Beton- und Stahlbetonbau 2017 01 free sample copy

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Die Dehnungsdifferenz von 0,88 ‰ zwischen den 10 Hzund den 1 Hz-Versuchen auf dem Oberspannungsniveau von So = 0,70 nimmt durch die Temperaturkompensation ab. Die 10 Hz-Versuche erwärmen sich stärker und dehnen sich dementsprechend stärker aus als die 1 Hz-Ver­ suche. Die mittlere Dehnungsdifferenz der Versuchs­ reihen reduziert sich auf 0,72 ‰. Das entspricht einer Änderung von rd. 20 %.

5.4

Viskoser Dehnungsanteil

Das kriechaffine Spannungsniveau Scr der ermüdungs­ beanspruchten Betonproben resultiert aus dem Ober- und Unterspannungsniveau der sinusförmigen Beanspruchung. Von der Belastungsfrequenz wird das Ergebnis nicht beeinflusst. Die kriechaffinen Beanspruchungs­ niveaus sind für die untersuchten Beanspruchungs­niveaus in Bild 4 angegeben. Anhand der durchgeführten Kriechversuche wurden die Kriecheigenschaften des untersuchten Betons bestimmt. Die dabei experimentell aufgezeichneten Kriechverformungen wurden mithilfe einer mathematischen Funktion nachgerechnet. Diese Funktion entspricht dem Formalismus des Model Code 2010 ([24] Abs. 5.1.9.4) zur Berechnung von Kriechverformungen. Das rechnerische Beton­ alter musste jedoch modifiziert werden, um eine gute Übereinstimmung zwischen den gemessenen und den rechnerischen Kriechverformungen zu erzielen. Die durchgezogenen Linien in den Bildern 8 und 9 stellen die so rechnerisch ermittelten Kriechverformungen des untersuchten Betons infolge der kriechaffinen Beanspruchungsniveaus dar. Die Verformungsverläufe in Bild 8 gelten für ein Betonalter von t0 = 62,5 Tagen und in Bild 9 für ein Betonalter von t0 = 140,5 Tagen. Die angegebenen Betonalter entsprechen den mittleren Beton­ altern der Versuchsserien I und II. Die zugehörigen, rechnerisch angesetzten Betonalter betrugen t0* = 5,2 Tage (Mittleres Betonalter der Serie I) und t0* = 6,9 Tage (Mittleres Beton­alter der Serie II). Die viskosen Verformungen der Betonproben im Er­ müdungsversuch wurden in Abhängigkeit von dem Beton­alter bei Versuchsbeginn und von ihrer Versuchslaufzeit berechnet. Die berechneten Verformungen sind in den angeführten Abbildungen als Punkte visualisiert. Da das jeweilige Alter der Betonproben vom mittleren Betonalter der Versuchsserien abweicht, liegen die berechneten Verformungen der einzelnen Probekörper ge

Viskose Dehnung εcr [‰]

-0,6 fp = 10 Hz fp = 1 Hz

-0,5 -0,4 -0,3

Scr = 0,513 Scr = 0,447 Scr = 0,376

-0,2 -0,1 0

Bild 8

0

5

10

15 20 25 Versuchsdauer [h]

30

35

Viskose Dehnungen der Versuchsserie I Viscous strains of test series I

-0,6

Viskose Dehnung εcr [‰]

men. Die minimale gemessene Ermüdungsbruchdehnung auf dem Oberspannungsniveau liegt bei –2,97 ‰ und die maximale bei –4,31 ‰. Daraus resultierte eine Dehnungsdifferenz von 1,34 ‰. Durch die Korrektur der Dehnungswerte um die Temperaturdehnungen resultieren eine minimale Dehnung von –3,23 ‰ und eine maximale Dehnung von –4,40 ‰. Die Differenz beträgt nun 1,16 ‰. Die Spanne der Ermüdungsbruchdehnungen hat somit um rd. 13 % abgenommen.

fp = 10 Hz

-0,5 -0,4 -0,3

Scr = 0,513 Scr = 0,447 Scr = 0,376

-0,2 -0,1 0

Bild 9

0

5

10

15 20 25 Versuchsdauer [h]

30

35

Viskose Dehnungen der Versuchsserie II Viscous strains of test series II

ringfügig oberhalb (Probekörper, die zu Beginn der Versuchsserien getestet wurden) oder unterhalb (Probekörper, die zum Ende der Versuchsserien getestet wurden) der dargestellten Kriechkurven. Die viskosen Verformungen der Probekörper mit den längsten Versuchslaufzeiten liegen in der Größenordnung von –0,4 ‰ bis –0,5 ‰. Der Anteil der viskosen Verformungen an den gemessenen Ermüdungsbruchdehnungen auf dem Oberspannungsniveau liegt damit bei bis zu 11 % und stellt damit eine nicht zu vernachlässigende Einflussgröße auf das Dehnungsverhalten des Betons im Ermüdungsversuch dar. Bemerkenswert ist der Einfluss der Belastungsfrequenz, die bei den Versuchen der Serie I auf dem Spannungs­ niveau von So = 0,70 und Su = 0,05 bzw. dem zugehörigen Kriechniveau von Scr = 0,447 sichtbar wird, vgl. Bild 8. Die Versuchslaufzeit der 10 Hz-Versuche lag in der Größenordnung von 1 h, während die 1 Hz-Versuche ca. 30 h dauerten. Die Dehnungsdifferenz zwischen diesen Versuchsreihen liegt bei rd. 0,3 ‰. Damit resultieren aus den variierenden Versuchslaufzeiten unterschiedlich große viskose Verformungen während der Ermüdungsversuche. Die gemessene Dehnungsdifferenz von 0,88 ‰ zwischen den gemittelten Ermüdungsbruchdehnungen der genannten Versuchsreihen besteht somit zu einem wesentlichen Anteil (≈ 30 %) aus der viskosen Verformungskomponente. Nach der Korrektur der Dehnungswerte um die therBeton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 1 37

FACHTHEMA  ARTICLE

C. v. d. Haar, S. Marx: An additive strain model for fatigue-loaded concrete


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