Meyer; Gesteine der Schweiz

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Gesteinszone 1 Sedimentgesteine des Juragebirges

Blick aus dem Flugzeug auf den zentralen Faltenjura; vorne die Weissensteinkette, in der Bildmitte das Delsberger Becken. Der östliche Kettenjura beim oberen Hauenstein, Blick nach Osten. Die bewaldeten Hügelzüge sind Überschiebungsschuppen aus Hauptrogenstein ( Nr. 6 ), in den Mulden dominiert der Opalinuston ( Nr. 5).

Aus großer Höhe oder auf einer Reliefkarte erkennt man das Juragebirge als eleganten Bogen von Hügelzügen, der sich von Genf bis Baden erstreckt (Abb. S. 111 oben), sich an beiden Seiten ausdünnt. Dies widerspiegelt direkt den tektonischen Bau: Die Zone mit den markanten langgezogenen Bergzügen, Längstälern und den quer dazu verlaufenden Flussdurchbrüchen (Klusen) sind durch große Falten aufgebaut, die oft durch Überschiebungen kompliziert sind, welche vor der eigentlichen Faltung entstanden und anschließend mitverfaltet worden sind (Abb. S. 112). Diesen Teil des Juragebirges nennt man Falten- oder Kettenjura. Die Antiklinalen bilden die Hügelzüge, die Längstäler die Synklinalen. Die Querdurchbrüche der Klusen entstanden durch alte Flussläufe, welche sich während der Faltung kontinuierlich in die wachsenden Bergketten eingefressen haben. In der Ajoie, den Freibergen und im französischen Jura gibt es ebenfalls Überschiebungen und Faltungen, jedoch sind diese durch weite plateauartige Zonen voneinander getrennt. Dieser Teil des Jura wird «Plateaujura» genannt. Im Nordosten, in der Gegend südlich von Basel bis nach Zurzach, ist die Landschaft durch flache Hochplateaus und steil darin eingetiefte flache Täler charakterisiert. Diese Region wird «Tafeljura» genannt. Er entstand nicht durch den Schub der Alpen, sondern durch die Bruchtektonik beim Einsinken des Oberrheingrabens. Warum hat der Jura diese «Mondsichel»-Form und warum gibt es östlich und südwestlich davon keine Fortsetzung? Der Jura ist – anders als die Alpen – ein reines Faltengebirge. Dazu braucht es eine feste Unterlage, einen leicht deformierbaren Abscherhorizont und gut verfaltbare Gesteinsschichten. Die feste Unterlage ist mit dem in der Permzeit eingeebneten kristallinen Grundgebirge gegeben, die gut verfaltbaren Schichten durch die Sedimentgesteine der Jura- und Kreidezeit. Ein guter Abscherhorizont ist nur in derjenigen Region vorhanden, in der sich heute die Juraberge erheben, nämlich die regionalen Salzschichten der mittleren Triaszeit! Das Juragebirge ist der jüngste Effekt der Alpenbildung. In der Miozänzeit (vor rund 5–7 Mio. J.), als sich das Molassebecken längst zu seiner heutigen, mächtigen und keilförmig sich nach Norden verjüngenden Dicke entwickelt hatte, wurde der Schub der adriatisch-afrikanischen Platte gegen NO vom Alpenkörper über das Molassebecken, das als eine Art starrer «Stempel» fungierte, weit nach NW hinausgetragen und führte dort zur Auffaltung des Juragebirges. Die Gesteine des Juragebirges sind ausschließlich marine Sedimentgesteine (abgesehen von kleinen Molasseresten in einigen Talmulden), abgelagert von der unteren Trias- bis in die mittleren Kreidezeit. Die ganze Abfolge wird bis 1000–2000 m mächtig. Während der langen Zeit von rund 150 Mio. J. Dauer lag das zukünftige Juragebirge fast immer unter dem Meeresspiegel, meist in einem seichten Tropenmeer der europäischen

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25.07.17 15:16


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