Heimgastronomie – dazu entschied, aus der Küche heraus- und in eine berufliche Neuausrichtung einzutreten. Drei Möglichkeiten standen damals zur Auswahl: u Institutionsleiter im Bereich Seniorenbetreuung, u Berater in der Planung und Umsetzung von Küchenprojekten u oder etwas ganz Neues – zum Beispiel Tourismusdirektor. Es war schon damals sein Traum, die Leitung des Alterszentrums Münsingen mit den drei Betrieben u Alterszentrum Schlossgut, u Altersresidenz Bärenmatte u und Alterssiedlung Sonnhalde zu übernehmen.
Pensionär oder Mitarbeitende – alle sind gleich wichtig Seit knapp drei Jahren ist Adrian Junker nun Chef der Stiftung für Betagte in Münsingen. Beim Wort «Chef» rümpft er aber die Nase. In Adrian Junkers Welt sind alle Menschen gleich wichtig. Hierarchien sind für ihn nur
Stärken entfalten kann. Deshalb können Pensionäre, angepasst auf ihre Möglichkeiten, immer noch am wirklichen Leben teilnehmen und kommen in den Genuss von spontanen Aktionen. «Am 28. April beispielsweise fuhren wir mit «unseren» Senioren – einige davon im Rollstuhl oder dement – im Heimbus zum Meisterschaftsspiel YB gegen Luzern. War das ein Highlight, als wir als Gemeinschaft live dabei sein konnten, wie YB nach 32 Jahren wieder Meister wurde», betont Adrian Junker gegenüber GOURMET. Bezüglich Highlights und Feiern kommen auch die Mitarbeitenden nicht zu kurz. Nebst dem klassischen Mitarbeiterfest zum Jahreswechsel treffen sie sich drei bis vier Mal jährlich zum «kleinen Freitag». Was als ungezwungener «Höck» begann, ist heute zu einem Kult-Event ausgewachsen, über den es mittlerweile sogar eine CD mit Song von der Münsinger Mundart-Band «Heinz» gibt.
Heimgastronomie der Frischeklasse Aus der Einfachheit ein Erlebnis machen, das gilt auch
Vom gemütlichen «Höck» zum Kult-Event: Der «chlyne Fritig», dem die Münsinger MundartBand «Heinz» sogar einen Song gewidmet hat.
für die Verantwortungszuteilung da, und komplizierte Prozesslandschaften mag er grad gar nicht. Dass es sie nur bedingt braucht, beweist er täglich zusammen mit seinen insgesamt über 120 Mitarbeitenden. Adrian Junker betont: «Das geht aber nur mit Leuten, die ihre Arbeit aus eigenem Antrieb heraus herzlich gern verrichten wollen und deshalb gar keine Prozessvorschriften brauchen.» In der Stiftung für Betagte arbeiten aus seiner Sicht die besten Mitarbeitenden der Welt Hand in Hand. Sie verbinden das Alterszentrum Schlossgut als Pflegeheim für 63 Pensionäre, die Altersresidenz Bärenmatte mit Pflegehaus (25 Pflegeplätze) und für betreutes Wohnen mit 23 Wohnungen und die Alterssiedlung Sonnhalde, welche sich mit 15 Alterswohnungen an noch selb ständige Senioren richtet, zu einer Einheit mit Gesamtkultur. Zu dieser Kultur gehören Werte wie das Erkennen der Genialität des Einzelnen oder das Zelebrieren einer familiären Arbeits- und Lebensstruktur. Jeder Mitarbeitende und jeder Bewohnende bekommt den entsprechenden Raum, in dem er sich bewegen und seine
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für den Bereich der Küche und Gastronomie. Es fängt mit der Lieferantenauswahl an. Zuerst wird geschaut, was es in Münsingen selber gibt. Dann streift der Blick über die Region und erst danach darüber hinaus. Im vergangenen Jahr hat die Stiftung von den umliegenden Bauern eine halbe Tonne Früchte gekauft. Diese wurden in der Heimküche unter Mithilfe von Pensionären und Bewohnern zu Konfitüre verarbeitet. Nun kommt mit jedem Löffel aus dem Konfitürenglas ein Stück Heimat aufs Brot – und das schmeckt gleich doppelt gut. Was übrigens auch für den Honig gilt, welchen die Stiftung exklusiv vom Schlosspark Münsingen beziehen darf. Doch damit nicht genug: Auch die täglichen 3-GangMittags- und Abendmenus in einer Fleisch- oder VegiVariante sorgen für Standing Ovations bei den Geschmacksknospen. «Läck, heit dir ä super Gastronomie!» ist ein Ausruf, den der 24jährige Yanick Mumenthaler, Bereichsleiter Küche und Gastronomie, und sein 22 Köpfe umfassendes Team immer wieder hören. Warum? Weil praktisch alles frisch und selber hergestellt wird – vom Kalbsfonds über die Pommes Frites bis hin zur bereits erwähnten Konfitüre. Mittags werden 6/18 GOURMET