SVIK Rating 2009

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Goldene Feder Eine knackige Headline und ein Lead, den man kürzer, spannender und informativer kaum schreiben kann. Das passt doch gut zu einer Geschichte über den Equities Director des Investment Banking in London, den die auf­ grund der Entwicklung im Finanzbusiness extremen beruflichen Belastungen nicht davon abhalten, sich frei­ willig in andere Extremsituationen zu begeben. Ein gut gespannter Spannungsbogen, der den Leser mitreisen lässt. Prägnante Zitate, ein anregender Schreibstil, sozusagen fast perfekt, aber eben nur fast: Die zwei letzten Sätze über die Geldsammlung für die Stiftung gehört nicht in den Text, sondern allenfalls in eine Box.

Frisch aus dem Kühlschrank Der Sommer ist da. Zumindest in der Nordhemisphäre. Höchste Zeit für eine Abkühlung! Richard Gray hat sich im Januar auf einen Treck an den Südpol begeben. Und hat dort frostige Sommertage genossen. Ein eisiger Wind bläst ihnen um die Ohren. Müde sind sie, erschöpft. Tiefgefrorene Bärte allenthalben. Eigentlich wollte die Expedition den Südpol erreichen. Doch nun, 97 nautische respektive 112 Landmeilen vor dem Ziel, ist Schluss. Das Team muss aufgeben, es droht sonst zu verhungern. Umkehr. Enttäuschung. Wir schreiben das Jahr 1909. 100 Jahre später träumt wieder eine Handvoll Abenteurer vom Südpol. Sie haben sich vorgenommen zu vollenden, was dem Expeditionsleiter von 1909, dem legendären Ernest Shackleton, nicht geglückt ist. Alle

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Teilnehmer sind Nachfahren von Shackletons Nimrod-Expeditionscrew,

Credit Suisse

die mit ihrem Treck der Leistung ihrer Vorfahren gedenken wollen. Mit einer Ausnahme: Richard Gray, Equities Director des Investment Banking aus London. Für ihn geht ein Bubentraum in Erfüllung. «Bereits als Kind habe ich Bücher über die Expeditionen von Scott, Amundsen oder eben Shackleton verschlungen. Ich war fasziniert davon und wollte auch einmal so etwas erleben. Diese grenzenlose Einsamkeit, bei der man auf sich selbst zurückgeworfen wird und sich gleichzeitig immer auf die anderen Teammitglieder verlassen können muss.» Da er einen der Teilnehmer kannte, sass Gray gewissermassen auf der Reservebank. Als dann tatsächlich jemand kurzfristig passen musste, schlug seine Stunde. Einmal fragen reichte. «Manch einer dachte, ich sei von der MidlifeCrisis erfasst worden und kaufe wohl bald auch einen Sportwagen», scherzt Gray. «Meine Familie hat mich aber jederzeit toll unterstützt.» Ein harter Brocken Als ehemaliger Hauptmann der Coldstream Guards bringt Gray beste Voraussetzungen für extreme Situationen mit. Diese Infanterieeinheit ist zwar in erster Linie bekannt für ihre zeremonielle Funktion – sie bewacht zum Beispiel Buckingham Palace oder Windsor Castle –, sie ist aber voll einsatzfähig und wurde schon oft in Krisenregionen entsandt. «Ich habe in Bosnien und Nordirland gedient», so Gray. «Die Militärerfahrung hilft mir, meine physischen und mentalen Grenzen zu verstehen. Sie lehrte mich, mit anderen unter erschwerten Bedingungen zusammenzuar­ beiten und in einem Umfeld ohne jeglichen Komfort zurechtzukommen.» Den letzten Schliff holten sich Gray und einige der anderen Teilnehmer im November während eines zehntägigen Trainings in Nordnorwegen, abgeschnitten von aller Zivilisation. «Wir lernten die Techniken, die uns in der Antarktis zugutekommen sollten: Wie stelle ich im Sturmwind ein Zelt auf, wie halte ich meine Kleidung und Gerätschaften trocken, wie halte ich mich warm, ohne zu schwitzen, wie gehe ich mit den speziellen Ski und Schlitten – immerhin rund 120 Kilogramm schwer – um.» Der Treck wird in zwei Gruppen in Angriff genommen. Team 1 mit drei Teilnehmern absolviert innerhalb von drei Monaten die gesamte, 900

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