eco.nova September 2017

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eco.wirtschaft

Projekt Sonnental, Kitzbühel

vate nicht immer einfach. Wir versuchen, den Ausgleich zwischen Gemeinde, öffentlichem Interesse sowie dem Eigentümer der Liegenschaft herzustellen. Der möchte in der Regel möglichst viel Geld aus seinem Grundstück lukrieren, die Gemeinde möglichst viel sozialen Wohnbau. Das ist ein Spagat, der uns in letzter Zeit ein paar Mal sehr gut gelungen ist. Wir konnten Kompromisse finden und tolle großformatige Projekte umsetzen mit einer Mischung aus gefördertem Wohnbau und frei finanzierten Einheiten. Das sorgt auch in der Gesellschaft für eine soziale Durchmischung und das tut gut. Was sind Ihrer Meinung nach die Stellschrauben, an denen man in Bezug auf leistbares Wohnen noch schrauben könnte? Wir müssen in die Höhe bauen! Luft kostet uns nichts und ermöglicht effizientes Bauen. Und wir brauchen endlich flächendeckende Bebauungsregeln. Im Grunde ist es einfachste Volkswirtschaftslehre: Steigende Nachfrage bei gleich bleibendem Angebot führt zu steigenden Preisen. Wenn man dem entgegenwirken will, muss

„WIR GESTALTEN LANDSCHAFTEN, LEBENS- UND ARBEITSRÄUME UND HABEN EINE VERANTWORTUNG FÜR DEN RAUM UND DIE GESELLSCHAFT.“ Alexander Wolf, Geschäftsführer ZIMA Tirol

man das Angebot erhöhen, dann pendelt sich auch der Preis wieder ein. Es nützt nichts, wenn die Politik in den Markt eingreift. Der

Dinge gemacht hat wie vorgeschrieben. Wir

Ja. Unsere Branche ist sehr stark vom Hand-

bestimmt sich immer von selbst. Ein ver-

verwalten uns zu Tode! Die Leute in der Ver-

werk geprägt. Wir müssen die Häuser schließ-

mehrtes Eingreifen führt hingegen zu einem

waltung mögen alle nett und sympathisch

lich bauen, das macht kein Computer oder

Ungleichgewicht und das folglich zu Span-

sein, aber Wertschöpfung schaut anders aus.

Drucker. Das Problem ist, dass das Image des

nungen.

Keiner traut sich mehr, zu entscheiden.

Handwerks extrem leidet. Kaum ein junger

Will man etwas Neues probieren, braucht es

Mensch will mehr eine Maurer-, Zimmerer-

Sie bekritteln auch seit Jahren die unter-

Unmengen von Gutachten. Das bringt vie-

oder Spenglerlehre machen und da ist auch die

schiedlichen Bauordnungen in Österreich ...

le Kopfschmerzen. Und es kann folglich gar

Gesellschaft ein Stück weit schuld daran. Die

Mit unseren Expansionstätigkeiten wird uns

nicht anders sein, als dass Bauen und damit

meisten Eltern drängen ihre Kinder in ein Stu-

der Wahnsinn immer noch mehr bewusst.

das Wohnen immer teurer wird. Diese Vor-

dium, egal, ob sie das wollen oder dafür geeig-

Österreich hat neun verschiedene Bauord-

laufzeiten müssen entsprechend eingepreist

net sind. Ich frage mich, wer in Zukunft diesen

nungen – in jedem Bundesland gibt es andere

werden. Wir können nicht überleben, wenn

Luxus, den wir uns damit gönnen, bezahlen

Vorschriften, dabei hat ein Vorarlberger oder

wir nichts verdienen, selbst die Gemeinnüt-

soll. Wir brauchen neben Wissensarbeitern

Tiroler mit Sicherheit keine anderen Bedürf-

zigen nicht. Glauben Sie mir, uns macht es

dringend auch welche, die anpacken. Schon

nisse ans Wohnen wie ein Wiener. Der Bü-

auch keine Freude, die Preise bis aufs Letzte

jetzt tun wir uns sehr hart, entsprechende

rokratismus in Österreich ist furchtbar. Mit

auszureizen. Es wäre für uns viel einfacher

Handwerker zu finden, und es wird nicht mehr

dem Papier, das wir produzieren, bevor noch

und schöner, zu moderaten Preisen zu bau-

lange dauern, bis wir für einen Fliesenleger

ein Kubikmeter Beton gegossen wird, könn-

en und die Wohnungen rasch verkaufen zu

mehr bezahlen müssen als für eine Beratungs-

ten wir bildlich gesprochen ein Haus ganz oh-

können, anstatt hohe Preise verlangen zu

stunde beim Rechtsanwalt. Von Wartezeiten

ne Beton bauen. Wir werden vielfach im Kreis

müssen, die sich nur mehr eine ausgewählte

gar nicht zu reden, weil die guten Handwerker

geschickt – alles Zeit, in der keine Wertschöp-

Klientel leisten kann. Die Politik meint, uns

aussterben. Wir brauchen eine Ausgewogen-

fung passiert. Bis man ein Projekt starten

mit all ihren Regeln zwangsbeglücken zu

heit in der Gesellschaft zwischen geistiger und

kann, braucht es teilweise zwei bis drei Jahre.

müssen. Selbstverantwortung scheint es gar

körperlicher Arbeit. Wir haben nichts davon,

Das ist in Deutschland oder der Schweiz deut-

nicht mehr zu geben. So funktionieren wir

wenn wir topgeplante Häuser haben, aber kei-

lich klarer geregelt. Dort gilt das Motto „Hältst

mittlerweile.

ner stellt sie hin. Und diese Lücke wird kommen. Ich empfehle allen geschickten jungen

du dich an die allgemeinen Regeln, kannst du bauen“. Bei uns braucht es trotz klarer

Sie sehen zudem auch in einem anderen

Leuten, ein Handwerk zu erlernen und sich

Vorgaben und Definitionen Gutachter und

Bereich eine Herausforderung für die Zu-

selbständig zu machen. Sie werden die Profi-

Sachverständige, die bestätigen, dass man die

kunft. Im Handwerk nämlich.

teure dieser Entwicklung sein.

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