tiere geschlachtet werden. Damit sie dabei nicht den Überblick verlieren, haben die Praktiker ein Kartensystem ähnlich wie im Fuß-
ball entwickelt. Bei Sauen, die sofort zum Schlachter gehen, wird mit einer Wäscheklammer eine rote Karte an die Sauenkarte geheftet. Wackelkandidaten markiert der Betrieb mit gelben Karten. Treten bei diesen Sauen weitere Probleme wie z.B. Umrauschen auf, wird die gelbe Karte durch eine rote ersetzt. Durch die scharfe Selektion hat der Betrieb binnen eines halben Jahres rund die Hälfte seiner Sauen ersetzt. Anfangs brachte das Familie Verhaelen durchaus schlaflose Nächte. Denn der umfangreiche Jungsauenzukauf geht natürlich ins Geld. Der Familie war aber klar, dass sie ihr Leistungsziel mit der überalterten Herde nicht erreichen werden.
Quarantäne neu organisiert Parallel zur Verjüngung der Herde hat der Ferkelerzeuger ab Frühjahr letzten Jahres auch die Genetik gewechselt. Da die neuen Jungsauen PRRS- und APP-negativ sind, musste die Quarantänezeit auf acht Wochen verlängert werden. Das heißt: Mit der Umstellung der Genetik wurde auch die Eingliederung optimiert. Neu ist dabei vor allem die Gewöhnung der Zukauftiere an das Keimspektrum der Stammherde. So werden die Jungsauen heute in der dritten Quarantänewoche für 12 bis 24 Stunden im Laufbereich im Deckzentrum aufgestallt. Der Tierarzt hat die Strategie empfohlen und gemeinsam mit den Betriebsleitern umgesetzt, da die Jungsauen einen höheren Gesundheitsstatus aufweisen als die Altsauen. Denn so können sich die Jungsauen schrittweise an das Keimspektrum anpassen. Früher hat der Betrieb Kot von den Altsauen in die Quarantäne gebracht. „Dadurch
2010 Jahresbericht Hypor
erfolgte eine stabile Immunisierung oft zu spät“, erklärt Berater Vogelsberg. Um die Zahl der Zukauftermine zu minimieren, bezieht Verhaelen die Jungsauen in Paketen mit bis zu 23 Tieren. Durch die verschiedenen Altersgruppen kann er bis zu sechs Abferkelgruppen mit Jungsauen bestücken. Die termingerechte Eingliederung der Zukauftiere erfolgt mit Hilfe von Regumate. Optimiert wurde auch das Impfregime bei den Sauen. So werden alle Jungsauen heute in der Quarantäne zweimal gegen PRRS und Parvovirose geimpft. Außerdem erhalten die Sauen inzwischen auch eine Impfung gegen Influenza und Circovirose. Neu ist auch, dass alle Impfungen bei den Altsauen reproduktionsbezogen erfolgen. Hierdurch hat sich die Fruchtbarkeit spürbar verbessert. Besonderen Wert legt Familie Verhaelen darauf, dass die Impfungen termingerecht erfolgen. Alle Impftermine sowie die Regumate-Behandlungen sind daher in einem großen Wandkalender im Zentralgang notiert. Hier tragen die Praktiker schon zu Jahresbeginn alle Termine für die nächsten zwölf Monate gemeinsam mit dem Tierarzt ein. Auch weitere wichtige Punkte wie die Abferkelungen oder der Scannerbesuch werden vermerkt.
Arbeiten auf dem Kalender abhaken Das Ausfüllen des Kalenders dauert zwar einige Zeit. Doch jetzt hat der Betrieb jederzeit einen optimalen Überblick über die anstehenden Arbeiten. „Der Kalender ist für uns ein Fahrplan, an dem wir uns orientieren können. Das war uns besonders wichtig, da wir mit der Intensiv-Beratung viele Abläufe im Betrieb umgestellt haben“, betont Thea Verhaelen. Neben der besseren Planung erhöht der Kalender auch die Sicherheit, dass keine Termine oder Arbeitsschritte vergessen werden. „Wir haken die Arbeiten sofort im Kalender ab, wenn sie erledigt sind. Mit einem Blick ist man somit auf dem aktuellen Stand. Das ist ein großer Vorteil, da wir zu zweit im Stall arbeiten“, stellt Johannes Verhaelen heraus. Die strikte Umsetzung der Arbeitsabläufe und Impfungen trägt bereits Früchte. So gab es früher häufig Sauen mit Geburtsproblemen, bei denen PRRS-Viren auftraten. Nach der Virusinfektion zeigten die Sauen oft Gebärmutterentzündungen. Heute ist die Sauengesundheit stabiler. Dies hat ebenfalls zur Verbesserung der Aufzuchtquote beigetragen. Die umfangreichen Optimierungen spiegeln sich auch in den Betriebszweigauswertungen wider. So hat Familie Verhaelen in
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2010 Jahresbericht Hypor
Durch den gezielten Ebereinsatz entwickeln sich die Ferkel sehr homogen und Magerfleischsicher.
den Auswertungen des Rheinischen Erzeugerringes für Qualitätsferkel im letzten Wirtschaftsjahr 25,3 Ferkel pro Sau abgesetzt.
Ferkel-Absatz gesichert Mittelfristig erwartet das Beraterteam sogar einen Leistungssprung auf 27 abgesetzte Ferkel. Denn im Auswertungszeitraum waren noch nicht alle Optimierungsmaßnahmen umgesetzt. Die Monatsauswertungen zeigen aber, dass sich die Leistung auf 11,3 abgesetzte Ferkel pro Wurf stabilisiert hat. Außerdem ist die Umrauschquote mit 17 % noch zu hoch. Der Sauenplaner zeigt aber, dass sich das Problem mit fortschreitender Verjüngung des Bestandes bessert. Leichte Bauchschmerzen hatte Johannes Verhaelen anfangs aber noch bei der Ferkelvermarktung. Denn es war unklar, ob die Schlachtleistungen der neuen Genetik den Ansprüchen der Mäster genügen. Um sicherzugehen, hat der Landwirt zunächst 175 Ferkel im zugepachteten Maststall selbst gemästet. Bei der Sattfütterung an Breiautomaten erzielten die Tiere 780 g Tageszunahme sowie 57,3 % Fleischanteil. Dieses gute Ergebnis führt der Praktiker auch darauf zurück, dass er mit der Besamungsstation gezielt fleischreiche Top-Genetik-Eber ausgesucht hat. Aufgrund der guten Mastleistungen hat es nicht lange gedauert, bis Verhaelen einen weiteren festen Abnehmer für seine Ferkel gefunden hatte. „Durch den Direktbezug bekommen wir einen ordentlichen Preis. Wenn es uns jetzt gelingt, die Sauenleistungen weiter zu steigern, sind wir für die Zukunft gut gerüstet“, blickt die Familie optimistisch nach vorn.
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Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Fazit Ferkelerzeuger Verhaelen hat alle Arbeitsabläufe im Betrieb kritisch durchleuchtet. Hierbei hat ihn ein Team aus Tierarzt, Zucht- und Futtermittelberater sowie ein Vertreter der Besamungsstation unterstützt. Durch die intensive Beratung ist die Leistung in nur zwölf Monaten von 22 auf 25 abgesetzte Ferkel gestiegen. Ein entscheidender Erfolgsfaktor war dabei auch ein Wandkalender im Zentralgang, der alle wichtigen Termine und Arbeiten auf einen Blick zeigt. Weitere Bilder zum Betrieb finden Sie im Internet unter www.SUSonline.de
Notieren Sie wichtige Termine! SUS hat einen neuen Wandkalender aufgelegt. Tierarzt, Scannerbesuch, Impfungen, Abferkeltermin, Steuerberater… – für die Betriebsleiter wird es immer schwerer, alle Termine im Kopf zu haben. Der neue Wandkalender von SUS kommt daher wie gerufen. Denn der große Kalender bietet reichlich Platz für wichtige betriebliche oder private Termine. Betriebe mit Aushilfen oder Mitarbeitern können hier auch vermerken, wer am Wochenende zuständig ist oder wann Urlaubszeiten anstehen. Am besten platzieren Sie den Kalender im Stallbüro oder im Zentralgang. So sehen alle Personen im Stall die wichtigen Termine und Arbeiten auf einen Blick. Den SUS-Wandkalender können Sie beim Landwirtschaftsverlag kostenlos unter der Telefonnummer 02501801335 bestellen.
Eduard Eissing, Martin Gerdes
Jahresbericht
Topigs SNW
Übersicht 1: Leistungsniveau der Sauen, Sept. 2009 bis Sept. 2010
Umrauscher, (%) Ges. geb. Ferkel pro Wurf Leb. geb. Ferkel pro Wurf Säugetage Saugferkelverluste, (%) abgesetzte Ferkel pro Wurf Würfe pro Sau und Jahr Abgesetzte Ferkel /Sau/Jahr
6,0 13,3 12,9 26,8 10,8 11,5 2,37 27,3
TOPIGS SNW
Sauenhaltung, Schweinemast und Bullenmast, wie auch Ackerbau sind seit kurzem die Standbeine des Familienbetriebes Große-Kock aus Dorsten-Lembeck.
Was sich hier auf den ersten Blick ganz normal anhört, ist bei näherer Betrachtung doch eher eine Besonderheit: Als Schweinemäster in die Sauenhaltung einsteigen! Denn genau das hat die Familie Große-Kock vor ca. zwei Jahren gemacht. In der Vergangenheit bildete die Milchviehhaltung, die Bullen- und Schweinemast, wie auch der Ackerbau die Einkommensgrundlage des Betriebes. Als feststand, dass Sohn Stephan den elterlichen Betrieb fortführen würde, war für Familie Große-Kock klar, dass die langfristige Betriebsentwicklung nur durch Umstrukturierung und in Verbindung mit weiteren Investitionen gesichert werden konnte. Stephan Große-Kock hat während der Ausbildung zum Landwirt sein Interesse an der Sauenhaltung entdeckt. Für den Familienbetrieb Große-Kock eine sichere Alternative: Einstieg in die Sau-
enhaltung, um so im geschlossenem System die Ferkel für die eigene Mast zu produzieren. So entschloss sich die Familie in 2008, einen neuen Sauenstall für 210 produktive Sauen zu bauen. Mittelfristig sollten dafür die Kühe den Betrieb verlassen.
Intensive Stallbauplanung Wie aber sollte nun der neue Sauenstall aussehen? Welche Bedingungen musste er erfüllen? Viele Fragen standen im Raum, die es zu beantworten galt. Tatkräftige Unterstützung erfuhr die Familie Große-Kock bei der
Ferkel
Trockensubstanz (g) Umsetzbare Energie (MJ ME) Rohasche (g) Rohprotein (g) Lysin (g) Rohfett (g) Rohfaser (g) Calcium (g) Phosphor (g) Lysin : MJ ME
2010
Langfristige Existenzsicherung im geschlossenen System
8 - ca. 15 kg 880 13,8 55,0 165,0 13,5 49,0 38,0 6,5 5,0 0,98
15- ca. 25 kg 880 13,5 52,5 167,5 12,5 43,5 41,5 7,0 5,0 0,93
25 - ca. 35 kg 880 13,2 50,0 170,0 11,5 38,0 45,0 7,5 5,0 0,87
Stallbauplanung von Robert Wenning vom Erzeugerring Westfalen und von Bernhard Feller von der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe. Viele Varianten wurden diskutiert und auch viele Ställe besichtigt. Herausgekommen ist ein neuer Sauenstall für 210 produktive Sauen mit separatem Jungsauenstall, einer Sauenveranda und insgesamt kurzen Wegen zwischen den einzelnen Stallbereichen. „Ein hohes Maß an Arbeitseffizienz spielte bei den Planungen eine große Rolle“, berichtet Stephan Große-Kock, denn schließlich soll der Sauenstall von ihm allein gemanagt werden.
Mastschweine Vor- Mittelmast Endmast 35 - ca. 80 kg ab ca. 80 kg 880 13,4 47,0 170,0 11,5 21,0 39,0 7,5 5,0 0,86
880 13,4 45,0 170,0 10,0 24,0 43,0 7,5 4,5 0,75
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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2010 Jahresbericht TOPIGS SNW
Den Familienbetrieb Große-Kock
Die einzelnen Produktionsbereiche im Neubau umfassen 60 Abferkelplätze in zwei Abteilen mit je 30 Buchten, 60 Plätze in zwei Deckzentren und zwei Abteile für niedertragende Sauen mit je 60 Plätzen. Der Eber steht in einem separaten Abteil, in dem auch die Jungsauen zur Remontierung der Herde untergebracht sind. Die Ferkel werden in einem weiteren Stall ca. 50 Meter von der Sauenherde entfernt aufgezogen. Produziert wird im 3 Wochenrhythmus. Hierdurch können die Abferkelbereiche und die beiden Deckzentren im „ReinRaus-Verfahren“ betrieben werden.
In Dorsten – Lembeck bewirtschaften Josef, Elisabeth und Stephan Große-Kock mit 210 produktiven Sauen im geschlossenen System. Die Einstallung der ersten Jungsauen erfolgte Anfang Juni 2009. Der Stall verfügt über zwei Abteile mit jeweils 30 Abferkelbuchten. Das Deckzentrum besteht aus zwei Abteilen mit jeweils 30 Besamungskastenständen. Für die niedertragenden Sauen stehen zwei Abteile mit jeweils 60 Kastenständen zu Verfügung. Der Bestandeber ist gemeinsam mit den Jungsauen aus der Eigenremontierung in einem separaten Abteil untergebracht. Produziert wird im 3-Wochenrhythmus mit 30er Gruppen. Die Abferkelabteile und Deckzentren werden im Rein-Raus-Verfahren belegt und vor jeder Einstallung gereinigt und desinfiziert. Der Keimdruck wird so auf ein Minimum reduziert und sichert zusätzlich den hohen Gesundheitsstatus ab. Die Stammsauen werden am 50sten Trächtigkeitstag gegen PRRS und Circo geimpft. Die Influenzaimpfung erfolgt zwischen dem 90 und 95 Trächtigkeitstag. Wiederholt wird die PRRS-Impfung in der Säugephase ca. zwei Wochen nach der Abferkelung - zeitgleich mit der PARVO/Rotlauf-Impfung. Bei den Mastferkeln wird lediglich eine PIA-Behandlung in der zweiten Lebenswoche per Drench durchgeführt.
Hohe Gesundheit als Grundlage für hohe Leistung Nur ein dauerhaft hohes Leistungsniveau – in der Sauenhaltung wie auch in der Schweinemast – sichert den Betriebserfolg. Für die Familie GroßeKock lag es deshalb nahe, den gesamten Betrieb mit hoher Gesundheit zu starten. Wie konnte so etwas aussehen und worauf war hierbei zu achten? Natürlich musste vor dem Einstieg ins geschlossene System die Mast komplett auslaufen. Nach einem Konzept von TOPIGS-SNW wurde dann nicht nur der neue Sauenstall mit TOPIGS-20 Jungsauen bestückt, sondern aus dem gleichen Vemehrungsbetrieb auch Kastrate für die Mast geliefert. Entscheidender Vorteil: Die Leerstehphase der Mastställe konnte deutlich verringert werden. Auch die ersten Jungsauen wurden etwas jünger geliefert und zunächst in den Maststall eingestallt. In der verlängerten Eingliederungsphase wurden die Jungsauen mit den erforderlichen Impfungen versehen und für die Bele-
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Die Zuchtferkel und -läufer aus der Eigenremontierung werden wie folgt geimpft: Als Saugferkel gegen Ende der zweiten Lebenswoche gegen Mykoplasmen, PRRS, Circo und PIA. Zwischen dem 100 und 120 Lebenstag erfolgt eine Impfung gegen Rotlauf und eine Wiederholung der Mykoplasmen-, PRRS- und Circo-Impfung. In der Jungsaueneingliederung werden die Tiere dann mit ca. 180 Lebenstagen gegen PARVO/Rotlauf geimpft. Um einen belastbaren Schutz zur Eingliederung in die Herde zu gewährleisten, erfolgt mit ca. 210 Lebenstagen die Wiederholung der PARVO/Rotlauf Impfung, wie auch der Mykoplasmen-, der PRRS und der Circo-Impfung. Alle Tiere im Betrieb werden ausschließlich mit Fertigfutter gefüttert. Im Wartebereich werden die Sauen vom Vorratsbehälter über eine Kettenfütterung versorgt. Im Abferkelbereich wird in den Tagen vor und nach der Geburt über eine zweite Kette weiter mit NT-Futter gefüttert. Erst danach und unter Beobachtung des Fressverhaltens erfolgt die Umstellung auf Laktationsfutter. In der Ferkelaufzucht mit zwei Abteilen und jeweils 360 Plätzen, wie auch im Vormastbereich in der gleichen Größenordnung, werden die Tiere über Chargenmischer mit Futter versorgt. Jeder Automat kann einzeln angesteuert werden. In der Ferkelaufzucht wird 3-phasig gefüttert, wobei das eingesetzte Ferkelfutter I und III verschnitten als Ferkelfutter II eingesetzt wird. Im Vormastbereich wird ein Futter eingesetzt, welches ebenfalls verschnitten mit dem Futter aus der Endmast als Mittelmastfutter eingesetzt wird. Ab ca. 90 kg LG wird nur noch Endmastfutter eingesetzt.
gung vorbereitet. Zeitersparnis: 2 – 3 Monate, da die Belegung sofort nach dem Umstallen in den Sauenstall erfolgen konnte.
Eigenremontierung als Absicherung der Gesundheit Mit hoher Gesundheit beginnen ist nicht das Problem. Wie kann diese aber langfristig gehalten werden? Neben der
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Keimübertragung durch die Luft oder durch Schadnager, können Tierlieferungen und -transporte die häufigste Ursache für Krankheitsprobleme im Bestand sein. Um dieser Eintragsquelle aus dem Wege zu gehen, wurde im Betrieb Große-Kock sofort bei den ersten Belegungen mit der Eigenremontierung im Wechselkreuzungsverfahren begonnen. Ausgesuchte TOPIGS-20 Jungsauen werden hier mit TOPIGS Z-Linie (Edel-
2010 Jahresbericht TOPIGS SNW
schwein) belegt. Ansprechpartner für die Familie Große-Kock ist Paul Brümmelhuis von TOPIGS. Er ist alle sechs Wochen vor Ort und bespricht die produktionstechnischen Fragen, welche sich bei der eigenen Jungsauenproduktion ergeben. Als großen Vorteil der Eigenremontierung sehen Große-Kocks, dass nach zwei Jungsauen- und Kastratelieferungen keine weiteren Schweine eingestallt werden mussten. Durch die individuelle Betreuung von TOPIGS kann viel spezieller auf die Wünsche des Betriebes eingegangen werden, wie zum Beispiel bei der Auswahl Vorstufeneber. Diese stehen auf der TOPIGS SPF-Station bei der GFS in Rees. Es sind die gleichen Eber, die auch TOPIGS Vermehrungsbetriebe einsetzen. Die direkte Teilnahme am Zuchtfortschritt ist somit von Anfang an gewährleistet. Tierärztlich betreut wird der Betrieb durch die Praxis Pro Agrar Vet Borken, Dr. Christoph Große-Kock. Alle drei Wochen findet ein Betriebsbesuch statt, da der Tierarzt auch das Scannen der Sauen übernimmt. So kann gleichzeitig auch der Zutritt weiterer betriebsfremder Personen begrenzt werden.
Fütterung und Endprodukteberauswahl Für den Bereich Fütterung und den Einsatz der einzelnen Futterkomponenten, wie auch bei der Auswahl der richtigen Endprodukteber, steht der Familienbetrieb in regelmäßigen Kontakt mit dem Erzeugerring Westfalen bzw. dem Außendienst von TOPIGS-SNW. „Diese verfügen einfach über mehr Erfahrungen im Umgang mit der Genetik - wir müssen uns erst langsam ran tasten“, so Josef Große-Kock. Betreut werden sie dabei heute von Johannes Strukamp (EZR-Westfalen) und Georg Rölfing (TOPIGS-SNW).
Fazit: Der Start ins geschlossene System mit Sauenhaltung, Ferkelaufzucht und Mast auf einem hohen Gesundheitsniveau und hohen Leistungen ist gelungen. „Der intensiver Erfahrungsaustausch mit anderen Betriebsleitern während der Planungsphase und die frühe Einbindung aller beteiligten Organisationen haben dazu geführt, dass wir Fehleinschätzungen vermeiden konnten“, berichtet die Familie abschließend. Ziel ist es nun, diesen Gesundheitsstatus zu halten und Leistungsreserven auszuschöpfen. Die klare Trennung in den einzelnen Produktionsbereichen und die konsequente Umsetzung der gemeinsam entwickelten Strategien werden auch langfristig den Betriebserfolg des Lembecker Familienbetriebes sichern.
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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2010 Jahresbericht
Dr. Gerhard Stalljohann,
Referat 33, Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Münster
LKW NRW
Angepasste Versorgungsempfehlungen für die Mast im Rechenmeister für die Schweinefütterung 2010
Im neu aufgelegten Rechenmeister für die Schweinefütterung der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen sind u. a. angepasste Versorgungsempfehlungen für die Mastschwei-
nefütterung aufgenommen worden. Die Empfehlungen für 750, 850 und 950 g mittlere Tageszunahmen tragen dem gestiegenen Leistungsvermögen unserer heutigen Schweineherkünfte Rechnung (s. Übersicht 1) und sehen deshalb eine höhere Lysinkonzentration pro angebotene Futterenergie für die Optimierung von Futtermischungen vor. Zusätzlich sind vorläufige Empfehlungen für die Mast unkastrierter männlicher Ferkel „Jungeber“ aufgenommen worden (s. Übersicht 2). Neben diesen Vorgaben zur Futtero ptimierung in Abhängigkeit vom Leistungsver-
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Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
mögen bietet der neue Rechenmeister auf Basis der aktuellen GfE-Empfehlungen Futterkurven zur gezielten Energieversorgung von weiblichen und kastrierten Ferkeln/Mastschweinen im Verlauf der Mast (s. Übersicht 3). Durch die gezielte Anwendung, Feineinstellung und Überprüfung von Fütterungsstrategien mittels dieser neuen Vorgaben wird eine Verbesserung der Futtereffizienz, nämlich der Futterverwertung, erreicht. Dieses führt dann letztendlich zu geringeren Futterkosten und zu geringeren Nährstoffausscheidungen pro kg Zuwachs, was wiederum eine bessere Verwertung der landwirtschaftlich genutzten Flächen ermöglicht bzw. Pachtausgaben mindern kann.
Zunahme umsetzbare Energie (ME) pcv Lysin : ME Brutto-Lysin: ME
g/Tag MJ/Tag g/MJ g/MJ
Zunahme umsetzbare Energie (ME) pcv Lysin : ME Brutto-Lysin : ME
g/Tag MJ/Tag g/MJ g/MJ
Zunahme umsetzbare Energie (ME) pcv Lysin : ME Brutto-Lysin : ME
g/Tag MJ/Tag g/MJ g/MJ
40
50
60
70
80
90-120
850 31 0,51 0,64
800 31 (0,50) (0,63)
700 31 (0,49) (0,62)
950 33 0,55 0,66
900 34 (0,54) (0,65)
800 33 (0,53) (0,63)
1 050 35 0,57 0,68
1 000 36 (0,56) (0,67)
900 36 (0,55) (0,65)
Übersicht 1: Empfehlungen zur Energie- und Lysinversorgung*) für Mastschweine mit hohem Proteinansatz (30 – 120 kg Lebendmasse) (nach LWK NRW, 2010)
Lebendmasseabschnitt
kg
30
40
50
60
LM-Zunahme Ø 850 g/Tag (sehr hoher Proteinansatz) g/Tag 750 800 950 950 MJ/Tag 19 23 28 31 g/MJ 0,84 0,75 0,73 0,67 g/MJ 0,95 0,85 0,83 0,76
Zunahme umsetzbare Energie (ME) pcv Lysin : ME Brutto-Lysin : ME
70
80
90-120
1 000 32 0,62 0,75
900 33 (0,59) (0,73)
800 33 (0,58) (0,70)
2010
30
LM-Zunahme Ø 750 g/Tag (hoher Proteinansatz) 650 750 850 900 17,5 22 26 30 0,73 0,65 0,62 0,56 0,83 0,75 0,71 0,66 LM-Zunahme Ø 850 g/Tag (hoher Proteinansatz) 750 850 950 1 000 19 24 28 32 0,77 0,68 0,64 0,58 0,85 0,77 0,73 0,68 LM-Zunahme Ø 950 g/Tag (hoher Proteinansatz) 800 950 1 050 1 100 20 26 30 34,5 0,78 0,69 0,66 0,61 0,87 0,79 0,75 0,70
Jahresbericht
kg
LKW NRW
Lebendmasseabschnitt
Übersicht 2: Vorläufige Empfehlungen zur Energie- und Lysinversorgung*) für Mastschweine mit sehr hohem Proteinansatz und geringem Fettansatz - Geeignet für die Jungebermast - (30 – 120 kg Lebendmasse) (nach LWK NRW, 2010) *) Bruttobasis: Lys : M/C : Thr : Try 1 : 0,56 : 0,63 : 0,18 (bis 40 kg LM) bzw. 1 : 0,56 : 0,65 : 0,18 (ab 40 kg LM)
mittleres Zunahmeniveau in g je Tag Lebendmasse, kg 25 – 30 30 – 35 35 – 40 40 – 45 45 – 50 50 – 55 55 – 60 60 – 65 65 – 70 70 – 75 75 – 80 80 – 85 85 – 90 90 – 95 95 – 100 100 – 105 105 – 110 110 – 115 115 – 120 120 – 125
750 Sauen MJ je TZ, g Tag 620 640 685 700 700 720 755 780 800 810 810 800 800 800 780 765 750 735 715 680
16,4 18,0 20,0 21,4 22,6 24,0 25,6 27,5 29,0 29,3 30,1 30,6 31,4 32,5 32,6 33,1 33,6 34,1 34,6 34,7
850 Börge MJ je TZ, g Tag 620 640 685 700 725 745 755 780 800 810 810 800 800 800 785 785 750 715 685 650
16,4 18,0 20,0 21,8 23,6 25,2 26,6 28,3 29,9 31,3 32,3 33,1 34,2 35,2 35,8 36,8 37,01) 37,01) 37,01) 37,01)
Sauen MJ je TZ, g Tag 730 760 785 800 825 835 860 875 900 900 900 900 920 925 900 865 830 800 765 730
18,1 20,0 21,7 23,3 24,9 26,2 27,7 28,9 30,3 31,2 32,0 32,8 34,1 35,1 35,5 35,6 36,01) 36,01) 36,01) 36,01)
950 Börge MJ je TZ, g Tag 730 760 785 825 850 860 885 900 925 925 925 925 920 900 865 830 800 765 730 700
18,1 20,0 21,7 24,1 26,0 27,6 29,4 31,0 32,8 34,0 35,2 36,6 37,3 37,9 38,1 38,2 38,51) 38,51) 38,51) 38,51)
Sauen MJ je TZ, g Tag 825 885 910 925 925 950 975 1000 1025 1050 1050 1050 1025 1025 975 915 880 850 815 780
19,6 22,0 23,9 25,6 26,8 28,4 29,9 31,4 32,9 34,4 35,3 36,2 36,5 37,51) 37,51) 37,51) 37,51) 37,51) 37,51) 37,51)
Börge MJ je TZ, g Tag 825 900 935 950 950 965 975 1000 1050 1075 1075 1050 1025 975 925 885 850 815 800 750
19,6 22,3 24,3 26,4 28,0 29,7 31,3 33,2 35,7 37,6 38,9 39,5 40,01) 40,01) 40,01) 40,01) 40,01) 40,01) 40,01) 40,01)
Übersicht 3: Futterkurven für unterschiedliche Zunahmeniveaus sowie Geschlechter 1) gesetzte Obergrenze – Bei den Börgen sollte ggfs. die Obergrenze der weiblichen Tiere angewandt werden, wenn eine übermäßige Verfettung zu befürchten ist!
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
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2010 Jahresbericht ZEG
GERMAN PIETRAIN – eine Marke steht für Qualität
Vor rund 2 Jahren entschieden die Schweinezuchtverbände aus Schleswig-Holstein (SHZ), aus dem Rheinland (LRS) und aus BadenWürttemberg (SZV), eine gemeinsame Zuchtwertschätzung für ihre Vaterrassen auf den Weg zu bringen. Im September 2009 konnte nun Vollzug gemeldet werden: gemeinsam mit der Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg (Baden-Württemberg) und dem Lehr- und Versuchszentrum Futterkamp (Schleswig-Holstein) wurde ein länderübergreifendes Zuchtwertschätzverfahren entwickelt und in den Routinebetrieb übernommen.
Albrecht Weber,
Zuchtleiter Schweinezuchtverband Baden-Württemberg
die Anpaarung eine größtmögliche Auswahlmöglichkeit zur Verfügung und bietet für die züchterische Selektion eine entsprechende genetische Varianz. Inzwischen werden auf Basis der gemeinsam geschätzten Zuchtwerte Jungeber überregional eingesetzt und parallel auf mehreren Prüfstationen geprüft.
Zuchtwertschätzung Basis für die gemeinsame Zuchtwertschätzung sind die Abstam die Wurfmungs i nformationen, daten und die Leistungsinformationen
aus der Eigenleistungsprüfung im Feld sowie aus der Geschwisterund Nachkommenprüfung auf Station aus den beteiligten Verbänden. Ergänzt werden diese Abstammungsund Leistungsinformationen durch das Datenmaterial der NEZ (ehemalige Niedersächsische Erzeu gergemeinschaft für Zuchtschweine) sowie durch die Daten von zwei ehemaligen SNW-Zuchtbetrieben, die jetzt Mitglied im SZV Baden-Württemberg sind. Auf dieser Datengrundlage wurden die für die Zuchtwertschätzung benötigten genetischen Parameter (z.B. Erblichkeiten) geschätzt. Die
Vokal 17561 NP 520 Söhne 74 NK LPA GZW 124
Valuta 63132 NN 22 Söhne 12 NK LPA GZW 169
Vulkan 92225 NN 20 Söhne 15 NK LPA GZW 146
Voller 17786 NP 15 Söhne 15 NK LPA GZW 115
Voto 17851 NP 109 Söhne 49 NK LPA GZW 109
Abb. 1: Genetische Verknüpfung des Ebers Vokal 17561 NP in der neuen Population
Zahlen und Fakten Als Basis der Zuchtwertschätzung führten die beteiligten Organisationen ca. 2.300 Stammsauen aus 40 Zuchtbetrieben in einer Zuchtwertschätzung zusammen und halten somit die weltweit größte Piétrainpopulation. Jährlich werden ca. 1.800 Reinzuchttiere an 5 verschiedenen Prüfstationen in 4 Bundesländern geprüft. Ebenfalls zuchtwertrelevant werden künftig ca. 40.000 Mastendprodukte aus den Feldprüfungen sein. Insgesamt wird mit mehr als 30 verschiedenen Pié traingenealogien gearbeitet. Dieser Linienpool, der nahezu alle Blutlinien der Rasse Piétrain beinhaltet, wird zur Vermeidung von Inzuchtdepressionen genutzt, stellt den Züchtern für
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Abb. 2: Der Zuchtwert von Valuta 63132 NN wird jetzt noch sicherer
Jahresbericht 2010 Erzeugerring Westfalen
Erblichkeit
g/Tag mm g/Tag kg/kg % % % cm2 cm
0,27 0,25 0,41 0,42 0,44 0,48 0,47 0,45 0,44 0,44 0,41 0,32
% %
2010
Einheit
Jahresbericht
Merkmal
Lebenstagszunahme Rückenspeckdicke Prüftagszunahme Futterverwertung MFA Bonner Formel MFA Teilstückzerlegung Bauchfleischanteil Fleischfläche Schlachtkörperlänge pH1 (Kotelett) Tropfsaftverlust Intramuskulärer Fettgehalt
Ergebnisse sind in Abbildung 3 zusammengefasst. Aktuell werden bei der Zucht wertschätzung über 40.000 Leistungsi nformationen aus Eigenleistungs prüfung und mehr als 16.500 Datensätze von Prüftieren aus der Stationsprüfung verarbeitet. Das Pedigree umfasst mehr als 113.000 Tiere. Die Effektivität der Zuchtarbeit wird durch die größere Selektionsbasis erheblich gesteigert. Die Vorteile einer gemeinsamen Zuchtpopulation sollen nachfolgend am Eber Vokal 17561 aus Schleswig-Holstein (Abbildung 1 und 2) erläutert werden. Der Eber Vokal 17561 verfügt aktuell über 74 Nachkommen mit einer Stationsprüfung und über 520 Söhne mit einer Eigenleistungsprüfung. Neben den 479 in Schleswig-Holstein registrierten Söhnen wurden 41 in den beteiligten Verbänden gestestet. Besonders zu erwähnen sind dabei die Eber Valuta 63132 und Vulkan 92225 aus Baden-Württemberg, die ihrerseits bereits 12 bzw. 15 geprüfte Nachkommen auf Station sowie 22 bzw. 20 eigenleistungsgeprüfte Söhne haben. Auch in Schleswig-Holstein gibt es inzwischen mit Voller 17786 und Voto 17851 zwei Söhne, die sowohl auf Station als auch im Feld eine große Anzahl an Nachkommen besitzen. Durch die Berücksichtigung dieser Leistungsdaten in der neuen Zuchtwertschätzung können bei den genannten Ebern die Zuchtwerte erstmalig direkt miteinander verglichen werden.
wird, in Süddeutschland dagegen die Fleischleistung im Vordergrund steht, haben sich die beteiligten Schweinezuchtverbände darauf verständigt, die Tageszunahmen mit 25 %, die Futterverwertung mit 20 %, den Fleischanteil mit 44 % und die Fleischqualität mit 11 % zu gewichten. Mit dieser Gewichtung des Gesamtzuchtwertes stehen Wachstum und Fleischleistung in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander. Zudem erlaubt es die neue Zuchtwertschätzung mit Hilfe der Teilzuchtwerte die entsprechenden Eber nach den relevanten Marktanforderungen auszuwählen.
Label German Piétrain Als neue Dachmarke für Piétraineber, die auf Grundlage der überregionalen Zuchtwertschätzung entwickelt werden, haben die drei Zuchtverbände das Label „German Piétrain“ etabliert. Das Zuchtziel der gemeinsamen züchterischen Ausrichtung ist die Erstellung eines Endproduktebers, der in der Anpaarung an die etablierten Sauengenetiken Mastendprodukte erzeugt, die sich durch ein Höchst-
Fazit Das Ziel der drei Zuchtverbände war es, durch eine engere Zusammenarbeit die Zuchtarbeit effektiver zu gestalten und die Züchtungskosten zu senken. Inzwischen ist die überregionale Zuchtwertschätzung vollständig etabliert und genießt bei den Züchtern ein Höchstmaß an Akzeptanz. Durch scharfe Selektion auf einer breiten Selektionsbasis werden noch leistungsfähigere Endprodukteber in den Besamungseinsatz gelangen, die zukünftig auch unter dem Markennamen German Piétrain geführt werden.
Fleischqualität 11 %
Futterverwertung 20 %
Gesamtzuchtwert Für die Bildung des Gesamtzucht wertes (Abbildung 4) war es wichtig eine Gewichtung zu finden, die sowohl den nord- als auch den süddeutschen Marktanforderungen Rechnung trägt. Da in Norddeutschland in der Schweinemast mehr auf eine hohe Mastleistung Wert gelegt
maß an Homogenität, durch Wuchs und gute Zunahmen sowie durch hervorragende Schlachtkörperqualitäten bei günstiger Fleischbeschaffenheit auszeichnen. In diesem Zusammenhang soll der nachweislich generierte Zuchtfortschritt durch die Bündelung der Aktivitäten weiter forciert und durch neue, Ziel führende Merkmale ergänzt werden. In der Summe bringt das Label die Qualität zum Ausdruck, die Ferkelerzeuger, Mäster und Abnehmer von einem systematisch erstellten Endprodukteber fordern.
ZEG
Abb. 3: An der neuen Selektionsbasis ermittelte Erblichkeiten
Fleischanteil 44 % Tageszunahmen 25 %
Abb. 4: Gesamtzuchtwert bei den Vaterrassen
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