30. FilmFestival Cottbus - FestivalMagazin

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FESTIVALMagazin

Editorial

© Florian Bröcker

BERND BUDER Programmdirektor FFC

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ieses Jahr war alles anders, und so wird es wohl unser Miteinander? Und warum tritt so oft die Wut an die Stelle auch noch eine Weile bleiben. Zur Eindämmung der des Dialogs? Covid-19-Pandemie stand die Welt eine Weile still. Gegenwart und Zukunft sind von Herausforderungen, UnsicherWIR MÜSSEN REDEN. Auch im Pandemie-Jahr reden wir nach heiten und Ängsten bestimmt. Neben den gesundheitden Filmvorführungen mit den Filmemachern, die aber wegen lichen und wirtschaftlichen Folgen sind es der notwendigen Reisebeschränkungen oft nur zur vor allem soziale und politische Fragen, die digitalen Debatte in unseren Spielstätten anwe— für Diskussionsstoff sorgen und das sehr send sein werden. Wir hoffen, unsere Gäste dann Alle Genres im kommenden Jahr wieder persönlich in die Arme emotional. Für die politische Kultur wirkte die Krise als Katalysator. Im März und April auf die schließen zu können. war da zunächst ein bewundernswerter Leinwand. gesellschaftlicher Zusammenhalt, um das Die 201 Filme des Jubiläumsjahrgangs des FilmFesUnd dies Gesundheitssystem und Angehörige von tival Cottbus erkunden intime Seelenwelten und in ganz Risikogruppen zu schützen. Inzwischen kollektive Erfahrungen, beleuchten Geschichte und Deutschland: Identitäten, stellen Fragen und dienen der Selbstverscheint die Gesellschaft, quer durch die politischen Lager, zerstritten wie nie zuvor. 2020 wird gewisserung. Dabei kommen in 15 Sektionen – tradiDie Wortwahl wird härter, nicht nur im tionsgemäß zwischen Arthaus und Mainstreamkino, das 30. FFC Internet, die Grenzen zwischen berechtigeinen Groß- Reflexion und Unterhaltung – wieder alle Genres auf tem Protest und zerstörerischem Spektakel die Leinwand. Und dies in ganz Deutschland: 2020 teil seines verschwimmen. Parallel dazu schwindet wird das FilmFestival Cottbus einen Großteil seines Programms die internationale Bereitschaft, über LänProgramms auch digital anbieten. Damit geben wir auch dergrenzen hinweg zusammenzuarbeiten, allen Zuschauern, die wegen der aus Hygienegründrohen populistische politische Führer, jen- streamen. den reduzierten Sitzplatzkapazitäten keinen Platz seits des zivilisatorischen Regelwerks der in den Kinos finden, eine Chance, das Programm — Diplomatie, fast inflationär mit Sanktiozu verfolgen, alles wahlweise mit deutschen oder nen, Strafen, Kriegen. Die Welt schimpft. englischen Untertiteln. Gleichzeitig stärken wir Hier wird die Kultur systemrelevant. Mit seiner Filmauswahl und Gesprächsangeboten fördert das FilmFestival Cottbus seit seiner Gründung vor 30 Jahren den Dialog. Gerade im Jahr 30 der deutschen Einheit, drei Jahrzehnte nach Gründung des Bundeslandes Brandenburg, hätte es eh viel zu reden gegeben: Wie sieht es aus mit den Visionen von einst und der Realität von heute? Wie wirken sich die Transformationsprozesse der 1990er-Jahre mit ihren biografischen Brüchen heute aus, in ganz Osteuropa? Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede gibt es zwischen Elbe und Ural, zwischen Baltikum und Balkan? Wie bestimmen historische Konflikte und aktuelle Herausforderungen unsere Identität,

damit bundesweit die Neugier auf Osteuropa, bieten diese ganz besonderen Kinoerlebnisse zwischen kontemplativer Reflexion, vieldeutiger Analyse und Schwarzem Humor einem größeren Zuschauerkreis als je zuvor. Also dann: Glückauf, Film ab und Laptop an für den 30. Jubiläumsjahrgang des FilmFestival Cottbus, den wir uns anders vorgestellt hatten, aber aus dem wir das Beste machen werden. Gemeinsam mit Ihnen und allen beteiligten Filmemachern, Produzenten, Verleihern, Sponsoren und Förderern. Für die auch in diesen Zeiten anhaltende inhaltliche und finanzielle Unterstützung möchten wir uns ganz herzlich bedanken.


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