Medizin Compact, Ausgabe 03/2013

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Titelthema

Wenn Abhängigkeiten

unsere Träume zerstören Wann wird aus einer persönlichen Leidenschaft eine gefährliche Sucht? Wie schmal ist der Grat zwischen Lieblingsbeschäftigung und medizinisch-psychologischem Krankheitsbild, zwischen genussvollem Konsum und selbstzerstörerischem Missbrauch?

E

in Blick auf die Liste der fünf populärsten Süchte (sh. Grafik), denen in Deutschland nachgegangen wird, beweist: Die Sucht hat viele Gesichter.

Nicht die Tätigkeit an sich ist das Gefährliche, sondern Ausmaß, Regelmäßigkeit und Intensität des Tuns. Aber - ab wann spricht man von einer Sucht? Pflegt nicht fast jeder von uns sein kleines Laster? Sei es das abendliche Gläschen Rotwein, das Stück Schokolade oder die Genuss-Zigarette nach dem Essen... Wird

diese kleine „Schwäche“ allerdings zum zwanghaften Drang, kann es gefährlich werden. Speziell beim Alkoholkonsum sind die Grenzen fließend: Ein einziges Feierabend-Bierchen ist harmlos - werden daraus drei oder mehr Gläser täglich, wird ein solcher Konsum gesundheitsschädlich. Mediziner sprechen von mindestens drei Kern-Merkmalen, die auf ein besorgniserregendes Suchtverhalten hinweisen (s. INFO-Kästchen S. 9). Und wie entsteht Sucht?

Sehr vereinfacht erklärt steckt hinter jedem Suchtverhalten eine Fehlsteuerung des Belohnungssystems in unserem Gehirn. Positive Erlebnisse, sei es ein Lob vom Chef, ein besonders gutes Essen, Spaß beim Einkaufen oder „nur“ das Lächeln eines uns persönlich wichtigen Menschen lassen in unserem Gehirn sogenannte Glückshormone, u. a. Dopamin ausschütten. In diesem Moment sind wir glücklich

und voller Euphorie. Eigentlich hat die Natur das menschliche Belohnungssystem in unserem Gehirn als geniale Überlebensstrategie geschaffen. Denn es fördert ein Verhalten, das uns gut tut. Wir essen beispielsweise nicht nur aus Hunger, sondern weil es uns schmeckt. Wir haben Sex nicht nur aus Fortpflanzungsgründen, sondern weil er Spaß macht und zudem gesund für unsere Psyche ist. Der Weg in eine Sucht kann allerdings recht kurz werden: nämlich dann, wenn sich der Glückshormonspiegel kontinuierlich erhöht. Die Folge: Das hormonelle Gleichgewicht im Gehirn gerät aus den Fugen. Parallel dazu sinkt die körpereigene Hormonproduktion, was die Stimmung weiterhin reduziert. Das Verlangen nach dem das Glücksgefühl bescherenden Mittel wird immer stärker. Unser Gehirn fordert also stetig „Nachschub“. Willkommen in der Abhängigkeit! Fazit:

Theoretisch kann jeder Mensch abhängig werden!

Glücksspiel

200.000

Canabis

220.000

Alkohol

1,3 Mio. 1,45 Mio.

Medikamente

14,7 Mio.

Nikotin 0 0

Betroffene

16 Mio. 16000000

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Foto: Sergey Nivens, lassedesignen, fotolia.com

„Hitliste“ der Süchte in Deutschland


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