WORKS - issue 2013

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hat. Dass dieser wenige Wochen vorher von den eigenen Soldaten einen Bauchschuss verabreicht bekommen hat – versehentlich –, haben wir einfach mal ausgeblendet (lacht). Nein, die Biwaks waren außerhalb von Städten und vom Militär gut bewacht. Passieren kann dir überall etwas, speziell wenn du Rallye fährst. Wobei in diesem Fall die Gefahr durch Terroristen die kleinere ist. Im Interview: Heinz Kinigadner

Zwei Schauspieler auf der schwierigsten und härtesten Rallye der Welt. Wie kommt man auf so eine Idee? Eigentlich begann alles mit Gerhard Berger, der ein guter Freund von mir ist. Wir wollten ein Projekt starten und da hab ich ihm gesagt, dass ich mich bei der Dakar mit dem Motorrad ganz gut auskenne. Dann war der Plan, jemanden dazuzunehmen, um die Finanzierung aufzustellen. Und irgendwann haben wir mit Tobias Moretti und Gregor Bloéb darüber gesprochen, die sofort gesagt haben: „Da gibts niemand anders als uns zwei.“ Der Gerhard musste dann leider aufgrund privater Gründe absagen, also haben wir mit den beiden Brüdern zu trainieren begonnen. Training ist in diesem Fall nicht nur so dahergesagt. Wie intensiv war die Vorbereitung? Es war fast ein Jahresprogramm, das die zwei wirklich genutzt haben. Tobias hat sich sogar bei Dreharbeiten in einer Basketballszene die Achillessehne gerissen, war aber drei Monate später wieder voll fit dabei. Speziell beim Abschlusstraining in Tunesien mit den Dakar-Siegern Cyril Despres und Marc Coma konnten sie viele gute Übungskilometer hinlegen. Wie viel Angst hatten Sie um Ihre Schützlinge? Wir haben gewusst, dass die Streckenführung sehr küstennahe sein wird, wenngleich man die Route im Vorhinein nicht erfährt. Die Bedenken waren nicht groß, nur in Mauretanien hat uns der Veranstalter Jean-Louis Schlesser persönlich garantiert, dass er die Unterstützung des Präsidenten

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Wie gefährlich war das Abenteuer denn wirklich für Bloéb und Moretti? Die Burschen sind nicht mehr 25 Jahre alt. Wir haben auf ihre Vernunft vertraut und auch gewusst, dass sie Amateure, aber nicht ganz unerfahren sind. Der Veranstalter sichert sich nicht ab und das ist auch das Dramatische am Africa Race. Wie fit der Fahrer ist, ist ihm egal. Hauptsache, die Startgebühr wird bezahlt. Die ersten Tage

wenn eineR einen sehR guten tag hat, Dann ist DeR CRash aM näChsten tag fast unausweiChliCh.

haben wir um den Gregor auch richtig Angst gehabt. Am dritten Tag war er Vierter und ist gefahren wie ein richtiger Rennfahrer. Meine Erfahrung aus zwölf Dakars als Fahrer und Betreuer ist aber: Wenn einer einen sehr guten Tag hat, dann ist der Crash am nächsten Tag fast unausweichlich. Der Crash ist Gott sei Dank ausgeblieben. Hatten Sie Einfluss darauf? Er ist müde geworden und hat das Tempo zurückgeschraubt. Das war in erster Linie supervernünftig von ihm selbst. Aber wir haben mental mit ihnen gearbeitet. So schnell der Gregor anfangs gefahren ist, so viel Stress hat sich nämlich der Tobias in dieser Phase gemacht. Vor lauter Vorbereitung auf den nächsten Tag hat er nicht geschlafen. Der Kamerafahrer, der mit ihm unterwegs war, hat erzählt, dass er einmal bei einer nur wenige Zentimeter tiefen Wasserstelle dreimal hin- und hergefahren ist, um

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sie richtig zu queren. Am Ende hat es nicht einmal gespritzt, so seicht war das Wasser. Ich habe ihn darauf angesprochen und ihm gesagt, dass tausende Motorradfahrer von dem träumen, was er hier machen darf. Und wenn man einmal in einer Sanddüne hängen bleibt, dann verzweifelt man nicht, sondern man nimmt es mit Humor, erfreut sich an der schönen Umgebung und bleibt ruhig. Es war ein langes Gespräch, aber es hat gewirkt. Es hat nämlich Phasen gegeben, in denen er nicht mehr weitermachen wollte, ehe die unheimliche Wandlung kam: Er ist jeden Tag besser geworden und bei der schwersten Etappe am vorletzten Tag auf einmal als Fünfter ins Ziel gekommen. Die beiden Brüder zeigen also auch, dass ganz unterschiedliche Herangehensweisen zum Ziel führen können. Absolut. Wir haben bei uns im Werksteam dieselben Charaktere. Cyril Despres ist Tobias Moretti, der alles kontrollieren will. Und Gregor Bloéb ist Marc Coma, er macht fast alles mit Gefühl. Sie waren auch mehr der Gefühlfahrer, oder? Ich habe mich nie richtig vorbereitet und war immer mehr aus Abenteuerlust dabei, ja. Nur Rennen hatte ich davor jahrelang beim Motocross gefahren. Ein Seriensieger wie Peterhansel zum Beispiel hat das ganze Jahr nichts anderes gemacht, als die Strecke von zu Hause und sogar vor Ort zu studieren. Das hat mich nicht interessiert. Welche Abenteuer erlebt man denn? Da müsste man von jedem halben Tag ein Buch schreiben. Es ist wie einst John Wayne im Wilden Westen. Niemand erklärt dir, wie du fahren sollst und wohin; ob du eine Düne springen oder vorsichtig fahren sollst. Du bist komplett auf dich allein gestellt und genießt gleichzeitig die Schönheit der Umgebung. Du erlebst die einzig wahre, richtige Freiheit. Mit dem Kamel ist es zwar auch schön, man kommt aber halt nicht so weit wie mit dem Motorrad. Von richtigen Bergen über Canyons bis hin zu Wüstenfeldern siehst du alles – und hast immer die Spannung, was dich als Nächstes erwartet. Wie groß war das Abenteuer für Bloéb und Moretti wirklich? Jeder der beiden hatte einen Begleitfahrer – einer wurde von meinem Bruder Klaus begleitet und einer vom KTM Produktmanager Jochi Sauer. Das sind beides gute Fahrer, der eine Vize-Europameister, der andere

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