Themenschwerpunkt „Experimentierzeit Jugend“
Autorinnen / Autoren Ao. Univ. Prof.in Dr.in Barbara Juen Klinische und Gesundheitspsychologin Schwerpunkt: Klinische Psychologie, Notfallpsychologie, Krisenintervention, Entwicklungspsychologie Seite 04 – 06
Gerald Koller Kartograph und Brückenbauer. Der Referent, Autor und Konzeptentwickler ermutigt seit 30 Jahren zu mentaler und sozialer Gesundheit. Seite 07 – 10
Mag.a Dr.in Ruth Warger Klinische- und Gesundheitspsychologin, Notfallpsychologin, Sportpsychologin Seite 04 – 06
Impressum Medieninhaber, Herausgeber: koje - Koordinationsbüro für Offene Jugendarbeit und Entwicklung, Bregenz und aha - Tipps & Infos für junge Leute, Dornbirn | Redaktionsleitung: Regina Sams | Redaktionsteam: Thomas Müller, Michael Rauch, Barbara Österle, Isabel Baldreich redaktion@jugend-diskurs.at | Lektorat: Margit Schneider | Gestaltung & Illustrationen: chilidesign.at | Druck: Hugo Mayer GmbH, Dornbirn | Finanzierung: Land Vorarlberg - Fachbereich Jugend und Familie Diskurs kostenlos bestellen: abo@jugend-diskurs.at
Im Diskurs haben Menschen als AutorInnen Gelegenheit, ihre Interpretationen von Zahlen und Fakten sowie persönliche Meinungen und Haltungen als redaktionellen Beitrag darzustellen.
Die ersten Worte „Experimentierfeld Jugend“
04-06
Mut und Unmut
07-10
Jung sein
11-13
Entwicklungspsychologische Perspektiven
Interviews mit jungen Menschen
Inhalt „Mach es zu deinem Projekt“ 14-15 Dein Ticket zur Selbstbestimmung!
Die Wache
16-17
Vermutlich hat jede/jeder von uns ein oder mehrere Erlebnisse aus der Jugendzeit im Gedächtnis, auf welches wir heute nicht mehr ganz so stolz sind. Und trotzdem waren vielleicht genau diese Erlebnisse für uns sehr prägend. Sie haben uns weitergebracht, haben uns zum Denken angeregt und uns zu dieser Person geformt, die wir heute sind. Wieviel Spiel- bzw. Experimentierraum haben die heutigen Jugendlichen? Wie können wir als in der Jugendarbeit Tätige Jugendliche in ihrer Persönlichkeitsentwicklung begleiten? Wie gehen wir dabei mit dem Spannungsfeld zwischen Freiräumen zulassen und Grenzen aufzeigen um? Diesen Fragen geht diese DiskursAusgabe nach – wir wünschen beim Lesen viele neue Eindrücke und neue Sichtweisen! Regina Sams für das Redaktionsteam
Spannungsfeld für JugendarbeiterInnen zwischen Unterstützen und Loslassen
18-19
Diskurs stellt Fragen zur Diskussion
20-23
Aus der Jugendarbeit
24-27
Alle bisherigen Diskurs-Ausgaben und Abo kostenlos bestellen unter www.jugend-diskurs.at
Experimentierfeld
Jugend
Lisa Monz
Entwicklungspsychologische Perspektiven
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unsplash.com, Jordan McQueen
Der Zeitraum zwischen elf und 25 Jahren, entwicklungspsychologisch bezeichnet als das Jugendalter, ist durch gravierende Veränderungen und bedeutsame Herausforderungen gekennzeichnet.
Entwicklungsaufgaben im Jugendalter Hauptentwicklungsaufgabe für Jugendliche ist die Ablösung von den Eltern. Diese erfolgt zumeist in drei Schritten: der soziokulturellen Verselbständigung, welche immer früher erfolgt, der Verselbständigung im Wohnen und der finanziellen Unabhängigkeit. Letztere Aufgaben werden immer später erfüllbar durch verlängerte Ausbildungsgänge und Arbeitsmarktunsicherheit. Mit der soziokulturellen Verselbständigung verbunden ist die Bildung einer eigenständigen Identität. Identität bedeutet das Gefühl der Einheit über Raum und Zeit hinweg1 und erfordert in unseren westlichen Kulturen das Ausprobieren verschiedener Identitäten während der Übergangsphase ins Erwachsenenalter. Es kann von drei verschiedenen Identitätsformen2 ausgegangen werden: - die erarbeitete Identität, bei der der/ die Jugendliche sich nach einer Zeit des Experimentierens festlegt, - die übernommene Identität, bei der kein Experimentieren stattfindet und die Identitätsvorgabe der Eltern oder ande-
rer Autoritäten ungefragt übernommen wird und als dritte Möglichkeitsform - die Identitätsdiffusion. Die Identitätsdiffusion führt dazu, dass Jugendliche sich nicht festlegen können, was zu psychischen Störungen und/oder der Suche nach rigiden Identitätsvorgaben führen kann. Das Jugendalter beinhaltet neben Entwicklungschancen auch viele Risiken. Es handelt sich um eine Lebensphase, in der eine besonders große Verwundbarkeit für Fehlentwicklungen und verschiedene Störungen vorliegt3.
Die Gleichaltrigengruppe Die Gleichaltrigengruppe ist für Jugendliche das Vehikel ihrer Ablösung von den Eltern und eminent notwendig für die Identitätsbildung4. Gleichaltrigengruppenzugehörigkeit stellt für die meisten Jugendlichen eine wesentliche Grundbedingung für ihr Wohlbefinden und ihre gesunde Entwicklung dar. Ablehnung
durch die Gleichaltrigengruppe ist ein Risikofaktor für Probleme aller Art. Die von der Gleichaltrigengruppe vertretenen Identitätsentwürfe inklusive ihrer Werte und Zielvorgaben bestimmen wesentlich mit, in welche Richtung sich ein/e Jugendliche/r entwickelt.
Experimentierfreude und erhöhte Tendenz zu Risikoverhalten5 Jugendliche suchen mehr Grenzerfahrungen als andere Altersgruppen und zeigen ein höheres Risikoverhalten als Erwachsene. Jugendliche zeigen dieses risikobereitere Verhalten in den verschiedensten Bereichen: im Sport, im Straßenverkehr, im Umgang mit Gewalt, im Drogenkonsum, im Sexualverhalten und auch im Ernährungsverhalten. Dieses Experimentier- und Risikoverhalten ist ein wichtiger Bestandteil der Identitätsbildung und kann nicht per se als negativ bewertet werden, sondern kann auch wichtige positive Funktionen für die
Erikson, E. H. (1968). Identität und Lebenszyklus. Frankfurt: Suhrkamp Marcia, J. E. (1989). Identity diffusion differentiated. In M. A. Luszcz & T. Nettelbeck (Hrsg.), Psychological development across the life-span (S. 289-295). North-Holland: Elsevier. 3 Winkel, S. (2005). Suizidalität bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Nutzung von Gesprächsforen im Internet. Unveröffentlichte Dissertation, Universität Bremen | Wunderlich, U. (2004). Suizidales Verhalten im Jugendalter. Theorien, Erklärungsmodelle und Risikofaktoren. Göttingen: Hogrefe. 4 Vgl. Molock, S.D., Barksdale, C., Matlin, S., Puri, R., Cammack, N. & Spann, M. (2007). Qualitative study of suicidality and helpseeking behaviors in African American adolescents. American Journal of Community Psychology, 40, 1-2, 52-63. 5 Juen, B. & Rettenwander, A. (2003). Jugendliches Risikoverhalten. Vortrag Tagung „Grenzgänger“, Wien, 3.-4. Mai. 6 Seiffge-Krenke, I. (1994). Gesundheitspsychologie des Jugendalters. Göttingen: Hogrefe 1 2
Entwicklungsschritt von einer weniger reifen zu einer reiferen Entwicklungsstufe sein.
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Krisen im Jugendalter – Was tun?
Entwicklung von Jugendlichen erfüllen. Es kann dazu dienen, bestimmte Ziele zu erreichen, die blockiert sind oder nicht erreichbar scheinen. Es kann aber auch dem Ausdruck von Opposition gegenüber der Autorität von Erwachsenen bzw. der konventionellen Gesellschaft dienen. Zudem kann das Risikoverhalten als Bewältigungsversuch gesehen werden, mit dem Jugendliche versuchen, mit realen oder nur vorgestellten Ängsten, Frustrationen, Fehlern und dem daraus resultierenden Stress umgehen zu können. Und nicht zuletzt kann Risikoverhalten ein Weg sein, um von der jeweiligen Bezugsgruppe akzeptiert zu werden und Identität innerhalb der jugendlichen Subkultur zu erlangen6. Risikoverhalten kann demnach wichtige Persönlichkeitseigenschaften festigen und der Identitätsbildung dienen und so ein Zeichen für einen erfolgreichen
Das besondere bei Krisensituationen im Jugendalter ist, dass sie sich für Jugendliche rasch zuspitzen und sogar zu akuter Suizidalität führen können. In der Akutsituation kommt es im Umgang mit betroffenen Jugendlichen vor allem darauf an, eine sichere Kommunikationssituation herzustellen. Gelingt dies, kann versucht werden, über eine beziehungsfördernde Grundhaltung sowie den kontinuierlichen Versuch, mit dem Betroffenen ins Gespräch zu kommen, einen Zugang zum/zur Jugendlichen zu finden. Erst von da aus können gemeinsame Lösungsversuche für die akute Krisensituation gesucht werden. Präventiv gilt es, die Fähigkeiten Jugendlicher zur Bewältigung schwieriger Situationen zu verbessern. Je mehr verschiedene Bewältigungsstrategien Jugendliche prinzipiell zur Verfügung haben, desto besser bewältigen sie Krisen. Auch wenn Jugendliche scheinbar keine Erwachsenen brauchen, ist der Einfluss erwachsener Personen auf Jugendliche nicht zu unterschätzen. Erwachsene Bezugspersonen legen bereits lange vor dem Jugendalter den Grundstein für eine gesunde Entwicklung zum jungen Erwachsenen, indem sie sensible und verlässliche Vertrauenspersonen für das Kind sind und klare Grenzen und Strukturen bieten. Dasselbe gilt für jede zusätzliche
Bezugsperson im Jugendalter: Gelingt der Aufbau von verlässlichen und tragfähigen Vertrauensbeziehungen, besteht die Chance, dass Jugendliche sich, wenn sie nicht mehr weiterwissen, an Erwachsene wenden und sich und ihren Freunden/innen die Chance geben, Entwicklungskrisen positiv zu meistern. Das gelingt allerdings nur dort, wo erwachsene Bezugspersonen Jugendlichen ihre Freiräume zum Experimentieren lassen und sie als gleichwertige Person anerkennen. Zudem gilt es, die unterstützenden Kräfte der Gleichaltrigengruppe zu nutzen und anzuregen. Jugendliche, die gut aufeinander schauen und rechtzeitig reagieren, wenn eine/r aus ihrer Reihe Probleme hat, bewältigen Krisen wesentlich besser als jene, die sich von der Gleichaltrigengruppe entfremden oder sich an Gleichaltrigengruppen mit problematischen Wertvorstellungen anschließen. Werden Grenzen zur Selbstoder Fremdgefährdung überschritten, sollten Jugendliche verlässliche erwachsene Bezugspersonen haben, an die sie sich wenden können. Ao. Univ. Prof.in Dr.in Barbara Juen Mag.a Dr.in Ruth Warger
Kontakt Ao. Univ. Prof.in Dr.in Barbara Juen Mag.a Dr.in Ruth Warger Universität Innsbruck Innrain 52, 6020 Innsbruck E: Barbara.Juen@uibk.ac.at ruth.warger@yahoo.de
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Mut und Unmut Warum Jugendliche Grenzen suchen und darin ihr Leben finden
„Wer gegen die Gesetze dieser Gesellschaft nie verstoßen hat und nie verstößt und nie verstoßen will; der ist krank. Und wer sich noch immer nicht krank fühlt in dieser Zeit, in der wir leben müssen; der ist krank. Wer sich seiner Schamteile schämt und sie nicht liebkost und die Scham derer, die er liebt, nicht liebkost; der ist krank. Wer sich abschrecken lässt durch die, die ihn krank nennen und die ihn krank machen wollen; der ist krank.
Wer geachtet sein will, von denen, die er verachtet, wenn er den Mut dazu aufbringt; der ist krank. Wer kein Mitleid hat mit denen, die er missachtet und bekämpfen muss, um gesund zu sein; der ist krank. Wer sein Mitleid dazu gebraucht, die Kranken nicht zu bekämpfen, die um ihn herum andere krank machen; der muss krank sein. Wer sich zum Papst der Moral und zum Vorschriftenmacher der Liebe macht; der ist so krank wie der Papst.
Wer glaubt, dass er Frieden haben kann oder Freiheit oder Liebe oder Gerechtigkeit, ohne gegen seine eigene Krankheit und die seiner Feinde und Freunde und seiner Päpste und Ärzte zu kämpfen; der ist krank. Wer weiß, dass er, weil er gesund ist, ein besserer Mensch ist als die Kranken um ihn herum; der ist krank.“ Erich Fried
Entgegen einer all zu idealistischen Definition vom (angeblich) gesunden Leben – dem vollkommenen Wohlbefinden und dem Frei-Sein von allen Problemen – einer Definition, die uns in ihrem totalitären Anspruch erdrückt, provoziert Erich Fried mit seinem Gedicht zu einem Gesundheitsdenken, das vor 150 Jahren der Arzt und Jesuit Rössler folgendermaßen beschrieben hat: „Gesundheit ist nicht die Abwesenheit von Problemen, sondern der Mut mit ihnen umzugehen.“ Diesen so lebensnahen Satz lohnt es sich auf der Zunge zergehen zu lassen: Nicht dann, wenn Jugendliche keine Probleme haben (oder machen), sind sie gesund, sondern wenn sie und wir den Mut haben, Probleme wahrzunehmen und uns ihnen zu stellen. Hier also geschieht Reifung, Entwicklung und Gesundung! Hätten wir ein Gesundheitsund Bildungssystem, das dieser Definition folgt, dann wären manche der als „behindert“, „problematisch“ oder „verhaltensoriginell“ bezeichneten jungen Menschen gesünder als viele derjenigen von uns, die sich mit sich selbst und ihrer Umwelt nicht mehr auseinander setzen. Jugendliche würden so in ihrem Risikoverhalten als Suchende begriffen: die die Auseinandersetzung mit ihren Möglichkeiten und Grenzen suchen ... Auseinandersetzung als Grad eines souveränen Lebens: das haben die al-
ten Griechen schon gemeint, als sie das Wort „Heilung“ aus dem Wortstamm „schöpferisch sein“ entnommen haben – das Wort „Krankheit“ jedoch aus dem Wortstamm „normal sein“. Diese andere Haltung ist zu kommunizieren – denn noch immer (und immer wieder aufs Neue) wird „Normalität“ als moralische Drohkeule des Gesundheitsterrorismus missbraucht, oftmals mit nur einem Ziel: Menschen mit Hilfe unhinterfragter Tabus zu funktionalisieren und zu domestizieren. Tabus schützen und engen ein, sie klären und verbergen, je nachdem, aus welcher Position sie wahrgenommen und erlebt werden. Der Wert und Unwert von Tabus, ihre entwicklungsfördernde oder -hemmende Wirkung, kann also nur situativ wahrgenommen werden. In der Betrachtung der Genese der westlichen Kultur – die ja stiller Auftraggeber für die Arbeit mit Jugendlichen ist – fällt diese vieldeutige Wirkungsmacht von Tabus auf: Der Satz, der die Neuzeit begründete, jener des René Descartes: „Ich denke, also bin ich“ – er hat ebenso Klärungen und Klarstellungen bewirkt wie auch neue Tabus definiert. Offensichtlich geht eben das Eine ohne das Andere nicht. Interessant ist aber, wenn man Descartes Gedankenweg folgt, der ihn zu dieser Definition menschlichen Daseins hat kommen lassen: Für ihn
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ist die Überraschung die Wurzel allen Übels. Sie mache Menschen Angst und sie damit unfrei. Aufgabe der Gesell schaft sei es also, Überraschungen zu verhindern und auszuschließen. Dieser risiko-feindlichen Haltung der westlichen Kultur ist es zu verdanken, dass allerlei pädagogische Fachkräfte – führen sie ihren gesellschaftlichen Auftrag aus – Grenzwachebeamte sind, die die der bösen Überraschung verdächtigte „Ziel“gruppe lokalisieren und durch präventive Maßnahmen soweit bannen soll, dass sie ihres Überraschungspotentials beraubt sind. Die Folge: eine Erziehung, die nicht Tabus diskutiert, sondern Tabus schafft – und damit eine gespaltene Lebenswelt von
Jugendlichen, die auf sich allein gestellt sind, den Brückenschlag zwischen Reiz und Verbot zu schaffen. Nach diesen Betrachtungen des gesellschaftlichen und politischen Rahmens, in dem Jugendliche heute Risiko- und Grenzerfahrungen machen, wollen die nächsten Zeilen eine Deutung versuchen, warum junge Menschen (und nicht nur sie) Grenzerfahrungen aufsuchen: Die Grenze ist ein Raum besonderer Bewusstheit und Wahrnehmung. Grenzen sind (unsere wichtigste körperliche Grenze, die Haut, macht uns das immer wieder deutlich) sensible Zonen, in denen sich Intensität und Austausch
ereignen. Die Erfahrung von Grenze ist immer auch die Erfahrung von Mitte. Wer also Grenzerfahrungen aufsucht, sucht nicht selten das Zentrum der eigenen Persönlichkeit. Jugendliche suchen Grenzen auch auf, weil sie von den Verboten der Bewah rungspädagogik attraktiv gemacht werden: Das Reaktanz-Phänomen ist besonders unter Jugendlichen ausgeprägt – und die Prävention weiß ein Lied davon zu singen: So haben auf die deutsche Kampagne „Keine Macht den Drogen“ Jugendliche umgehend im Internet mit einer Flut kreativer Reaktionen geantwortet: „Keine Nacht ohne Drogen“ stand da zu lesen, oder „Meine Alte hat mich bedrogen“. Menschen re-
Natürlich fällt es leichter, Grenzerfahrungen aufzusuchen und dabei das damit verbundene Risiko auszublenden, wenn das Bewusstsein über mögliche Folgeschäden nicht vorhanden ist. Je unmittelbarer ein möglicher Schaden durch das eigene Verhalten provoziert werden kann, desto sensibler sind Menschen in Risikosituationen. Oft ist es aber gerade so, dass der Nutzen aus einem Risikoverhalten direkt spürbar, der Schaden jedoch kaum bewusst ist. Die Alternative eines risiko-abstinenten, also angeblich gesünderen Lebens, ist für Jugendliche keine, da Gesundheit für sie keinen Wert darstellt – das zeigen alle Wertuntersuchungen. Gesundheit wird erst in höherem Alter zum wertvollen Gut. Aber auch dort gilt: Gesundheit ist nie Wert an sich, sondern wird erst dann wertvoll, wenn sie für etwas
eingesetzt werden kann. Gesundheit ist mit der Frage des persönlichen Lebenssinns also direkt verbunden! Wird das Alltagsleben als sinnlos empfunden, steigt die Bereitschaft, die Gesundheit aufs Spiel zu setzen, um kurzfristig sinnlich das Leben zu spüren ... Schließlich können Grenzerfahrungen nur dann als solche wahrgenommen werden, wenn Menschen sich als Leib spüren und über eine gute Körperwahr nehmung verfügen. Wer sich selbst nicht spürt, spürt auch nicht, wann‘s zuviel ist: so kommen viele Jugendliche in Grenzsituationen, ohne dies bewusst zu wollen oder anzusteuern. Von einer Vorbereitung und Reflexion dieser Situatio nen, wie es der risflecting-Ansatz zu Rausch- und Risikopädagogik vorsieht, ist bei vielen jungen – und auch älteren – Menschen gar nicht die Rede. Was bedeutet das hier beschriebene Panoptikum von Motivationen, Grenzund Risikosituationen aufzusuchen, für
die Begegnung mit Jugendlichen? Die Antwort führt uns zu zwei Binsenwahrheiten, die wir wohl so lange werden wiederholen müssen, bis wir ihre Umsetzung wirklich realisieren: Sie gelingt nur dann, wenn sie partizipativ angelegt ist. Mehr als Tipps, Ratschläge und Informationen brauchen Jugendliche einen Rahmen, in dem sie Selbstermächtigung und Selbstwahrnehmung trainieren können und Risikomanagement zu ihrem eigenen Thema machen. Jugendliche zur Lebenskompetenz zu begleiten, bedeutet nicht, außergewöhnliche Erfahrungen anzubieten, sondern sensibles Wahrnehmen und Umgehen mit Grenzen zu ermöglichen – insbesondere mit jener zwischen Alltag und Außeralltäglichem. Ziel soll es dabei sein, das Außergewöhnliche im Gewöhnlichen – und umgekehrt – wahrnehmen zu können. Gerald Koller
Kontakt
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agieren auf Vorschriften mitunter eben mit überaus schöpferischem Trotzverhalten ...
Gerald Koller FORUM LEBENSQUALITÄT Europäischer Bildungsraum für Gesundheit, Gesellschaft und Geselligkeit Postfach 1 7222 Rohrbach bei Mattersburg E: gerald.koller@qualitaetleben.at www.risflecting.eu www.qualitaetleben.at
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jung sein ... Interviews mit jungen Menschen
Moritz, 18 Jahre Es passiert durchaus hin und wieder, dass ich Risiken eingehe, vor allem im Sport, um meine Grenzen kennen zu lernen, aber auch oft in alltäglichen Situationen, um zu testen, wie weit ich gehen kann. Zum Glück betrifft es mich jetzt nicht mehr, doch als ich noch nicht volljährig war, waren es oft die Gesetze – von wegen Ausgehzeiten und Alkoholverbote und Ähnliches, was mühsam war und mein Leben verkomplizierte. Ansonsten denke ich aber, dass ich genug Freiraum habe. Auch wenn ich immer wieder Risiken eingehe und auf Grenzen stoße, sind
solche Erfahrungen für mich gut, um meine Grenzen kennen zu lernen und eventuell auszuweiten.
Sarah, 16 Jahre Diesen Sommer bin ich mit meiner besten Freundin fünf Wochen in Brasilien gewesen. Mit gemischten Gefühlen ließen mich meine Eltern diese Reise antreten. Für mich war das Risiko offensichtlich nicht groß genug, um mich von der Reise abzuhalten. In Brasilien sind die Sicherheitsbedingungen extrem streng, zum Beispiel hat jedes Dorf am Eingang Securities, welche die Hinein- und Hinaus-Gehenden kontrollieren. Eines Abends kamen meine Freundin und ich spät nach Hause und wir mussten bei den Securities war-
ten, da ihre Eltern nicht zu Hause waren, weil es nicht gestattet ist, dass sich Jugendliche alleine im Haus aufhalten. In Vorarlberg habe ich oft das Gefühl, dass Jugendliche nicht auf Verbote achten. Sie kümmern sich zum Beispiel nicht darum, welchen Alkohol sie konsumieren dürfen, wann sie zu Hause sein sollen etc. Allerdings finde ich diese Verbote sinnlos. Sie geben mir das Gefühl, als würden die Erwachsenen uns nicht vertrauen und denken, wir wären nicht intelligent genug, es selber einschätzen zu können.
Adrian, 16 Jahre Mein Kollege und ich sind einmal ein großes Risiko eingegangen. Beim Skifahren fuhren wir im Tiefschnee und da es uns so viel Spaß machte, haben wir uns immer weiter ins Gelände gewagt. Wir hatten einen großen Schrecken, als mein Kollege plötzlich abstürzte. Glücklicherweise kam er ohne schlimme Fol-
gen davon. Dies war dann so der Moment, in dem uns bewusst wurde, dass wir ein zu großes Risiko eingegangen sind. Im Großen und Ganzen wünsche ich mir eigentlich nicht mehr Freiraum. Ich habe das Gefühl, dass ich alles machen kann, was mir wichtig ist.
Roni, 18 Jahre Unter Einfluss von Alkohol kann es schon passieren, dass man gesetzliche Grenzen überschreitet. Das sind dann zwar einerseits sehr interessante Erfahrungen, wenn auch – im Nachhinein gesehen – nicht zu empfehlen.
Die Konflikte mit der Polizei, die daraus entstehen können, sind sehr unangenehm. Zum Glück ergaben sich noch nie ernsthafte Konsequenzen, lediglich Verwarnungen für mich. Ansonsten bin ich eigentlich nicht der Meinung, dass ich noch mehr Freiraum benötige, da ich alles machen kann, wonach mir ist und ich mit unseren gesellschaftlichen Regeln zufrieden bin.
13 Zäzilia, 14 Jahre Schon öfters bin ich mal Risiken eingegangen. Zum Beispiel habe ich einmal in der Nacht unbefugt in eine Baustelle betreten. Auch einst in Manhattan, als Elfjährige, bin ich aus einer Trotzreaktion abgehauen und irrte mutterseelenalleine eine halbe Stunde herum. Zu dieser Zeit war mir das Risiko dieser Aktion allerdings noch nicht bewusst.
Auch im Sport gehe ich oft gewisse Risiken ein. Verbote hintergangen habe ich eigentlich noch nie und empfinde dies auch nicht als Einschränkung. Mehr zeitlichen Freiraum würde ich mir in Bezug auf die Schule wünschen, sodass ich noch mehr Raum hätte, meine individuellen Interessen zu verfolgen.
Philipp, 19 Jahre Wenn ich neue Sachen ausprobiere, stoße ich definitiv sehr oft an meine Grenzen, besonders beim Sport. Zum Beispiel gehe ich gerne Ski fahren und probiere dort auch öfters mal neue Dinge aus. Dann gehe ich oft ein Risiko ein, von dem ich im Nachhinein das Gefühl habe, dass es nicht sehr vernünftig gewesen ist. Ich finde, dass Straftaten, welche mit Suchtmitteln zu tun haben, nicht mit
Freiheitsentzug sondern mit Therapie behandelt oder bestraft werden sollten. Ein Gefängnisaufenthalt kann gerade für einen jungen Menschen folgenschwerer sein, als die Straftat selbst. Ansonsten betreffen mich viele Jugendschutzgesetze nicht mehr, da ich volljährig bin und das Gefühl habe, meinen Interessen ohne Gesetzeskonflikt nachgehen zu können.
Daniel, 19 Jahre Zum Thema Grenzen fällt mir Fußball ein. Wenn ich renne, bis ich am Ende bin und mir alles weh tut. Oder Alkohol, wenn man soviel trinkt, bis man nicht mehr weiß, was man tut. Warum ich das mache? Ich will einfach wissen, wie das ist, wie sich das anfühlt. Und wenn ich
Die Interviews führte Viviana Frager vom Multimedia-Team von aha.
es weiß, dann mache ich es später nicht mehr, oder nur, wenn ich muss, wie z. B. bei einem Fußball-Match – da habe ich nicht immer die Wahl. Ich finde auch, dass manche Gesetze übervorsichtig und unnötig sind. Die kann man dann auch ignorieren, auch wenn man weiß, dass man‘s nicht tun darf. Was ich auch nicht verstehe ist, warum z. B. ein 17-Jähriger nicht in eine Bar darf, nur weil er noch nicht 18 ist, obwohl er sich besser benimmt als manch 18-Jähriger.
Villa K.
Mach es zu deinem
Projekt
Dein Ticket zur Selbstbestimmung!
„Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen beginnt in den Köpfen der Erwachsenen: Sie müssen die entsprechenden Beteiligungsmöglichkeiten einräumen, dann können Kinder und Jugendliche gestalterische und politische Handlungsmöglichkeiten erfahren und soziale Kompetenzen erwerben.“ 1
Aufbauend auf dem letzten Jugendsozialarbeitsprojekt der Offenen Jugendarbeit Bludenz – Villa K. mit dem Titel „Mach es zu DEINEM Projekt“ findet dieses Jahr die Fortsetzung „Mach es zu DEINEM Projekt – RELOADED!“ statt. Im Wesentlichen geht es darum, den Jugendlichen eine Plattform zur Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung zu bieten, die im geschützten Rahmen professionell begleitet wird. Zunächst mussten aber alle Projektbeteiligten lernen, Selbstbestimmung zuzulassen.
Für die JugendarbeiterInnen bestand die Herausforderung darin, sich zugunsten der Selbstbestimmung der Jugendlichen zurückzuhalten. Ein Umdenken in Bezug auf die Gewohnheit, die Dinge für Jugendliche in die Hand zu nehmen, war notwendig. Bei den Jugendlichen stellten wir fest, dass auch sie sich auf einige Planungspunkte ohne Absprache darauf verließen, dass wir MitarbeiterInnen diese organisieren werden. Regelmäßige Treffen schafften jedoch Klarheit darüber, wie die einzelnen
ÖGUT (08.09.2016), http://www.partizipation.at/fileadmin/media_data/Downloads/themen/kinder-jugend-part.pdf 2 Gerald Hüther 2012 (08.09.2016) in der Standard: http://derstandard.at/1334368981969/Hirnforscher-Schule-produziertlustlose-Pflichterfueller 1
Projektprozesse gestaltet werden können. Eine weitere Herausforderung war die Fähigkeit zu entwickeln, auch ein Scheitern zulassen zu können und darin eine Chance der Weiterentwicklung aller Beteiligten zu sehen, anstatt – wie es in unserer Wettbewerbs– und Leistungsgesellschaft üblich ist – eine Niederlage.
Spaß am Lernen zulassen und fördern Durch eine erlebte Achtung und Wertschätzung für ihr Tun sowie den Aufbau einer „Fehlerkultur“, in der wir uns anerkennen und positiv mit Veränderungen und Misserfolgen umgehen, wurde es den TeilnehmerInnen ermöglicht, dass sie auf ihre Vorhaben und sich selbst vertrauen. Somit entstand der Mut für die Umsetzung eigener Ideen sowie das Vertrauen in sich selbst und für das eigene Handeln Verantwortung zu übernehmen. Die durch Schule und Gesellschaft anerzogene Angst vor dem Misserfolg und Scheitern erschwert jegliche Möglichkeit einer langfristigen positiven Persönlichkeitsentwicklung und Kreativität. Angst ist der größte Intelligenzkiller. Aufbauend auf den neuesten Erkenntnissen der Gehirnforschung gilt es auch in unserem heurigen Jugendsozialarbeitsprojekt wieder umso mehr, unseren TeilnehmerInnen einen Freiraum zu bieten, welcher Sicherheit, Wertschätzung, Respekt, Kreativität und vor allem Spaß am Lernen zulässt und fördert. „Die Hirnforschung kann inzwischen zeigen, dass sich im Hirn nur dann etwas ändert, wenn es unter die Haut geht. (…) Im Hirn passiert immer erst dann etwas, wenn derjenige, der lernt, das für
sich selbst als wichtig beurteilt. Denn nur dann lässt man sich davon berühren, dann gehen die emotionalen Zentren an. (…) Und das führt dazu, dass man immer das, was man mit Begeisterung lernt, auch so gut behält.“ 2 Die Herausforderung war also zunächst einen Geist zu schaffen, der die Teilnehmenden nochmal spüren lässt, dass wir mit allen Menschen – unabhängig von Talent, Erfahrung, Alter, Nationalität, Hautfarbe, ethnischer Zugehörigkeit, sozialer Herkunft, etc. – etwas gestalten können. „Mach es zu DEINEM Projekt – RELOADED!“ ist ein Ticket für alle Beteiligten, durch positive Teamarbeit und Zusammenhalt Wertschätzung und Anerkennung zu erfahren und sich schöpferische, kreative und berufsqualifizierende Kompetenzen abseits des Alltags anzueignen.
Auf Ideen Jugendlicher vertrauen In den entstandenen und fortlaufenden Projektgruppen – darunter eine Boxtrainingsgruppe, die Tanzgruppe „Revolution“, eine Soundgruppe mit dem Namen „Beat Factory“ und ein Jugendteam, welches aktiv das Monatsprogramm gestaltet – werden die beschriebenen Ziele durch professionelle Begleitung des Villa K. Teams verfolgt und in die Tat umgesetzt. Die Projektbeteiligten bekamen in diesem Projekt die Möglichkeit, ihren bio-psycho-sozialen Bedürfnissen nachzugehen. Durch das Mitreden, Mitgestalten und Mitbestimmen ihres Lebensraumes erarbeiteten die Jugendlichen eine gute Basis für die demokratische Beteiligung im Erwachsenenalter. Durch das Projekt haben wir im Team
15 eine völlig andere Arbeitshaltung gewonnen. Die Inhalte und Haltung von „Art of Hosting“ waren eine große Bereicherung für das Jugendsozialarbeitsprojekt und sind inzwischen fester Bestandteil unserer Arbeit geworden. Wir haben es geschafft, auf die Ideen der Jugendlichen zu vertrauen. Unterschiedliche Interessen führten dazu, dass es viele gemischte Arbeitsgruppen mit unterschiedlichen Teammitgliedern gab. Diese konnten eigene Stärken und Leidenschaften in das Projekt miteinfließen lassen und die Jugendlichen bei ihren Vorhaben unterstützend begleiten. Durch verschiedene Teamkonstellationen gab es einen regen Austausch, neue Tools wurden eingesetzt und die selbstbestimmte Arbeit zog sich bis in andere Gruppen, die nicht Teil des Jugendsozialarbeitsprojekts waren. Unser Ziel war und ist es, die funktionierende Partizipation aufrecht zu erhalten und Jugendlichen weiterhin eine Plattform zu bieten, wo sie sich selbst entfalten, verwirklichen und somit selbstbestimmt bilden können. „Hast du dein Ticket schon gelöst?“ Tina Rittmann und Mag. Marco Wagner
Projektleitung und Kontakt Tina Rittmann Pädagogin & Jugendarbeiterin Offene Jugendarbeit Bludenz – Villa K. E: tina@villak.at Mag. Marco Wagner Jugendarbeiter Offene Jugendarbeit Bludenz – Villa K. E: marco@villak.at www.villak.at
Miriam Rusch
Die Wache Eine besondere Methode jugendlicher und junger erwachsener PfadfinderInnen
Die Pfadfinder und Pfadfinderinnen sind mit 38 Millionen Mitgliedern die weltweit größte internationale Kinder- und Jugendbewegung. Sie sind in über 216 Ländern auf allen Erdteilen und Kontinenten vertreten.
Sie sind eine demokratische, parteipolitisch unabhängige Kinder- und Jugendbewegung, die Menschen aller Hautfarben und aller Religionsgemeinschaften offen steht. Sie unterstützen Kinder und Jugendliche mit ganzheitlichen Methoden bei der Entwicklung ihrer Persönlichkeit. Ihrem Alter entsprechend erleben die Kinder Spiele und Abenteuer. Als Jugendliche können sie ihre eigenen Ideen in gemeinsame Unternehmen und Projekte einbringen.
Die Ranger/Rover-Stufe Die Ranger (Mädchen) und Rover (Jungen) befassen sich mit selbstgewählten Themen. Die LeiterInnen begleiten die jungen Erwachsenen bei ihren Aktivitäten. Ranger (Ra) und Rover (Ro) erleben mit FreundInnen viel Spaß, Abenteuer und Action und stellen sich den Herausforderungen, die das Leben bietet. Ra/Ro nehmen nach und nach ihr Leben immer mehr selbst in die Hand.
17 Die Wache der Ranger und Rover – Mystik und Methode Die Ra/Ro-Wache ist eine ganz besondere Methode, die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Entscheidungssituationen Hilfe und Unterstützung sein kann. „Auf Wache sein“ heißt, in einer gewissen Zeit in einem bestimmten ausgewählten Umfeld sich selbst seinen Entscheidungen bewusst zu stellen, Vergangenes zu reflektieren und über Zukünftiges nachzudenken. Eine Wache kann vieles sein – sie ist eine Standortbestimmung, ein Engagement, eine Entscheidung, eine Konfliktlösung. Eine Wache ist jedoch keine Mutprobe, kein Muss, kein Wundermittel zur Problemlösung. Eine Wache ist eine hervorragende Methode, um mit Entscheidungssituationen fertig zu werden. Es gibt jedoch kein Patentrezept und keine endgültige Checkliste – die Wache kann ganz individuell gestaltet werden und hat schon viele Pfadfinder und Pfadfinderinnen auf ihrem Weg begleitet.
Warum gibt es die Wache gerade bei den Ra/Ro? Die Wache fand Einzug als Methode aufgrund der besonderen Situation, in der sich Jugendliche im Alter zwischen 16 und 20 Jahren befinden: Zwischen Kind, Jugendlicher/Jugendlichem und Erwachsener/Erwachsenem, in besonderen Entscheidungssituationen, die wesentlichen Einfluss auf die weitere Lebensgestaltung haben. Zwischen Schule, Studium, Ausbildung und Beruf. Zwischen Beziehungen, FreundInnen, Eltern. Kurz – eine turbulente Zeit. Die Wache ist eine Methode, bei der die/ der Einzelne im Mittelpunkt steht, die Gemeinschaft aber gleich wichtig ist und eine wesentliche Rolle einnimmt.
Wie kann eine Wache ablaufen? Während der Vorbereitungsphase begibt sich der bzw. die „Wachewerbende“ auf die Themensuche: Warum möchte ich eine Wache machen? Es soll ein Thema konkretisiert und ein WacheZiel formuliert werden. Als nächstes wird der Ablauf gemeinsam geplant: Wann und wo findet die Wache statt? Wer kann dabei unterstützen? Als letzter Schritt der Vorbereitung kommt der endgültige Entschluss, die Wache durchzuführen und der letzte Check, ob alles passt. Die Ausrüstung reduziert sich auf die wesentlichen Dinge: Proviant, eine Plane mit Schnüren, Schlafsack, Schreibzeug. Bei der Durchführung der Wache geht es zuerst einmal darum, anzukommen am Wache-Ausgangsort, abzuschalten vom Alltag und sich einzustimmen auf die bevorstehende Zeit. Der Aufbruch in die Wache ist ein bewusster Schritt und der Zeitpunkt ist selbstgewählt. Meist begibt man sich auf eine Wanderung und/oder sucht sich einen ruhigen Rückzugsort in der freien Natur. Ausgestattet mit ImpulsTexten und Impuls-Fragen zum selbstgewählten Thema kann die Auseinandersetzung mit sich selbst beginnen. Wann es Zeit ist, zurückzukehren, entscheidet jedeR selbst. Das Ankommen ist eine sehr sensible Zeit, denn jedeR reagiert dabei anders. Mal sprudeln die Ereignisse und Gedanken nur so heraus, mal hat man ein intensives Bedürfnis, noch ein wenig allein zu sein. Zum Abschluss der Wache soll zeitnah ein Wachegespräch stattfinden. Dabei wird das vom jungen Menschen Erlebte mit der Begleitperson aufgearbeitet. Am Ende gibt es noch eine Wachefeier, bei welcher dem oder der „WachewerberIn“
das Wachabzeichen verliehen wird. Dieses ist ein Zeichen dafür, dass die jungen Erwachsenen auch zukünftig bereit sind, sich mit Lebensfragen auseinanderzusetzen. Abgeschlossen wird die Methode mit einer Auswertung. Dabei werden der gesamte Ablauf, ob das Ziel erreicht wurde, wie es dem/ der „WachewerberIn“ ergangen ist und welche Erfahrungen mitgenommen werden, reflektiert. Fest steht, dass es ein ganz besonderes Ereignis ist. Ein Erlebnis, das oft eine Unterstützung in einer wichtigen Lebenssituation war, in der die Wache auch eine Bestärkung für eine bereits getroffene Entscheidung geben konnte oder der Person am Weg zu dieser Entscheidung geholfen hat.
Die Wache – mein persönlicher Eindruck Meine eigene Wache habe ich gemeinsam mit meiner besten Freundin erlebt. Es war ein eindrückliches Erlebnis – in der Nacht aufzubrechen und sich ein paar Stunden mit einem persönlichen Thema auseinanderzusetzen. Es hat mich in meinem Pfadfinder-Dasein bestärkt und unsere Freundschaft noch intensiver gemacht. Miriam Rusch BA, Mitglied des Landesverbandes der VPP, Ra/RoBegleiterin bei der Pfadfindergruppe Dornbirn
VPP – Vorarlberger Pfadfinder und Pfadfinderinnen In Vorarlberg sind über 4.500 Pfadfinder und Pfadfinderinnen in zahlreichen Ortsgruppen in allen Bezirken aktiv. E: landesleitung@pfadis-vorarlberg.com www.pfadis-vorarlberg.com
Offene Jugendarbeit Lustenau
Spannungsfeld
für JugendarbeiterInnen
zwischen Unterstützen und Loslassen Sandra Lerchbacher beschreibt anhand eines Projektes, wie sie mit dem Spannungsfeld zwischen Unterstützen und Loslassen umgeht und dass die Experimentierfreude der Jugendlichen auch ansteckend sein kann.
Der Weg als Ziel und spannendes Lernfeld ... „Ich weiß nicht, warum alle immer sagen, junge Leute interessiert die Zukunft nicht. Mich interessiert’s, ob wir uns gut verstehen oder ob wir Angst vor Terrorismus und Bomben haben müssen.“ Im offenen Betrieb wurde dieser Satz Anfang des Jahres von einer Jugendlichen gesagt und regte damit eine Diskussion an.
Dies war die Geburtsstunde des Jugendprojektes #Friedenstaube - Explosion of Peace.
Jugendliche starten ein Projekt Mit etwas Unterstützung der JugendarbeiterInnen wurde aus dem Gespräch bald ein eifriges Suchen, wie man die Meinung von Jugendlichen sammeln, zum Ausdruck bringen kann und möglichst vielen, vor allem auch verantwortlichen Personen, mitteilen könnte. Bald darauf starteten einige Jugendliche damit, SponsorInnen, Projektgelder und MitstreiterInnen zu suchen. In regelmäßigen Jugendprojektgruppensitzungen und über soziale Medien wurde der
Verlauf des Projektes diskutiert, weitere Abläufe geplant und versucht, mögliche Hindernisse im Vorfeld zu erkennen. Dabei spielte die Jugendarbeiterin die Rolle der eher passiven Beobachterin. Bis dato wurden aber nicht nur Sponsorengelder von den Jugendlichen lukriert und Flyer gestaltet, sondern auch ein Flashmob organisiert, ein Video gedreht und MitstreiterInnen auf der ganzen Welt kontaktiert.
Sei achtsam! Werden Schwierigkeiten sichtbar oder läuft mal etwas schief, unabhängig, ob es sich dabei um persönliche Differenzen unter den Jugendlichen oder um den Pro-
19 jektablauf dreht, wird der/die begleitende JugendarbeiterIn in einem langwierigen Projekt – wie dem genannten – früher oder später aktiv werden. Dies gilt zum Beispiel auch dann, wenn es darum geht, neue Räumlichkeiten, wie das Mädchencafé oder die Oase oder Freiräume für Jugendliche zu schaffen. Nicht zwingend trifft die beschriebene Vorgehensweise auf alle partizipativen Jugendprojekte zu, sondern liegt im Ermessen der begleitenden JugendarbeiterInnen. Ich persönlich versuche ständig mit allen Beteiligten in Kontakt zu bleiben. Sei es über neue soziale Medien, im Offenen Betrieb oder in Einzelgesprächen. So erfahre ich früh genug, wie die Stimmung ist und ob es Schwierigkeiten gibt. Sollte dies der Fall sein, bitte ich alle Jugendlichen zu einem Treffen. Im persönlichen Gespräch bzw. mit Hilfe von Teambuilding-Spielen lässt sich meist eine Lösung für alle finden. Dabei ist es mir wichtig, dass der Ausblick in die Zukunft sich für alle Be teiligten nicht als perspektivenlos zeigen sollte und dass die Aufgaben nicht demotivieren. Ansonsten müssen die jungen Menschen von den Sozial- bzw. JugendarbeiterInnen aufgefangen werden.
Der Weg ist das Ziel Als Grundsatz und Entscheidungshilfe für den/die JugendarbeiterIn gilt es, die Jugendlichen möglichst ressourcenorientiert und prozessorientiert zu begleiten. Auch spielen finanzielle Interessen, Abhängigkeiten und Dimensionen sowie die Interessen von UnterstützerInnen – je nach Projektart – unterschiedliche Rollen und müssen berücksichtigt werden. Dabei darf unsere Dialoggruppe, die Jugendlichen, nie aus den Augen verloren werden. Jugendliche sollen nicht überfordert, jedoch gefordert und gefördert werden. Das bedeutet, dass einerseits nicht das Ergebnis, sondern der Weg das Ziel ist, andererseits aber Abhängigkeiten verschiedenster Art die
Entscheidung der Begleitperson(en) beeinträchtigen.
Nimm Herausforderungen an! Selbstverständlich können und sollen Herausforderungen dazu führen, dass neue Fähigkeiten entdeckt und Kenntnisse ausgebaut werden. Dabei gilt es jedoch, Demotivation durch Überforderung auszuschließen. Fehler sind erlaubt und erwünscht, um den Lerneffekt zu verstärken, müssen jedoch unbedingt in Relation zum gesamten Projekt gesetzt werden und mit den Jugendlichen reflektiert werden. Das passiert in laufenden Projektmeetings, im persönlichen Gespräch oder auch über soziale Medien. Das Selbstbewusstsein und das Selbstvertrauen der Jugendlichen sollen durch die Mitarbeit in Jugendprojekten gestärkt werden! Im Optimalfall lernen die Projektbeteiligten nicht nur voneinander, sondern auch über sich selbst und können das neue Wissen auch in anderen Situationen gekonnt einsetzen.
Handle vorausschauend! Es gilt außerdem, die Projektteilnehmer Innen frühzeitig auf Schwierigkeiten hinzuweisen, sie selbst an Lösungsideen arbeiten zu lassen und, wenn nötig, etwaige Hilfestellungen anhand von Informationen, Wissen oder tatsächliches Eingreifen zur Verfügung zu stellen. Anhand von situationsabhängigen Fragestellungen, welche die Jugendlichen zum detaillierten Durchdenken von genauen Abläufen leiten bzw. das bildliche Darstellen von Abläufen kann Jugendlichen meiner Erfahrung nach helfen, selbst Hindernisse zu erkennen. Sind diese erst einmal erkannt, sind sie bei der Lösungsfindung ohnehin meist sehr kreativ und einfallsreich. Durch diese Herangehensweise und damit einhergehende laufende aufmerksame Beobachtungen können Jugendliche angeleitet, begleitet und selbstständig
werden, ohne dabei ständig kontrolliert und bevormundet zu werden. Kontrolle ist nicht förderlich und schränkt die Jugendlichen sowie die gesamte Entwicklung der Offenen Jugendarbeit ein. Öfter als erwartet können TeilnehmerInnen Tätigkeiten viel besser umsetzen als erwartet. Häufig machen wir in der Offenen Jugendarbeit Lustenau auch die Erfahrung, dass die Jugendlichen andere Herangehensweisen haben als Erwachsene. Sie kennen ihre Lebenswelten besser und können sich in dieser geschickter und natürlicher bewegen, wenn man ihnen Freiräume und Chancen dazu gibt.
Behalte die Gruppendynamik im Auge! JedeR soll so gut mitarbeiten, wie es ihm/ihr möglich ist. Droht ein Jugendprojekt, aufgrund eines einzigen Mitglieds, zu scheitern, intervenieren wir und zeigen die Wichtigkeit des Projektes für die anderen Jugendlichen im Team auf. Wir versuchen partizipativ Lösungen zu erarbeiten, um weiter an einem Strang ziehen zu können. Regeln festzulegen, wann man in partizipativen Projekten, wie reagieren soll, stellt sich für mich als schwierig dar, da viele subjektive, gruppendynamische aber auch äußere Faktoren das jeweilige Vorgehen beeinflussen. In der Offenen Jugendarbeit Lustenau lassen wir uns von der Experimentierfreude unserer Dialoggruppe anstecken – ohne die genannten Punkte außer Acht zu lassen. B.A. Sandra Veronika Lerchbacher Jugendarbeiterin und Projektleiterin in der Offenen Jugendarbeit Lustenau
Kontakt B.A. Sandra Veronika Lerchbacher E: sandra@cfy.at www.cfy.at
Diskurs stellt Fragen zur Diskussion
Statements von Fachpersonen zu ausgewählten Fragen Aus entwicklungspsychologischer Sicht ist es wichtig, dass Jugendliche Freiräume haben, um zu experimentieren und so ihre Persönlichkeit weiterzuentwickeln.
1. Wenn Sie an Ihre Jugendzeit denken, welche (positiven und/oder negativen) Erfahrungen haben Sie in Ihrer (Persönlichkeits-)Entwicklung weitergebracht?
1. Der Begriff „Freiraum“ ist sehr vielseitig interpretierbar. Im
Lukas Holzer BEd, Lehrer
allgemeinen Verständnis wird unter „Freiraum“ meist eine Lebenssituation verstanden, die sich zwar viele wünschen, aber die die meisten fürchten, wenn sie in den Genuss davon kommen. Freiraum bedeutet nämlich nicht (nur), tun und lassen zu können, was man möchte, sondern auch Verantwortung gegenüber dem eigenen Handeln zu übernehmen. Da wir in der heutigen Zeit von immer mehr äußeren Einflüssen gesteuert und beeinflusst werden, fällt es vielen Menschen schwer, Selbstverantwortung zu übernehmen und eigene Entscheidungen zu treffen.
1. Die stärkste Beeinflussung meiner persönlichen Entwick-
Sigrid Hämmerle-Fehr Sozialpädagogin, Psychotherapeutin, Leiterin des Fachbereichs Streetwork Mühletor im ifs
lung habe ich während meiner Jugendzeit sicherlich durch persönliche Begegnungen mit Menschen erfahren. Dabei haben sich Wohlwollen und das Gefühl, andere trauen mir etwas zu, am stärksten positiv eingeprägt. Jene Erfahrungen, in denen ich in meinem Umfeld etwas leisten und beitragen konnte, gaben mir Selbstvertrauen. Eine Erziehung, in der ich mein Leben weniger als Schicksal und viel mehr als gestaltbar erleben sollte, vermittelte mir mein heutiges Verantwortungsbewusstsein.
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2. Wie sieht die Einstellung unserer Gesellschaft gegenüber dem jugendlichen Experimentierbedürfnis aus?
3. Mit welchen Herausforderungen sehen sich junge Menschen, die sich in der Entwicklungsphase befinden, heute konfrontiert?
2. In einer Gesellschaft, die immer mehr dazu neigt, alles von
3. Aus pädagogischer Sicht finde ich es wichtig, Jugendlichen
oben herab zu regulieren, ist es sehr wichtig, Kindern und Jugendlichen die Rahmenbedingungen zu schaffen, wieder Kind zu sein. Die Jugendlichen sollen die Möglichkeit haben, sich zurückziehen zu können. Leider passiert es heutzutage auch immer öfter, dass Eltern versuchen, ihre Kinder vor Enttäuschungen zu schützen und sie dementsprechend in ihrem Freiraum einschränken, um dies zu verhindern.
entsprechenden Freiraum zu geben. Nur so können die Heranwachsenden eine gesunde Entscheidungsfähigkeit entwickeln, Verantwortung über ihr Handeln übernehmen und sich zu einem individuellen Wesen mit freiem Geist entfalten. Natürlich müssen die Jugendlichen mit entsprechenden Vorgaben und Strukturen an Freiräume herangeführt werden. Freiraum bei Jugendlichen darf keinesfalls mit „sich selbst überlassen“ gleichgesetzt werden.
2. Meinem Eindruck nach herrscht heute oft die Einstellung,
3. Die Erfahrung in meiner Arbeit zeigt mir täglich, dass Ju-
Experimente müsse man sich leisten können. Im Vergleich zu meiner Jugendzeit steht insgesamt weniger Zeit und Raum zur Verfügung. Manche Erwachsene erwarten von Jugendlichen schnelle, klare und geradlinige Entscheidungen, die diese auch weiterverfolgen. Andererseits ist unsere Gesellschaft offener im Denken geworden. Experimentellere und vielfältigere Lebensformen (mehrere Berufsausbildungen, neue Familienmodelle u. Ä.) sind uns nicht mehr so fremd.
gendliche stark damit beschäftigt sind, schulisch und beruflich einen möglichst erfolgreichen Weg zu gehen. Der Druck des Umfelds, der sich meist in der Angst der Eltern ausdrückt, trägt oft wenig zur Entspannung der Situation bei. In Bezug auf die Masse an verfügbaren Möglichkeiten und Informationen (Medien!) stellt sich allen Heranwachsenden die Herausforderung, im Sinne der eigenen psychischen und physischen Gesundheit, gut auf sich zu achten.
Diskurs stellt Fragen zur Diskussion
1. Wenn Sie an Ihre Jugendzeit denken, welche (positiven und/oder negativen) Erfahrungen haben Sie in Ihrer (Persönlichkeits-)Entwicklung weitergebracht?
1. In seiner Jugend ist man Teil unterschiedlicher Gruppen, sei
Felix Stecher Leiter Lehrlingsausbildung, Zumtobel Lighting GmbH, Dornbirn
es in der Schule, im Sportverein oder im Freundeskreis. Nicht in jeder dieser Gesellschaften fühlt man sich gleich wohl und hat die gleiche Rolle. Da kann es auch schnell passieren, dass man sich als Außenseiter fühlt. Der Wechsel dieser Rollen und das Finden des eigenen Platzes in den Gemeinschaften haben mich in meiner Persönlichkeit sehr geprägt. Das Wissen, wie man sich als Außenseiter und wie man sich als Anführer fühlt, macht einen großen Teil meines Charakters aus.
1. Fantastisch war der Freiraum, den wir sowohl als Kinder als
Claudia H. Schedler Studium der Psychologie, Klinische- und Gesundheitspsychologin. Derzeit tätig beim Psychologischen Fachdienst der Stiftung Jupident & bei PINA (Pädagogisches Institut für Neue Autorität).
auch als Jugendliche hatten. Es gab kein Handy, das uns ständig begleitete, sondern einfache Abmachungen, wann wir wo zu sein hatten. Niemand machte sich Sorgen, wenn wir später aus der Schule nach Hause kamen – allen war klar, dass in dem Fall der Bus wieder mal Verspätung hatte, wir aufgrund von Überfüllung den nächsten nehmen mussten oder länger in der Schule bleiben mussten. Die Mischung aus Freiraum und Verantwortung war unglaublich positiv prägend.
1. Was mich wirklich weiter gebracht hat in meiner Jugend, war
Monika Helfer Schriftstellerin, Hohenems
das viele Lesen – las ich Philosophen und verstand einiges nicht, habe ich mich kundig gemacht, mit der Zeit fiel mir das schwierige Lesen viel leichter, obwohl, je mehr ich las, umso mehr hatte ich das Gefühl, nichts zu wissen. Ich glaube der Umgang mit sich selbst ist ein wesentlicher Teil, der zur Entwicklung beiträgt. Der Philosoph Blaise Pascal sagte: „Alles Unglück der Welt liegt daran, dass ein Mensch nicht allein in seinem Zimmer sein kann.“
23 2. Wie sieht die Einstellung unserer Gesellschaft gegenüber dem jugendlichen Experimentierbedürfnis aus?
3. Mit welchen Herausforderungen sehen sich junge Menschen, die sich in der Entwicklungsphase befinden, heute konfrontiert?
2. Jugendliche müssen die Möglichkeit bekommen, ihren Platz
3. Selbständigkeit zu entwickeln setzt voraus, dass man aus
in der Gesellschaft zu finden und dabei mit Rollen, Beziehungen und ihrem eigenen Selbst spielen. Diese Dinge laufen nicht bewusst ab. Auf die Frage „Warum hast du das so gemacht?“ wissen junge Leute oft keine Antwort. In ihrem Umfeld stößt das, besonders bei Erwachsenen, oft auf Unverständnis. Früher wurden Ausrutscher als Lausbubenstreiche abgetan. Heute wird schon von 14-Jährigen das Verhalten von Erwachsenen erwartet. Ich sehe es als unsere Verantwortung, hier Freiheiten zu geben und im Nachhinein über Lernerfahrungen zu sprechen.
eigenem Antrieb etwas Neues tut. Dabei passieren Fehler. Die Sicherheit, trotz dieser Fehler angenommen und akzeptiert zu werden, fehlt vielen jungen Menschen. Egal, welchen Blödsinn du gemacht hast, egal was passiert ist, es gibt einen Platz, wo du zurück kommen kannst und von vorne starten kannst – das ist die Basis für eine eigene Entwicklung. Fehlt dieser, hat man Angst, Fehler zu machen und kann nichts Neues ausprobieren und sich entfalten.
2. In meiner Arbeit erlebe ich immer wieder, dass aus Sorge
3. Jugendliche sind gesellschaftlichen Veränderungen un-
um Jugendliche, Freiräume beschränkt werden. Ich plädiere dafür, Jugendlichen Verantwortung zu übertragen und sie gleichzeitig mit wachsamer Sorge zu begleiten. Wachsame Sorge bedeutet jedoch nicht Kontrolle, sondern am Puls der Jugendlichen zu sein, sie zu begleiten und für sie da zu sein. Es geht darum, Jugendlichen Raum zu lassen für eigene Erfahrungen, ohne sie alleine zu lassen.
mittelbar ausgesetzt. Ich möchte nur eine von vielen Veränderungen herausgreifen, die eine enorme Herausforderung darstellt. Die Medien eröffnen heute unglaublich viele Möglichkeiten. Davon haben wir mit unseren Kassettenrekordern nur geträumt. Gleichzeitig ergeben sich dadurch auch Gefahren, die von Jugendlichen sehr früh vernünftiges und verantwortungsbewusstes Handeln erfordern. Cybermobbing, Informa tionsüberschuss, Datenmissbrauch, die Förderung von passiven Verhaltensweisen, erhöhte Sensationserwartungen etc. sind Dinge, mit denen wir früher nicht konfrontiert waren.
2. Auf jeden Fall muss ein Experimentierbedürfnis unterstützt
3. Die jungen Menschen heute haben es schwer, so vieles
werden. Jeder neue Gedanke ist wichtig. Nur zu konsumieren und zur Spaßgesellschaft zu gehören, kann nicht das Ziel sein. Es wäre gut zu wissen, dass die jungen Menschen in der Lage sind, ihre Kollegen zu motivieren und zu unterstützen.
wird ihnen vorgegaukelt. Sie müssen darauf bestehen, eine eigene Meinung zu haben, sie dürfen sich nicht einem Gruppenzwang unterwerfen. Je mehr Selbstbewusstsein sie haben, umso leichter wird es gelingen, eigene Ideen zu verwirklichen.
Aus der Jugendarbeit Das liebe Geld Finanzierungsmöglichkeiten für (Jugend)-Projekte An diesem Info-Abend werden kompakte Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten für Projekte von und mit Jugendlichen vermittelt. Vom Crowdfunding bis zur EU-Förderung, von der Un-
terstützung für kleine lokale Initiativen bis zur Kofinanzierung für europäische Kooperationsprojekte im Jugendbereich werden anhand von konkreten Beispielen Finanzierungsmöglichkeiten vorgestellt.
Termin: Mittwoch, 30. November 2016, 18 Uhr Ort: aha – Tipps & Infos für junge Leute, Poststraße 1, Dornbirn Referentin: Veronika Drexel, aha – Tipps & Infos für junge Leute Anmeldung: veronika.drexel@aha.or.at, T: 05572/55212-18 Anmeldeschluss: 23. November 2016
„music.meets.photography“ Oft gewünscht, jetzt umgesetzt ... ein Fotoworkshop für MusikerInnen! Die Fotografinnen Nadia Tosetti und Victoria Rüf zeigen jungen KünstlerInnen, wie sie sich selbst oder ihre Band am besten ablichten lassen und geben theoretische Grundlagen zu Fotografie, Lichtsetzung, Ideenfindung und Bildbearbeitung weiter.
Termin: 26. November 2016,10 bis 15 Uhr mit Mittagspause, aha Dornbirn und Inatura Anmeldung: bis 11. November 2016 per Mail an music@vtunes.at www.vtunes.at
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Trainings zum Globalen Lernen Von Herbst 2016 bis Herbst 2017 bietet die BJV kostenlose Trainings zum Thema Globales Lernen in der außerschulischen Jugendarbeit für haupt- und ehrenamtliche JugendarbeiterInnen in verschiedenen Regionen Österreichs an. Damit will die BJV dazu beitragen, Glo-
bales Lernen in der außerschulischen Jugendarbeit zu verankern. Mehr Infos hierzu, Termine und Anmeldeformular: www.bjv.at/activities/ourworld-global-denken-lokal-handeln/
Mobbingprävention Kooperation zwischen Offener Jugendarbeit und Schule Eine der Aufgaben der Offenen Jugendarbeit und der Schule ist es, Jugendliche bei ihrer Entwicklung von persönlichen und sozialen Kompetenzen zu unterstützen. Die Fachtagung „MobbingPRÄVENTION“ widmet sich der Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Offener Jugendarbeit in diesem Bereich nutzbringend und nachhaltig
umgesetzt werden kann. Neben aktuellen Erkenntnissen aus der Forschung und theoretischem Hintergrundwissen erhalten die Teilnehmenden Einblicke in praktische Methoden für ihre Arbeit mit Jugendlichen. Dies soll die Grundlage bilden, um mögliche Formen für eine wirkungsvolle Zusammenarbeit kennen zu lernen: Welche Chancen entstehen,
welche Herausforderungen sind zu beachten? Welche Best Practice Modelle zur Kooperation von Schule und Offener Jugendarbeit gibt es bereits? Termin: Mittwoch, 16. November 2016, 13 bis 18.15 Uhr Ort: FH Vorarlberg, Hochschulstraße 1, 6850 Dornbirn Anmeldung: E: ampuls@koje.at, T: 05574/45838 Anmeldeschluss: 7. November 2016 Die Teilnahme an der Fachtagung ist kostenfrei! Mehr Infos unter www.koje.at
Das war der Jugendprojektwettbewerb 2016 Gesucht wurden auch heuer wieder die besten Jugendprojekte aus den Bereichen Jugendkulturen, Lebensraumgestaltung und Soziales! Am 15. Oktober konnten Jugendliche aus Vereinen, Initiativen und Organisationen beim regionalen Bewerb im ORF Publikumsstudio
in Dornbirn Ihre Projekte präsentieren. Dabei gab es insgesamt € 4.500,– zu gewinnen. Die besten Projekte können am interregionalen Jugendprojektwettbewerb am 19. November 2016 teilnehmen. Alle Infos unter: www.jugendprojekte.at
Offene Jugendarbeit ... ... im Kontext radikalisierender Einstellungen und Haltungen, Teil 2 Im Zentrum des Workshops steht das Thema „Radikalisierende Einstellungen und Haltungen von Jugendlichen im Kontext der Identitätsentwicklung junger Menschen“. Ziel ist es, mehr Sicherheit im pädagogischen Umgang mit diesem Phänomen zu entwickeln und in der Jugendarbeit Tätigen Fach- und Handlungskompetenzen für die Begegnungen mit Jugendlichen mitzugeben.
Die Inhalte: • Ungleichheitswertigkeits-Ideologien, Pre-Radikalisierung und Deradikalisierung • Fallbeispiele szenisch darstellen, gemeinsam reflektieren und Handlungsalternativen entwickeln • Thematische Inputs, Hintergrundwissen und Reflexionen auf Grundlage der Fallbeispiele • Übungen zur Methode Refraiming
Termine: Montag, 5. Dezember 2016, 9 bis 17 Uhr und Dienstag, 6. Dezember 2016, 9 bis 13 Uhr Ort: Jugendhaus s ’ Kästle, Kaiser-FranzJosefstraße 61, 6845 Hohenems Referent: Dipl. Soz. Kenan Güngör, think.difference Wien Ausgleich: € 40,Anmeldung: E: ampuls@koje.at, T: 05574/45838 Anmeldeschluss: 7. November 2016
27 Landes- und Bundesjugend singen 2017 Im Jahr 2017 findet wieder das Österreichische Jugendsingen statt. In Vor arlberg dauert der Bewerb von Donnerstag, 4. Mai bis Samstag, 6. Mai 2017 und findet im Kulturhaus in Dornbirn statt. Dabei können sich Vorarlberger Chöre für das Bundesjugendsingen qualifizieren. Alle Infos unter: www.vorarlberg.at/jugend
welt weit weg welt weit weg – DAS Event für WeltenbummlerInnen: Organisationen informieren über Programme, Jugendliche erzählen von ihren Erfahrungen. Termin: 20. Jänner 2017, 13 bis 17 Uhr, aha Dornbirn www.aha.or.at/wwweg Insidertipps und persönliche Reiseerfahrungen von jungen VorarlbergerInnen im In- und Ausland gibt‘s auch im Reiseblog des aha: www.ahamomente.at
Konfliktlösung in der Jugendarbeit Mediative Techniken kennenlernen Ein handfester Streit im Jugendhaus, Ärger und Stress in der Familie, Schule oder Nachbarschaft ... Konflikte gehören zu unserem Alltag und treten in zwischenmenschlichen Beziehungen zwangsläufig auf – so auch in der Arbeit mit Jugendlichen! Mit Elementen der Mediation können Jugendliche in der Konfliktlösung unterstützt und gestärkt werden. Bei diesem zweiteiligen Workshop erfährst du, wie du in deiner Arbeit mit Jugendlichen eine positive Veränderung in einen Konflikt bringen kannst. Du erhältst einen Überblick über Werkzeuge aus der Mediation, erprobst wirksame
Interventionen bei Konflikten und erfährst, wie du mit der richtigen Gesprächstechnik ein konfliktgeladenes Gespräch in eine positive und zukunftsorientierte Richtung lenken kannst. Termine: Mittwoch, 18. Jänner 2017, 18 bis 21 Uhr und Mittwoch, 8. Februar 2017, 18 bis 21 Uhr Ort: aha – Tipps & Infos für junge Leute, Poststraße 1, 6850 Dornbirn Trainerin: Julia Moosmann Auslgeich: € 40,– Anmeldung: E: ampuls@koje.at, T: 05574/45838 Anmeldeschluss: 11. Jänner 2017
Ausgabe 25, Oktober 2016 www.jugend-diskurs.at
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Der nächste Diskurs... Jugendmedien.de, SimonGottheil
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... erscheint im Frühjahr 2017. Kostenloses Diskurs-Abo: abo@jugend-diskurs.at
Auf den Punkt gebracht.