Erfolg braucht Führung
Managementserie
Lehre statt Studium Handwerk hat goldenen Boden
Ein Gespräch von Carola Payer mit Christian Holzer, Chef eines Handwerkbetriebs bei Graz
Fotos: Marija Kanizaj, Archiv
Dr. Carola Payer betreibt in Graz die »Payer und Partner Coaching Company«. Sie ist Businesscoach, Unternehmensberaterin und Autorin. payerundpartner.at
48 /// FAZIT APRIL 2022
D
as Handwerk war bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts eine der tragenden Säulen der Wirtschaft und war in Zünften organisiert. Handwerker stellten alles her, was die Bevölkerung zur Lebensbewältigung nicht selbst herstellen konnte: Behausung, Einrichtung, Nahrung, Kleidung, Werkzeuge. Handwerk war immer geprägt von Fortschrittsgeist und Innovationskraft, steht aber auch für traditionelle Werte. Bei der Ausbildung galt immer der Generationenvertrag und Fertigkeiten wurden vom Meister zum Gesellen und dem Lehrling wieder vermittelt. Kein Berufsfeld verknüpft die Anforderungen modernster Technologie und überlieferter Tradition so konsequent wie das Handwerk. Berufseinsteiger können sich über gute Arbeitsmöglichkeiten freuen. In diesen Berufen werden Arbeitskräfte knapper und knapper. Vor allem aufgrund des seit Jahren bestehenden Trends zunehmender Akademisierung. Immer mehr Schüler machen einen Abschluss mit Matura und gehen danach an eine Fachhochschule oder Universität. Das Sprichwort "Handwerk hat goldenen Boden" entspricht immer mehr der Wirklichkeit. Wer heute eine gute Ausbildung zum Elektriker, Installateur, Tischler oder Schlosser macht, hat bessere Chancen am Arbeitsmarkt als mit einem Soziologie- oder Jusstudium. Christian Holzer zu den Gründen, einen Installationsbetrieb zu gründen: »Das war eigentlich ein Zufall. Ich habe die Unternehmerschule gemacht und mein Chef hat zugesperrt. Da habe ich spontan beschlossen einen Betrieb zu gründen. Am Anfang habe ich noch stark aktiv mitgearbeitet. Jetzt bereite ich die Projekte vor, manage die Ressourcen und führe meine 13 Mitarbeiter. Handwerk hat für mich dann goldenen Boden, wenn die Qualität stimmt und ein profundes technisches Know-how vorhanden ist. Dann rennt es. Ohne Qualität kann sich ein Handwerksbetrieb nicht vergolden.«
Agilität im Handwerk – Anpassung an die Auftragslage Nachdem gute Handwerksbetriebe bei Kunden sehr begehrt sind, ist die Auftragslage naturgemäß gut. Umso herausfordernder ist es, wenn Mitarbeiter ausfallen. Was ist der Schlüssel, um Kundenwünsche dennoch rasch und verlässlich zu bedienen? Christian Holzer managt das sehr professionell. Er hat zwei Mitarbeiter mehr als er benötigt, um die unvorhersehbaren bzw. nicht geplanten, meist in der Priorität akuteren (etwa ein Rohrbruch) Kundenanforderungen zu bearbeiten. Er definiert klar die Prioritätenreihung der Aufträge und setzt auf ehrliche Kommunikation zum Kunden hin. Wer es kalt oder einen Rohrbruch in seinem Haus hat, wird als erstes bedient. Christian Holzer: »Aktuell haben wir drei Partien Facharbeiter und Helfer, die für längerfristige Bauwerke verplant sind. Die Wartezeit beträgt momentan so zirka einen Monat. Wir können innerhalb von 24 Stunden auf Notfälle reagieren. Eine Partie ist von Montag bis Mittwoch fix verplant, die andere ist der Springer im System. Saisonbedingt ist der spontane Einsatz unterschiedlich. Im Herbst ist meist alles akut. Da klingelt das Telefon im Minutentakt!« Fehlende Lehrlinge als Bedrohung der Branche Christian Holzer sieht eine sehr düstere Zukunft für qualifizierte Facharbeiter: »Lehrlinge zu finden, ist schon fast unmöglich. 2013 haben im Schnitt zehn Lehrlinge bei uns wegen einer Lehre angefragt, 2021 kein einziger mehr. Es fehlt bei den Lehrlingen die mittlere Leistungsqualität. Die Guten sind meist gleich weg vom Arbeitsmarkt und jene mit schlechteren Voraussetzungen tun sich überall schwer, eine Lehre zu finden. Im Jahr 2016 hat-