HG-Magazin 1/2018

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Die 40-jährige in Südafrika geborene Schweizerin hat seit rund dreieinhalb Jahren die Position der General Managerin im Hotel Schweizerhof Bern and the Spa inne. Zählt man Iris Flückigers Zeit als Resident Managerin und Front Office Managerin dazu, arbeitet sie insgesamt seit über sieben Jahren für das FünfsterneHaus am Berner Bahnhofplatz. Vorher war sie im Ramada Hotel Solothurn als Front Office Managerin und Stv. Direktion sowie als Reservation Managerin und stellvertretende Front Office Managerin tätig. Ihr Rüstzeug für die Hotellerie sammelte sie in der Hotelfachschule Thun und in diversen Praktika. Zudem schloss Iris Flückiger 2017 an der Berner Fachhochschule das Executive MBA in Leadership und Management ab.

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Die Philosophin

Eine Hotelkarriere

Mein Lieblingsort zum Essen und Trinken ist gar Wir sollten uns viel mehr fragen, was wir das nächste nicht so chic. Gemütlich auf jeden Fall. Ich gehe vor Mal anders machen können, damit es nicht wieder so allem hin, weil ich mich wohl fühle. Weil die Ange- weit kommt und welche Ressourcen wir dafür einsetstellten irgendwie spüren, wie es mir geht, mit mir zen müssen. Wie wir unsere Mitarbeitenden befähiplaudern oder mich in Ruhe lassen. Das macht es aus, gen können, damit sie das nächste Mal ruhig bleiben dass ich mich oft in denselben Cafés, Restaurants und die Übersicht bewahren. Natürlich ist es nicht nur bequem, wenn wir die oder Bars wiederfinde. Ich will mich wohl fühlen, willkommen sein. Der Service soll aufmerksam und Mitarbeitenden fragen statt einfach beauftragen. Sie herzlich sein – freundlich eben. Und klar, das Ange- könnten ja eine andere Herangehensweise haben, bot muss mich «gwundrig» machen oder mich bereits als diejenige, die man selber gewählt hätte. Was nicht begeistert haben. Es muss authentisch sein, echt und grundsätzlich bedeutet, dass diese weniger gut ist. nicht aufgesetzt, ein Konzept, das in sich aufgeht und Einfach anders halt. Wenn aber meine Mitarbeitenden nicht erzwungen wirkt. Aber: Der Ort kann stimmig den Weg selbst wählen, wie sie unsere Gäste überrasein, das Konzept hip, die Umgebung noch so behut- schen wollen, dann tun sie dies aus Überzeugung und sam vorbereitet: Ist es mir an diesem Ort nicht wohl, mit Stolz. gehe ich nicht mehr hin. Denn: Den Unterschied maDurch Einbindung unserer Mitarbeitenden entchen die Mitarbeitenden, die Menschen aus. stehen spannende und kreative Ideen. Es soll kein Eine gute Gastgeberin schafft ein gutes Umfeld. voreiliges Nein geben – weder zu den Gästen, noch zu Einfach ist das bei weitem nicht. Wir haben alle Ge- neuen Ideen. In einem ersten Schritt beurteilen wir, fühle, Emotionen, Bedürfnisse und Wünsche. Es was es braucht, um eine Idee umzusetzen. Vorausgegeht uns mal besser, mal weniger. Unsere Teams sind setzt, die Idee macht für unseren Betrieb und im Rahkeine Roboter, die gefühlslos nach Auftrag ihre Auf- men der Strategie Sinn. Als vor Jahren einem Mitargabe ausführen – zum Glück nicht. beitenden der Einfall mit den Bienen Wie schaffen wir es also, dass unsere kam, hätte es genügend Gründe gege«Was gibt es für ben, diesen Vorschlag zu verwerfen. Mitarbeitenden in jedem Fall unsere einen Gast Wir haben uns aber hingesetzt und Gäste begeistern? Es muss ihnen Spass machen und Freude bereiten. Natür- Schöneres, als von besprochen, was es braucht, um die umsetzen zu können. Et voilà: lich haben wir alle ab und zu mal einen glücklichen Mit- Idee Unsere Bienen liefern seit vier Jahren Durchhänger und würden uns lieber zu Hause die Bettdecke über den Kopf arbeitern empfan- fleissig Honig und sind der Hingucker auf der Dachterrasse. Wir wollen ziehen. Aber grundsätzlich sollen wir gen zu werden uns weiterentwickeln, Bewegungen gerne zur Arbeit gehen, sie muss uns und von Einhei- und Trends aufnehmen. Weg erfüllen. Nur dann sind wir gute Gastmischen umgeben vom steifen Fünfsterne-Hotel gegeberinnen und Gastgeber. hen. Gute, frische und neue Ideen Das bedeutet für mich, dass unzu sein?» sind gefrag t. Der Markt wandelt sere Mitarbeitenden sich in ihrer Arbeit einbringen können. Dass ihre Ideen und Vor- sich bekanntlich rasant. Was gibt es da Einfachestellungen gefragt sind. Dass wir ihnen Aufgaben, res, als Ideen unserer jungen Mitarbeitenden anzuaber auch die entsprechenden Kompetenzen und die hören und aufzunehmen? Auch in der Fünfsterne-Hotellerie – überwiegend Verantwortung für ihren Bereich übertragen. Unser Food-Konzept in der Lobby-Lounge-Bar zum Bei- in den Städten – wird oft ein grosser Teil des Umsatzes spiel ist die Idee einer Mitarbeiterin, die sie von einer durch lokale oder regionale Gäste generiert. Vor allem Auslandreise mitgebracht hat. Ebenso das Morgen- in den Restaurants. Wieso wohl kommen immer mehr und Full-Moon-Yoga auf unserer Dachterrasse, wel- Hotels weg von Sternen und Punkten und verwandeln ihre Restaurants in ungezwungene und hippe Orte, wo ches rundum auf Begeisterung stösst. Ich habe Vertrauen in unsere Mitarbeitenden. man einfach und gut essen kann? Der Trend «meet the Das bedeutet, dass mal etwas schief gehen darf, wir local» ist auch bei uns angekommen. Hotelgäste aus nicht ungeduldig werden und umgehend unsere Mit- aller Welt fühlen sich wohl und geniessen es, bei uns arbeitenden entmündigen, sondern sie unterstützen an der Bar neben Bernern ihren Apéro zu trinken und einen anderen Weg zu finden. Führen eben. Es braucht zu essen, was man hier in Bern geniesst. Sie fragen Raum für Fehler. Die passieren nämlich täglich. Das ist den Concierge nach Restaurant-Tipps für Orte, an denen normal und nicht weiter schlimm. Wir beschäftigen sich «die Locals» treffen. Sie finden die lokalen unsvielzuvielmitdenProblemen,alsmitderFrage,was und regionalen Produkte, die unser Küchenchef verarwir das nächste Mal anders machen. Und welche beitet, super und buchen vielleicht sogar unser Angebot Ressourcen wir dazu benötigen, es anders machen zu «ein Tag mit dem Küchenchef». Und was ist für können. Wenn zum Beispiel unser Serviceteam am mich als Gast schöner, als von aufgestellten, Sonntagmorgen untergeht und das Chaos ausbricht, glücklichen Mitarbeitenden empfangen zu werden und die Gäste ungeduldig werden und reklamieren: Was von Gästen aus der Region und der ganzen Welt umgeben hilft es uns da, wenn wir uns fragen, wieso es so weit zu sein? Unter diesen Bedingungen bin ich dem Gastgekam und was wir nicht gut gemacht haben? ber als treuer Gast gewiss und komme gerne zurück. •


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