Idea Spektrum Schweiz 48/2010

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Projekt Fakir über die Leistungen der Religionsgemeinschaften

Auch Freikirchen sind gemeinnützig Freiwilligenarbeit kommt in den Freikirchen weit mehr vor als in den Landeskirchen. Landes- und Freikirchen zeigen sich aber gleichermassen zufrieden mit den Ergebnissen des Projekts «Finanzanalyse Kirchen» (Fakir). Bei der Präsentation der Ergebnisse am 23. November in Bern meinte Luzius Mader, Vizedirektor des Bundesamtes für Justiz: «Die Kirchen sind ihr Geld wert!»

556 Mio. öffentliche Gelder

Im Rahmen der Nationalfondsstudie NFP 58 hat die Firma Ecoplan die kultischen und sozialen Leistungen der beiden Landeskirchen sowie der im Verband VFG Freikirchen Schweiz vertretenen Verbände gemessen und festgestellt: Die beiden Landeskirchen erhalten mindestens 556 Millionen Franken aus der öffentlichen Hand, also vom Staat und von Un-

ternehmen. 1,3 Milliarden Franken nehmen sie mit Kirchensteuern ein. Dabei werden die Kirchensteuern natürlicher Personen als Mitgliederbeiträge taxiert und die Steuern juristischer Personen und Beiträge des Staates als öffentliche Gelder. Die Studie hat besonders die Verhältnisse in den Kantonen St. Gallen, Bern und Neuenburg erfasst. In Bern hat «Fakir» auch eine Umfrage unter der Bevölkerung gemacht, die das Ergebnis zeitigte, dass «kultische Angebote» weiterhin höher gewertet werden als soziale. Bei den Vertretern der Landeskirche ist ein Aufatmen feststellbar, so bei Theo Schaad, Geschäftsführer des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK). Jetzt könnten sie belegen, dass die öffentlichen Gelder nicht versanden. «Fakir» hat insbesondere auch Jugend- und Seniorenarbeit als soziale Tätigkeit eingestuft.

Öffentliche Gelder gut eingesetzt: 200 Interessierte aus Kirchen und Religionsgemeinschaften verfolgten die Präsentation.

Auch die Freikirchen, in Bern vertreten durch Wilf Gasser, Präsident der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA) und Delegierter des VFG, stellten befriedigt fest, dass Gemeinden und Verbände jetzt offiziell ihre Gemeinnützigkeit belegen könnten. Für die Freikirchen sei dies ein Akt der Anerkennung. Gasser hofft, dass dadurch auch eine Grundlage für die Bemühungen der Freikirchen um die steuerliche Abzugsfähigkeit von Spenden geschaffen sei. Positiv nahm er auch die Würdigung der Freiwilligenarbeit in den Freikirchen entgegen, die – bezogen auf die Mitgliederzahl – weit über jener der Landeskirchen liegt.

Vom Staat unabhängig

Während die Vertreter von Juden und Muslimen Wert auf mehr öffentlich-rechtliche Anerkennung legten, ist das Interesse dafür bei den Freikirchen begrenzt. Es gehöre eben zur Identität vieler Freikirchen, vom Staat unabhängig zu sein, erklärte Gasser. Dagegen sprach sich Daniel Kosch, Zentralsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz, für die Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften aus. Dass 85 Prozent der Bevölkerung die Kirchen für wichtig halten, obwohl nur noch 70 Prozent Mitglied einer Landeskirche sind, freute Kosch. Er warnte aber vor Euphorie: «Die (noch) guten Fi-

Schläpfer: Kultische Angebote geschätzt Max Schläpfer, Präsident VFG – Freikirchen Schweiz, meint zu «Fakir»: «Aus Sicht des VFG hat das Forschungsprojekt eines deutlich gemacht: Wenn es um den gesellschaftlichen Nutzen geht, stehen Freikirchen den grossen Kirchen in nichts nach! Besonders er freulich ist, dass die Gesellschaft kultische An­ gebote wichtiger einstuft als soziale Dienstleistungen. Der Verkündigungs­ und Seelsor­ geauftrag ­ unbestrittener Fokus freikirchlicher Arbeit – stösst in der Bevölkerung auf ein Bedür f­ nis. Die Studie belegt ausser­ dem, dass Freikirchen in etwa der Hälfe ihrer Aktivitäten ge­ meinnützig tätig sind, was in Zu­ kunft hoffentlich einen Einfluss auf die steuerliche Abzugsfähig­ keit von Spenden haben wird. Trotz der günstigen Resultate für die Freikirchen müssen sich die­ se aber der Tatsache bewusst sein, dass man geistliches Le­ ben nicht auf Ökonomie reduzie­ ren dar f. Es muss immer wieder in der Kraft des Heiligen Geistes erlebt und praktiziert werden.»

nanzen erhalten die organisatorische Fassade aufrecht – während es mit dem spirituellen Fundament und der inneren Substanz alles andere als zum Besten zu stehen scheint.» Gerade der Vergleich mit den Freikirchen und ihren vielen Freiwilligen gebe zu denken. FRITZ IMHOF www.snf.ch > Medien > Medien­ mitteilungen

EVP, EDU und CVP verpassen ihr gemeinsames Ziel relativ knapp

Kein frommer Vertreter in der Thuner Regierung 300 Listenstimmen fehlten der Allianz von EVP, EDU und CVP am Sonntag für den erstmaligen Einzug in die Thuner Stadtregierung. Offenbar spielte die Solidarität unter den zahlreichen frommen Thuner Wählern zu wenig.

Thuner Regierung setzt sich aus 2 SP, 2 SVP (+1) und 1 BDP zusammen. Die FDP verliert ihren Sitz. EDU-Kandidat David Külling rechnet vor: «300 Stimmen oder 60 Listen mehr, und wir hätten den zweiten Sitz der SP als Restmandat geholt.»

Obwohl sich EVP, EDU und CVP erstmals zum lokalen Schulterschluss fanden, reichte es mit einem Stimmentotal von 13,6 Prozent nicht (EVP 5,4 Prozent, CVP 4,3, EDU 3,9). Die neue

Allianz blieb «neutral»

Bild: Fritz Imhof

Külling verhehlt seine Enttäuschung nicht, dass die Evangelische Allianz die «fromme Koalition» nicht offen unterstützt hat. «Man gab sich neutral, diente da-

mit aber niemandem.» Hätte es zu einem Mandat gereicht, wäre EVP-Grossrat Marc Jost zum Zug gekommen. Obwohl bei der EVP nur auf Platz zwei aufgeführt, erzielte er mit 969 Stimmen das klare Bestresultat (Hans Kipfer 807). Jost vermutet denn auch, dass diese personelle Gewichtung der EVP einige Stimmen gekostet hat. Unter den sechs Kandidaten für das Amt des Stadtpräsidenten landeten Hans Kipfer (EVP) und David Külling (EDU) abgeschlagen auf den letzten Plätzen.

Auch bei den Wahlen in den 40-köpfigen Stadtrat verpassten EVP und EDU ihre erklärten Ziele, nämlich je einen Sitzgewinn. Mit Jürg Dällenbach und Jonas Baumann (EVP) sowie David Külling und Markus Bieri (EDU) konnten aber die bisherigen Mandate verteidigt werden. Die EVP holte 5,2 Prozent der Stimmen (-1,2), die EDU 4,8 Prozent (-0,7). Dafür trumpften BDP (+6) und GLP (+1) als neue Konkurrenz gross auf. ANDREA VONLANTHEN


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