HK-gt 05/2014

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| HK-Gebäudetechnik 5/14 |

Energie | Wärme | Strom |

Dieser technologischen Herausforderung sollte sich die Fassadenindustrie mit den Planern, Bauherren und Architekten gemeinsam stellen. Immerhin beneidet uns das Ausland um die interessanten Einspeisevergütungen für gebäudeintegrierte PV-Anlagen in der Schweiz.

Noch wenig BIPV-Wissen in den Studierstuben Noch herrschen im Umgang mit der PV-Technologie bei Architekten, Fassadenplanern und Bauherren Wissenslücken. Wem ist schon bewusst, welch vielfältiges Produkt- und Formatangebot, wie viel unterschiedliche Farben, Zellen und Deckungsbilder erhältlich sind? Dass PV als gestülpte oder flächige Module, mit offenen oder geschlossenen Fugen in hinterlüfteten Kaltfassaden oder sogar als PV-VSG-Isolierverglasungen ( VSG = Verbundsicherheitsglas ) in Warmfassaden geschosshoch und überkopf verlegt werden können? Dass PV-

Bekleidungen auch in Gebieten mit Schnee oder Reflexionen auf Seeoberflächen in Ost- und Westfassaden Sinn machen und überdies kaum mehr kosten als ein handelsübliches Fassadenmaterial? Dies wäre kein Nachteil, solange die Fachingenieure aus den Bereichen Fassadenbau, Klimatechnik oder Elektrotechnik das notwendige aktuelle Wissen hätten zu PV-Technologie, Herstellern und Montagesystemen, unterschiedlichen Leistungsklassen und Formaten ( mono- oder polykristallin, amorph, CIS, CIGS usw. ). Dies ist selten der Fall. So ist es kaum Zufall, dass z. B. für PV-Überkopfverglasungen selbst unter bekannten Solarteuren weder FachKompetenz noch Referenzen zu finden sind. Nach 25 Jahren BIPV-Gehversuchen wäre hier ein lukrativer Markt vorhanden, weil die Marktpreise interessant geworden sind. Im Gegensatz zu Fliesenle-

Solarstromproduktion und Witterungsschutz. BIPV schafft zusätzliche Funktionalität und neue Gestaltungsspielräume. (Fotos: Reto Miloni)

gern oder Küchenbauern, die mit Standardprodukten und objektspezifischen Anpassungen kundenspezifisch auf unterschiedliche Geometrien reagieren, gelangt allerdings die noch wenig strukturierte PV-Branche mit formal, geometrisch und konstruktiv unterschiedlichen Kundenwünschen rasch an ihre Grenzen. So liegt es auf der Hand, dass Architekten eher eine PVIdee opfern, wenn das aus dem Kontext der Aufgabe entwickelte Systemraster nicht zu der Dimension von Standardmodulen passt.

Von der Verlustminimierung zur solaren Gewinnmaximierung Seit rund 30 Jahren wachsen die Dämmstärken in unseren Gebäudehüllen proportional zu den Preisentwicklungen bei fossilen Energieträgern. Heute stellen Null-Heizenergie-Gebäude kein neues Konzept mehr dar, erreicht man doch drastische Verbrauchsreduktionen bereits seit Jahrzehnten mit entsprechendem Dämmaufwand oder entsprechender Haustechnik. Während die Dämmstoffpreise stetig stiegen, liest man unseren Gebäudehüllen noch nicht unbedingt ab, dass sich die Kosten der Photovoltaik in den letzten 5 Jahren halbiert haben. Ob dies damit zu tun hat, dass der PV-Markt im Gegensatz zum Dämmstoffmarkt weniger monopolistisch organisiert ist? Dabei würden sich hier der Fassadenindustrie grossartige Märkte eröffnen: Statt wie seit den grossen Erdölkrisen die Minimierung der Transmissionswärme- und Luftwechselverluste auf die Spitze zu treiben, müsste man heute damit beginnen, das Augenmerk auf Plusenergie-Techniken zu richten: Nicht die letzte Kilowattstunde ist wegzudämmen, wenn in Gebäudehüllen die Energiegewinne durch Integration von Aktivsolar-Komponenten kostengünstiger bereitgestellt werden können.

Verkanntes Potenzial: PV und Wärmepumpe

Solarstromproduktion und Absturzsicherung. Möglichkeiten für BIPV gibt es in Fassaden zur Genüge.

Ein Quadratmeter Solarmodul liefert pro Jahr rund 170 Kilowattstunden Strom, aus dem moderne Wärmepumpen rund 800 Kilowattstunden Nutzenergie machen – ein solarthermischer Kollektor produziert demgegenüber bloss rund 500 Kilowattstunden. In Südost- bis Südwest-Fassaden mögen PV-Module 30 % weniger erzeugen – ausser im Gebirge, wo in Folge Bodenreflexion durch Schnee bis zu 50 % Mehrertrag gegenüber dem Flachland resultiert.


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