RC Premium 1/2020

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EXPERTEN RAT

Wenn das Knie plötzlich knackt – Kreuzbandriss: Diagnostik, Therapie und Nachbehandlung von Dr. Steffen Thier, Sportchirurgie Heidelberg

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ie vordere Kreuzbandruptur zählt zu den häufigsten Bandverletzungen und tritt insbesondere bei jungen Sportlern auf. Meist kommt es bei einem plötzlichen Richtungswechsel (meist ohne Fremdeinwirkung) zu einem Verdrehtrauma des Kniegelenkes bei fixiertem Fuß. Direkt nach dem Unfall zeigt sich meist eine ausgeprägte Ergussbildung des Gelenkes mit einhergehender Bewegungseinschränkung.

Erste-Hilfe-Tipps nach einem Kreuzbandriss P E C H

Pause, Entlastung an Gehstützen, Ruhigstellung (Schiene) Eis, Kühlen Kompression (Verband) Hochlagern

Vorstellung beim Arzt

Durch genaues Erfragen des Unfallmechanismus und einer klinischen Untersuchung wird dann eine weitere Diagnostik im Sinne einer MRT-Bildgebung (Kernspin) des Kniegelenkes eingeleitet. Begleitverletzungen wie Seitenbandrisse, Meniskusschäden oder Knorpelschäden können hier festgestellt werden.

Kreuzbandriss

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Kreuzband intakt

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Prinzipiell besteht die Möglichkeit der konservativen und operativen Therapie. Liegen zusätzliche Begleitverletzungen der Seitenbänder, des Knorpels oder des Meniskus vor, ist nach aktueller wissenschaftlicher Datenlage eine operative Therapie zu empfehlen. Bei isolierten Kreuzbandverletzungen ist abzuwägen ob eine konservative Therapie erfolgsversprechend ist. Entscheidungskriterien sind das sportliche Anforderungsprofil, das subjektive Instabilitätsempfinden und die objektivierbare Instabilität (Untersuchung).

Wann sollte operiert werden?

Eine Operation sollte entweder innerhalb der ersten zwei bis drei Tage nach dem Unfall erfolgen oder aber es sollte abgewartet werden, bis Schwellung und Entzündungsreaktion zurückgegangen sind. Meist ist dies nach drei bis vier Wochen der Fall. Zur Unterstützung bekommen die Patienten Physiotherapie und Lymphdrainage. Auf keinen Fall sollte während der Entzündungsphase operiert werden, da in diesem Fall die Gefahr einer Arthrofibrose, also einer übermäßigen Bildung von Narbengewebe besteht. Ausnahme wäre eine einklemmende Meniskusläsion oder sonstige Begleitverletzung die unmittelbar operativ behandelt werden sollte. Im Verlauf wird das Knie durch eine klinische Untersuchung, Belastungstests und gegebenenfalls einen speziellen Sprungtest beurteilt, ob eine konservative Therapie möglich ist. Die Studienlage zeigt jedoch, dass unter konservativen Maßnahmen die Ausbildung einer Arthrose oder die Wahrscheinlichkeit begleitender Meniskusschäden erhöht sind (Forbell et al. 2010, Richmond et al. 2011).

Was ist bei der operativen Therapie zu beachten?

Abhängig vom Belastungsanspruch des Patienten und möglicher Begleitverletzungen sollte die Transplantatwahl (Semitendinosus-/Gracilissehne [Beinbeuger], Patellasehne,