Braunewurzeln studie final

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nisteriums im Freistaat selbständig tätig werden, was wiederum seitens der bayerischen Landesregierung auf Kritik gestoßen war. Um zuständigkeitsrechtliche Schwierigkeiten künftig zu umgehen, schlug der Bundesjustizminister vor, am Bayerischen Landeskriminalamt eine zentrale Polizeidienststelle für entsprechende „Sonderaufgaben“ zu bilden, mit einer ausreichenden Zahl von Beamten, „welche in Staatsschutzsachen besondere Erfahrungen besitzen.“ Sobald eine solche zentrale bayerische Polizeidienststelle existiere, werde der Oberbundesanwalt die Beamten der Sicherungsgruppe keine selbständigen Ermittlungen mehr vornehmen lassen, sondern sie im Einvernehmen mit dem LKA durchführen. Hierbei seien exekutive Befugnisse ausdrücklich dem LKA vorbehalten und die Bundesbeamten nur zur Unterrichtung und Koordinierung einzusetzen. Für die neue Abteilung hielt der Bundesjustizminister – und der bayerische Innenminister Hoegner stimmte dem ausdrücklich zu – vier Beamte für ausreichend.98 Auf genauere Abgrenzungen der Kompetenzen im Falle der Zusammenarbeit zwischen den Bundes- und Landesbeamten meinte Hoegner verzichten zu können:

fung kommunistischer Organisationen, insbesondere nach dem Verbot der KPD (1956). Wer aber waren nun die Beamten, die in der neuen Abteilung eingesetzt wurden? Aus der als „Verschlussache“ qualifizierten, internen Korrespondenz des bayerischen Innenministeriums in Fumys Personalakte, die in Kapitel I bereits erörtert wurde, wissen wir, dass das bayerische Innenministerium 1954 und 1955 dringend „erfahrene Spitzenbeamte“ für die neue Staatsschutzabteilung suchte. Im April 1954 war es geglückt, Josef Schreieder für die Leitung der neuen Abteilung zu gewinnen.100 Schreieder war ein bekannter Abwehrexperte der Münchner Gestapo gewesen, der es nach dem Krieg zu einiger Bekanntheit gebracht hatte, weil er als hochrangiger Angehöriger der Dienststelle des Befehlshabers der Sicherheitspolizei und des SD in den Niederlanden große Erfolge bei der Bekämpfung der britischen Spionage sowie des niederländischen Widerstands hatte feiern können. Schreieder hatte es bis 1945 zum Kriminaldirektor und zum SS-Sturmbannführer gebracht. Wegen seiner „Erfolge“ war er nach dem Krieg immerhin fünf Jahre interniert. Ein niederländisches Kriegsgericht sprach ihn dann aber überraschenderweise von den gegen ihn erhobenen Mord-Vorwurfen frei, so dass Schreieder, mit einer Zwischenstation bei der Organisation Gehlen, wieder in den Polizeidienst zurückkehren konnte.101 Doch schon 1955 nur kurz nach seinem Dienstantritt im LKA wechselte er in das Landesamt für Verfassungsschutz, so dass ein Nachfolger benötigt wurde. Zunächst fragte das Innenministerium beim ehemaligen Kriminalrat Alfred Schuhmann an – wie Schreieder und Fumy ein ehemaliger Angehöriger der „politischen Abteilung“ der Münchner Polizeidirektion. Schuhmann war allerdings bereits bei der Gestapo München Abteilungsleiter gewesen – er war Vorgesetzter

„Man wird wohl erwarten dürfen, daß die Beamten des Bundes und des Landes die Fragen der gemeinsam durchzuführenden Aufgaben nach den jeweiligen Bedürfnissen selbständig und sachgemäß regeln werden.“99 Im Folgenden gab es also für unpolitische Delikte die Abteilung IIIa, für politische Delikte die Abteilung IIIb, die wiederum in vier Sachgebiete unterteilt war: Hochverrat, Landesverrat, Sonstige Staatsschutzsachen sowie Meldedienst und Karteien. Wenn die Abteilung formal für die Bekämpfung aller „staatsfeindlichen“ Bestrebungen zuständig war, so bestand ihre Hauptarbeit in den folgenden Jahren in der Bekämp43


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