Konkret aus der Praxis

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das ­Konzept des ökologischen Fussabdrucks und die Situation der Schweiz. Wir informieren auch über aktuelle Umweltgesetze: Was sie für unseren Betrieb bedeuten, welche Massnahmen wir umgesetzt haben und was sie gebracht haben. Wir haben dies letztes Jahr zum ersten Mal so durchgeführt und sind auf grosses Interesse bei den Mitarbeitenden gestossen. Welche Massnahmen werden im Moment noch umgesetzt? Buser: Die tief hängenden Früchte sind natürlich schon weg. Es wird immer schwieriger, noch weiteres Potenzial auszuschöpfen. Je komplexer die Zusammenhänge sind, desto eher läuft man Gefahr, mit Optimierungen in die Stabilität von bestehenden Prozessen einzugreifen. Im Moment möchten wir gerne Rohstoffe aus unserer Abluft zurückgewinnen, anstatt sie wie bisher in der Abluftverbrennung als Ersatzbrennstoff zu nutzen.

Armaturenkästen und Leitungen werden schrittweise im ganzen Betrieb isoliert.

Unternehmen einbringen.» Bei 19 Mitgliedern komme einiges an Know-how und ­Erfahrung zusammen, meint Oliver Luder, EnAW-Moderator und Leiter der EnergieModell-Gruppe. Er beobachtet einen besonders offenen und konstruktiven Austausch unter den Mitgliedern der Gruppe.

werden die Becken der nahegelegenen Badelandschaft teilweise mit Abwärme ­ aus der Produktion der SI Group beheizt.

Optimistisch in die Zukunft Die SI Group konzentriert sich auf ihre eigene Wirtschaftlichkeit. Mithilfe rentabler Investitionen konnte das Unternehmen seiWeniger Energie verdampfen nen Stromverbrauch im Vergleich zu 2009 Oertlin und seine Kolleginnen und Kolleum circa 30 Prozent reduzieren. Bei der gen haben sich während der letzten Zielgesamten Energie spart man nun jährlich vereinbarungsperiode angestrengt und mindestens 26 000 Megawattstunden ein. laufend neue Energiesparmassnahmen Auch wenn es schwieriger werde, Verbesumgesetzt. Die chemischen Produkte der serungspotenzial sei nach wie vor genug SI Group werden durch energieaufwänvorhanden, sagt David Buser, Engineeringdige, thermische Verfahren hergestellt. Leiter der SI Group. Ziel bis 2022 ist das Dafür wird Wärmeträgeröl auf bis zu 300 Einsparen weiterer 8700 Megawattstunden Grad Celsius erhitzt. Damit die Produkte pro Jahr – so steht es in der aktuellen Zielin den Leitungen oder Tanks nicht krisvereinbarung. Für Buser ambitiös, aber tallisieren, werden diese ausserdem mit durchaus machbar: «Im Moment investieheissem Wasserdampf warm gehalten. ren wir viel Geld in neue Messtechniken». Für diese Prozesse fällt ein GrossSo können die Energieflüsse transteil der Energiekosten an. Nach parent gemacht und mit weiteren einer eingehenden Analyse Massnahmen umso gezielter der Energieflüsse setzte die reduziert werden. Dabei wird SI Group ab 2010 deshalb der Betrieb weiterhin eng mit verstärkt auf die Optimieder EnAW zusammenarbeirung von Massnahmen zur ten. Oertlin schätzt die fachliEnergie Wärmerückgewinnung. So chen Inputs und Informationen eingespart wurde zum Beispiel ein neues zu gesetzlichen RahmenbedinVerbrauchernetz am Ende der gungen, welche er von der EnAW Destillationsreihen aufgebaut, damit der aus erster Hand und vorzüglich aufbedurch die Abwärme entstehende Dampf reitet bekomme. Er kann sich keine reanun noch effizienter genutzt werden kann. listische Alternative zur EnAW vorstellen. Allein diese Investition hatte sich bereits Natürlich koste die Teilnahme etwas, «aber nach wenigen Jahren wieder ausbezahlt, würden wir diese Arbeit alleine machen, wie viele von der SI Group getätigten Inwäre das bestimmt viel teurer», ist Oertlin vestitionen. Die Ingenieure haben unter überzeugt. Ein zusätzlicher Bonus: Über anderem Druckverhältnisse optimiert, weidie baldige Einführung des Grossverbrautere Messsysteme eingebaut und zu gros­ cherartikels im Kanton Basel-Landschaft se Pumpen in den Verbrauchern durch muss sich die SI Group keine Sorgen makleinere ersetzt. Sogar die benachbarte chen. Der Kanton wird die mit der EnAW Aqua Basilea profitiert vom Wärmeübereingegangene Zielvereinbarung vorausschuss des Chemieherstellers: Seit 2010 sichtlich anerkennen.

26 000

Investiert Ihr Betrieb auch aus Reputationsgründen in Projekte? Buser: Eher nicht. Es ist naheliegend, dass die wirtschaftlich rentabelsten Projekte zugleich auch die ökologisch sinnvollsten sind. Deswegen sehen wir im Moment keinen Grund, Geld und Ressourcen nur der Publicity wegen in weniger rentable Prestigeprojekte zu investieren. Bei der Fernwärmeversorgung der naheliegenden Badelandschaft gab es wiederum einen Investor. So konnte das Projekt sinnvoll umgesetzt werden. Sehen Sie Energiesparen als Mehraufwand oder Wettbewerbsvorteil? Buser: Beides. Es ist im Moment ein Mehraufwand, der sich lohnt. Allerdings müssen wir uns mit dem Ausland und den konzernweiten Produktionsstandorten messen. Da gilt es, sorgfältig zu beobachten, wie sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen im In- und Ausland weiterentwickeln.

MWh/a

KONTAKTE OLIVER LUDER / EnAW-Moderator oliver.luder@enaw.ch +41 44 732 92 86 MICHAEL OERTLIN / EnAW-Teilnehmer michael.oertlin@siigroup.com +41 61 825 81 50 JANICK TAGMANN / EnAW-Redaktion janick.tagmann@enaw.ch +41 44 508 07 33


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