Broschüre 1938: Josef Hindels

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Aufmarsch der Heimwehr

Aus der Untersuchung des Historikers F. L. Carsten geht vor allem eine Erkenntnis hervor, die auch von anderen HistorikerInnen bestätigt wird: Die Grenzen zwischen Austro- und Nazifaschismus waren in den Anfängen des österreichischen Faschismus fließend. Dass Heimwehrfaschisten den Hut mit dem Hahnenschwanz trugen, aber gleichzeitig das Hakenkreuz zur Schau stellten, war keine Seltenheit. Nicht wenige Heimwehrführer haben, wie Fürst Starhemberg, an Naziaktionen teilgenommen und mit Hitler engen Kontakt gehabt.

Jede faschistische Forderung wurde im Namen der „Soldatengeneration“ erhoben, die, wie die Sprecher der Heimwehrfaschisten erklärten, nicht länger diffamiert und wegen ihres Fronteinsatzes für die Heimat geschmäht werden dürfe. Wenn es um die „Soldatengeneration“ ging, unterschieden sich die Reden von Austro- und Nazifaschisten nicht, sie waren austauschbar. Beide beschimpften FriedensfreundInnen, die die Parole „Nie wieder Krieg!“ geprägt hatten, als VerräterInnen und Feiglinge. Beide sahen im „Soldat sein“ den Ausdruck echter Männlichkeit.

Erst später gab es zwischen Austro- und Nazifaschismus tiefreichende Differenzen. Die einen orientierten sich in die Richtung des italienischen Faschismus, die anderen wollten ein Großdeutschland unter Hitler. Gemeinsam war beiden Faschismen der Hass gegen die Demokratie und ArbeiterInnenbewegung. Die „Vernichtung des Marxismus“ gehörte zu ihren lautstark verkündeten Zielen, „die Roten“, wie SozialdemokratInnen, GewerkschafterInnen und KommunistInnen genannt wurden, waren für beide der Hauptfeind. Mit Recht weist F. L. Carsten darauf hin, dass die Ideologie des österreichischen Faschismus stark geprägt wurde vom sogenannten Frontgeist der Soldatengeneration. Bei allen Heimwehrverbänden wurden Orden aus dem Weltkrieg getragen. Und in den Reden erklang das Hohelied auf die Tapferkeit österreichischer und deutscher Soldaten, die durch den „Dolchstoß“, der von MarxistInnen, Juden und Jüdinnen und Freimaurern 1918 geführt worden war, um den Sieg, den sie angeblich auf dem Schlachtfeld errungen hatten, betrogen worden waren.

Wegen des Auerhahnstoßes, den sie an ihre Hüte steckten, wurden die Heimwehrmänner im Volksmund „Hahnenschwanzler“ genannt.

Österreichischer Faschismus

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