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liegt das alles zurzeit in der Luft, man sieht es ja am Erfolg von Dimore. Aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich stiltechnisch tatsächlich gerne im Kalifornien der 70er leben.“ Am Anfang allerdings stand ausgerechnet eine Art déco-Kommode. Sie ist die permanente Leihgabe eines Freundes und das einzige Möbelstück, das gleich mit eingezogen war. So wählte Howlett die Wandfarbe stimmig zum Ton des Holzes. Weiß und Grau waren ihm zu langweilig. Das leuchtende Pfirsich-Orange aus dem Farbfächer von Farrow & Ball zum grauen Sichtestrich und dem schweren, maskulinen Ledersofa ergibt den Bruch, der ein Interior für den Halbamerikaner erst spannend macht: „Es darf ruhig ein bisschen sexy sein“, sagt er und grinst. „Ein bisschen Porno geht immer.“ Ein roter Samtvorhang schirmt das Bett ab, darauf liegt eine Pelzdecke, die aus zwei geerbten Nerzmänteln gefertigt wurde. „Die Decke, das Sofa, dazu der Seidenteppich, solche Dinge laden eiGesamtkunstwerk auf 80 Quadrat­ nen Raum auf.“ metern: Die Holzeinbauten, eine tech­ Tatsächlich hat Howlett jedes Stück nische Lichtschiene und rauer Sicht­ akribisch kuratiert, ja manchmal monateestrich bilden die versatile Basis des lang gesucht. Auf Flohmärkten, online, in Raumkonzepts. Erst die Auswahl an Galerien und Trödelläden. Zu jedem Objekt Möbeln und Objekten erweckt den Seventies­Stil zum Leben. Und der kann er eine Geschichte erzählen, von der Farbton „Red Earth“ von Farrow&Ball. Aufregung, als er Willy Rizzos signierten Sofatisch mit eingelassener Bar auf Ebay ersteigerte, obwohl er doch eigentlich nichts Eckiges mehr wollte. Oder über den emotionalen Wert des 100 Jahre alten Peschrank abgetrennt; wo einst die Küche kingseidenteppichs, den seine Eltern ihm war, steht jetzt das Bett. „Das Raumkonzept überlassen haben. „Für die nächsten fünf beruht natürlich auf den Gegebenheiten Weihnachten und Geburtstage zusammen!“ hier“, erklärt Justin Howlett, „aber ich habe Auf seinem Hemd wirbeln japanische wirklich jede Möglichkeit prüfen lassen.“ Wellen, er selbst wirkt ruhig, durchdacht, Struktur schenken dem Raum die Ein- sehr klar. So wie auch seine kleine Wohbauten aus dunkel lackiertem Holz, die nung bei aller Exzentrik eine große Ruhe Howlett zusammen mit Sven Clormann ausstrahlt. Gerade gestaltet er die großzüvon den Apfeldorfer Möbelwerkstätten re- gige Terrasse mit einem hölzernen Podest alisierte. Alles ist aus einem Guss und so und roten Ikea-Sesseln, die in dieser Farbe zurückhaltend, dass auf dieser Basis theo- gar nicht mehr hergestellt werden. „Aber retisch jeder Interior-Stil aufbauen könn- ich musste sie haben! Mir geht es ja nicht te. „Außer vielleicht Shabby Chic“, sagt um den nominellen Wert, sondern um das Howlett und lacht. Nichts könnte ihm fer- Design.“ Insgesamt acht Stück stehen nun nerliegen, war doch von Anfang an klar, dort, denn alles in dieser Wohnung ist auf dass er sich mit der Einrichtung an der bis zu sieben Gäste ausgelegt. Umgeben Bauzeit des Hauses orientieren würde, pas- von kleinen Kiefern und spitzblättrigem send zu seinem Faible für Palm Springs, im japanischem Ahorn, mit Blick auf eine Mix mit einem Hauch Glamrock. „Das hier efeubewachsene Industriehalle plant Howist einfach mein Stil. Ich liebe die postmo- lett schon die nächste Verschönerung: „Das dernen Designs der 70er und 80er, ich lie- Bad muss noch gemacht werden. Das präbe brutalistische Architektur. Natürlich sentiere ich beim nächstes Mal!“

„Ein gutes Interior muss auch sexy sein, ein bisschen Porno geht immer.“

Howlett, der in München und New York Innenarchitektur studiert hat und nun diesen Bereich beim Immobilienentwickler Euroboden leitet, gar nicht sicher, ob er hier bleiben würde. „Sechs Monate hatte ich überhaupt keine Möbel und habe aus Kisten gelebt“, erinnert er sich. Doch ihm gefiel der ruppige 70er Jahre-Charme des Hauses mit den Glasbausteinen im Eingang und den Böden aus Brannenburger Nagelfluh, dem deutschen Terrazzo-Äquivalent aus Flusskieseln. Nach Jahren in pragmatischen Wohngemeinschaften sollte die erste eigene Bleibe mehr bieten, auch wenn es sich um eine Mietwohnung handelte. So fiel für den 31 Jahre jungen Designer mit der Entscheidung zu bleiben auch der Startschuss für den Umbau der schlauchförmigen Wohnung. Die Zustimmung des Vermieters zu jeglichen Maßnahmen hatte sich Howlett gleich in den Vertrag schreiben lassen. „Meine Freunde haben mich zwar für verrückt erklärt, so viel Geld in eine Mietwohnung zu stecken, aber ich sehe es als Investment in die nächsten fünf oder vielleicht auch zehn Jahre, die ich hier wohnen werde. Ich möchte mich zu Hause wohlfühlen.“ Und so befindet sich heute außer dem Bad, das sich aufgrund der Anschlüsse nicht verlegen ließ, nichts mehr an gleicher Stelle: Das dunkle Ende des Wohnraums wurde als zweiseitig begehbarer Kleider-

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