Auktionshaus im Kinsky Journal 2/2014

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Kunsttechniken

J. & L. Lobmeyr, Großer Teller, “Maurische Serie”, um 1878, Glas mit Emailmalerei und Golddekor, Dm 45 cm verkauft um € 14.550

Von der Antike bis zur Neuzeit Die ältesten bekannten Glasgefäße wurden 1500 v. Chr. in Ägypten erzeugt und tragen das Siegel des Pharaos ­Tutmosis II. Während die Ägypter Glas noch am offenen Feuer über einem gebrannten Tonkern zu Gefäßen formten, ohne den Glasfluss kontrollieren zu können, nutzten die Römer die aus Ägypten importierte Technologie und verfeinerten sie: Glashütten entstanden und um Christi Geburt wurde die Technik des Glasblasens auf der Pfeife, dem hohlen, dünnen Metallrohr, erfunden. Gleichzeitig wurde durch die Entwicklung der sogenannten Glasmacherseifen die Farbigkeit des Glases erstmals bestimmbar. Praktisch alle in der Neuzeit gebräuchlichen Techniken der Verzierung und Formung des Glases wurden schon in der römischen Antike entwickelt. Die Römer errichteten auch in den transalpinen Provinzen des Reiches Glashütten. Gallien, Britannien und die Rheinlande entwickelten sich schnell zu Zentren. Bis ins 5. Jahrhundert n. Chr. wirkte die römische Prägung der Glasproduktion auch in den Provinzen nach. Das merowingische und fränkische Glas des 5. bis 8. Jahrhunderts, das vornehmlich in Hütten Galliens und der Rheinlande entstand, hebt sich durch schwerfällige Formen und eine opake Glasmasse von den Meisterwerken der römischen Antike ab. Aufgeschmolzene Ornamente 16 im Kinsky 2014

sind deren einziger Schmuck. Vom 9. bis zum 14. Jahrhundert dominierte die Erzeugung von Scheibenglas die Hohlglasproduktion. Das wichtigste Zeugnis der mitteleuropäischen Glasmacherkunst um 1100 stellt die Schedula diversarium artium des westfälischen Mönches Theophilus dar. Das Werk, das für alle Zweige des damaligen Kunsthandwerks Rezepte lieferte, widmete dem Glasmachen ein ganzes Buch. Vier Kapitel sind dem Hohlglas und der Glasbläserei gewidmet. Im Westen stagnierte die Glaskunst während des Mittelalters bzw. ging sogar zurück, im Orient hingegen wirkte die antike Tradition fort. Europa deckte seinen Bedarf an kunstvollem Hohlglas durch Importe aus dem Orient mit Syrien, Persien, Mesopotamien und Ägypten sowie Byzanz als Hauptlieferanten. Als Beute der Kreuzfahrer gelangten ebenfalls kostbare Glasobjekte in kirchliche Schatzkammern. Um 1000 führte der Import von orientalischem Glas auch in Venedig zum Erblühen einer autochthonen Glasmacherkunst. Die Gestaltung von dünnwandigem Hohlglas setzte sich seit dem 11. Jahrhundert in Venedig nahtlos fort. Die Glaserzeugung wurde dem Staatsmonopol unterstellt, die Rezepte und Techniken der Hersteller unterlagen strengster Geheimhaltung. Ab dem 13. Jahrhundert wurde venezianisches Glas in den deutschen Sprachraum exportiert. Im Mittelalter fanden sich auf dem Tisch Nup-


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