Idea Spektrum Schweiz 45/2013

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Spannungsfeld: Taufe oder Segnung?

Gelassenheit

TAUFFRAGE

«Der Gast ist König!» Jeder gute Gastgeber weiss das und unternimmt alles, damit es seinem Gast rund herum wohl ist. Unsere Gäste sollen sich bei uns wie Könige fühlen. «…bloss nicht so benehmen», hat ein erfahrener Hotelier ergänzt. Und meinte damit, dass er nicht ungebührlich herumkommandiert werden möchte. Doch das Wohlergehen unserer Gäste ist uns sehr wichtig. Da sind wieder einmal ein paar Skischuhe im Skikeller zurückgeblieben. Unverzüglich versuchte ich, telefonisch bei den abgereisten Gästen nachzufragen, wer wohl deren Besitzer sei, damit ich sie nachsenden könne. Ich möchte schliesslich nicht, dass er beim nächsten Skitag überraschend ohne Schuhe dasteht. Endlich, beim vierten Anruf ein Erfolg! Der Teenager am andern Ende der Leitung bestätigt: «Ja, die schwarzen Skischuhe gehören meinem Vater.» Doch solle ich sie nicht nachschicken. Der hätte sie nämlich absichtlich liegen gelassen, weil er ein neues Paar kaufen wolle. Die Ehrlichkeit des Jugendlichen war überraschend. – Doch ich komme mir ziemlich blöd vor. Da unternehme ich alles für den Gast und muss nun feststellen, dass einer nur seine Sachen entsorgen wollte… Zugegeben, es hat mich zuerst wirklich genervt. Und dann habe ich mich über mich selber geärgert. Warum kann mich eine solche Banalität überhaupt so aufregen? Machen wir uns damit nicht selber das Leben schwer? Wäre ein Schmunzeln bei ähnlichen Geschichten nicht viel gesünder? Ja, ich wünsche mir in solchen Dingen mehr christliche Gelassenheit. Grosszügigkeit. Ein weites Herz dem Mitmenschen gegenüber. Es lohnt sich doch nicht, wenn wir uns durch solche Banalitäten das Leben vermiesen lassen. CHRISTOPH GYSEL Der Autor ist Pastor und TourismusFachmann in Saas Grund. Bilder: zvg, Peter Schmid

Neue Ideen sind gefragt. Das Landeskirchen-Forum hat am letzten Samstag an einer Tagung in Liestal erörtert, wie die Taufe in der erlebnishungrigen Gesellschaft heute angemessen praktiziert werden kann. Für ihr Baby erwarten Eltern Segen. Wollen und können sie ihm die christliche Erziehung geben, die bei der Taufe zu versprechen ist? Anderseits wünschen Erwachsene ihre neu gewonnene Beziehung zu Jesus mit einer Tauf-Erfahrung spirituell zu vertiefen. Das Landeskirchen-Forum (LKF) fragte an der Tagung «Taufe ohne Glauben?» vom letzten Samstag, wie reformierte Kirchgemeinden sich in diesen Spannungsfeldern bewähren.

Becken vor der Kirche

In Workshops stellten Pfarrpersonen kreative Ansätze vor. Johannes Huber erzählte, wie die Kirchgemeinde Gossau ZH aufgrund der Taufe Beziehungen mit Eltern und kleinen Kindern aufbaut. In Rohrbach BE setzt man auf zeitige Information: Den Eltern wird mit der Taufe die Segnung ihres Kindes angeboten, für den Fall, dass sie das vorformulierte Taufversprechen nicht abgeben mögen. Hansurs Walder in Altstätten SG plädierte für einen Paradigmenwechsel: Die Kirche soll die Segnung von Kindern favorisieren. Wie entspricht die reformierte Kirche dem Verlangen Erwachsener,

sich der Beziehung zu Christus zu vergewissern? Thomas Bachofner schilderte den langen Gossauer Weg zu einer Taufbestätigung für getaufte Erwachsene. Mit dem Untertauchen im Becken vor der Kirche wollte man ein Ritual verantwortlich gestalten, ohne sich dem Erlebnishunger naiv auszuliefern. «Durch die Taufbestätigung kommen manche ins Fragen, was ihre Taufe ihnen bedeutet.» In Thayngen SH machte Sabine Aschmann die Taufe zum Jahresthema und führte einen Taufkurs durch, bei dessen Abschluss die Teilnehmenden miteinander feierlich in den Rhein stiegen.

Anteil am Leben von Christus

Die biblischen Aussagen zur Taufe untersuchte an der LKF-Tagung Peter Wick, Professor für Neues Testament in Bochum (D). In evangelischen Kirchen herrsche Verunsicherung, aufgebrochen durch Karl Barths Nein zur Kindertaufe, sagte Wick. Die meisten Stellen im Neuen Testament legten nahe, dass die Taufe Glauben voraussetze. Damit bestehe jedoch die Gefahr, sie auf das zu reduzieren, was der Mensch tut.

Peter Wick im Gespräch mit Teilnehmerinnen.

Jesus von Nazareth formulierte keine Tauflehre, doch liess er sich von Johannes taufen. «Damit gibt sich Jesus selbst als Vorbild für das Getauft-Werden», sagte Wick. «Der Glaubende ist Profiteur der Gnade Christi. Durch die Taufe wird er vom Profiteur zum Mitbeteiligten», fasste der Theologe Gedanken des Apostels Paulus (Römer 6) zusammen. Im Blick auf die Bedeutung der Taufe für die Kirche unterstrich er, entgegen dem verbreiteten religiösen Individualismus: «Die Taufe gehört zu den Voraussetzungen, die die Einheit begründen – nicht zu den Dingen, die die Vielfalt ausmachen.» PETER SCHMID www.lkf.ch

SOZIALPÄDAGOGIK AUF CHRISTLICHEM GRUND

icp mit anerkanntem Lehrgang Die Höhere Fachschule für Sozialpädagogik icp feiert am 14. November in Olten die eidgenössische Anerkennung. Damit führt icp (Institut für Christliche Psychologie, Therapie und Pädagogik) eine dem neuen Berufsbildungsgesetz entsprechende Höhere Fachschule für Sozialpädagogik (HFS). Unterrichtet wird in Wisen bei Olten. Mit der vierjährigen praxisbegleitenden Ausbildung reagierte das Institut 2007 auf den Wandel der Bildungslandschaft. Der HFS-Lehrgang integriert die Module der seit 1992 bestehenden Schule für Christliche Sozialtherapie SCS und der icp-Ausbildung für Sozialpädagogik. Der Anerkennungsprozess war für die icp-Verantwortlichen sehr aufwändig. Das Bundesamt gab 90 Kriterien vor. icp-Institutsleiter Roland Mahler: «Für jedes Thema mussten wir definieren, auf welchem Niveau, mit welchem Ziel wir es unterrichten – bei 1800 Unterrichtsstunden eine gewaltige Arbeit.»

icp leitet zur gründlichen Beschäftigung mit der Geschichte der Diakonie an. «Wir versuchen das abendländische Erbe auf professionellem Level in die Ausbildung einfliessen zu lassen», sagt Mahler. Es gehe darum, Glaubensaspekte ins sozialpädagogische Handeln zu integrieren, auch das Gebet. Die Basis bildet das christliche Bild vom Menschen als Geschöpf Gottes. Laut Mahler lernen Studierende bei icp, benachteiligte Menschen so zu erziehen und zu begleiten, dass sie in ihrer Geschöpflichkeit reifen. Der Schweizer Sozialstaat ist stark von der christlichen Tradition geprägt. «In der Höheren Fachschule für Sozialpädagogik greifen wir auf diese Wurzeln des Sozialstaats zurück.» Mit der eidgenössischen Anerkennung hat sich icp gut positioniert. Der neue Vierjahres-Kurs ist mit 24 Studierenden der bisher grösste. PETER SCHMID www.icptp.ch idea Spektrum 45.2012


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