Idea Spektrum Schweiz 26/2011

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Was ist uns die Mobilität heute wert? JOURNAL VERKEHR UND UMWELT  Die Arbeitsgemeinschaft Klima – Energie – Umwelt (AKU)

der Schweizerischen Evangelischen Allianz forderte bekennende Christen am «Klimaforum» in Aarau auf, im Mobilitätsverhalten Verantwortung zu übernehmen.

Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV), bestätigte die Beobachtung: «Neue Verkehrsmittel und Reisemöglichkeiten bedeuten immer, dass sich die Mobilität erweitert.» Sie verschaffe uns nicht mehr Freizeit. Die tägliche Reisezeit habe sich in 100 Jahren nicht verändert. Sie habe bereits 1900 1,5 Stunden pro Tag betragen. Nur habe man damals lediglich 280 Kilometer pro Jahr und Person zurückgelegt. Heute seien es 17 000 Kilometer. Der Mehrverkehr habe jedoch soziale Auswirkungen, gab der BAV-Direktor zu bedenken. Daher stelle sich die Frage nach dem Sinn des Reisens. Füglistaler: «Der gesunde Menschenverstand sagt uns: Mehr ist nicht immer besser!» Trotzdem werde das Wachstum nicht gebremst. Denn laut den geltenden Prognosen werde der Güterverkehr bis ins Jahr 2030 um 30 bis 80 Prozent steigen, der Personenverkehr um 15 bis 30 Prozent.

Mobility-Pricing

Zwar wären laut dem BAV-Direktor aus ökonomischer Sicht die gefahrenen Kilometer volkswirtschaftlich erwünscht. «Doch die Infrastrukturen bei allen Verkehrsträgern sind an einer Leistungsgrenze angelangt.» Deshalb, und weil der Verkehr für Mensch und Natur verkraftbar bleiben müs-

Die Expertenrunde mit Jonas Moser (elfar GmbH), alt Nationalrat Markus Wäfler, Nationalrat Eric Nussbaumer, Bernhard Piller (Schweizer Energiestiftung) und AKU-Präsident Werner Hässig (von links).

se, sprach sich Füglistaler für ein umfassendes Mobility-Pricing aus. «Wir müssen uns die Frage stellen: Was ist uns die Mobilität wert?», so Füglistaler. Heute sei sie zu billig. Doch die Erfahrung zeige, dass die Bedürfnisse da seien, nicht aber die Bereitschaft – mehr zu zahlen. Das neue Prinzip müsse daher lauten: «Pay as you drive!» Es brauche die Umstellung von der blossen Nutzerfinanzierung auf die Nutzniesserfinanzierung.

Mobilität – Lust oder Last?

In einem weiteren Grundsatzreferaten sprach Roland Stettler, Oberarzt Ambulante Dienste der Klinik Sonnenhalde in Riehen, über die Frage «Mobilität – Lust oder Last?». Er verwies dabei vor allem auf die gesundheitlichen und psychischen Auswirkungen des Pendelns, insbe-

Individuelle Mobilität ohne AKW-Strom? Kann man die individuelle Mobilität auf Elektrofahrzeuge umstellen, ohne AKWs? Dieser Frage stellten sich in einem Podium Jonas Moser (Geschäftsführer der elfar GmbH), Bernhard Piller (Schweizer Energiestiftung), Nationalrat Eric Nussbaumer und alt Nationalrat Markus Wäfler. Gesprächsleiter und AKUPräsident Werner Hässig fragte: «Wie kann man Menschen begeistern, weniger weit zu reisen?» Markus Wäfler ergänzte: «Kann es Sinn machen, wenn Christen 50 Kilometer weit zum Gottesdienst reisen?» Erich Nussbaumer forderte die Umidea Spektrum 26.2011

stellung des Individualverkehrs auf Elektroantrieb, denn der E-Motor habe einen Wirkungsgrad von 80 Prozent, während der Verbrennungsmotor 80 Prozent der Energie verpuffe. Um den gesamten Individualverkehr elektrisch laufen zu lassen, seien lediglich zehn bis 15 Prozent des heutigen Stromverbrauchs nötig. Der Atomausstieg sei somit auch durch eine solche Umstellung nicht gefährdet. Mit erneuerbarer Energie und Effizienzsteigerungen sei die Umstellung «gangbar und finanzierbar, auch wenn es vier bis fünf Jahrzehnte dauert».

sondere auch des Wochenpendelns über weite Strecken.

Mobiler Gott

Der Theologe Peter Henning ist überzeugt: «Mobilität ist biblisch.» Denn Christen hätten einen mobilen Gott, der schon mit dem Volk Israel unterwegs gewesen sei. Auch Jesus sei immer unterwegs gewesen und habe schliesslich seine Jünger auf die Reise geschickt. Doch heute sei die Mobilität ein Problem, weil sie masslos geworden sei. Es gebe heute sogar eine Mobilitätssucht. Henning präsentierte neun Thesen zu einer zeitgemässen Mobilität der Christen.

In einem Wertekonflikt

In einer Diskussionsrunde stellten sich Fachleute der Frage, ob es ein ökologisches Reisen mit 100 Prozent CO2-Kompensation gebe. Während sich Hans Wiesner von «myclimate» und René Galli (Grüner Fisch) mit ihren Organisationen für eine grösstmögliche Kompensation einsetzen, plädierte Erich Goldenberger, Leiter von «Surprise Reisen», für möglichst ökologisches Reisen mit dem Bus. Für Hannes Wiesmann, Leiter von Wycliffe Schweiz, sind die Liebe zur Schöpfung und zum Menschen Teil des Liebesgebots Gottes. Daraus könne sich ein Wertekonflikt zwischen Missionsauftrag und ökologischer Verantwortung ergeben. FRITZ IMHOF Mehr über die Tagung: www.livenet.ch Bild: Fritz Imhof

«Glaube am Montag»

Ein Netzwerk von Christen startet die Initiative «Glaube am Montag – Natürlich Christ SEIN 2012». In der Schweiz hat ein Trägerkreis die Arbeit aufgenommen und seine Ideen präsentiert. Nach dem «Jahr der Stille 2010» ist dies die zweite grössere Initiative dieser Art. Geleitet wird der Schweizer Trägerkreis von Benedikt Walker von den Vereinigten Bibelgruppen (VBG). Walker: «Die Bewegung will Christen ermutigen und stärken, ihren Glauben vertrauensvoll in ihrem konkreten Alltag auszuleben.» (livenet) www.glaube-am-montag.net

«alive-teens» unterwegs

60 Teenager touren vom 25. bis 30. Juli mit der Heilsarmee durch die Schweiz. Die 60 Teenager im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren kommen aus der ganzen Deutschschweiz. Sie werden in Thun, Basel, Winterthur, St. Gallen, Lausanne und Bern Halt machen. Nebst Mu-

sik bereichern ein Anspiel und HipHop-Tanz das Programm. (idea) www.heilsarmee.ch

Popularmusik im Thurgau

Der Kirchenrat der Evangelischen Landeskirche des Kantons Thurgau will mehr populare geistliche Musik im Gottesdienst. Er ist überzeugt, dass Popularmusik einem Bedürfnis entspricht und hat den Weinfelder Musiker Oliver Wendel beauftragt, Materialien für den Gemeindegebrauch zu erarbeiten. Für Februar 2012 ist ein Singtag mit popularer geistlicher Musik geplant. (idea)

Aufklärung von Kindern

Die Schweizerische Evangelische Allianz unterstützt eine Klarstellung der Deutschschweizer Erziehungsdirektorenkonferenz (D-EDK): Die primäre Verantwortung für die Sexualerziehung soll auch in Zukunft bei den Eltern liegen, heisst es in einem Communiquè. Die Schule soll die Eltern dabei im Rahmen des Sexualkundeunterrichts, welcher in der Regel gegen Ende der Primarschulzeit beginne, alters- und stufengerecht unterstützen. (idea) www.each.ch


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