FamilienSONNTAG 2/2018 Sommer

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Sommer ° 2018 evangelisch und sächsisch

n Reportage: Glück ohne Zeitpla Kinder unter Dr uck: Macht es euch mal gemütlich!

Endlich Ferien Warum faul sein so wichtig ist M I T   FA M I L I E N -T I P P S , C O M I C   U N D  V I E L E M  M E H R


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Inhalt • im Sommer

4 Kinderumfrage Was stresst dich?

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5 Aktuelles

12 Veranstaltungen Wo man im Sommer was erleben kann 12 Impressum

6 Titelgeschichte Eine Familie zwischen Stress und Glück 11 Faul sein für Anfänger

18 Comic Lena im Stress

14 Interview Ein Kita-Leiter über Kinder unter Druck

22 Tipps zum Lesen und Vorlesen

24 Reportage Eine Alternative zur Jugendweihe für nicht christliche Schüler

21 Rätsel

28 Selber machen Basteln gegen Langeweile 30 Fabian Vogt Urlaub: Endlich frei!

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

alles entspannt? Bei mir eher nicht. Es ist heute nur das Übliche: Zeitig aufstehen mit dem festen Vorsatz, dass ich mir heute mal richtig Zeit für das wirklich Wichtige nehme – und dann Tisch decken, die Sorgen und Freuden von drei Kindern anhören, Kindergartenrucksack packen, schnell zur Kita, die wieder viel zu sportliche Liste an Arbeitsaufgaben schon im Kopf und dann anpacken bis auf Anschlag, dann wieder Kindergarten, an der Elbe sogar noch ein Eis – und das große Wundern: Warum nur bin ich so unentspannt? Alles entspannt? Ich habe da einen Verdacht, je öfter ich diese Frage höre.

Sie ist das Erkennungszeichen unter uns unentspannten Eltern. Ein Wunsch, eine Hoffnung. Und auch eine Pf licht. Entspannt sein ist ein Muss. Glücklich sein auch, gerade als Familie. Selbst das Glück wird so zur stolz auf Facebook & Co. herzeigbaren Leistung. Nur, so wird das nichts. Nicht mit dem Glück und nicht mit der Entspannung. Aber wie dann? Im neuen FamilienSONNTAG haben wir uns auf die Suche nach Antworten gemacht. Wir waren bei Familie Rau in der Lausitz, die ihren ganz eigenen Weg zwischen Berufsstress und Familie gefunden hat. Der Leipziger Kita-Leiter Alexander Herfort

© Jan Adler

Editorial

erzählt, warum immer mehr Kinder unter Druck stehen – und wie es anders werden könnte. Und Sie erfahren auch, wer den Sonntag erfunden hat und mit ihm alle freien Tagen – als eine große Befreiung von der Vorstellung, wir müssten alles selbst leisten und zwar bitte perfekt. Eine entspannte Sommerlektüre wünscht Ihnen

Andreas Roth

Verantwortlicher Redakteur

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Stress ist, wenn man viel zu viel zu tun hat und das nicht schafft, aber man es so gerne schaffen würde. Am besten ist es, sich nicht so viel vorzunehmen, zu entspannen und sich auch mal eine Pause zu gönnen. Heinrich, 9

Was ist für dich Stress und was tust du dagegen? NACHGEFR AGT Audrey, Benjamin, Heinrich, Ruth und Theodor besuchen die 3. Klasse der Grundschule forum thomanum in Leipzig.

Für mich ist Stress, wenn ich etwas schnell fertig machen muss und Leute mich anfeuern, damit ich mich beeile. Ich versuche das einfach zu ignorieren und normal weiterzumachen, weil man da meistens schneller ist, als wenn man sich hetzen würde. Benjamin, 9

Stress ist sowas wie Panik, wenn man sich ein oder mehrere Dinge vornimmt und das dann nicht schafft. Aber meistens nehme ich mir gar nicht so viele Sachen vor, damit ich gar nicht erst Stress bekomme. Theodor, 9

Wenn wir morgens spät aufstehen oder das Frühstück nicht so schnell geht, dann muss man Stress machen, wenn man noch zur Schule oder zur Arbeit will. Da hilft am besten, alles zu machen, was man gesagt bekommt. Dann geht es schneller. Audrey, 9

Wenn man zur Schule muss und man ist aber schon spät dran, das ist für mich Stress. Ich versuche, entweder früher aufzustehen oder nicht zu bummeln. Ruth, 9

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• I nterview & Fotos: Runa Sachadae


Aktuelles • im Sommer

Kita hält das Dorf jung Warum ein sächsischer Kindergarten den Deutschen Kita-Preis bekommt Ein Kindergarten kann weit mehr als Kinderbetreuung sein: Im erzgebirgischen Zethau ist das Christliche Kinderhaus »Ankerplatz« ein Begegnungsort für Groß und Klein mit vielen Angeboten für Familien. Der Posaunenchor kommt ebenso in die Kita wie die Freiwillige Feuerwehr. Sportverein, Kirchgemeinde, Kommune und Bürger sind ebenfalls dabei. »Das Kinderhaus entwickelt das Dorf«, lobt die Jury des Deutschen Kita-Preises und wählte die Sachsen auf den zweiten Platz. »Gute kindorientierte Arbeit ist der Impuls für die Stärkung einer stabilen Zivilgesellschaft im ländlichen Raum.« Das Bündnis »Zethau bewegt sich« veranstaltet in dem 800-EinwohnerDorf rund um das Kinderhaus Bildungs- und Freizeitangebote wie einen Familientag, das Martinsfest und Bastelwerkstätten. Und will damit auch junge Menschen und Familien in einer schrumpfenden Region halten.

Gewählt: Mehr Zeit und Geld für die Jüngsten Umfrage des Kultusministeriums brachte klares Ergebnis. Sachsens neuer Kultusminister Christian Piwarz (CDU) hatte Eltern und Erzieher nach ihren Kita-Wünschen gefragt – das Ergebnis ist eindeutig: 83 Prozent der antwortenden Erzieher hätten gern mehr Vor- und Nachbereitungszeit, auch 62 Prozent der Eltern stimmen zu. Und 83 Prozent der Mütter und Väter wollen, dass sich die Erzieher um weniger Kinder kümmern müssen. Kultusminister Piwarz sagte zu, im Haushalt für die nächsten beiden Jahre »ausreichend Mittel« für die Vor- und Nach­bereitungszeit zur Ver­ fügung zu stellen. Der von Eltern wie von evangelischer Kirche eingeforderte bessere Betreuungsschlüssel aber bleibt unerfüllt.

83%

der Mütter und Väter fordern einen ssc hlüssel besseren Betreuu ng

© DKJS_ Jakob_Erlenmeyer

(Qu elle: Kultusminis teriu

m Sac hsen)

So leben Familien in Sachsen

Was die Große Koalition für Familien vorhat. Die Pläne der schwarz-roten Bundesregierung für Familien sorgen für Lob und Kritik. Den Ausbau von Kitas und Ganztagsbetreuung für Grundschüler begrüßt die Evangelische Arbeits­ gemeinschaft Familie – vor allem in die Qualität müsse jetzt investiert werden. Auch das Maßnahmepaket zur Bekämpfung von Kinder­ armut sei wichtig. »Jedoch wird die wichtigste Voraus­setzung dafür – die Definition und Berechnung eines kind­gerechten Existenzminimums – überhaupt nicht erwähnt«, kritisiert der evangelische Familienverband. Und auch die geplante Kindergeld­erhöhung nütze den ärmsten Familien nichts – denn sie wird ihnen beim Arbeits­losengeld gleich wieder abgezogen.

© eaf

Mehr für Bildung, wenig gegen Armut

Wie geht es Familien in Sachsen und was ­ wünschen sie sich? In einer Ausstellung der Evangelischen Aktionsgemeinschaft für Fami­l ienfragen (eaf) geben 18 ganz unterschiedliche Familien Einblicke in ihr Leben. »Das Thema Lehrermangel und Stundenausfall taucht in vielen Portraits auf«, stellt eaf-Leiterin Eva Brackelmann fest. »Auch die Gebührenfreiheit beim Besuch von freien Schulen, aber auch im Kita- und Hortbereich sowie für kulturelle Bildung wird oft als Forderung gestellt.« Die Ausstellung wird im August in der Großenhainer Marienkirche zu sehen sein.

• Mehr Informationen unter www.eaf-bund.de 5


Das GlĂźck kennt keinen Zeitplan

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Titelstory

Kind, Arbeit, Partnerschaft, Haushalt: Gar nicht so einfach, dabei nicht in Stress zu geraten. Das geht Susann Rau und ihrem Mann Ringo so wie vielen Familien. Sie wollen alle das Beste für ihr Kind. Aber Vorsicht: Hinter dem Perfektionismus lauert neuer Stress. Aber es geht ja auch anders.

Susann Rau müsste schwer im Stress sein. 50 Kilometer liegen hinter ihr, eine Dreiviertelstunde Autobahn und Landstraße zwischen Arbeit und Kindergarten, Staufallen inklusive. Doch wenn Jadzia in ihre Arme rennt, scheint die Zeit stillzustehen. »Guck mal, ich habe heute ein Fernrohr gebaut«, sagt die Fünfjährige. »Aus ­K lopapierrollen.« Sie schaut hindurch. Die Erwachsenenwelt sieht so ganz anders aus. Das Mädchen mit den glatten Haaren lacht und hüpft an der Hand ihrer Mutter. Susann Rau (42) hat nicht viel Zeit, doch sie zeigt es nicht. Sie lacht zurück. »Wenn ich später komme, bin ich eben später da«, sagt sie. Eines hat sie gelernt: Je weniger Stress sie sich selber macht, desto entspannter wird es. Für alle. Früh um sechs, wenn der Wecker im grünen Holzhaus der Familie in Hauswalde bei Bischofswerda klingelt, denkt Susann Rau das erste Mal daran. Und lässt Jadzia noch etwas kuscheln. Ihr Mann Ringo (45) fährt da schon eine halbe Stunde zum ersten Kunden. Schornsteinfegermeister ist er, sein Kehrbezirk liegt ebenfalls 50 Kilometer entfernt, ganz an der tschechischen

Sieht aus wie Bullerbü: Doch Jadzias Eltern Susann und Ringo haben schon lange Arbeitswege hinter sich, bevor sie

den Feierabend mit ihrer Tochter genießen können.

Ersteinmal in Ruhe durch das Haus reiten: Das macht Jadzia oft, wenn sie nach Hause kommt.

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Titelstory • Das Glück kennt keinen Zeitplan

62 %

der Eltern

Grenze im Lausitzer Oberland. Dann gibt es Frühstück für Jadzia. »Wir lassen es langsam angehen, ich mag keinen Stress«, sagt Susann Rau. »So geht vieles auch einfach schneller als mit Hektik.« Dann steigt sie mit ihrer Tochter in den weißen Kleinbus der Familie und fährt zwei Dörfer weiter nach Bischofswerda. 7.30 Uhr ist es, wenn sie mit Jadzia das grüne Tor des Kinderhauses Sonnenschein öffnet. 15.30 Uhr ist sie zurück von ihrer Arbeit in einem Radebeuler Immobilienbüro. »Beim Fahren kann ich runterfahren«, sagt Susann Rau. »Dann gibt es für mich Arbeit auch nicht mehr.« Sie hat daran gearbeitet. In der Garderobe des Kindergartens springt Jadzia auf den Schoß ihrer Mutter. Dort zieht sie sich Mütze und Jacke an, Susann Rau zieht den Reißverschluss zu. In diesem Moment zieht sie auch eine Grenze. Zwischen Arbeit und Familie. Und zwischen dem, was ihr wichtig ist – und dem weniger Wichtigen. Um den Stress fernzuhalten. Und um zu leben, wirklich zu leben. »Ich will nicht jeden Abend den Tag nur abhaken.« Sie weiß ja, wie schnell der Stress um die Ecke kommt. Ganz von selbst. Wenn im engen Terminkalender etwas aus den Fugen gerät und sie nicht genug Zeitpuffer eingebaut hat, zum Beispiel. Wenn das Auto nicht fährt wie es soll oder sie sich im Haushalt zu viel vorgenommen hat. »Weil man manchmal perfektionistisch sein will. Aber es geht nicht.« »Ich möchte das Optimale für mein Kind heraus­holen«

Deshalb besucht Susann Rau mit Jadzia fast jeden Nachmittag ein anderes Freizeitangebot. Dienstags sind sie in der Familienbildungsstätte Bischofswerda, wo Kinder basteln und spielen können – und Eltern Zeit zum Reden finden.

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» Eile, Hetze und Zeitdruck sind Alltag.«

» Meine Eltern sind gestresst, weil sie immer alles perfekt machen wollen.«

36 %

der Kinder


A

Also hat Susann Rau gelernt, das Unperfekte zuzulassen. »Die Frisur muss praktisch sein, ich habe nicht die Zeit für eine halbe Stunde im Bad«, sie lacht und vertraut darauf, dass ein inneres Strahlen auch ohne Schminke leuchtet. Ähn­ liches hofft sie auch von ihrem Haushalt. Sauber muss es sein, ja. Aber wenn Kisten herumstehen und im Wohnzimmer zwischen allem Spielzeug nur ein Trampelpfad hindurchführt, dann ist es eben so. Und schafft Zeit für das, was ihr wirklich wichtig ist: Tochter, Freunde, Arbeit. Und ab und zu eine Massage für sich selbst. Wie ein Fohlen hüpft Jadzia an der Hand ihrer Mutter über die Straße vor ihrem Kindergarten. Gleich gegenüber hat in einem Sporthotel aus DDR-Tagen das Familiencafé der Familienbildungsstätte Bischofswerda geöffnet und jeden Dienstag sind Mutter und Tochter dort zu Gast. Basteln und Spielen für die Kleinen, Austausch und Kontakte für die Großen.

66 %

der Kinder

»Meine Eltern schaffen das gut: Sie arbeiten und haben trotzdem Zeit für ihre Familie.«

»Ich empfinde Druck durch die hohen Leistungsanforderungen unserer Gesellschaft.«

62 %

der Eltern

Fast jeden Nachmittag ist Susann Rau mit ihrer Tochter woanders: zum Eltern-Kind-Turnen und Zumba-Fitness zum Beispiel, gerade probeweise auch zum Spielmannszug. In der Bretniger Kurrende war Jadzia ebenfalls schon und beim ­Basteln in der Goldbacher Kirche. Jetzt haben sie ihre Eltern, die selbst keine Christen sind, in einer evangelischen Schule angemeldet. »Wegen der Werte, die dort gelebt werden«, sagt Susann Rau. »Sie soll das Wissen über den Glauben bekommen und einmal selbst entscheiden.« Jadzias Eltern wollen ihrer Tochter möglichst viele Wege öffnen, so wie viele Eltern heute. Das kommt zu all den Ansprüchen aus dem Beruf noch obendrauf. »Ich möchte das Optimale für mein Kind herausholen«, sagt Jadzias Mutter. »Da bin ich vielleicht perfektionistisch angelegt.« Wobei dieser Perfektionismus auch das Glück umfasst. Und ein ganzes Kinderleben. Das ist ganz schön viel. Und auch das kann Stress machen. »In der E rziehung spiegelt sich wider, was in unserer ­ ­G esellschaft los ist«, sagt Franziska Woyke, die Leiterin der Familienbildungsstätte Bischofswerda. »Wir alle streben danach, erfolgreich zu sein.« Das kommt dann noch zu all den Stressfaktoren hinzu, die ohnehin schon da sind: die Balance zwischen Arbeit und Familie, die Übergänge in Kindergarten, Schule, Pubertät. Die Sozialpädagogin Franziska Woyke vergleicht die Familie mit einem Mobile: Alles ist gut aufgehängt und schön anzusehen – doch reicht eine einzige Verschiebung, und alles kommt ins Wanken.

Um 18 Uhr stellt Ringo Rau sein Handy aus: Dann hat der Schornstein­ fegermeister nur noch Zeit für das Abendbrot mit Jadzia und seiner Frau. Meist

ist es der einzige Punkt am Tag, wo die ganze Familie zusammen ist.

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Titelstory • Das Glück kennt keinen Zeitplan

Eine Verunsicherung spürt sie bei vielen Eltern. »Sie haben ganz oft Angst, etwas falsch zu machen«, sagt Franziska Woyke, die mit ihrem zur ­Diakonie gehörenden Verein Eltern und Kinder im ganzen Landkreis Bautzen begleitet. »Wir ­wollen Eltern ermutigen, auch Fehler machen zu dürfen. Kinder brauchen keine perfekten Eltern – am wichtigsten sind anwesende Eltern, die ihren Alltag mit ihren Kindern teilen.« Und die wieder ihrem Bauchgefühl zu trauen lernen.

92 %

der Kinder

»Meine Eltern sind die besten Eltern, die ich mir vorstellen kann.«

»Ich habe sehr hohe Ansprüche an mich selbst und setze mich unter Druck.«

65 %

der Eltern

Quelle aller Infografiken: »Eltern«-Studie 2015, befragt wurden 1006 Mütter und Väter sowie 727 Kinder.

»Man will manchmal perfektionistisch sein – aber es geht nicht«:

Susann Rau konzentriert sich mit ihrem Mann Ringo lieber auf das, was ihnen wirklich am Herzen liegt – ihre Tochter, Freunde, Arbeit.

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Der Abend naht und Susann Rau schnallt Jadzia im weißen Familienbus fest. Das Mädchen darf vorn sitzen, gleich neben dem Lenkrad, dazu gibts Schokokeksstangen. Als sie in den Hof vor dem grasgrünen Schwedenhaus der Familie einbiegen, kommt ihnen Vater Ringo schmunzelnd und barfuß über die Holztreppe entgegen. Jadzia wiehert und reitet sogleich mit einem Steckenpferd durchs Haus. Draußen vorm Hof beginnt das Feld, an der Einfahrt grüßt ein Schornsteinfeger aus Metall. Es sieht aus wie das Idyll von Bullerbü. Da pfeift Ringo Raus Funktelefon auf dem Küchentisch. Ein Kunde bittet um einen Termin. »Nein, 16 Uhr haben wir keine Zeit mehr – da müssen wir unser Kind abholen«, antwortet der Schornsteinfegermeister ins Handy. Er ist da konsequenter geworden. Früher war sein Diensttelefon 24 Stunden auf Empfang, sieben Tage die Woche. Aller sieben Jahre muss sich ein Schornsteinfeger neu um seinen Kehrbezirk bewerben, da zählt Engagement. Seit einiger Zeit schaltet Ringo Rau trotzdem sein Handy um 18 Uhr aus, er stellte eine Sekretärin ein und ließ sich ein dickeres Fell wachsen. Für die Familie. Und siehe: es geht. »Dann kommen wir morgen zwischen 10 und 11 Uhr«, sagt Ringo Rau dem Kunden am Telefon, der doch noch eine familienfreundliche Lücke fand. »Einwandfrei.« Mit Jadzia malt er nach Feierabend lieber auf der kleinen Tafel im Wohnzimmer die Buch­ staben ihres Namens. Bevor er ihr die Nudeln von gestern warmmacht, die sie sich gewünscht hat, tippt er schnell noch die neuen Kundentermine in sein Smartphone. Dann gibts Abendbrot. »Das ist wichtig, weil es meist die einzige Zeit ist, an der wir alle zusammen sind«, sagt seine Frau Susann. Das Aufräumen und die Kisten müssen warten. Lieber bäckt sie noch Muffins mit Jadzia und liest ihr etwas vor im Kinderzimmer mit dem Hochbett und der Rutsche. Während das Mädchen einschläft, nimmt Susann Rau noch Wäsche ab und hängt neue auf. Dann noch ein paar E-Mails. »Der Tag war gut«, sagt sie. Draußen im Garten wächst das Gras hoch und wild. Dafür gibt es viele Glühwürmchen. • Text: Andreas Roth Illustrationen: Anja Maria Eisen Fotos: Steffen Giersch


Du sollst auch einmal faul sein

So in etwa steht es im dritten Gebot. Die Menschen als Ebenbilder Gottes sollen es ihrem Schöpfer nachmachen. Ihm ist die Sache offenbar sehr wichtig. Am siebenten Tag der Woche sollen sie nicht arbeiten. Gar nicht. Nicht einmal Holz sammeln oder ein Feuer entzünden soll man am Sabbat. »Auch dein Rind und dein Esel sollen sich ausruhen«, sagt Gott in der Bibel, »deine Diener und die Fremden, die für dich arbeiten, sollen sich erholen können.« Also auch Paketboten, Verkäufer, die Arbeiter in den fernen T-Shirt-Fabriken. Zum Beispiel.

Bleibt entspannt

e u   fa l s in FÜR A NFÄ NGER

Einfach mal nichts machen? Geht für viele gar nicht. Es gibt ja immer was zu tun: arbeiten, lernen, erleben. Ganz schön stressig. Deshalb hat der Gott der Bibel sich etwas dagegen einfallen lassen. Jeder braucht mal eine Pause

Sogar der Schöpfer. Eine ganze Welt hatte er geschaffen, mit Licht und Wasser und Sternen und Tieren und Menschen, so erzählt es die Bibel ganz zu Beginn. Und Gott »ruhte am siebenten Tag von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag.« Damit hatte er den Sabbat erfunden, den Sonntag, die freie Zeit. Sie ist nicht irgendein Freizeitausgleich zur Arbeit: Sie ist der Höhepunkt dieser Schöpfungsgeschichte. Sie ist sogar ihr Ziel.

Das hat auch dieser Jesus gepredigt. Nicht nur, dass er bei manchen als »Vielfraß« und »Säufer« verschrien war, weil er Einladungen zu Feiern und Gastmählern ungern ausschlug. Sein Motto: »Seht euch die Vögel an! Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln keine Vorräte – aber euer Vater im Himmel sorgt für sie. Und ihr seid doch viel mehr wert als alle Vögel! Wer von euch kann durch Sorgen sein Leben auch nur um einen Tag verlängern? Habt doch mehr Vertrauen!«

Aber plötzlich wurde die Arbeit zur Lust

Und das kam überraschend. Denn im Mittelalter war man sich noch einig, dass sie eher auf die Seite der Hölle gehörte. Als Plackerei und Strafe. Doch nach der Reformation begann man in ihr eine Berufung zu sehen, eine fast göttliche Pflicht. Sie erfüllte Menschen mit Sinn. Kein Zufall, dass der Kapitalismus zeitgleich seinen Siegeszug antrat. Geld und Gott schienen Hand in Hand zu gehen. Der Mensch begann sich sogar selbst auszubeuten. Das ließ sich prima verwerten.

Und wo bleibt die Work-Life-Balance?

Mmmh, stimmt. Das ist der Haken. Die Menschen der Bibel hätten diese Frage wohl gar nicht verstanden. Gott hatte mit dem Ziel seiner Schöpfung doch etwas ganz anderes im Sinn als das ständige Machen und Tun. Und er ahnte wohl, dass seine Geschöpfe damit ein paar Schwierigkeiten haben würden. • Text: Andreas Roth Illustration: Anja Maria Eisen

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Veranstaltungen • W o man im Sommer was erleben kann

Sommerloch? Nicht mit unseren Empfehlungen kurz gemeldet

© Eidner

Die Orgelmaus kommt in die Jakobikirche Freiberg: Die Orgelmaus ist ein unterhalt­ sames Gesprächskonzert für Kinder von 5 bis 12 Jahren. Am 18. Juni um 17 Uhr können ­K inder dabei in lockerer Weise Einblick in Besonderheiten des Klanges und technische Funktionsweisen der Orgel erhalten.

»Der Franz, der kann’s – wenn Holzwürmer nach Assisi pilgern« Mitmach-Familien-Singspiel »Franz von Assisi« feiert Premiere in der Schlosskirche Zwickau-Planitz Die Holzwürmer Bohra & Bohris wurden Anfang des 13. Jahrhunderts zu engen Vertrauten der gütigen Landesmutter Elisabeth von Thüringen. Bohris – damals als Nachtwächter in den Diensten der Stadt Eisenach – sah sich nicht nur als »nächtlicher Auf­ passer«, sondern vielmehr als eifriger Geschichtsforscher und Wissensvermittler. Und so bekam er eines Tages von Elisabeth den Auftrag, umfassend das Leben und Wirken von Franz von Assisi zu erkunden. Denn von seinen Anhängern, den Franzis­ kanern, die 1225 in Eisenach ein erstes Kloster gründeten, war sie außerordentlich angetan. Am 24. Juni können Sie die Premiere in der Zwickau-Planitzer Schloßkirche erleben. Weitere Termine: 18.08., 17 Uhr, Paulushaus, 08525 Plauen, zum Kirchgemeindefest/Schulanfängergottesdienst, 16.09., 14 Uhr, Kirche, 01945 Hohenbocka, zum Sprengel-Gemeindefest.

• Mehr Informationen unter www.amadeus-music.de IMPRESSUM FamilienSONNTAG | Sonderveröffentlichung von DER SONNTAG – Wochenzeitung für die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens | Internet: www.sonntag-sachsen.de | Herausgeber: Evange­lischer Medienverband in Sachsen e. V. (EMV) | Redaktion: Andreas Roth (verantwortlich), Karola Richter; familien@sonntag-sachsen.de | Gestaltung: Anja Haß | Verlag: Evangelisches Medienhaus GmbH, Postfach 22 15 61, 04135 Leipzig, Geschäftsführung: Sebastian Knöfel | Vertrieb: Christine Herrmann, herrmann@emh-leipzig.de | Anzeigen­s ervice: Matthias Keppler, Tel. (03 41) 7 11 41 35, Fax (03 41) 7 11 41 50, anzeigen@emh-leipzig.de; Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 1 vom 1. Januar 2018 | Anzeigenberatung: Agentur Uta Mittelbach, Tel. (03 51) 4 79 34 77, info@­agentur-mittelbach.de | Druck: Schenkelberg Druck Weimar GmbH, Hergestellt aus 100%-Recyclingpapier | Copyright: Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung innerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. | Redaktionsschluss: 11. Juni 2018

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Volksfest im Silberrausch: Vom Abend des 21. bis zum späten 24. Juni beteiligen sich auch die 12 christlichen Gemeinden am Bergstadtfest in Freiberg. Konzerte, buntes Programm und Kaffeewagen sorgen für ausgelassene Stimmung.

erleb  Radebeuler Kasperiade: Am 24. Juni lässt die Radebeuler Kasperiade Kinderbuchhelden und Märchenfiguren zum Leben erwachen. Puppenspieler aus ganz Deutschland verzaubern Groß und Klein. Rund um die Bühnen gibt es Spiele und Spaß mit Rätselpfad, Outlaw-Feuerwehr und Kinderzirkus. Los geht es ab 10 Uhr. www.kasperiade-radebeul.de

Erfahrungslernen: Als »die Abenteuerschule« bietet das TEO-Outdoortraining in Höfgen bei Grimma vom 8. bis 10. August Schülern der 5. und 6. Klassen die Möglichkeit, sich gemeinsam vier Tage in der Natur neu und intensiv kennenzulernen. TEO (Tage ethischer Orientierung) ist ein schulergänzendes Bildungsangebot des Ev.-Luth. Landesjugendpfarramtes Sachsens. Weitere Termine unter www.evjusa.de/projekte/teo. Sommertheater: Traditionell lädt das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau im Juli und August auf die Waldbühne Jonsdorf. Von 27. Juni bis 5. August gibt es fast täglich das Spuk-Spektakel »Die 7. Geisterstunde – Die Rückkehr des tollen Junkers« von Axel Stöcker und im August diverse Veranstaltungen, wie das 2. Jonsdorfer Taschenlampenkonzert am 18. August.


Obstbestimmungstour durch die ehemalige Bahnschneise Anger-Crottendorf in Leipzig In der Schlucht zwischen den Häusern wechseln sich Waldund Wiesenstücke, verwilderte und kultivierte Ecken ab, alle paar Meter steht ein Obstgehölz. Erkunden Sie am 9. August gemeinsam mit der erleb-bar, was sich zu pflücken lohnt. Treffpunkt: 18 Uhr am S-Bahnhof Anger-Crottendorf, Gleis 1. Weitere Touren zu heimischen Obstsorten sind ebenfalls verfügbar. • Mehr Informationen unter www.erleb-bar.de

i  N sse

Die Stadt an der Elbe lädt zum größten sächsischen Vereins- und Volksfest Vom 7. bis 9. September richtet Torgau den 27. Tag der Sachsen aus. Bärenstark und fürstlich soll das größte säch­ sische Vereins- und Volksfest werden. 12 Bühnen, 15 Themenmeilen und 3 Themenhöfe bieten ein buntes Programm. Tipp: Der Schlossgarten verwandelt sich in ein Kinderland, die Wintergrüne rund um die Stadtkirche wird zum Kirchendorf und am Sonntag findet um 10 Uhr auf der Bühne an der Kulturbastion ein Ökumenischer Gottesdienst statt.

• Mehr Informationen unter www.tagdersachsen2018.de Maskottchen Theo mit OBM Romina Barth

© Stadt Torgau

© PublicDomainImages/Pixabay

Essbar oder besser nicht?

Tag der Sachsen – Torgau zeigt sich »bärenstark«

Studien- und Kulturreisen für Pädagogen, Eltern und Familien

Für Gruppen ab 25 Personen gestalten wir individuelle Studien- und Kulturreisen. Lassen Sie sich durch diese kleine Auswahl unserer erlebnisreichen Angebote inspirieren. Nehmen Sie Kontakt zu uns auf. Unser kompetentes Team berät Sie gern! 2 Tage Auf den Spuren von Martin Luther Wartburg - Eisenach - Schmalkalden 5 Tage Auf den Spuren der Gebrüder Grimm Hanau - Steinau - Marburg - Kassel - Göttingen

Preis p. P. im DZ ab € 150 Preis p. P. im DZ ab € 345

5 Tage Die Straße der Romanik erleben Preis p. P. im DZ ab € 425 Naumburg - Bad Kösen - Memleben - Schloss Goseck - Freyburg - Zeitz - Querfurt In Kooperation mit renommierten Partnern bieten wir Reisen für einzelne Familien an. 3 Tage Familienurlaub in der Rhön (UNESCO-Biosphärenreservat) Reise-Nr.: D97B01J Anreise/p.P. im 2-Raum App.: 03.11. - 17.12.18 EUR 129 23.05. - 27.06.18, 28.08. - 26.09.18 EUR 159; Folgetermine bitte erfragen Leistungen: Übernachtung im Rhön Park-Hotel, Halbpension, Animationsprogramm, Junior Club, täglich Eintritt in Erlebnisbad, 1x Eintritt Sauna-Welt, 3 Kinder bis 12 Jahre frei Die Familienreisen führen wir in Zusammenarbeit mit unserem Partner Fit&Vital durch.

Ihre Reise ist unsere Mission! Als Partner der ökumenischen Gemeinschaft haben wir uns seit 1999 maßgenschneiderten Gruppenreisen für Kirchen, kirchennahe Organisationen, Pfarrkonvente und Bildungseinrichtungen verschrieben. Der Pfarrer i. R. und Gründer der ReiseMission Günter Grünewald lässt seine Erfahrungen aus der langjährigen Gemeindearbeit in die Reisekonzeption einfließen. Christliche Werte sind auf unseren Deutschland-, Europa- und weltweiten Reisen nah spürbar. Fachkundige Führungen und Begegnungen vor Ort sorgen für eine bereichernde Zeit.

Weitere Informationen bei: Reise Mission - ökumenisch und weltweit, www.reisemission-leipzig.de

Jacobstraße 10, 04105 Leipzig, Tel. 0341 308 541-0, Fax 0341 308 541-29, info@reisemission-leipzig.de


Interview

Eltern wollen alles richtig machen – für Kinder kann das zum Stress werden. Der Leipziger Kindergarten­ leiter Alexander Herfort beobachtet das immer öfter. Er empfiehlt Eltern: Lasst euch und euren Kindern Zeit. Denn Langeweile kann sehr schöpferisch sein.

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Herr Herfort, können Sie sehen, wenn ein Kind unter Stress steht? Herfort: Ich merke es schon daran, wie ein Kind früh auf mich zukommt – ob es offen ist oder beschäftigt mit anderen Dingen. Oft sieht man es auch daran, dass in der Entwicklung eines Kindes wieder Rückschritte eintreten. Etwa wenn es sprachlich schon weiter war und wieder in eine frühere Entwicklungsphase zurückfällt. Das sind oft Symptome für ein ungutes StressLevel. Beobachten Sie diesen Stress heute öfter als früher? Im Vergleich der letzten 20 Jahre hat er auf jeden Fall zugenommen, das ist spürbar. Mein Eindruck ist, dass er heute einen Großteil der Kinder betrifft.

Der Kindergarten der Dreifaltigkeitskirchgemeinde ist über 130 Jahre alt und mit 50 Kindern einer der Kleinsten Leipzigs.

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Woher kommt das? Einerseits ist die Welt um uns herum schnell­ lebiger geworden. Dazu kommen die neuen Medien im Internet, die den Kindern nicht zur Entspannung verhelfen, wie manche meinen, sondern sie unter Stress setzen. Und die Zeit­ fresser für Erwachsene sind. Zeit, die früher für anderes da war. Und es gibt einen familiären Leistungsdruck. Der Wunsch von Eltern, alles richtig zu machen, scheint mir stärker geworden zu sein. Und diesen Druck geben sie – gewollt oder nicht – auch an ihre Kinder weiter. Was macht das mit den Kindern? Sie spüren, dass ihre Eltern oder andere Erwachsene ihnen mit solch einem Anspruch gegenübertreten. Er reißt die Kinder aus ihrem eigenen Entwicklungsprogramm, das jedes von ihnen hat, heraus. Kinder kommen doch auf die Welt mit der tiefen Motivation, zu lernen und ihre Möglichkeiten zu erweitern. Das haben sie in sich. Je mehr sie von außen gefordert werden, desto mehr kommen sie von dieser eigenen Motivation ab. Im schlimmsten Fall verlieren sie sogar den Wunsch zu lernen. Kann zu viel Förderung also genau das Gegenteil bewirken? Das ist bei jedem Kind ein bisschen anders. Es gibt Kinder, die schwenken auf das Leistungsprogramm ihrer Eltern ein und ziehen mit – bei ihnen wird sich vielleicht erst später im Leben herausstellen, dass sich bestimmte soziale und emotionale Fähigkeiten nicht entwickelt haben. Andere Kinder wehren sich frühzeitig vehement gegen zu hohe Leistungsansprüche.


Alexander Herfort Zur Person Alexander Herfort (42), Leiter des Trinitatiskindergartens in LeipzigReudnitz: Der gebürtige Leipziger ist gelernter Kinderdiakon und hat Kindheitspädagogik studiert. Er hat zwei Söhne – der Jüngere geht selbst noch in den Kindergarten.

» Macht es euch mal gemütlich!« 15


Interview • mit Alexander Herfort

Also müssen wir die Faulheit dringend neu lernen? Es geht um eine gute Balance zwischen Faulheit und dem Wunsch, etwas zu leisten, der in jedem Menschen steckt – wenn er nicht kaputt gemacht worden ist. Was passiert bei diesen hohen Ansprüchen mit der Seele von Kindern? Sie können in einem Kind das Empfinden aus­ lösen: Ich bin nicht gut genug. Da wird es für mich auch biblisch. In der Schöpfungsgeschichte sieht Gott seine Schöpfung an und es war alles sehr gut. So müssen wir auch an ein Kind herantreten. So wie es ist, ist es sehr gut gemacht. Wenn ein Kind dauerhaft das Gefühl hat, es müsse immer noch ein bisschen besser werden, um gut zu sein – dann ist das ungesund für seine Seele und Persönlichkeit. Wie wichtig ist denn Langeweile für Kinder? Sie fördert Kreativität, wenn sie nicht zugedröhnt wird mit Medien. Aber wenn ich sie aushalte, macht sie schöpferisch. Sind wir es überhaupt noch gewohnt, Langeweile nicht gleich mit dem Handy totzuschlagen? Es gibt im Familienalltag meist keine zweckfreie Zeit mehr. Sobald sich ein Zeitfenster öffnet, überlegen wir, wie wir es nutzen können. Schnell noch einen Einkauf machen oder E-Mails lesen oder mit den Kindern etwas schaffen – anstatt einfach nur da zu sein. Das fehlt uns wirklich. Woher kommt das? Langeweile und ungenutzte Zeit haben einen schlechten Ruf. Das sieht so nach Faulheit und Rumgammeln aus. Vielleicht liegt es am Kapitalismus, der alles nutzen will. Vielleicht liegt es auch an unserer protestantischen Arbeitsethik, dass auf dem ersten Blick sinnlos verbrachte Zeit uns ein schlechtes Gewissen macht. Quelle: Kinder-Stress-Studie der Universität Bielefeld 2015. Befragt wurden 1100 Kinder und Jugendliche sowie 1039 Eltern.

18 %

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der Kinder leiden unter hohem Stress.

Wie finden Sie in Ihrem Kindergarten diese Balance zwischen Leistung und Langeweile? Unser Tagesrhythmus ist von dem Gedanken bestimmt, dass Kinder Zeit brauchen für ­A nspannung und Entspannung. Das ist so eine Wellenbewegung. Es gibt den Morgenkreis, Themen und eine Andacht, wo die Kinder von uns Impulse bekommen. Und dazwischen können sich die Kinder von sich aus beschäftigen oder auch nicht, und einfach nur auf dem Teppich liegen und träumen. Kann es nicht auch gut sein, wenn Kinder Stress erleben? Er gehört doch zum Leben dazu. Das stimmt. Die Motivation des Kindes, sich selbst zu entwickeln, löst einen positiven Stress und Energie aus. Denn es will ja etwas lernen. Ein Spielzeugturm fällt dreimal zusammen und das Kind probiert es wieder und wieder – das ist ein ganz gesunder Stress, der am Ende vielleicht sogar mit Glückshormonen belohnt wird. Wo würden Sie denn die Grenze zwischen positivem und negativem Stress ziehen? Eine allgemeine Antwort darauf gibt es nicht. Was dem einen Kind noch gut tut, ist dem anderen Kind schon zu viel und überfordert es. Um das herauszufinden, braucht man eine gute Beziehung. Lässt sich erkennen, wo diese Grenze verläuft? Wenn man merkt, dass ein Kind aussteigt, sich verschließt und zurückzieht, dann ist es zu viel, was wir von ihm verlangen.

50 %

der Eltern von Kindern mit hohem Stresslevel machen sich Sorgen, ihre Kinder nicht genügend zu fördern.

60,2 % der Kinder mit hohem Stress werden nur manchmal bis nie nach ihrer Meinung gefragt.


Versuchen Sie in Ihrem Kindergarten, Eltern von ihren hohen Ansprüchen zu entlasten? Wir möchten ihnen schon etwas von diesem hohen Leistungsdruck von den Schultern nehmen. Ich versuche ihnen zu sagen: Lasst eurem Kind Zeit, lasst euch selbst Zeit. Setzt euch mit eurem Kind lieber auch einmal aufs Sofa und macht es euch mal gemütlich! Oder geht in den Wald! Dafür ist viel zu wenig Zeit da. Unser Vorbild als Erwachsene spielt eine große Rolle dabei, wie Kinder mit Stress umgehen lernen. In der Bibel gibt es das Gebot, den Feiertag zu heiligen. Gott sagt da: Ihr sollt sogar auch einmal faul sein. Das ist schon unsere Aufgabe. Gott hat auch in der Schöpfungsgeschichte Adam und Eva gesagt, sie sollen die Erde bebauen und bewahren – aber er hat nicht gesagt, sie sollen sich rundmachen bis sie flachliegen. Brauchen wir zeitliche Freiräume wie die Sommerferien heute dringender denn je in einer so vollgepackten Zeit? Eltern schildern mir eindrücklich, wie sie solche freien Zeiten mit ihren Kindern herbeisehnen. Ich kenne das aus meinem eigenen Leben ja auch. Was ich von Familien sehr deutlich höre, ist eine Sehnsucht nach Entspannung. • Die Fragen stellte Andreas Roth. Fotos: Steffen Giersch

65 %

der Kinder mit hohem Stress berichten über Burn-out-Symptome wie Einschlafschwierigkeiten, Kopf- und Bauchschmerzen sowie Müdigkeit.

Ruhe zum Vorlesen und Zuhören: Im Leipziger Trinitatiskindergarten ist der Tag durch Zeiten der Anspannung und der Entspannung geprägt. Da gibt es den Morgenkreis, Themen und eine Andacht – aber auch Raum für das Spielen und Träumen, erklärt KitaLeiter Alexander Herfort im Gespräch mit FamilienSONNTAG-Redakteur Andreas Roth.


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Comic • Lena im Stress

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Rätsel • zum Mitmachen

Bloß keinen Stress ­ – die Rätselseite f ür ausgeschlafene Schlauköpfe Bitte schickt das Lösungswort bis zum 31. August an familien@sonntagsachsen.de oder FamilienSONNTAG, Blumenstraße 76, 04155 Leipzig. Zu gewinnen gibt es je ein Exemplar:

Dietlind Steinhöfel

Jakob such die Himmels lei

Eine Erzählung zu Johannes Daniel Falk

Was für eine Unordnung. In dem ganzen Chaos haben sich fünf Fehler eingeschlichen. Kannst du sie finden?

Finde einen Weg aus dem Labyrinth. Vergiss dabei deine Sachen nicht!


Was passieren kann, wenn man ein Faultier zum liebsten Haustier erklärt Achtsamkeit für sich und andere – ein Buch, das jeden Menschen aufblühen und gestärkt weitergehen lässt. Die junge Ich-Erzählerin des Bilderbuches wünscht sich nichts sehnlicher als ein eigenes Haustier – ihre Mutter ist dagegen; allerdings lässt sie sich zu guter Letzt auf einen Kompromiss ein: »Du kannst jedes Tier der Welt haben, solange es nicht ausgeführt, gebadet oder gefüttert werden muss.« Ein Haustier erfüllt alle Bedingungen: ein Faultier namens Lucky. Lucky entwickelt sich prächtig, wie ein richtiges Faultier eben: er schläft und schläft und schläft – kann kaum Spiele und ist alles in allem sehr pflegeleicht. Als allerdings am Wochenende Mary Potts aufkreuzt, ist es mit dem Glück vorbei. Lucky hält keinem Vergleich mit anderen Haustieren stand und so versucht das Mädchen, aus Lucky etwas zu machen, was nicht in ihm steckt – bei einer Faultier-Vorführung klappt fast nichts. Aber vielleicht muss das ja auch gar nicht – die Erzählerin kommt irgend-

Eine Familie mit vier Kindern zieht in eine Hütte im Wald

Lucky! Jenny Offill | Illustrationen von Chris Appelhans | Deutsch von Sophie Birkenstädt | Hamburg: Aladin 2016 | 40 Seiten | gebunden | 12,95 Euro [D] | ISBN 978-3-8489-0104-3

Echt krass – was junge Menschen so denken Wissen Sie noch, was Ihnen durch den Kopf ging, als Sie 16 Jahre alt waren? © www.mairisch.de

Ein spannender Erfahrungsbericht Andrea Hejlskov ist mit Mann und Kindern aus der Stadt aufs Land gezogen, aber beide Eltern haben mit gesundheitlichen Problemen und Stress im Beruf zu kämpfen, die Kinder sitzen viel vor dem Computer, die Familie unternimmt kaum noch etwas gemeinsam. Als sich die Gelegenheit bietet, beschließen sie, für ein Probejahr in eine Hütte im schwedischen Wald zu ziehen. Ohne Strom, ohne Heizung, ohne fließend Wasser und mit sehr wenig Geld. Ehrlich und schonungslos berichtet die Autorin von den Anstrengungen, Gefahren, aber auch schönen Momenten, die dieses harte Leben mit sich bringt. Langsam arrangiert sich die Familie mit dem neuen Leben. Lina Francke-Weltmann

wann zu dem Schluss: Du bist goldrichtig, Lucky! Das Bilderbuch ist originell und witzig illustriert. Sich-Vergleichen, Leistungsdruck und hohe Erwartungshaltungen an sich selbst und andere sind Themen des Bilderbuches. Und die Botschaft, die das Faultier vermittelt, lautet: steh zu dir und deinen Fähigkeiten, lass dich nicht verbiegen, sei achtsam und entschleunige dein Leben! Denn: Jede und jeder ist goldrichtig! Sehr empfohlen für Kinder ab 4 Jahren. Margot Haffke

Im Buch »Echt krass« haben Schülerinnen und Schüler des katholischen St.-Pius-Gymnasiums Coesfeld ihre Sichtweisen auf Gott, die Welt und ihr eigenes Leben zu Papier gebracht. Gemeinsam mit der Herausgeberin Petra Fietzek, die die Schüler im Fach »Kreatives Schreiben« unterrichtet hat, stellten sie Texte zusammen. Diese persönlichen Eindrücke und Gedanken sind leicht zu lesen, regen zum Nachdenken an und sind zutiefst ehrlich. Eltern können gut nachfühlen, was den Jugendlichen durch den Kopf geht. Für Teenager selbst ist das Buch ein zustimmendes Zeugnis Gleichaltriger, was ihnen zeigt, dass sie nicht allein sind mit ihren Gefühlen. Karola Richter

Wir hier draußen. Eine Familie zieht in den Wald. Andrea Hejlskov | Deutsch von Roberta Schneider | Hamburg: Mairisch 2017 | 292 Seiten | gebunden | 20,00 Euro [D] | ISBN 978-3-938539-47-7

Echt Krass Oder was denkst du über Gott und die Welt? Petra Fietzek | Münster: Coppenrath 2018 | 64 Seiten | Broschur, mit Umlegeklappe| 9,99 Euro [D] | ISBN 978-3-649-62751-7

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Texte: Eine Auswahl vom Ev. Literaturportal in Göttingen, www.eliport.de


Bücher • Tipps zum Lesen und Vorlesen

Ein »Kunstbuch« zum Staunen über Phantasie und Kreativität von Kindern

Den Glauben in seiner Tiefe ergründen und verstehen Ein Glaubensbuch für Kinder und Erwachsene voller Geschichten und Bilder Es ist mehr als ein Lesebuch, es ist eine Schatzkiste überraschender Perspektiven, Geschichten, Kunstwerke, die zu einer Entdeckung des Glaubens einladen. Dabei ist nicht nur die Auswahl ungewöhnlich, sondern auch – und das ist wesentlich – der Religionsbegriff. Hubertus Halbfas gehört zu den wenigen, die Gott in religiöser Weite und menschenfreundlicher Großzügigkeit als die »Tiefe des Lebens« verstehen und von engen Dogmen und altbackenen Richtigkeiten Abstand nehmen. Hier kommt ein Glauben zu Wort und ins Bild, der von der Stille der Inuit bis zur Leidenstheologie einer Etty Hillesum reicht. Für Glaubenskurse, Elternschule, Kinderkirche und mehr. Christiane Thiel

In phantasievollen Bildern erzählen Kinder aus aller Welt von ihren Lebens­ hoffnungen Seit 2009 bittet der Münchner Verein »little ART« Kinder in aller Welt, zu erzählen und zu malen, woran sie glauben. Daniela Mecklenburgs graphische Gestaltung und die einfühl­ samen, informativen Texte Elena Jankers und Jakob Wetzels machen die Sammlung zu einem wirklichen »Kunstbuch«. Ein Muss für jede evangelische Bücherei und jeden, der in Familie, Gemeinde, Kita und Schule mit Kindern lebt. Erhard Reschke-Rank Ich glaube an mich! Kinder auf der ganzen Welt malen und erzählen, woran sie glauben. little Art e.V., Elena Janker und Jakob Wetzel | Süddeutsche Zeitung 2017 | 303 Seiten | Klappenbroschur | 29,00 Euro [D] | ISBN 978-3-56497-421-2

Mehr als alles. Geschichten, Gedichte und Bilder für kluge Kinder und ihre Eltern Hubertus Halbfas | Mit Beiträgen von Bert Brecht, Kurt Marti u. a. | Illustrationen von Ernst Barlach u. a. | Ostfildern: Patmos 2017 | 284 Seiten | gebunden | 34,00 Euro [D] | ISBN 978-3-8436-0986-9

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Reportage

en b e L fürs Der richtige Weg ist unsichtbar. Lea sieht ihn nicht und Nils nicht und Miriam nicht, so wie all die anderen Schüler auch. Sie blicken auf das Schachbrett aus Betonplatten vor ihnen, und sie sind die Figuren. Sie sollen den Weg suchen. Einer nach dem anderen. Versuch und Irrtum. Ihre Lehrerin weiß mehr, doch sie verrät es nicht. Weil jeder seinen Weg selbst finden muss.

Aaron ist der Erste am Ziel. Aaron ist nicht getauft, so wie die Hälfte seiner Klasse nicht. Und trotzdem will er sich in einigen Wochen segnen lassen in der Gersdorfer Kirche beim »Lebensfest« seiner evangelischen Oberschule. Es ist sein Schritt ins Unsichtbare. Ins Offene. Die Vögel zwitschern im Volkspark von Gersdorf am Fuße des Erzgebirges. Statt im ehrwürdigen Schulgebäude stehen die Achtklässler in der Frühlingssonne. Viele von ihnen werden bald konfirmiert, ein paar gehen zur Jugendweihe. Und fünf Jungen und fünf Mädchen bereiten sich auf das »Lebensfest«

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Reportage • Ein Segen fürs Leben

n e b e L in ihrer Schule vor. Zusammen mit ihrer ganzen Klasse. Die anderthalb Stunden im Park sind ihre letzte Etappe dahin. »Natürlich ist auch ein Lebensweg verbunden mit Fehltritten«, sagt Schulmitarbeiterin Denise Seltmann, die Organisatorin des »Lebensfestes«, zu den Schülern. Sie zeigt auf das Spiel mit dem steinernen Schachbrett. »Im Leben und mit Gott gibt es immer auch die Möglichkeit, neu anzufangen. Bei allem, was ihr tut: Verzagt nicht auf der Hälfte des Weges, versucht es einfach nochmal neu.« Das Gersdorfer »Lebensfest« ist so etwas Neues. Ein Wagnis, das jungen Menschen Türen öffnen will oder doch zumindest einen neuen Blick. Obwohl, so neu ist er für Miriam auch wieder nicht. »Ich bin nicht getauft – aber ich würde schon sagen, dass ich gläubig bin«, sagt die 14-Jährige mit der schwarzen Hornbrille. Sie wischt ihre blonden Haare zurück. Konfirmation? »Das war nicht so meins«, sagt sie nachdenklich. Da fehlt noch etwas. Und außerdem sind da noch die vielen Konfi-Stunden, die alle mit der Schule und Hobbys in Einklang gebracht werden wollen.

Ein Angebot für Suchende Lea aus der Parallelklasse wusste am Anfang nur, was sie nicht wollte. Die Konfirmation, weil sie den Glauben und die Taufe voraussetzt. Die Jugendweihe, weil es sie schon in der DDR gab – und weil sie etwas nicht nur deshalb tun will, weil es viele tun. Ihre Mutter überließ ihr die Entscheidung. »Es ist ja ein Weg, den man allein gehen muss«, sagt Lea. Deshalb hat sie sich für das »Lebensfest« an ihrer Schule entschieden. »Hier lernst du Gott kennen und kannst selbst entscheiden, ob du in die Kirche gehen willst«, sagt Leas Klassenkamerad Nils. Zumindest zum Segen der »Lebensfeier« sagt er nicht Nein. Davor aber findet er sich mit seinen Mitschülern in einem Gewirr aus roten und blauen Leinen wieder. Im Gersdorfer Park hält jeder von ihnen ein Ende fest – ohne Worte müssen sie das Knäuel entflechten. Auch so ein Spiel, das eigentlich eine Übung fürs Leben ist. Eine Übung im Drehen, Wenden, Springen. Im Beobachten, Helfen und nicht Verzweifeln. Das Leben ist oft verworren genug.

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Ein Licht für das Erwachsenenleben: Schulmitarbeiterin Denise Seltmann gestaltet die Kerzen für das »Lebensfest« selbst.

Knoten lösen als Übung für später: Die Schüler der Evangelischen Oberschule Gersdorf bereiten sich auf das »Lebensfest« vor.

Auch für Eltern. Die meisten von ihnen in Ostdeutschland sind selbst nicht getauft und kennen den Glauben kaum. Doch da ist noch etwas. Eine Ahnung oder doch eine Unruhe, den eigenen Kindern einen Weg nicht verbauen zu wollen. »Es gibt viele Eltern, die spüren, dass sie da etwas für ihr Kind wollen – aber nicht genau wissen, was«, sagt die Psychologin Brit Reimann-Bernhardt von der evangelischen Schulstiftung in Sachsen. Die evan­ gelischen Schulen in Sachsen wollen ihnen deshalb ein Angebot machen. Denn nicht nur in Gersdorf fragen nicht-christliche Eltern nach einer Alternative zur atheistischen Jugendweihe. Die Taufe ist ihnen eine zu hohe Hürde – aber ein Segen an der Schwelle zum Erwachsenenleben, das klingt gut. Die katholische Kirche hat diesen dritten Weg vor 20 Jahren mit der »Feier der Lebenswende« in Erfurt erfunden. Am Evangelischen Schulzentrum in Grimma feierte das »Lebensfest« im Mai Premiere, in Chemnitz steht es in den Startlöchern. In Gersdorf wird es seit fünf Jahren gefeiert. Mal mit einem Teilnehmer, mal mit zehn.


Ein schönes Kleid und teure Geschenke? Das ist es nicht, worauf sich Miriam am allermeisten freut. Wenn sie an das »Lebensfest« denkt, dann denkt sie etwa an das gemeinsame Zelten mit anderen Jugendlichen im Jahr davor. Und an viele gute Gespräche. »Dabei habe ich viel über die anderen erfahren, was sie so glauben.« Von Lea aus der Parallelklasse zum Beispiel, die zweifelt. »Es gibt so Momente, wo ich an Gott glauben kann«, sagt Lea, »Und Momente, wo ich es nicht kann. Wenn ich darüber nachdenke: Warum soll Gott Krieg zulassen?«

t s e f ns Jeder muss seinen eigenen Weg selbst finden: Das Spiel mit dem unsicht­ baren Labyrinth ist auch ein Gleichnis auf den Abschied von der Kindheit.

Zweifel dürfen stehen bleiben Lea findet es spannend, darüber zu sprechen. Dafür ist genug Zeit im Religionsunterricht der achten Klasse, in den die Vorbereitung des Gersdorfer »Lebensfestes« eingebettet ist. Aber auch bei einer fünftägigen Freizeit oder beim Klettern. Leas Zweifel dürfen stehen bleiben. Auch die Kirche zweifelt ja. Zum Beispiel, ob so ein »Lebensfest« eine gute Idee ist oder nicht doch als »Konfirmation light« eher Konkurrenz. Braucht ein Segen nicht vorher ein Bekenntnis samt Taufe und Konfirmation? »Nein, wer um den Segen Gottes bittet, bekommt ihn – so steht es schon in der Bibel«, antwortet der sächsische Landesjugendpfarrer Tobias Bilz, der eine Arbeitsgruppe zur Einführung von Segensfeiern für nicht-kirchliche Jugendliche leitet. »Mit dem Segen bekommen die Jugendlichen einen Zuspruch und eine Ermutigung für ihr erwachsenes Leben.« Die Gersdorfer Kirche ist dann festlich mit Blumen geschmückt. Denise Seltmann macht das selbst, genau wie die Fotoalben und Kerzen, die sie allen Jugendlichen überreicht. Eine Band spielt. Den Segensspruch aber, den jeder vor dem Altar von der Pfarrerin zugesprochen bekommt, den sollen sich die Schüler selbst aussuchen. Und einen für ihre Eltern noch dazu. »Es ist eine schöne Erfahrung, diesen Moment mit Freunden zu teilen«, sagt Lea. Miriam freut sich auf diese Feier des Erwachsenwerdens. »Vielleicht fühlt man sich dann auch Gott ein bisschen näher.« Miriam ist ins Überlegen gekommen. Jetzt würde sie sich nicht taufen lassen, aber vielleicht mit 18? Nur eines weiß sie bestimmt: Dass sie vorher noch viel herausfinden will. Über den Glauben, über das Leben. Den Segen hat sie schon einmal. •

Das Kreuz haben die Schüler selbst gebastelt mit dem, was ihnen wichtig ist: Jeden Juni feiern auch nichtgetaufte Schüler das »Lebensfest« in der Gersdorfer Kirche.

© Denise Seltmann

Text: Andreas Roth Fotos: Steffen Giersch


Selber machen • im Sommer

Und so geht es ...

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s0mmer Selber machen

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Unsere Basteltipps für Groß und Klein für einen Sommer ohne Langeweile.

Der Frosch fängt die Fliege 3

Projekt 1: Fangspiel Frosch Erst basteln und dann spielen. Die kleinen Frösche lassen sich einfach herstellen und bringen viel Freude. Welcher fängt zuerst die Fliege?

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Material • Papierrolle von Toilettenpapier oder Küchentüchern • eine Holzmurmel oder eine Haselnuss/kleine Kastanie F • arbkasten und Pinsel • Wolle oder Bindfaden • Bastelkleber • etwas Papier • Schere und Bleistift

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ANLEITUNG (1) Die Papierrollen in 3 gleiche Teile schneiden, mindestens 7 cm lang. Dazu pro Frosch jeweils 4 dünne Pappstreifen als Beine zurecht­ schneiden. (2) Augen und Flecken mit Bleistift auf den Frosch aufmalen und danach alles ausmalen. Den Frosch innen rot bemalen, die Beine grün. Alternativ Wackelaugen aufkleben. (3) Einen Wollfaden von ca 30 cm abschneiden. Diesen am Ende des Frosches mit zwei Beinen anlegen und verkleben. Mit Klammern fixieren und eine Stunde gut trocknen lassen. Auf der Maul-Seite des Frosches ebenfalls 2 Beine einkle-

ben. (4) Die Murmel oder Haselnuss mit zwei kleinen Papierflügeln bekleben. Zwischen Murmel und Flügel das andere Ende des Wollfadens kleben. Auch dieses Ende gut trocknen lassen. Danach kann der Spiel-Spaß losgehen – wer fängt mit seinem Frosch zuerst die Fliege? TIPP Verwendet man eine Murmel, kann der Bindfaden am Ende mit der Fliege auch fest verknotet werden. Am Frosch kann ebenfalls mit einem Locher ein kleines Loch gemacht werden, damit der Faden festgebunden werden kann. PROFI-TIPP Frösche können auch Exoten sein – es muss nicht immer grün sein, wie wäre es mit lila oder türkis?

• Texte & Fotos: Karola Richter


Ein Einzelstück für die ganz eigenen Gedanken, Termine und Notizen Projekt 2: Kladde/Kalender Ihr Tagesablauf ist so individuell, wie Sie selbst? Du möchtest in der Schule zeigen, wie einzigartig du bist? Wie wäre es einmal mit einem selbst gestalteten Cover für den Kalender oder das Notizbuch? So sticht man in Zeiten digitaler Kalender auf jeden Fall heraus.

• Eine ausführliche

Anleitung finden Sie auf www.familiensonntag.org

Material oder dunkel­ • schwarzer blauer Zeichenkarton oder • Butterbrotpapier weißes Backpapier in Pastell­ • Buntpapier farben • Bastelkleber/Klebe­ streifen Zahnstocher oder • Grillspieße aus Holz und Bleistift • Schere Spielen: Taschen­ • zum lampe oder größere Kerze

In der Dämmerung die Fantasie spielen lassen Material Wochen- oder Tageskalender in Buchform oder ein Notizbuch/Kladde Postkarten, • Bilder, Fotos, Sprüche Papier, • Transparentklebefolie, Lineal und Bleistift, Bastelkleber, Küchenpapier

Projekt 3: Schattenspiel-Theater

• ein

Das tolle an den Sommerferien ist doch das lange Wachbleiben bis in die späte Dämmerung. Schattenspiele haben Kinder schon immer begeistert, warum also nicht ein ganz besonderes Theater basteln, mit dem man am Abend noch begeistert und fantasievoll spielen kann.

• Eine ausführliche Anleitung finden Sie auf www.familiensonntag.org

Ran an die Bibel Ein Mitmachbuch

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Grund zum Feiern • von Fabian Vogt

­ ellness-Programme oder einen Hilfseinsatz in einem W Krisengebiet. Hauptsache: frei entscheiden können. Wobei nicht alle Leute das mit dem »Urlaub« richtig ver­ standen haben, denn sie lassen sich auch auf Borkum oder in Kenia von ihren Chefs anrufen und nerven.

Urlaub: Endlich frei!

Das herrliche Wort »Urlaub« kommt ja von »Erlaubnis«. Wirklich: Im Mittelalter haben die hohen Damen und Herren ihren Besuchern am Ende eines Gesprächs gnädig »erlaubt« zu gehen. Und dann durften die sich unter­ tänigst entfernen. Wobei mancher sicher erleichtert gedacht hat: »Puh! Endlich frei!« Urlaub meint also ursprünglich: Ich darf mich von denen wegbewegen, die über meine Zeit bestimmen dürfen. Wie gut! Wobei das heute natürlich auch die Schule, die Vorgesetzten oder die eigene Werkstatt sein können. Und inzwischen gehört zum »Beurlaubt-Werden« auch das gute Gefühl: Jetzt darf ich völlig frei entscheiden, was ich machen will. Das ist Urlaub. Viele zelebrieren das ja richtig – und machen in den Ferien lauter großartige Sachen: tolle Reisen, Erlebnistouren,

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Das heißt: Ein Mensch, der erkennt, dass er von Gott unendlich geliebt wird, der kann nicht nur mit den Herausforderungen des Alltags sehr gelassen umgehen – der fühlt sich auch innerlich frei. Behauptet zumindest Jesus. Und sich frei fühlen, das ist dann so wie . . . ständig Urlaub haben. Kann man ja mal ausprobieren. •

Benjamin vermittelt auf 24 Seiten Wissen und christliche Werte auf spielerische Weise. Das reguläre Benjamin-Abo kostet nur 36,60 € oder mit Weltkarte 51,50 €. Wir senden 12 Ausgaben an die gewünschte Adresse, danach ist das Abo jederzeit zum Monatsende kündbar. Gerne senden wir ein Ansichtsexemplar vorab. Auch als Last-Minute-Geschenk unter: hallo-benjamin.de/schulanfang

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Erstens: »Mach dir nicht ständig Sorgen.« Irgendwie haben Menschen andauernd Angst vor irgendwas. Müssen sie aber nicht. Weil Gott versprochen hat, sich um sie zu kümmern. Zweitens: »Mach dir klar, worauf es im Leben wirklich ankommt.« Denn dann verlieren viele Dinge, die einen belasten, ihre Bedeutung.

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Wer ist der Stärkste? Angeber & echte Helden

Jesus fand übrigens, dass es noch eine gigantische Steigerung von »Urlaub« gibt, nämlich: sich auch dann im Urlaub fühlen, wenn man gar nicht im Urlaub ist. Also: sich frei fühlen – egal, ob gerade Ferien sind oder nicht. Tolle Idee! Und wie schafft man das? Nun, in seiner Berg­predigt gibt Jesus dazu zwei ganz praktische Tipps.

Für Eltern: ng – Schulanfa Hause? Stress zu

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