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Schutz und Gegenöffentlichkeit
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Von dem britischen Juristen, Philosophen und Sozialreformer Jeremy Bentham stammt der Satz: „Die Öffentlichkeit ist die Seele der Gerechtigkeit.“ (Publicity is the soul of justice.) Für die Medien besagt das: Gerechtigkeit braucht die von ihnen hergestellte Öffentlichkeit. Deshalb ist die Rolle der Medien so wesentlich für die Durchsetzung der Menschenrechte. Eine Folge davon ist, dass die Medien beziehungsweise ihre Vertreter immer wieder Opfer von Menschenrechtsverletzungen werden. Unliebsame Journalistinnen und Journalisten verschwinden oder werden mundtot gemacht. Hier müssen die betroffenen Medien und ihre Vertreter geschützt werden: von anderen Regierungen und von Journalisten, die sich frei äußern können. Schließlich ist die Arbeit der Medien allerdings auch kritisch zu begleiten. Denn ebenso gut wie Medien Menschenrechtsverletzungen
aufdecken können, sind sie in der Lage, sie zu vertuschen: durch schlichtes Verschweigen einer Nachricht oder durch interessengesteuerte oder bewusst falsche Darstellung von Tatsachen. Hier ist es die Aufgabe der freien Medien, eine Gegenöffentlichkeit herzustellen. Die Tatsache, dass diese Gegenöffentlichkeit durch die moderne, globalisierte Nachrichtenübermittlung so gut wie nie zuvor herzustellen ist, ist eine der größten Chancen für die Menschenrechte in der globalisierten Welt. Es macht Hoffnung, dass die Ai Weiweis dieser Welt eines Tages wieder freigelassen werden. ——
„2011 ist das Jahr der Menschenrechte“ Erik Bettermann, Intendant der Deutschen Welle, im weltzeit-Interview
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Die Deutsche Welle hat sich Wertevermittlung, Demokratieförderung und den Einsatz für die Menschenrechte auf die Fahnen geschrieben. Sind die Umwälzungen in der arabischen Welt ein Durchbruch? Das Streben der Menschen in Tunesien, Ägypten und anderen Ländern der Region ist in seiner Dynamik, seiner geografischen Dimension und weltpolitischen Wirkung zweifellos historisch. Auch wenn heute noch nicht klar ist, wie sich die Verhältnisse in diesen Ländern entwickeln: 2011 ist für mich das Jahr der Menschenrechte. Überall auf der Welt wird sehr aufmerksam beobachtet, was der arabische Frühling auslöst. Die einen in der Hoffnung,
Eric Schmitt
Estela Barnes de Carlotto
ist einer der prominentesten Journalisten der
ist Präsidentin der Vereinigung Großmütter vom
New York Times. Seine Themen sind Terroris-
Plaza de Mayo in Buenos Aires, Argentinien. Die
mus und Nationale Sicherheit. Er berichtete über
Organisation hat sich der Suche nach verschwun-
Militäreinsätze der USA – vom Golfkrieg, aus Haiti und Somalia, aus Irak und Afghanistan. Er erhielt den Pulitzer-Preis und ist Mitglied im Rat für Auswärtige Beziehungen (CFR).
© DW-Archiv
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dass sich auch ihre Situation im Sinne neuer Freiheiten und politischer Teilhabe verbessert. Die anderen in der Sorge vor dem Auf begehren des eigenen Volkes, vor dem Verlust der Macht. Als Intendant eines Senders, der sich als deutsche Stimme der Menschenrechte versteht, empfinde ich tiefe Befriedigung. Die Deutsche Welle berichtet in Fernsehen, Hörfunk und Internet sehr intensiv über die zivilgesellschaftlichen Prozesse in der arabischen Welt – und zwar in allen ihren Sendesprachen. Natürlich interessiert es auch in China, Myanmar und Iran, in Lateinamerika wie in großen Teilen Afrikas, wie die Menschen in Nahost ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen.
denen Angehörigen aus der Zeit der Militärdiktatur verschrieben. Sie erhielt 2003 den UN-Menschenrechtspreis. 2007 wurde sie für den Friedensnobelpreis nominiert.