Hafen 2010

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Fotos: VDR

22-25 Interview Reeder_Layout 1 16.02.10 13:08 Seite 23

Dr. Hans-Heinrich Nöll, bis Februar 2010 Hauptgeschäftsführer des Verbands Deutscher Reeder, seitdem Berater

Sitz des Verbands Deutscher Reeder an der Esplanade

Verband Deutscher Reeder

Wir haben keine strukturelle Krise der Schifffahrt. Der harte Wettbewerb auf allen Strecken gehört bei uns zum Geschäft und ist ja auch gut. Besonders gelitten haben wir, weil eine Finanz- und eine Wirtschaftskrise zugleich kamen. Niemand hatte mit

Wie lassen sich dramatische Kapazitätsüberhänge zukünftig vermeiden? solch einer tiefgreifenden Krise gerechnet. Da Schiffsinvestitionen auf viele Jahre im Voraus geplant sind, dauert es auch entsprechend lange, bis sich Bedarf und Kapazitäten wieder angepasst haben. Gibt es bei deutschen Reedern Überlegungen, wie man so dramatische Kapazitätsüberhänge in Zukunft vermeiden könnte? Die Überlegungen stellt natürlich jede Ree-

derei für sich an. Die Lösungen sind auch entsprechend individuell: Größere Reedereien können sich auf mehrere Schiffstypen diversifizieren, um das Risiko eines Marktabschwungs zu streuen, andere setzen auf die beste Expertise in einem Segment. Sicherlich wird es aber ein Merkmal der deutschen Handelsflotte bleiben, dass sie aus besonders modernen und besonders umweltfreundlichen Schiffen besteht. Das hat den deutschen Reedern auch in der Vergangenheit einen Vorteil beschert. Moderne Schiffe kosten viel Geld. Reedereien beklagten 2009 die erschwerte Kapitalbeschaffung. Warum sind liquide Kapitalquellen auch angesichts der Kapazitätsüberhänge wichtig? Schiffe werden rund drei Jahre vor der Ablieferung bestellt. Finanziert werden sie aber erst gegen Ende der Bauzeit. Jetzt

Der VDR vertritt die deutschen Reedereien auf der Ebene des Bundes und der Länder, sowie gegenüber europäischen und internationalen Instanzen. Im November 2008 löste Michael Behrendt (Hapag-Lloyd) den langjährigen Vorsitzenden Frank Leonhardt (Leonhardt & Blumberg) ab. Neben den angesprochenen Zielen des VDR forderte Behrendt von der Bundesregierung ein deutlicheres Vorgehen gegen somalische Piraten. Die Operation „Atalanta“ (vgl. S. 30) müsste forciert werden. Hinzu kam die Anregung zu vereinzelten Eskorten für Handelsschiffe.

müssen die Schiffe, die noch zu optimistischeren Zeiten bestellt wurden, finanziert werden. Das ist nicht immer einfach. Ende 2009 wurde der Ruf nach Staatshilfen laut. Warum sollte der Staat in einem privatwirtschaftlichen Sektor wie der Schifffahrt stützend eingreifen? Mit dem Begriff sollte man ganz vorsichtig Hafen 2010

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