K U LT U R U N D S O W E I T E R
Die diesjährige Preisträgerin Katja Petrowskaja mit ORF-Chef Alexander Wrabetz
VON MICHAEL THURM
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Durchschnittlich 3.000 Österreicher sahen den Wettbewerb im Fernsehen, der Marktanteil lag unter einem Prozent. Doch geringes Interesse muss noch kein Grund sein, eine renommierte Veranstaltung abzuschaffen. Die Kosten von 350.000 Euro, die ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz angeführt hat, sind es aber ebenso wenig. Ein lächerlicher Anteil von 0,035 Prozent am jährlichen Umsatz. Billigeres Fernsehen dürfte es nur mit Testbild geben. Warum der Wettbewerb trotzdem abgeschafft gehört, hätte bei all dem Gerede zwischen 3. und 7. Juli gesagt werden können und müssen. Hätte. Es hat sich nur niemand getraut. Nicht einmal Alexander Wrabetz. Der Generaldirektor des ORF hat sich stattdessen nicht entblödet, mit gönnerischem Pathos vor der Preisverleihung zu verkünden: »Der Bachmannpreis bleibt.« Und das anwesende Publikum war sich nicht zu schade, dem in Personalunion von Henker und rettendem Boten auftretenden »Super-Alex« frenetisch Beifall zu zollen. Mehr Beifall, als bei all den Lesungen der vorherigen Tage je gezollt wurde. Eine inhaltliche, eine literaturbezogene Begründung, warum der Bach56
FA Z I T
AUGUST 2013
Foto: Johannes Puch/TDDL
atsächlich hätte man kurz vor Beginn des heurigen Bachmannpreises – den 37. Tagen der deutschsprachigen Literatur – in romantischer Verklärung gegen die im Raum stehende Abschaffung protestieren können. Der automatische Reflex jede Programmänderung des ORF, jede Reduktion des dürftigen Kulturprogramms kritisch abzulehnen, hat diesmal aber in die Irre geführt: Denn der Lesewettbewerb in Klagenfurt hat einmal mehr verdeutlicht, warum diese 90er-Jahre-Castingshow für Schriftsteller eben doch überflüssig ist.