FHNW Forschungseinblicke 2013

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Interview mit Michael Hug, Chief Technology Officer Credentis AG

«Wir waren zur richtigen Zeit am richtigen Ort»

Wer besitzt das Patent dieser Erfindung? Das Basispatent besitzt die Universität Leeds. Wir hingegen haben uns die weltweite Lizenz für die Entwicklung und Vermarktung dieser speziellen Peptide gesichert. Denn so gut Forscher­innen und Forscher im Forschen sind, so wenig liegt den meisten von ihnen die Entwicklung und Vermarktung. Wie kommen Sie mit der Vermarktung Ihrer Produkte voran? Anfang des vergangenen Jahres haben wir das Produkt in der Schweiz und nachher in Deutschland eingeführt. Im In der westlichen Welt gibt es jährlich Herbst kam Grossbritannien dazu. Zur100 Millionen Behandlungen wegen zeit wird Curodont™ Repair in rund 50 Karies. Mit dem Mittel Curodont™ Re­ Zentren inklusiv der beiden grössten pair könnten 20 Prozent davon ohne Schweizer Zahnarztketten angewendet. Bohren behandelt werden. Michael Unser Ziel ist es, in den nächsten JahHug von Credentis untersucht zusam­ ren schwarze Zahlen zu schreiben. men mit der FHNW die Optimierung Wie gross ist das kommerzielle dieser revolutionären Methode. Potenzial der Methode? Was ist in Kürze der Vorteil Ihrer In der westlichen Welt werden jedes Technologie? Jahr 100 Millionen Fälle von Karies Wir können mit Curodont™ Repair behandelt. Wir gehen davon aus, dass Karieslöcher in einem frühen Stadium bei einer Behandlung mit Curodont™ ohne Bohren behandeln. Zudem lassen Repair bei 20 Prozent dieser Schäden sich Zähne prophylaktisch schützen. auf Bohren verzichtet werden könnMit dem Auftragen von Curodont™ te. Die Methode stösst bei Zahnärzten Protect werden sie vor Säure geschützt, und -ärztinnen und Patienten und Padie Zahnsubstanz kann reminerali- tientinnen auf grosses Interesse. siert und empfindliche Stellen können vor unangenehmen Reizen geschützt Welche Studien benötigten Sie, um werden. Curodont auf den Markt zu bringen? Wir starteten schon früh mit der ersWie kommt es, dass ein solches Wun­ ten klinischen Studie, in der die Wirksamkeit der Technologie erstmals an dermittel von einer kleinen Firma aus Windisch auf den Markt gebracht wird? Patientinnen und Patienten mit früher Wir waren zur richtigen Zeit am richti- Karies nachgewiesen wurde. Weil diese gen Ort. Unser Gründer Dominik Lysek Studien für ein Start­-Up-Unternehmen hatte vor einigen Jahren einen Vortrag eine grosse Herausforderung darstellüber diese Erfindung gehört. Er fand ten, wurden wir von verschiedenen Seidie Idee faszinierend, mithilfe von in- ten unterstützt – unter anderem dem telligenten Peptiden mineralisches Forschungs­fonds Aargau, dem SchweiGewebe im Körper wiederaufzubauen. zer Nationalfonds und dem Swiss NaDas Potenzial sah er aber eher in der noscience Institute. Kariesbehandlung. Wir beschlossen, daraus Produkte zu entwickeln und gründeten dazu vor vier Jahren die Firma Credentis.

Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Hochschule für Life Sciences FHNW? Ich habe bereits in einem anderen Umfeld mit Uwe Pieles zusammengearbeitet und schätze sein Fachwissen im Gebiet der Nanotechnologie sehr. Er forscht seit Langem auf dem Gebiet der Oberflächenmodifikationen. Da wir mit unserer Methode auch in diesem Bereich tätig sind, war schnell klar, die Studien mit ihm und seinem Team zu machen. Wie sah die Arbeit konkret aus? Zum Beispiel ist für uns enorm wichtig herauszufinden, wie tief das Peptid in die Läsion – die sich unter der Oberfläche befindet – eindringt. Dank der instrumentellen Analytik von Uwe Pieles konnte mittels eines speziellen Experiments bewiesen werden, dass das Peptid sehr tief, nämlich über 150 μum, in den Zahn eindringen kann. Diese und andere Projekte werden wir weiterverfolgen. Was waren weitere Resultate? Wir konnten nachweisen, dass mit unserem Produkt tatsächlich im Innern des Zahns eine Mineralisation stattfindet und dadurch der Zahnschmelz repariert bzw. regeneriert wird. In einem weiteren Projekt haben wir zusammen mit der Hochschule für Life Sciences FHNW künstliche Zähne entwickelt, mit denen wir unsere Versuche mit einer standardisierten Methode durchführen können. Sind auf der Basis Ihrer Methode weitere Einsatzgebiete denkbar? Wir untersuchen weitere Anwendungen dieser Peptide in der regenerativen Zahnmedizin. Im Detail können wir dazu aber noch keine Auskunft geben. Auch für diese Folgeprojekte arbeiten wir wiederum mit der Hochschule für Life Sciences FHNW zusammen.

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