eco.nova September 2021

Page 62

eco.wirtschaft

62

dere anerkannte Fachabschlüsse vorweisen zu können. Tatsächlich ist das in der Regel der erste Schritt und Einstieg ins Arbeitsleben, auf den meist noch viele Veränderungen und Entwicklungen folgen. Daher ist es in der Grundausbildung essenziell, dass die Fertigkeit, flexibel zu sein, lern- und bildungsbereit und offen, bereits in der Jugend als Arbeitstugend trainiert wird. Eine aktive Berufsberatung und -orientierung beginnt in Österreich in der Regel bei den 12- bis 13-Jährigen. Wir betreuen im AMS Tirol rund 400 bis 500 Schulklassenworkshops jährlich, um eine erste Orientierung zu geben, zeigen aber auch, dass sich daraus nicht zwingend ein stringenter Weg ergeben muss. Der Arbeitsmarkt ist aktuell extrem dynamisch. Die Wechselfrequenz ist hoch. Das hat seine Vorteile, bringt aber auch Hektik in Erwerbsbiografien.

Was wird die aktuell junge Generation konkret brauchen, dass sie sich am Arbeitsmarkt leichter tut? Gute Basiskompetenzen in Lesen, Schreiben, Rechnen – die auch digital kompetent angewandt werden können. Soziale Kompetenzen sind ebenso wichtig: Teamfähigkeit, Organisationstalent, kommunikative Kompetenzen und

auch ein guter Umgang mit sich selbst sowie das Wissen um die eigenen Fähigkeiten. In Österreich haben die jungen Leute viele Möglichkeiten und das ist wichtig. Eine Gesellschaft funktioniert nicht ausschließlich mit Maturant*innen und Akademiker*innen, genauso wenig wie sie es nur mit Arbeiter*innen oder Handwerker*innen tut. Wir brauchen (Hoch-)Schulen und Lehrbetriebe gleichermaßen. Nach wie vor ist Bildung hierzulande noch vererbt. Rund 80 Prozent aller Studierenden haben Akademikereltern. Es geht hier aber nicht nur darum, jedem, der es möchte, ein Studium zu ermöglichen, sondern auch darum, Akademikerkindern aufzuzeigen, dass es daneben auch viele andere Wege gibt. Hier braucht es noch viel Arbeit.

Hat dadurch die Lehre ein Imageproblem bekommen – eben weil Bildung vererbt und die Lehre dadurch mancherorts als „zweitklassig“ angesehen wird? Vielfach ist bei jungen Menschen eine weiterführende Schule die erste Wahl nach der Pflichtschulausbildung. Es gibt tatsächlich das Phänomen, dass sich viele Eltern für ihre Kinder einen schulischen Weg wünschen. Man muss jedoch sehen, dass auch

die Lehre erfolgreiche Karrieren ermöglicht und nicht nur Arbeit bedeutet, sondern auch Ausbildung nicht nur in fachspezifischen Bereichen. Um ausreichend Fachkräfte auszubilden, braucht es unbedingt all diese Angebote – Lehre, HTLs, Kollegs bis hin zu Hochschulausbildungen. Der Mangel aktuell ist nicht nur im Bereich der Lehrberufe akut, sondern zieht sich über mehrere Berufsfelder und Ausbildungsstufen. Wir sehen es als große Stärke der österreichischen Ausbildungslandschaft, dass es duale Ausbildung und ausgezeichnete berufs- und allgemeinbildende Schulen gibt. Was wir momentan spüren, ist die Demografie. Es sind weniger geburtenstarke Jahrgänge, die gerade in die Ausbildungen gehen. Um diese wird regelrecht geworben – was für die Jugendlichen durchaus positiv ist. Letztlich ist die Lehre ein wichtiger Bestandteil und ein zentraler Pfeiler der Tiroler Wirtschaft, der auch immer öfter von Maturant*innen gewählt wird. Ich sehe hier weniger ein Imageproblem, das Handwerk in Tirol hat einen guten Ruf. Von den Sozialpartnern wird viel Imagearbeit in diese Richtung betrieben, um die Vorteile der Lehre aufzuzeigen und die Qualität der Ausbildung weiterzuentwickeln. Für das AMS ist wichtig, dass die unterschiedlichen


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.