Prof. Dr. Andreas Novy - Die Regionalwährung Waldviertler

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Die Bedeutung des Waldviertler für die Region

4.3 Auswirkungen auf die Regionalentwicklung Der Fokus der Datenerhebung lag zwar auf den ökonomischen Auswirkungen; eine Evaluierung des Waldviertler ausschließlich anhand wirtschaftlicher Kriterien würde – aus Gründen, die noch erläutert werden – jedoch jedenfalls zu kurz greifen und der Idee des Waldviertler nicht gerecht werden. Aus diesem Grund wird in diesem Kapitel auch auf Auswirkungen in anderen, nicht-ökonomischen Sphären eingegangen. Bevor nun aber auf die ökonomischen und sonstigen Effekte des Waldviertler auf die Region eingegangen werden kann (vgl. Kapitel 4.3.2 und 4.3.3), ist noch eine – an diesem Punkt besonders relevante – Entwicklung im Bezug auf die Regionalwährung nachzuzeichnen und deren Folgen zu erläutern.

4.3.1 Zentralisierung der Initiative In den letzten Jahren begann sich Heidenreichstein langsam als Zentrum herauszukristallisieren. Staudinger (2008: 19) merkt an „zugeben [zu] müssen, dass es uns nicht gelungen ist, unser Projekt auf eine breitere Basis zu stellen. Ausgenommen Heidenreichstein“. Auch Immervoll weist darauf hin: „[D]as Zentrum der Währung verlagert sich nach Heidenreichstein und da werden neben der Bank die meisten Betriebe dabei sein“ (Immervoll 2008). Heidenreichstein liegt im Bezirk Gmünd im nördlichen Waldviertel. Die Gemeinde umfasste Anfang 2009 4.185 EinwohnerInnen (vgl. Statistik Austria o.J.), von denen über 33 Prozent 60 oder älter waren, während lediglich 16,5 Prozent der HeidenreichsteinerInnen zu den Unterdreißigjährigen zu zählen waren.

Wie kam es nun dazu, dass Heidenreichstein sich zum Zentrum bzw. einzigen „Erfolgsort“ entwickelte? Um diese Entwicklung darzulegen, muss etwas weiter ausgeholt werden: Bald nach der Einführung des Waldviertler im Jahr 2005 und der anfänglichen Euphorie, machte sich beim Vorstand des Vereins eine Überforderung bemerkbar. Die Umsetzung war zeitaufwendiger und schwieriger als erwartet. Hinzu kam eine missglückte Kooperation mit einem Verein, der „als operativer Arm der „Kammer für Arbeiter und Angestellte“ […] auftrat“ (Immervoll 2007: 47) und der eine Förderung des Wirtschaftsministeriums über 800.000 Euro lukrieren konnte. Diese wurde aber nie ausbezahlt, da die Kooperation scheiterte: der topdown-Ansatz des Ministeriums ließ sich mit dem bottom-up-Ansatz, aus dem heraus der Waldviertler entstanden ist, nicht vereinbaren. „Zu verschieden waren die Sprache und Erfah-

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Die Regionalwährung Waldviertler – Auswirkungen eines Projektes solidarischer Ökonomie


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