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heureka!
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Aus Wissenschaft und Forschung Mathematik
Medizin
Musikpsychologie
Fast-periodische Funktionen: Die Grundlagenforschung hinter der digitalen Datenverarbeitung
Ein neues Gerät macht höchste Präzision bei Gelenksspiegelungen und eine raschere Genesung möglich
Der Flow – und was er beim Musizieren verursacht Was passiert, wenn die Finger beim Klavierspielen wie von selbst über die Tasten gleiten und Zeit und Raum verschwinden?
Uschi Sorz
Dieter Hönig
Uschi Sorz
as wohl einfachste Beispiel für ein enn du es nicht gut siehst, D Signal ist unsere Stimme. Möch- W kannst du es nicht behandeln. te man sie digital aufnehmen, muss Darin sind sich Orthopäden einig. Die man zuerst die Rohdaten dieses Signals in eine Form umwandeln, die auf einer CD gespeichert werden kann. In der Mathematik heißt dieser Vorgang diskretisieren. „Digitale Datenverarbeitung verwendet eine diskretisierte Version des Originalsignals“, erklärt Ewa Matusiak von der Uni Wien. Signale kann man mathematisch mithilfe von Basisfunktionen, sogenannten Frames, gut beschreiben. Kompliziert wird es, wenn man ein Signal anhand seiner Messwerte wieder rekonstruieren will. Zwar gibt es Anwendungen, die gleichmäßige Abtastwerte aufweisen, viel häufiger aber erhält man diese Daten in ungleichmäßigen Abständen. Das führt in Wissenschaft und Technik zu vielfältigen Problemen, etwa wenn – wie bei Kratzern auf einer CD – die Daten eines regulär abgetasteten Signals verlorengehen.
F o to s: a rc h i v, p r i vat
„Ich will neue Werkzeuge zur Untersuchung nichtregulärer Systeme von verschobenen Basisfunktionen finden“ Ewa Matusiak, Uni Wien
„Daher braucht man Methoden, um solche Fälle gut zu verarbeiten“, sagt Matusiak. „In meinem aktuellen Elise-Richter-Projekt des FWF versuche ich das durch die Theorie der fast-periodischen Funktionen.“ Diese setzt die Grundlagenforscherin in Beziehung mit der Signalanalyse. „Mein Ziel ist es, neue Werkzeuge zur Untersuchung nichtregulärer Systeme von verschobenen Basisfunktionen zu finden“, so die 35-Jährige. Nach dem Studium von Mathematik und Electrical Engineering in den USA hatte die gebürtige Polin 2007 an der Uni Wien promoviert. Es folgten Karenz und ein Post-Doc-Aufenthalt in Israel, bevor sie an die Wiener Fakultät für Mathematik zurückkehrte und hier bis 2013 an einem WWTFProjekt mitarbeitete. „Das neue Projekt gibt mir die Freiheit, eigenen Ideen zu verfolgen“, freut sich die Mutter einer siebenjährigen Tochter.
Spiegelung (Arthroskopie) gilt als besonders schonende Behandlungsmethode, um Strukturen im Knie-, Schulter- oder Sprunggelenk zu untersuchen und Verletzungen zu sanieren. Im Gegensatz zur offenen OP wird durch einen kleinen Hautschnitt ein Arthroskop (ähnlich einer Minikamera) in einen Gelenkraum eingeführt, um das Ausmaß der Schädigung zu zeigen. Die Qualität des Kamerabildes ist letztlich für die Treffsicherheit von Diagnose und Behandlung entscheidend. „Vergleichbar mit dem Wechsel vom Schwarz-Weiß-TV zum HD-Gerät“ Thomas Müllner, Orthopäde
Ein neues, in den USA entwickeltes High-Tech-Instrumentarium stellt jetzt einen Meilenstein für die Präzision dieser Behandlungsmethode dar. Der Arthroskopie-Manager, genannt „Synergy System“, verfügt über eine echte 1080p HD-Auflösung, eine LEDLichtquelle und eine sanfte High-TechPumpe, die zusammen das OP-Gebiet besser sichtbar machen. „Vergleichbar mit dem Wechsel vom SchwarzWeiß-Fernseher zum HD-Gerät“, wie Thomas Müllner, Orthopädievorstand am Evangelischen Krankenhaus Wien, erklärt. Höchste Bildauflösung und besser steuerbare Pumpe ermöglichen es, das Legen von Bohrkanälen oder Verankerungen noch genauer zu setzen. „Das macht Operations- und Narkosezeiten kürzer und beugt auch Komplikationen vor.“ Auch bei Verdrehungen und Luxationen oder bei Rissen der Schulter-Rotatorenmanschette lasse sich erstmals eine exakte Wiederherstellung der Gelenksstrukturen sowie eine bessere Fixierung erzielen. „Das neue System ermöglicht bei schwereren Verletzungen eine genaue innere Schiene, die Einschienung von außen ersetzt. Patienten können so früher wieder mit Alltagstätigkeiten und mit Sport beginnen“, erklärt Müllner.
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low. So nennt man das, was Menschen erleben, wenn sie selbstvergessen in einer Tätigkeit aufgehen. Höchste Konzentration, Können und Intuition vereinen sich scheinbar mühelos zu einem Höhenflug. Verkürzt gesagt. Wissenschaftlich ist das schon schwieriger zu beschreiben. Allein neun Dimensionen an mentalen, psychischen und physischen Vorgängen unterscheiden Forscher, und jede für sich kann Untersuchungsgegenstand sein. Unbestritten ist, dass Flow glücklich macht. Und dass man ihn bei allen möglichen Beschäftigungen erleben, aber nicht willentlich herbeiführen kann. Ein bisschen was kann man aber schon dafür tun, im Fall von Musik etwa ein Stück einüben. „Das individuelle Niveau ist nicht so wichtig, aber es braucht eine gute Balance zwischen den Fähigkeiten und der Herausforderung“, bestätigt Manuela Marin von der Universität Wien. „Es darf nicht zu schwierig, aber auch nicht zu leicht sein.“ Als eine der wenigen Musikpsychologinnen Österreichs hat sie sich auf das Erforschen von ästhetischem Erleben und Verhalten spezialisiert und kürzlich in einer Studie das FlowErleben von Klavierstudenten untersucht. Während der Vater der FlowForschung, Mihály Csíkszentmihályi, dieses Phänomen bei bildenden
Künstlern und Sportlern seit den Sechzigerjahren ausführlich beschrieben hat, ist in der Musik noch wenig darüber bekannt. Unter anderem interessiert sich Marin für die Beziehung zwischen Flow, Emotion und der Persönlichkeit von Musikern. Führt emotionale Intelligenz zu mehr Flow, und wie wichtig ist sie für eine Musikerpersönlichkeit? „Sie könnte eine Rolle spielen, weil es ja auch darum geht, „Es gibt Hinweise, dass eine musikalische Ausbildung mit emotionaler Intelligenz zusammenhängt“ Manuela Marin, Uni Wien
Emotionen in der Musik zu erspüren und auszudrücken“, so die Grundlagenforscherin. „Und es gibt Hinweise, dass eine längere musikalische Ausbildung mit höherer emotionaler Intelligenz zusammenhängt.“ Weil das Glückserlebnis zum Üben motiviert, wächst naturgemäß auch das Können. Dennoch ging ein Zusammenhang mit äußerem Erfolg aus Marins Studie nicht hervor. Diesem Aspekt wird sie daher nun neben weiteren Persönlichkeitsfaktoren in einer Folgestudie mit heimischen Top-Orchestern genauer nachgehen.
Für den Flow ist eine ausgewogene Balance zwischen den eigenen Fähigkeiten und den Herausforderungen durch ein Musikstück notwendig