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:  w i ss e n s c h a f t l i c h e b ü c h e r au s ö st e r r e i c h empfehlungen von erich klein

„Sonntags möglichst kein ­Essen. ­Fasten. Kein Sport. Keine Spaziergänge.“ Friedrich Kurrent, 85

Phagenyx©: Dieses Gerät hilft Patienten auf der Intensivstation

Das Niveau vieler außereuropäischer Gesundheitssysteme ist oft deutlich niedriger. Auch haben Menschen bereits eine längere Krankengeschichte

David ­Gabriel, Gründer der Plattform www.austrian health.at hinter sich, bevor sie in ihr Zielland kommen. Weltweit gesehen gehört Thailand mit 2,5 Millionen Patienten pro Jahr zu den führenden Destinationen des Medizintourismus, gefolgt von Indien und der Türkei. Im Bereich der Schönheitsoperationen, wo auch günstige Kosten eine Rolle spielen, sind Osteuropa und die Türkei aktuell Hauptziele. Nach Deutschland kommen pro Jahr 250.000 Patienten, vorwiegend aus Rumänien, Russland und dem arabischen Raum. Eine Klientel, die auch für Österreich interessant wäre.

wenige. Das wird oft unterschätzt. Ich finde, das Gerät ist ein Meilenstein, sowohl in der Schlaganfall- als auch in der Intensivbehandlung. Wenn die Erfolge weiterhin so gut sind, wird es hoffentlich nach dem Abschluss der Studien zur Standardtherapie.

Es gibt keine gesicherten Zahlen über den Medizintourismus hierzulande. Doch Gabriel schätzt das Potenzial auf 1,2 Milliarden Euro. „Wir müssen zusammenarbeiten und unsere Ressourcen bündeln“, so der Mediziner. „Wünschenswert wäre natürlich auch eine politische Unterstützung.“ Sein großes Ziel ist die Vernetzung von Institutionen wie Wirtschaftskammern, Ärztekammern, Medizinuniversitäten und Tourismusagenturen. Andererseits will die Plattform auch direkter Ansprechpartner für ausländische Patienten sein. Geboten wird ein vielfältiger Service, von der Vermittlung der Ärzte, der Erstellung eines Kostenplanes über ein Dolmetscherservice bis zur Reiseplanung. Natürlich organisiert „Austrian Health“ auch den Aufenthalt, je nach finanzieller Kapazität, vom Kulturprogramm über die Limousine bis zum Personenschutz. Gabriel: „Allerdings ist der reiche Scheich, der sich in Wien operieren lässt, derweil seine Entourage ins Goldene Quartier shoppen geht, doch eher die Ausnahme.“

Fotos: Furgler/Mediendienst.com, Phagenesis, mikecphoto/Shutterstock, Austrian Health

schneller als sonst entfernen. Das ist ein großer Gewinn für die Lebensqualität. Die Behandlung wird weniger langwierig, die Leute können früher essen und genesen rascher. Zirka 20 Prozent der Intensivpatienten haben Schluckstörungen, also gar nicht so

„Frauen, strengt euch an!“ Renée Schroeder

Eine Kritik an Chipperfield, die Anregung eines Thomas-Bernhard-Platzes neben dem Burgtheater oder die Aufforderung an den ORF-General „Lassen Sie das Funkhaus in Ruhe!“– die Texte des fünfundachtzigjährigen Architekten Friedrich Kurrent wirken frisch. Neben anekdotischer Innensicht der Wiener (und Münchner) Kunstszene finden sich jüngste Projekte wie eine Synagoge am Schmerlingplatz und das Wien Museum am Karlsplatz. Rezept für den Neunziger: „Sonntags möglichst kein Essen. Fasten. Kein Sport. Keine Spaziergänge.“

Österreichs bekannteste Biochemikerin lässt die „Erfindung des Menschen“ sokratisch beginnen: Vor 70.000 Jahren war der Mensch zum ersten Mal in der Lage, etwas zu denken, was es nicht gibt. Das ist der Anfang der Kultur. Grundbegriffe der Evolutionstheorie werden erläutert und ihr Forscher-Innenleben führt schließlich zu gesellschaftspolitischen Fragen. Das reicht von „Hitler und Mohammed! Was haben sie gemeinsam?“ bis zum Austritt aus der Akademie der Wissenschaften und zur Aufforderung „Frauen, strengt euch an!“

Friedrich Kurrent: Einige Projekte, Architekturtexte und dergleichen Müry Salzmann Verlag, Salzburg 2016, 175 Seiten

Renée Schroeder: Die Erfindung des Menschen. Wie wir die Evolution überlisten Residenz Verlag, Wien-Salzburg 2016, 224 Seiten

„Zigarettenetui auf, Klappe zu, Zienhammer ab. Was folgt, ist die Ära der Aktentaschen.“

„Kann Demokratie tolerant bleiben, wenn sie sich gegen antidemokratische Umtriebe verteidigen muss? Sie kann es!“

Heimito von Doderer (1896–1966) starb vor fünfzig Jahren. Klaus Nüchtern durchquert dessen romanesquen Kontinent voller Witz: „Zigarettenetui auf, Klappe zu, Zienhammer ab. Was folgt, ist die Ära der Aktentaschen.“ Dem „SuspenseGenie Alfred Hitchcock“ wird der „Kinomuffel Doderer“ gegenübergestellt, dessen Aufstieg zum „Austriae Poeta Austriacissimus“ der Zweiten Republik nachgezeichnet wird. Das Close Reading der Hauptwerke resultiert in einem „Who’s Who“ in zweihundert Personen. Doderer barrierefrei und den Verließen der Germanistik entrissen.

„Gerechtigkeit ist in erster Linie eine mögliche, aber nicht notwendige Eigenschaft einer gesellschaftlichen Ordnung.“ Der Rechtswissenschafter und Architekt der österreichischen Bundesverfassung Hans Kelsen (1881-1973) dekliniert in seiner kleinen Schrift „Was ist Gerechtigkeit?“ 1953 Gerechtigkeitslehren von ­Platon bis Kant durch. Ergebnis: „­Absolute Gerechtigkeit ist ein irrationales Ideal.“ Letzter Rettungsanker: Toleranz. „Kann Demokratie tolerant bleiben, wenn sie sich gegen antidemokratische Umtriebe verteidigen muss? Sie kann es!“

Klaus Nüchtern: Kontinent Doderer C.H. Beck Verlag, München 2016, 352 Seiten

Hans Kelsen: Was ist Gerechtigkeit Reclam Verlag, Stuttgart 2016, 72 Seiten


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