Sonnemann 13 2014

Page 10

In den kommenden zehn Jahren könnten die von Banken beherrschten Märkte aufbrechen. JÜRGEN MOORMANN Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School

dengeschäft erwirtschaften deutsche Banken Erträge von fast 59 Milliarden Euro. Noch sitzen die Banken auf einem Haufen Geld und verlassen sich auf ihr überlegenes Geschäftsmodell, das anders als die Porno- oder die Musikindustrie erlaubnispflichtig und damit gerade für Start-ups teuer ist. Noch kämpfen die FinTechs deshalb wie David gegen Goliath, und viele der Unbequemen werden nicht überleben. Sich deshalb in Sicherheit wiegen? Traditionelle Banken könnten der Unternehmensberatung Accenture zufolge in Europa und Nordamerika bis zum Jahr 2020 mehr als ein Drittel ihres Marktanteils verlieren. Das Establishment ist geschwächt, die Finanzkrise hat das Image der Banken ruiniert, die überbordende Regulierung bindet seither einen Gutteil des Kapitals und der Managementkapazitäten. Die Eigenkapitalrendite der Banken hat sich seit 2008 im Schnitt von 20 auf zehn Prozent halbiert, schreiben die Berater von Boston Consulting. Und ausgerechnet jetzt droht Ungemach von allen Seiten, nicht nur von Start-ups wie Avuba, sondern auch von Internetriesen und Handelskonzernen. „In

«

Paid in China Noch vor ein paar Monaten dachten viele Investoren beim Stichwort Alibaba an 40 Räuber und ein Märchen aus Tausendundeiner Nacht. Inzwischen wissen die meisten Anleger allerdings, dass es einen riesigen chinesischen Onlinehändler dieses Namens gibt, der Anfang Mai seinen Börsengang an der New York Stock Exchange angekündigt hat. Teil von Alibaba ist die Firma Alipay, so etwas wie die Finanzsparte von Alibaba. In China, wo aktuell 40 Prozent der weltweiten Mobil-BaningKunden leben, besitzen mehr als eine Milliarde Menschen ein Mobiltelefon, also etwa jeder Erwachsene. An die Stelle einfacher SMS-Transfers haben lokale Anbieter dort moderne und coole Apps gesetzt, die nach Ansicht der Unternehmensberatung KPMG fortschrittlicher sind als die Angebote westlicher Geldhäuser. Die chinesischen Banken kooperieren mit Telekomanbietern, Internetportalen und Händlern, um große Netze zu schaffen. Kaufprozesse werden so vom sozialen Austausch auf Online­ plattformen über die Produktsuche bis zur Bezahlung voll integriert. Und vorneweg marschiert Alipay. Das eigens für Alibaba entwickelte Zahlungssystem basiert auf einem Treuhandkonto. Erwirbt der Käufer eine Ware, wird das überwiesene Geld auf diesem Konto geparkt, und erst wenn die Ware ausgeliefert wurde, fließt das Geld an den Verkäufer. eBay verlangte dafür lange eine Vorkasse. Der Käufer musste dem Verkäufer also einen Vertrauensvorschuss gewährleisten. Alibaba hat seine Konten inzwischen weiterentwickelt und dafür eine eigene Konzernsparte, AliFinance, aufgebaut. Viele Chinesen zahlen darüber Strom, Gas und Wasser. Auch Kredite vergibt AliFinance, denn die umfassenden Daten über das Konsum­verhalten eines Nutzers lassen eine verlässliche Prüfung zu, wie kreditwürdig jemand ist.

10 FOKUS

2013. Few other sectors offer greater potential: after all, retail banking alone yields nearly EUR 59 billion in profit for German banks. For the time being, the banks are sitting on a pile of money and trusting in their superior business model. Because unlike the porn and music industries, this model requires proper authorisations and approvals: it’s an expensive game for startups to play. For the time being, the FinTechs are playing David to the banks’ Goliath: most of these young upstarts won’t survive. But is that enough – or are the banks lulling themselves into a false sense of security? By 2020, according to management consultancy Accenture, traditional banks could forfeit over a third of their market share in Europe and North America. The establishment has been weakened, the financial crisis has destroyed the banks’ credibility, and since then, excessive regulation has tied up the bulk of their capital assets and management capabilities. A study conducted by the Boston Consulting Group states that since 2008, return on equity for banks has halved from 20 to 10 percent on average. To make the situation even worse, trouble is stirring on all fronts – not just from startups like Avuba, but also from Internet giants and multinationals. Jürgen Moormann, Professor of Banking Management at Frankfurt School of Finance & Management, sees interesting developments ahead: “It may well be that over the next ten years, we’ll see markets currently dominated by banks starting to open up.”

Payment transactions Payment transactions are a particularly promising area for new competitors. Spearheaded by the success of eBay subsidiary PayPal (see interview on page 26) – now one of the world’s leading payment transaction providers worldwide, with 143 million customers in 193 countries and 25 currencies – none of the more traditional banking segments boasts such an impressive array of young companies and fresh ideas. With their mobile card readers, providers such as Square, SumUp, Payeleven and iZettle (see Visit, page 34) are simplifying payment transactions for companies and consumers – as are the payment apps developed by Yapital, a cashless payment company owned by German e-commerce firm Otto, and TransferWise, a company founded by London-based Taavet Hinrikus, which specialises in the cheap transfer of funds abroad. It’s late March and Taavet Hinrikus, 32, is lounging in a comfortable chair on a stage in the German capital, presenting his business model at the international startup conference Hy! in Berlin’s Radialsystem V. TransferWise exchanges currencies on behalf of its customers. “Banks charge fees of up to five percent; we’re ten times less expensive,” he says.


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.