Nr. 5 / Februar 2009
Eure Krise zahlen wir nicht!
WEF
Neoliberalismus in der Krise
Krise
Welches Programm brauchen wir?
International Der Krieg in Gaza
inhalt inhalt 02 Eure Krise zahlen wir nicht!
schweiz 03 W orld Economic Forum Der Fall des Neoliberalismus 05 Personenfreizügigkeit – Ja, aber...
gewerkschaft 06 Lohnabschlüsse Herbst 2008 08 B etriebsgruppen – Für eine Gewerkschaft der Basis
jugend 09 Juso – JungsozialistInnen auf dem Vormarsch
wirtschaft 10 Krise – Welches Programm brauchen wir?
brennpunkt 12 Obama – Welcome Mr. President
arbeitskampf 15 Gehämmert und Gesichelt
umwelt 16 U mwelt - Wer mit der Natur spekuliert hat schon verloren.
international 18 G aza – Nieder mit dem imperialistischen Krieg! 20 G riechenland – Der Regierung brennt der Hut
theorie 22 M arxismus – Einführung in die marxistische Wirtschaftstheorie Impressum: Kontakt: Der Funke Schweiz, Postfach 1696, 8401 Winterthur, redaktion@derfunke.ch; Druck: Eigenverlag; Auflage: 200 Stück; Abonnement: redaktion@derfunke.ch; Redaktion: Anna Meister, Jonas Gerber; Layout: Joachim Lichtenhahn; Die Zeitschrift behandelt Fragen der Theorie und Praxis der schweizerischen und internationalen ArbeiterInnenbewegung.
2 Der Funke
Eure Krise zahlen wir nicht Wenn jemand am Beginn des letzten Jahres behauptet hätte, dass das Flaggschiff der Schweizer Grossbanken, die UBS, im Laufe des Jahres 2008 vor dem Bankrott stehen würde und nur mit einer staatlichen Finanzspritze von 60 Milliarden Franken vor dem Konkurs bewahrt werden könnte, hätte man sich ernsthaft über den Geisteszustand eines/r solchen Unheilspropheten/in Gedanken gemacht. Tatsache ist, dass sich vielmehr Gerold Bürer, der Präsident des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse, im Oktober 2008 mit seiner katastrophalen Fehleinschätzung der Bankenkrise tüchtig lächerlich gemacht hat. Trotzdem gibt sich der Kopf des Schweizer Kapitals in der Öffentlichkeit betont optimistisch und präsentiert sich ohne Scham weiterhin als Oberguru mit fachmännischem Weitblick. Auch die Landesregierung, allen voran die CVP- Bundesrätin Doris Leuthard, hält die Situation der Schweizer Wirtschaft für wenig besorgniserregend und macht auf Zweckoptimismus. Preissenkungen für Konsumgüter durch mehr Freihandel hie, eine asoziale Steuersenkung für Familien da und noch ein paar Milliönchen für vorgezogene Investitionen und dann kommt alles TipTop mit der Schweizer Wirtschaft. Eine solche Blauäugigkeit ist in Betrachtung der neusten Konjunkturdaten und Verlustmeldungen lächerlich und im internationalen Vergleich weitherum einzigartig. Das Bürgertum mag das Wort Krise nicht, verständlich, könnte dass doch bei den ArbeitnehmerInnen und den weniger gut Betuchten in der Bevölkerung den Eindruck entstehen lassen, dass irgendetwas mit dem System nicht in Ordnung zu sein scheint. Als MarxistInnen lassen wir uns von der Schönfärberei der Bürgerlichen nicht täuschen und nennen die Dinge beim Namen: Im Zuge der zu erwartenden langanhaltenden und tiefgreifenden Wirtschaftskrise wird es zwangsläufig zu massiven Angriffen auf die ArbeiterInnenklasse kommen. Vordergründig werden Massentlassungen und somit die stei-
gende Arbeitslosigkeit die dringlichsten Punkte auf der Tagesordnung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbewegung sein. Desweiteren wird es in Folge der enormen zusätzlichen Staatsverschuldung zu noch mehr Sparmassnahmen und gravierenden Verschlechterungen im Sozial-, im Renten, im Gesundheits- und im Bildungssystem kommen. Dass eine solche Offensive der Bürgerlichen eine Reaktion der Arbeiterbewegung, insbesondere der Jugend, provozieren wird und muss, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Die SchülerInnenbewegungen und die Streiks in Italien, Deutschland, Frankreich und Spanien sind lediglich ein Vorgeschmack dessen, was in der nächsten Periode für alle entwickelten kapitalistischen Länder gelten wird. Diese Krise bietet das fertige Rezept für Massenbewegungen, Revolten und Revolutionen. Allein der Zeitpunkt des Ausbruchs der Bewegungen ist von Land zu Land verschieden und von den jeweiligen spezifischen Bedingungen abhängig. Die Ereignisse in Griechenland, die noch nicht einmal das Resultat der Wirtschaftskrise waren, halten uns das eindrücklich vor Augen. Für uns heisst das, dass wir uns darauf vorbereiten müssen. Die Ideen des Marxismus, mit deren Verteidigung wir lange Zeit gegen den Mainstream angekämpft haben, erleben berechtigterweise eine Wiedergeburt. Doch für Euphorie ist nicht der geeignete Zeitpunkt. Wie der marxistische Philosoph und Führer der russischen Revolution W.I. Lenin immer wieder betont hat, gibt es keine Endkrise des Kapitalismus. Die marxistische Strömung ist immer noch eine kleine, noch wenig bekannte politische Kraft in der ArbeiterInnenbewegung. Darum rufen wir alle interessierten Jugendlichen und ArbeiterInnen dazu auf, den Funke zu lesen, unsere Ideen zu verbreiten und sich uns anzuschliessen im Kampf für eine bessere und gerechtere Welt: Für den Sozialismus!
Die Redaktion
schweiz
World Economic Forum Davos :
Neoliberalismus in der Krise
Versuchte man Verantwortliche für die dramatischen Vorgänge zu finden, die sich zurzeit in der Weltwirtschaft abspielen, dann wäre das WEF in Davos bestimmt die richtige Adresse. In diesem Jahr werden sich die zentralen Diskussionen der teilnehmenden Global Leaders um eine Frage drehen: Wie können die katastrophalen Auswirkungen der beginnenden Wirtschaftskrise auf dem Rücken der ArbeiterInnenklasse und der Jugend ausgetragen werden. Seit 1971 trifft sich in Davos die Elite aus Politik und Wirtschaft, um nach eigenen Worten den Zustand der Welt zu verbessern. Eingebettet in eine malerische Bergkulisse, die während dem Treffen in eine Hochsicherheitszone umgewandelt wird, kommen in Davos jährlich 2500 der Mächtigsten der Mächtigen zusammen, um über die besten Methoden zu sinnieren, wie die Profite gesteigert werden und sie noch ein grösseres Stück des Welthandelskuchen für sich abschneiden können. Somit ist das WEF eine der bedeutendsten Veranstaltungen seiner Art. Das Budget beträgt mittlerweile rund 60 Mio. Dollar und die private Stiftung arbeitet direkt mit den grossen Organisationen des Kapitals, wie beispielsweise der WTO, der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zusammen. Nicht zufällig entstand dieses Treffen Anfang der Siebziger Jahre, die geprägt waren vom Fall der Profitrate der Unternehmen. Die sinkenden Profite waren teils das Resultat eines massiven Staatsinterventionismus und teils einer sich abzeichnenden Überproduktionskrise in Folge der sagenhaften Aufschwungsphase der westlichen Ökonomien nach dem Zweiten Weltkrieg. Die als 1. Ölkrise bekannte Weltwirtschaftskrise von 1973 gab einen wichtigen Impuls zur Korrektur des vorherrschenden kapitalistischen Wirtschaftsmodells, des Keyensianismus, hin zum Neoliberalismus. Klingt kompliziert, ist aber in Wahrheit einfach zu verstehen: Die KapitalistInnen mussten eine Möglich-
keit finden, wie sie die Profitrate wieder erhöhen konnten. Der Neoliberalismus, dessen treffend vereinfachende Definition die Wiederherstellung der Profitrate mit allen Mitteln ist, trat auf den Plan. Die staatlichen Investitionen und die antizyklische Geldpolitik wurden zunehmend durch die Idee des freien Marktes ohne Regulierungen, ausser in Form staatlicher Zinspolitik, verdrängt. Diese Form der Politik des freien Marktes und der Selbstregulierungskräfte eben, dieses war, am Rande erwähnt, überhaupt nichts neues, sondern eine Rückkehr der klassischen liberalen Ideen aus dem späten 18. Jahrhundert.
Dass sich dieser reaktionäre Wandel in der vorherrschenden bürgerlichen Wirtschaftslehre positiv auf die Gewinne der KapitalistInnen ausgewirkt hat, veranschaulichen folgende Beispiele: Betrug der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Volkseinkommen in Deutschland 1981 noch 73,6 Prozent, ist er bis 2006 auf 65,9 Prozent zurückgefallen. Die Unternehmensgewinne sind in der Zeit von 19922008 durchschnittlich 12mal stärker gestiegen als die Löhne. Die Resultate aus über 20 jähriger Vorherrschaft der neoliberalen Theorien, also eines ungeschminkten Kapitalismus, waren bereits vor der Krise allgemein be-
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schweiz
kannt: Verlegung der Produktionsstandorte in Billiglohnländer, Privatisierung öffentlicher Dienste, Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, Umweltzerstörung, Verarmung der Agrarbevölkerung besonders in Trikontländern, zunehmende Öffnung der Schere zwischen Arm und Reich, Aufblähen des Finanzsektors, Kriege im Irak und in Afghanistan usw. Auf der anderen Seite konnte die Bourgoisie aber mit sich zufrieden sein, konnte sie doch die Profite erhalten und sogar immens steigern. So erklären sich auch die Rekordgewinne der multinationalen Konzerne und der Banken in der letzten Periode.
Dann kam die Wende Dem neoliberalen Treiben wurde im Sommer 2007 mit der Subprime Krise ein jäher Abstieg beschert. Die bürgerlichen Ökonomen behaupteten zu diesem Zeitpunkt vehement, dass es sich dabei um ein lokales Phänomen handle, das auf den amerikanischen Markt und sogar auf den Finanzsektor beschränkt bleibe. Wie sehr sie sich dabei geirrt haben, können wir täglich den Wirtschaftsmeldungen entnehmen. Zu Beginn des neuen Jahres stehen wir am Anfang der wohl gravierendsten weltweiten Wirtschaftskrise seit den 30er Jahren. Es entspricht dabei der Ironie der Geschichte, dass die härtesten Verfechter des freien Marktes und der Deregulierungen nach Staatshilfe schreien, genau diese Leute welche den Staat und die Regulierungen stets als Klotz am Bein und als Verhinderer des Wirtschaftswachstums bezeichnet hatten. Das System steckt in der Krise, wie das sogar der WEF Gründer Klaus Schwab kürzlich in einem Interview zugab. Dass es sich dabei um eine Krise des Kapitalismus und nicht einfach eines bürgerlichen Wirtschaftsmodells handelt, ist für uns als MarxistInnen klar. Das Problem liegt nicht einfach im fehlenden Vertrauen oder am Mangel an Geld im Finanzsektor, sondern in der Krisenhaftigkeit des kapitalistischen Wirtschaftssystems. Wie Karl Marx bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts erklärte, entsteht eine Krise nicht aufgrund des Mangels an Geld, sondern der Mangel an Geld aufgrund der Krise. Kredite sind dabei lediglich ein Mittel, um den Markt künstlich über seine natürlichen Grenzen zu erweitern, was in der letzten Periode in einem einmaligen Ausmass geschehen ist. Seit 1859 wurde das Ende jedes Zyklus
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von einer Finanzkrise eingeläutet. Die Einsicht, dass es sich bei dieser Wirtschaftskrise um eine natürliche, durch verschiedene Faktoren verschlimmerte Überproduktionskrise handelt, bleibt den bürgerlichen Ökonomen, egal ob keyensianistisch oder neoliberal, verborgen.
Das WEF und die Krise Der Schock, der diese Krise zurzeit im bürgerlichen Lager hervorruft, sitzt tief. In den letzten Monaten sahen sich die Regierungen gezwungen, unvorstellbar hohe Geldsummen in den Finanzsektor einzuschiessen. Die Schätzungen bewegen sich zurzeit bei ungefähr 2.5 Billionen US Dollars. Dass all diese Massnahmen bis jetzt nicht die kleinste Verbesserung der Situation bewirkt, bringt die herrschende Klasse schier zur Verzweiflung. Die seit langer Zeit glamouröseste Gästeliste und der Fakt, dass sich in der Geschichte des WEF noch nie so viele TeilnehmerInnen angemeldet haben, wiederspiegelt die Erwartungen, welche die Besitzenden in diese Institution setzen. So prominente PolitikerInnen wie Angela Merkel, Vladimir Putin, Gordon Brown und Wen Jiabao, Premierminister von China, treffen in diesem Jahr auf etwa 1‘400 CEOs und Führungspersönlichkeiten der 1000 grössten multinationalen Konzerne. Dass sich die Diskussionen am diesjährigen Treffen ausnahmsweise nicht um die Steigerung der Gewinne drehen werden, liegt auf der Hand. Unter dem Motto „Shaping the Post-Crisis World“, was soviel heisst wie die Neugestaltung der Welt nach der Krise, werden sie Möglichkeiten diskutieren, wie ihr System unter den kleinstmöglichen Verlusten (aus Sicht des Kapitals versteht sich) gerettet werden kann. In Anbetracht dessen, dass sich die Vorsteherin des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements (EVD), Bundesrätin Doris Leuthard, mit ihrer russischen Amtskollegin Elvira Nabiullina in Davos über die Erarbeitung eines Freihandelsabkommens mit Russland unterhalten wird, untermauert die Vermutung, dass die Bürgerlichen auch in der Schweiz keine Wende zu einer sozialeren Politik machen werden. Was wir von den Diskussionen am WEF erwarten können ist offensichtlich: Die KapitalistInnen werden Möglichkeiten prüfen und Programme ausarbeiten, wie sie die Krise auf dem Rücken der ArbeiterInnenklasse austragen können. Nicht einfach weil sie es wollen, sondern weil sie es müssen, um ihr System zu erhalten. Nach-
dem sich die Steuermilliarden, die sie zur Bekämpfung der Finanzkrise vom Staat abzwackten, in Rauch aufgelöst haben, werden sie gezwungen sein weiter zu gehen: Die Folgen davon werden neben der gravierenden Zunahme der Arbeitslosigkeit massive Angriffe auf das Sozial-, Renten- und Bildungsystem sein. Beinahe jede soziale Errungenschaft und die Arbeitsbedingungen als solche sind in Gefahr. Auch in der ArbeiterInnenbewegung sitzt der Schock tief. Die Ankündigungen von Stellenabbau und die täglichen Verlustmeldungen geben den Arbeitnehmenden zu denken. Die ReformistInnen und der rechte Flügel der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften stehen genauso planlos da, wie die Bürgerlichen und haben keine Perspektive anzubieten, wie auf die Krise reagiert werden müsste. Hier können wir wiederum die Ironie der Geschichte erkennen: Zum gleichen Zeitpunkt, an dem Millionen von ArbeiterInnen und das Kleinbürgertum beginnen, die Marktwirtschaft zu hinterfragen, hat sich der Reformismus endgültig damit abgefunden. Als MarxistInnen sehen wir nicht nur klar, wie es zu den gegenwärtigen Entwicklungen kommen musste und welchen Gesetzen sie gefolgt sind, sondern auch, welche Prozesse und Bewegungen die Folge sein könnten. Daraus leiten wir die Perspektive ab, dass alle Faktoren für einen neuerlichen Ausbruch des Klassenkampfes in der Schweiz gegeben sind und dass es nun darum geht, uns darauf vorzubereiten. In Griechenland, Italien, Spanien und in Frankreich hat sich die Jugend und die Arbeiterklasse mit massiven Bewegungen auf der politischen Bühne zurückgemeldet. Das war erst der Anfang. Das WEF hat bereits während der Antiglobalisierungsbewegung, die lediglich ein Vorbote der künftigen sozialen Bewegungen war, zu ein paar der grössten Mobilisierungen der Linken in der jüngeren Schweizer Geschichte geführt. Darum ist es denkbar, dass das WEF erneut zum Ziel einer grösseren Antikapitalistischen Bewegung werden wird. Diesmal mit der Teilnahme und der Unterstützung der ArbeiterInnenklasse und noch breiteren Schichten der Jugend. Natürlich nur wenn sich das WEF in der Krise nicht von selbst in Luft auflöst, wie es bei faulen Dingen zurzeit in Mode zu sein scheint.
Die Redaktion
schweiz
Abstimmung von 8 Februar 09:
Personenfreizügigkeit Die Europäische Union bildet den grössten Absatzmarkt für Schweizer Unternehmen, ca. 2/3 der Exporte gehen in die EU. Das eindeutige Ja der bürgerlichen Parteien und des Schweizerischen Arbeitgeberverbandes erstaunt also kaum. Sie sprechen davon, so die Arbeitsplätze zu sichern, wobei sie in Wirklichkeit ihre Profite sichern wollen. Angesichts der grossen Krise, mit welcher sich auch die Exportindustrie konfrontiert sieht, wollen es die KapitalistInnen nicht riskieren, nun noch grössere Schwierigkeiten bei der Suche nach Absatzmärkten zu haben. Für uns MarxistInnen stellt sich die Frage, wie wir mit diesen Bilateralen umgehen. Die bürgerlich-konservativen Kräfte, sprich die SVP, sagen Nein zu den Bilateralen mit dem Argument, dass Arbeitsplätze gefährdet wären. Wenn die Bilateralen wegfallen sind Tür und Tor für die Aushöhlung der Arbeitsbedingungen geöffnet. Die Unternehmer werden uns auf allen ihnen möglichen Ebenen angreifen. Da die Flankierenden Massnahmen wegfielen, hätte die ArbeiterInnenbewegung ein Mittel weniger in den Händen, um den Angriffen der Unternehmen etwas entgegenzusetzen.
ge stellen, warum die Unia, im speziellen die Geschäftsleitung, als Bittsteller den Bundesrat anfleht, die Flankierenden Massnahmen doch bitte noch ein wenig auszubauen? Wieso treten wir nicht Selbstbewusster auf? Die Unia ist ein starker sozialer Faktor in der Schweiz. Wir haben zu fordern und nicht zu bitten. Diese Forderungen müssten mit Mobilisierungen unterstrichen und mit einem Programm gegen die Krise verknüpft und in die Fabriken getragen werden. Die Bilateralen sind nicht gratis, sondern müssen an weitgehende Forderungen unsererseits gekoppelt sein. Die ArbeiterInnenbewegung ist ein Machtfaktor.
Die Gewerkschaftsbewegung konnte sich nur zu einem sehr zögerlichen Ja durchringen. Sie stecken in der Zwickmühle. Auf der einen Seite gibt es zweifellos Vorteile, wie zum Beispiel die Visavergabe und die erleichterte Ein- und Ausreise. Auf der anderen Seite sehen wir uns mit Lohndumping konfrontiert. Die Flankierenden Massnahmen bieten hier einen gewissen Schutz, können jedoch nicht eine Mobilisierte Arbeiterschaft ersetzten.
Es zeichnen sich in Schweizer und Europäischen Unternehmen Tendenzen ab, welche Druck auf die flankierenden Massnahmen ausüben, wie auch auf die Arbeitsbedingungen im Allgemeinen. Die EU und ihre Organe, wie der Europäische Gerichtshof und vor allem die undemokratische Europäische Kommission, zeigen ihren reaktionären Charakter in ihren Rechtsprechungen. Dies nicht nur gegen die Gewerkschaften, sondern auch gegen Länder, welche nicht dem Paradigma des „freien und unverfälschten Wettbewerbs“ folgen (Affäre Laval, Viking und Rüffert). Bundesrat Merz möchte, dass bei ausländischen Unternehmen mit Ausführungsorten in der Schweiz, die Löhne des Landes in dem der Hauptsitz des Unternehmens liegt gelten und nicht die landesüblichen. Das ist eine gefährliche Tendenz, die es zu bekämpfen gilt. Wir InternationalistInnen müssen für den Grundsatz kämpfen das gleiche Arbeit am gleichen Ort auch gleich abgegolten wird.
Hier kommen wir an einen entscheidenden Punkt. Offen wollen wir die Fra-
Auch wenn es noch nicht genügende Kontrolle gibt, um die Aufdeckung aller
Missstände zu garantieren, sind die Flankierenden Massnahmen Werkzeuge in den Händen der Gewerkschaften und der Arbeitnehmenden, auf die keinesfalls verzichtet werden darf. Im Gegenteil, die Gewerkschaften müssen von ihnen verstärkt Gebrauch machen, um für die soziale Sicherheit aller ArbeiterInnen zu kämpfen. Der Funke unterstützt die Weiterführung der Personenfreizügigkeit und ihre Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien kritisch. Wir müssen das Instrument der flankierenden Massnahmen, welches mit der Personenfreizügigkeit zusammenhängt, verteidigen, ausbauen und die Kontrolle der Arbeitsbedingungen mit dem Wiederaufbau aktiver gewerkschaftlicher Basisgruppen in den Betrieben verknüpfen.
Wir fordern: • Rigorose Anwendung aller existierenden Gesetze gegen das Lohndumping! • Egal welcher Pass jemand besitzt – Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort! • Unternehmen, welche wiederholt die geltenden Arbeitsbedingungen unterlaufen, gehören verstaatlicht und unter die Kontrolle der ArbeiterInnen gestellt! • Kämpfen wir für die Solidarität unter den Lohnabhängigen aller Länder und gegen die Fremdenfeindlichkeit! • Gegen die EU der KapitalistInnen! Für eine Sozialistische Föderation Europas!
Magnus Meister JUSO Genf
Der Funke 5
gewerkschaft
Lohnabschlüsse Herbst 2008:
Nur ein blaues Auge
Jedes Jahr dieselbe Geschichte: Die Tage werden kürzer, die Blätter an den Bäumen verfärben sich und fallen. Es wird Herbst. Es ist auch die Zeit, in der die Arbeitgeber- und die Arbeitnehmervertretungen an den runden Tisch sitzen und verhandeln. Dabei geht es um Löhne, Ferien und die allgemeinen Arbeitsbedingungen. Eigentlich eine spannende Angelegenheit, besonders wenn man bedenkt, dass wir vor der grössten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit stehen. Lohnverhandlungen haben während der Jahre des steigenden Wohlstands und der wirtschaftlichen Stabilität einen eher nebensächlichen, fast langweiligen Charakter. Die Forderungen der Gewerkschaften und der Personalvertretungen sind moderat und die Bosse wollen wie immer so wenig wie möglich geben, doch gerade genug, um den sozialen Frieden nicht zu gefährden. So findet man in den abgeschotteten Sitzungszimmern früher oder später einen Kompromiss, der von beiden Seiten als Win-Win-Situation präsentiert wird, sogar wenn er eine Verschlechterung für die Arbeitnehmenden bedeutet. Die ArbeiterInnen machen dann im Januar die Faust im Sack, wenn sie hören, dass es wiedermal „nur“ ein paar Franken mehr gibt Ende Monat, die dann manchmal nicht reichen, um die Mehrkosten für die Krankenkasse, die Miete und die Nahrungsmittel zu berappen. Würde das Spiel immer und überall nach diesem Schema ablaufen, wären alle Beteiligten relativ zufrieden. Dass es sich dabei um einen Ausnahmezustand im kapitalistischen Produktionsprozess handelt, um ein relatives Gleichgewicht der unterschiedlichen Interessen der ArbeitnehmerInnen und der ArbeitgeberInnen, ist den meisten nicht mehr bewusst.
Schleichende Verschlechterung Betrachten wir die Lohnentwicklung der letzten 15-20 Jahre, dann wird deutlich, dass sich die Reallöhne im Vergleich zur Produktivitätssteigerung und zum Wirtschaftswachstum negativ entwickelten. Die Reallöhne wurden in diesem Zeitraum jährlich um durchschnittlich 0.4-0.5% heraufgesetzt, wobei sich die Produktivität von 1992-2006 um 19.3% steigerte (Quelle Bundesamt für Statistik). Das bedeutet, dass, obwohl in der gleichen Zeit ca. 1/5 mehr produziert wird, der Lohn
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mit dieser Entwicklung bei weitem nicht mithält. Dieser Widerspruch ist in den meisten Branchen durch die gestiegene Arbeitsbelastung deutlich zu spüren, ohne dass die ArbeitnehmerInnen davon finanziell profitieren können. Der seit 2004 bis vor kurzem anhaltende Wirtschaftsaufschwung hat an dieser schleichenden Verschlechterung nichts geändert. Obwohl die UnternehmerInnen in dieser Zeit verbreitet horrende Profite einstreichen konnten, bekamen die ArbeitnehmerInnen nichts vom Kuchen ab. Der Boom war geprägt von der Erhöhung der Arbeitsproduktivität und Restrukturierungen; die Investitionen in die Produktionsmittel waren überaus gering. Die grössten Gewinne wurden, wie für die Schweiz typisch, im Finanzsektor generiert, wobei wir im letzten Jahr zuschauen konnten, wie sich diese fiktiven Werte in Luft aufgelöst haben. Die Binnenwirtschaft konnte von diesem ungesunden Boom auf widersprüchliche Art und Weise profitieren, da die Kaufkraft und die Konsumfreude einen Höhepunkt erlebten. Betrachtet man beispielsweise die Baubranche sieht man diese Widersprüchlichkeit. Obwohl die Auftragsbücher seit Jahren nicht mehr so voll waren und die Bauunternehmer in der Arbeit fast versanken, haben sich die Preise in dieser Situation nicht erholt und verharrten auf einem sehr niedrigen Niveau. Dies führte zu einem ungeheurem Konkurrenzdruck, wobei am Schluss über dem Strich nicht wirklich viel übrig blieb. Für die Bauarbeiter jedoch bedeutete dies einen enormen Arbeitsdruck und führte zur Anhäufung von etlichen Überstunden. Finanziell hat bis zu diesem Zeitpunkt für sie bei diesem Boom noch nichts herausgeschaut. Bei den Gewerkschaften verstärkte sich bis in die sozialpartnerschaftlichsten Schichten die Einsicht, dass es jetzt endlich Zeit geworden sei, um substantielle
Lohnerhöhungen zu fordern. Die Arbeitenden und die Angestellten sollten endlich auch vom Boom profitieren und nicht einfach zuschauen müssen, wie sich die Arbeitsbedingungen schleichend verschlechtern und die Lohnschere stetig weiter auseinanderklafft.
Lohnrunde 2008 Die Erwartungen der Gewerkschaften für die Lohnverhandlungen im Herbst waren durch den Boom trotz der zu erwartenden Rezession und einer überdurchschnittlich hohen Teuerung ziemlich optimistisch. So forderte beispielsweise die Unia, die grösste schweizerische Gewerkschaft, den vollen Teurungsausgleich zuzüglich einer substanziellen Reallohnerhöhung von 1.5-2.5% in allen Branchen. Zwei Schwerpunkte dabei sollten die Frauen und die niedrigen Einkommen sein, was durch die Forderung der Erhöhung der Mindestlöhne und einer Überprüfung der Frauenlöhne in allen grösseren Betrieben erreicht werden sollte. Betrachtet man die bis jetzt erreichten Resultate, muss man ernüchtert feststellen, dass man diese Ziele, ausgenommen von wenigen Beispielen, wieder einmal nicht erreicht hat. Bis auf wenige Ausnahmen wie beispielsweise bei Coop, wo die Lohnsumme um insgesamt 3,25% erhöht wurde oder einzelnen Betrieben in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, wo der Reallohn schätzungsweise durchschnittlich um ca. 0,4% steigen wird, wurden die Forderungen nicht erfüllt. Ein grosser Teil des Teuerungsausgleichs, der in Prozenten gerechnet mehrheitlich gewährt wird (Ansatz 2-3%) sind individuelle Lohnerhöhungen, die schwer zu kontrollieren sind und meistens nichts für NiedriglohnarbeiterInnen bringen. Zudem werden die Mindestlöhne nur punktuell der Teuerung angepasst erhöht und im
gewerkschaft
Bereich der Lohngleichheit ist auch keine Verbesserung auszumachen. Zusammenfassend kann man sagen, dass wir gerade noch mit einem blauen Auge davongekommen sind. Die Gewerkschaften zeichnen in der Öffentlichkeit trotzdem ein erfolgreiches Bild der noch andauernden Lohnrunde. Man muss sich die Frage stellen, welche Ursachen hinter einer solchen beschönigenden Haltung stecken und ob so den ArbeitnehmerInnen wirklich gedient wird.
Ursachen der Schönfärberei Die Hauptargumente der Führungen der Arbeitnehmerorganisationen für den unehrlichen Umgang mit den schleichenden Verschlechterungen und den meist negativen Verhandlungsresultaten ist eine absurde Mischung von der Verteidigung der Verhandlungsposition und der Wahrung des Gesichtes in der Öffentlichkeit. Durch die Heraushebung der grosszügigen ArbeitgeberInnen als positive Beispiele wird versucht auf die weniger spendablen Druck auszuüben. Dass die gleichen Betriebe, die in einem Jahr eine akzeptable Lohnerhöhung gewähren, im nächsten Jahr wieder nichts springen lassen, wird dann unter den Teppich gekehrt, um bei den ArbeiterInnen das Gesicht zu wahren. Diese Argumentationsweise zeugt einerseits von einer verkehrten Grundposition zur Arbeitnehmerpolitik und andererseits von einer sich immer weiter von der Basis entfernenden Gewerkschaftsbürokratie. Die Gründe für diese Erscheinung sind vielschichtig und komplex, doch eigentlich nicht schwer zu erkennen. In der relativ langen Periode des wirtschaftlichen Wachstums und des, auch für breite Schichten der Arbeiterschaft zugänglichen, steigenden Wohlstands, entstand in der Arbeiterbewegung eine Schicht von Technokraten, die keine wirkliche Verankerung in der ArbeiterInnenklasse besitzt. Dies konnte jedoch nur geschehen, weil der Kampf für die Interessen der ArbeiterInnen und somit das Klassenbewusstsein durch viele von den Bürgerlichen gewährten Verbesserungen und Reformen einer Handvoll privilegierten BürokratInnen übertragen wurde. Dieser Mangel an Bewusstsein kombiniert mit den reformistischen Konzepten dieser Bürokratie ist der Hauptgrund für die schlechte Position der ArbeiterInnenbewegung in der gegenwärtigen Situation.
Wir haben gesehen, dass diese Art der Arbeitnehmerpolitik bereits seit 20 Jahren keine Verbesserung des Lohnniveaus bewirkt, sondern sogar noch versucht die Verschlechterungen als Erfolge darzustellen. Dass zur Verteidigung der Interessen der Lohnabhängigen ein Umdenken stattfinden muss, liegt auf der Hand.
Gewerkschaften als Kampforganistationen Die sich bereits abzeichnende Wirtschaftskrise wird das Unvermögen und Falschheit der reformistisch-bürokratischen Konzepte offenbaren. Entgegen der bewusst falschen Schönwetterprognosen der bürgerlichen ÖkonomInnen müssen wir uns auf eine Rezession einstellen, die lange andauern und verheerende gesellschaftliche Auswirkungen haben wird. In der nächsten Periode werden die Verschlechterungen nicht mehr schleichend zunehmen, sondern sich als harte Schläge und Angriffe auf die Arbeits- und Lebensbedingungen ausdrücken. Die seit längerer Zeit angestaute Systemkrise wird nicht nur tausende Arbeitsplätze vernichten, sondern auch alle Errungenschaften eines halben Jahrhunderts in Frage stellen. Dafür müssen wir uns vorbereiten. Sogar die Lohnverhandlungen, die wie wir gesehen haben über die relativ stabile Phase der letzten 20 Jahre nicht die Verschlechterungen auszugleichen vermochten, werden nicht mehr wie gehabt zu führen sein. Löhne und Gesamtarbeitsverträge dürfen nicht wie bis anhin üblich in abgeschlossenen Sitzungszimmern ausgehandelt und der Verlauf geheim gehalten werden. Das bringt nur den ArbeitgeberInnen etwas. Wenn wir Verbesserungen für die ArbeiterInnen herausholen wollen, müssen wir in den Betrieben und auf den Strassen Druck aufbauen. Die Resultate müssen der Arbeitnehmerschaft transparent präsentiert werden, mit der Möglichkeit darüber abzustimmen. Die Mehrheit der ArbeiterInnen und ihrer Vertretungen glaubt nach wie vor an die marktwirtschaftlichen Illusionen mit ihren volkswirtschaftlichen Argumenten, obwohl uns die Finanzkrise das Scheitern der Marktwirtschaft eindrücklich bewies. Die Gewerkschaftsbürokratie und sogar die ehrlichen GewerkschafterInnen übernehmen diese Argumentation, da sie keine andere Perspektive sehen. Die Sozialpartnerschaft, die in den letzten Jahren zunehmend vom Bürgertum in Frage gestellt wurde, ist ein zerbrechliches
internettipp: www.unia.ch/Mindestloehne.2966.0.html
Gebilde. Der Arbeitsfrieden ist eigentlich ein Druckmittel in unserer Hand, um unsere Forderungen durchzusetzen. Wenn wir die Kapitalisten im Glauben lassen, dass er gratis zu haben sei und sie auf praktisch keine Gegenwehr stossen, wenn sie auf ihn pfeifen, wirkt er sich für uns negativ aus. GewerkschafterInnen, die von uns in Krisenzeiten fordern, den Gürtel enger zu schnallen helfen den UnternehmerInnen, die Krise auf unserem Rücken auszutragen und gehören somit abgesetzt. Als MarxistInnen meinen wir, dass wir es gerade beim Lohn mit entgegengesetzten Klasseninteressen zu tun haben. Die ArbeiterInnen möchten mehr Lohn, die KapitalistInnen wollen ihnen weniger geben. Wie viel am Schluss für uns herausschaut, ist lediglich abhängig vom Kräfteverhältnis zwischen Kapital und Arbeit. Die Bürgerlichen und ihre Lakaien werden den ArbeiterInnen immer vorwerfen, dass sie mit ihren Forderungen das ganze System gefährden würden. Doch wer ist wirklich schuld an der Krise? Sind es die, welchen jeden Tag von früh bis spät in den Betrieben krüppeln, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, falls sie überhaupt eine Arbeit haben. Oder sind es die Besitzer der Betriebe, welche die Preise drücken und ihren Besitz verspekulieren, um immer mehr Profit aus den ArbeiterInnen herauszupressen? Wenn sie wirklich meinen, dass wir durch unsere Forderungen ihr System gefährden, obwohl sie alle wichtigen Entscheidungen fällen und die Macht in ihren Händen halten, können sie es ja mal ohne uns versuchen. Eine kämpferische Haltung und das Bewusstsein über die eigene Stärke bringt uns vielmehr, als die ArbeitgeberInnen mit Samthandschuhen anzufassen und die miesen Verhandlungsergebnisse als Erfolge zu verkaufen. Die Gewerkschaften müssen wieder zu Kampforganisationen für die Interessen der ArbeiterInnenklasse werden und diese ehrlich und resolut vertreten. Dies geht aber nicht, ohne eine Perspektive, welche mit der ungerechten, undemokratischen und chaotischen Logik des Kapitalismus bricht. Wenn wir uns das in der nächsten Periode beherzigen, wird sich das auch positiv auf unsere Löhne auswirken.
Daniel Flückiger Unia Winterthur
Der Funke 7
gewerkschaft
Betriebsgruppen aufbauen:
Für eine Gewerkschaft der Basis! Die ArbeiterInnen des IW der SBB-Cargo in Bellinzona haben bewiesen, dass ein Streik erfolgreich sein kann, wenn er richtig geführt wird. Es hat sich gezeigt, dass der Schlüssel zum Sieg die Organisierung im Betrieb darstellte, also eine Erfolgsgeschichte der Betriebsgruppe war. Diese muss nun im Betrieb weiter geschrieben werden und als konkrete Erkenntnis in die Gewerkschaftsarbeit Einzug halten. In Bellinzona zeigte sich, wie eine bestehende Betriebsgruppe im Fall eines Arbeitskampfes die demokratische Legitimation als Führung der Streikenden erhält. Bei Streiks stehen immer die unmittelbaren ökonomischen Forderungen im Zentrum des Kampfes. In Bellinzona war dies die Aufrechterhaltung des Werkes ohne Entlassungen. Diese Forderungen wurden in diesem Fall vorerst erfüllt, das Ergebnis der laufenden Verhandlungen ist offen. Die Belegschaft, ihre gewählten VertreterInnen und die unterstützenden Gewerkschaften müssen ihren Fokus im Kampf immer auf die Erfüllung dieser Ansprüche richten. Im Verlauf eines Arbeitskampfes kann es sich ergeben, dass um die Erfüllung dieser ökonomischen Forderung zu erreichen, eine Diskussion entsteht, welche die Konzernspitze in Frage stellen muss, wie dies auch in Bellinzona der Fall ist. Wenn man zuerst einen vollen Monat lang in einem produktiven Betrieb streiken, ihn besetzt halten und mit der Betriebsführung verhandeln muss, nur um in offizielle Verhandlungen treten zu können, zeigt sich die Unfähigkeit der Konzernspitze, den Betrieb so führen zu wollen, dass die Belegschaft gesichert arbeiten kann. Man bemerkte in diesen Tagen des Kampfes die unglaubliche Kraft, welche sich in diesem Streik entwickelt hat. Die ArbeiterInnen wählten ihre eigene Führung, welche sie erfolgreich durch die Tage des Bangens um die Arbeitsplätze führte. Die entstandene Eigeninitiative der ArbeiterInnen in dem sich unter ihrer Kontrolle befindenden Betrieb, zeugt von einem unglaublichen Potenzial. Hier manifestiert sich die enorme Widersprüchlichkeit zwischen den Fähigkeiten und der Kraft einer vereinten Belegschaft und der Unfähigkeit der Konzernspitze und allgemein der Kapitalisten, einen Betrieb so zu führen, dass das erwirtschaftete Mehrprodukt den ArbeiterInnen und der ganzen Gesellschaft zugute kommt. Aus
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einer solchen Widersprüchlichkeit muss eine Diskussion darüber entstehen, inwiefern sich die Belegschaft in einer solchen Situation die Hoheit der Konzernspitze über die Produktion noch gefallen lassen muss. Es muss darüber diskutiert werden, ob der Betrieb nicht besser unter eigener Führung der ArbeiterInnen aufrechterhalten und weiterentwickelt werden kann.
aufzuwerfen. Wenn in einer Belegschaft Kräfte vorhanden sind, welche aufmerksam die Entwicklung ihres Betriebes und die Situationen der ArbeiterInnenklasse im Allgemeinen beobachtet und wenn diese im Fall eines Streikes zur gewählten Führung der Angestellten wird, dann ist die Frage nach Führung des Betriebes unter eigener Kontrolle nicht mehr weit.
Das Organisieren von ArbeiterInnen in Betriebsgruppen um Kämpfe zu beobachten und zu lancieren ist dank des grossartigen Streiks der Belegschaft des SBB-Werkes in Bellinzona durchaus nichts Fremdes mehr für die Gewerkschaftsbewegung der Schweiz. Wir müssen nun die zentrale Aufgabe der ArbeiterInnen und GewerkschafterInnen in jedem Betrieb und in jeder Region im Aufbau solcher Betriebsgruppen sehen. Sie sind der Schlüssel, welcher die Stärke der ArbeiterInnen aus dem Verschluss der Passivität lösen kann. Sie bilden auch den Ausgangspunkt, um die Frage nach ArbeiterInnenkontrolle
Es ist für die Gewerkschafts- und ArbeiterInnenbewegung nun an der Zeit, sich nach Konzepten umzuschauen, welche auf unseren eigenen Stärken bauen; auf der Einheit und der Solidarität.
Wenn du interessiert bist eine Betriebsgruppe in deinem Betrieb aufzubauen melde dich bei uns.
Jonas Gerber
Unia-Vorstand Sektion Winterthur
Broschüre Nr. 1 Wie gewinnen wir einen Streik? Mit dieser Broschüre wollen wir einen Beitrag zur Diskussion leisten, wie ein Streik geführt werden muss. Die Hauptaussage dieser Broschüre ist: Ein Streik kann gewonnen werden, wenn er mit den richtigen Mitteln geführt wird. Der Verfasser dieser Broschüre, Harry DeBoer, war ein wichtiger Gewerkschaftsführer bei den harten Arbeitskämpfen in den USA der frühen 30er Jahren. Als leuchtendes Beispiel für einen erfolgreichen Arbeitskampf nimmt er den Transportstreik 1934 in Minneapolis, der bis heute ein perfektes Beispiel ist, wie man kämpfen muss. Die praktischen Fragen, die sich schon damals gestellt haben, stellen sich heute wieder. Diese Broschüre wird uns helfen, auch heute die richtigen Antworten zu geben. Broschüre Nr. 1,„Wie gewinnen wir einen Streik?“ Preis: 2 Fr., Soli-Preis: 4 Fr.
Download: http://derfunke.ch/html/images/materials/streik_broschuere.pdf
jugend
JUSO:
Auf dem Vormarsch Die JungsozialistInnen befindet sich in einer Phase des Wachstums und des Erfolgs. Sie sind präsent in der Tagespolitik und auf der Strasse. Die Juso erfährt zurzeit das grösste Wachstum sämtlicher politischen Parteien der Schweiz und diese Entwicklung hat ihren Höhepunkt noch nicht erreicht. Eine Analyse. Die Bedingungen haben sich für die Menschen in der Schweiz und weltweit verändert. Viele Junge Menschen haben keine Perspektiven mehr. Der Finanzkapitalismus ist am Boden, die Realwirtschaft steuert ungebremst auf eine Rezession zu. Die Arbeitslosigkeit steigt an. Sämtliche westliche Länder verschulden sich enorm aufgrund der Finanz- und Konjunkturpakete. Diese Schulden werden überdies schamlos auf die ArbeiterInnen abgewälzt und durch Sozial- und Bildungsabbau finanziert. Diese Entwicklungen haben die Jugend aufgerüttelt. Sie ist nicht mehr bereit sich die Zukunft nehmen zu lassen.
Warum wenden sich die Jugendlichen an die Juso? Die sozialen Kämpfe, welche die Juso seit über 100 Jahren führt, haben ihre Spuren im Bewusstsein der Menschen hinterlassen und sie als soziale Kraft in der Schweiz etabliert. Die Juso wird als Alternative zur bürgerlichen Politik gesehen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist das neu eingeführte Präsidium. Nicht das Amt des Präsidenten an sich, sondern die enorme Medienpräsenz der Juso Schweiz unter der neuen Führung. Diese Medienpräsenz verbunden mit den Aktionen auf der Strasse, ergänzt sich optimal mit dem Bedürfnis der Jugendlichen, ihre Situation zu verändern. Wir stehen also vor einer Situation, in welcher die Juso enorm an Stärke gewinnen kann. Sie hat die Möglichkeit, sich in den Köpfen einer neuen Generation als soziale Kraft zu verankern und sogar das Potential, die Jugend unter dem Banner des Sozialismus zu vereinen. Gleichzeitig jedoch hat die Juso auch die Macht, die Hoffnungen der Jugend in einem Sumpf der Bürokratie und des Reformismus zu ertränken. Die Juso muss sich bewusst sein, dass sie eine grosse Verantwortung trägt. Überlegtes Handeln ist jetzt angebracht.
Dies beinhaltet sowohl die politische wie auch die strukturelle Ebene. Die Juso muss die Sektionen aufbauen, um sich in der ganzen Schweiz bemerkbar zu machen und die Neumitglieder durch ihre Aktivität und ihren Enthusiasmus schnell einzubinden. Gleichzeitig muss sie sich an Mittelschulen, Berufsschulen und Universitäten verankern, indem sich Juso-Mitglieder in den Schüler- und Studentenorganisationen betätigen. Dies ist ein enormer Mobilisierungspool für Neumitglieder und für den Kampf gegen Bildungsabbau. Wir müssen uns bewusst sein, dass in diesen Zeiten die Angriffe auf unsere sozialen Errungenschaften nur durch einen harten Kampf mit einer mobilisierten Arbeiter- und Schülerschaft abgewehrt werden können. Um eine starke, kämpferische Juso aufzubauen, welche fähig ist, eine Perspektive anzubieten, müssen wir uns nun folgende Fragen stellen und diese auch beantworten: Welche Antworten müssen wir SozialdemokratInnen auf die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise geben? Welche Forderungen müssen gestellt werden, um den Bedürfnissen der Arbeitnehmenden und speziell der Jugend, gerecht zu werden? Wie können wir die Jugend und die Lohnabhängigen mobilisieren und für unsere Ideen gewinnen? Die Juso als fortschrittlichster Teil der Sozialdemokratie, muss zusammen mit dem Gewerkschaftsflügel die führende Rolle innerhalb der sozialdemokratischen Bewegung einnehmen. Wir müssen jene Forderungen stellen, die auf die Bedürfnisse der ArbeiterInnen zugeschnitten sind und uns konsequent gegen die Bürgerlichen und auch gegen den Opportunismus in den eigenen Reihen stellen. Dies schaffen wir nur, wenn wir die fundamentalen Interessensunterschiede zwischen den Klassen aufzeigen. Nur so kann die Juso wieder zu einer starken sozialen Bewegung werden und Hand in Hand mit
der ArbeiterInnenbewegung agieren im Kampf für den Sozialismus. Es ist daher unsere wichtigste Aufgabe, Forderungen aufzustellen welche auf einer Analyse der jetzigen Situation basieren und eine daraus resultierende Perspektive aufzuzeigen, welche eine Alternative bietet und die bürgerlichen Ideologien entlarvt. Da unsere Forderungen Einfluss nehmen auf den Charakter der Sozialdemokratie und das Bewusstsein der Massen, ergeben sich aus Forderungen notwendige Folgeforderungen. Dieses Netz an Forderungen aufzubauen und richtig einzusetzen ist eine starke Waffe in unserer Hand. Wir werden uns bei jeder Forderung, ob diese sich um Arbeitsbedingungen, das Bildungswesen oder das Gesundheitssystem drehen, mit dem Argument der Nicht-Durchführbarkeit konfrontiert sehen. „Es kostet zu viel“, „Ihr zerstört unsere Wirtschaft“ „In Krisenzeiten müssen wir alle zusammenhalten, schliesslich geht’s hier um die Zukunft der Schweiz“. Dass man bessere Arbeitsbedingungen, ein kostenloses Bildungs- und Gesundheitssystem und gratis öffentlichen Verkehr nicht finanzieren kann, ist absurd. Vor dem Hintergrund, dass 68 Milliarden Franken ohne Bedingungen an eine Bank bezahlt werden können, schlichtweg eine Lüge. Die Bürgerlichen sind bereit, uns zahlen zu lassen, wenn es darum geht, ihre Interessen zu schützen. Diese grundlegenden Interessensunterschiede in der Gesellschaft, müssen wir aufzeigen. Nur so kann die Juso eine starke Kraft werden und gemeinsam mit allen fortschrittlichen Kräften der Gesellschaft den Kampf für den Sozialismus führen und gewinnen.
Florian Eschmann
Vorstand JUSO Winterthur
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wirtschaft
Welches Programm brauchen wir gegen die Wirtschaftskrise?
Angesichts der Finanzmarktkrise und einer drohenden Weltwirtschaftskrise haben die Regierungen der entwickelten kapitalistischen Industriestaaten Rettungspakete von unvorstellbarem Ausmass für das Bankensystem geschnürt. Eine marxistische Analyse.
Der Markt ist kein guter Wirtschafter! Die gesamte Entwicklung der letzten Monate deutet darauf hin, dass wir es, wenn nicht mit einem neuen 1929, so doch zumindest mit der schwersten Wirtschaftskrise seit diesem unheilvollen Datum zu tun haben. Viele Autokonzerne, darunter Opel in Deutschland, haben die Anlagen gestoppt. Die schweizerische Autozulieferindustrie musste oder wird auf Kurzarbeit umstellen müssen. Die Nationalbank der USA geht momentan sogar dazu über, krisengeschüttelten Industrieunternehmen Kredite zu geben und Garantien ihrer Schulden zu übernehmen. Als logische Konsequenz wird es auch zu einer öffentlichen Diskussion über eine Verstaatlichung bankrotter Industrieunternehmen kommen müssen. Selbst der immer optimistische Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert eine tiefe Rezession. Die Folgen: Massenarbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Zusammenbruch der betrieblichen und privaten Pensionsvorsorge, drohende Währungskrisen und Staatsbankrotte. Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen wird an seiner Wurzel angegriffen. Die einzige Lösung ist eine gross angelegte Verstaatlichungswelle im Finanzsektor. Auch die Aktionäre und Banker wissen das, denn nicht umsonst können sämtliche bisherigen Massnahmen den Talwärts-Trend der Weltbörsen, der die Stimmung unter den KapitalistInnen ausdrückt, nicht im Geringsten stoppen. Wichtig jedoch ist, dass die Banken nicht einfach verstaatlicht werden, sondern, dass wir aus der Erfahrung mit vergangenen Verstaatlichungen lernen. Eine neue verstaatlichte Wirtschaft
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muss mit voller Transparenz und der demokratischen Kontrolle durch die Bevölkerung ausgestattet werden. Keine Staatswirtschaft reichte aber jemals an das Ausmass an Misswirtschaft und Korruption heran, welche momentan in der Privatwirtschaft der Finanzmärkte zum Vorschein kommt. Die Frage muss auch erlaubt sein, ob Leute, welche nach der Maxime „So viel Markt wie möglich“ Wirtschaftspolitik betreiben, den aktuellen Aufgaben gewachsen sind.
Der Neoliberalismus ist mit einem lauten Knall gestorben Die Ideologie des Neoliberalismus, d.h. der ungezügelten Märkte, ist in diesen Tagen so eindrucksvoll und grundlegend zu Grabe getragen worden, dass es sich erübrigt sie zu kritisieren. Gerade diejenigen, die am meisten eine Einschränken der Neuverschuldung und einen Rückzug des Staates aus der Wirtschaft forderten, schreien jetzt am Lautesten nach Finanzhilfe vom Steuerzahler. Das Problem dieser Massnahmen ist, dass sie einerseits die Krise nicht in den Griff bekommen und andererseits eine Riesenumverteilungsmaschinerie von Arm zu Reich darstellen. Der Staat nimmt den Reichsten der Reichen das Risiko ab, gerade in einer Zeit, in der das Leben für die Massen selbst zu einem einzigen Risiko wird. Gerade diejenigen werden belohnt, die durch ihr System des Profits diese Krise verursacht haben. Der Zynismus gipfelt darin, dass gleichzeitig in der bürgerlichen Volkswirtschaftslehre der Profit als Risikoprämie interpretiert wird. In Wirklichkeit ist unser wirtschaftliches System ein „Sozialismus“ der Reichen, der lediglich der grossen Mehrheit
die grausame Logik der Marktanarchie zumutet.
Keynesianismus ist unzulänglich oder falsch Egal ob es sich um Zinssenkungen handelte, um ein Aufkaufen von Milliardenkrediten, um staatliche Einlagengarantien oder um Teilverstaatlichungen: Die Talfahrt der Weltwirtschaft konnte nicht aufgehalten werden. Der Grund liegt darin, dass die Ungleichgewichte, die sich in den letzten 30 Jahren angehäuft haben, so riesig sind, dass jede staatliche Finanzspritze wie ein Tropfen auf dem heissen Stein wirkt, solange der Grundmechanismus des Marktes nicht angetastet wird. Renken sich die Ungleichgewichte ein, indem beispielsweise der überdimensionierte Finanzsektor und der Kreditmarkt zusammenschrumpfen, werden riesenhafte neue Ungleichgewichte in der Realökonomie aufgerissen. In so einer Zeit reicht nicht einmal ein riesenhaftes staatliches Investitionspaket in die Realökonomie aus, um einem Land aus der Krise zu helfen, wie das Beispiel Japans in den 1990ern zeigte. In einem kleinen Land wie der Schweiz, mit einem sehr dominanten Exportsektor und einem überdimensionierten Finanzsektor, d.h. mit exorbitanter Auslandsabhängigkeit muss die Wirkung einer Ankurbelung der Binnennachfrage noch viel geringer ausfallen als in Ländern wie Japan, USA oder Deutschland.
Welcher Weg führt aus der Krise? Die Sozialdemokratie darf aus sozialen und ökonomischen Gründen Banken
wirtschaft keinen Blankoscheck mit dem Geld von SteuerzahlerInnen ausstellen. In der bürgerlichen Volkswirtschaftstheorie ist das Übernehmen von Risiko die Grundlage von Eigentum an Kapital und von Profit. Sind KapitalbesitzerInnen unfähig, weiter das Risiko zu tragen, haben sie ihr Unternehmen in den Ruin gewirtschaftet, dann verlieren sie das Recht Profit zu entnehmen und Kapital zu besitzen. Das ist auch das Kredo der liberalen ÖkonomInnen. Teile des weltweiten Finanzsystems haben sich selbst in den Bankrott gewirtschaftet und gefährden darüber hinaus die soziale Existenz von Millionen Menschen. In dieser Situation, wenn die Existenz der Gesellschaft auf dem Spiel steht, wenn es ringsum brennt, hat der Staat selbst nach der liberalen Wirtschaftstheorie von Hayek die Pflicht sich einzumischen und das Feuer zu löschen. Jedoch wenn die SteuerzahlerInnen das Risiko übernehmen, müssen sie auch Einsicht in die Geschäftsbücher und Aktivitäten der Banken bekommen. Sie müssen kontrollieren können, was mit ihrem Geld passiert, und ob, nachdem die Gesellschaft Verantwortung für die Banken übernommen hat, auch die Banken gesamtgesellschaftlich und volkswirtschaftlich betrachtet bestmöglich und sozial ausgewogen agieren. Eine solche Untersuchung wird ergeben, dass die profitorientierte Funktionsweise der Banken die Sicherheit unserer Existenz gefährdet und einen gigantischen Schwindel gegen die Interessen der Gesellschaft darstellen.
Aus all diesen Gründen halten wir folgende Eckpunkte eines Massnahmenpaketes für unabdingbar:
Die Geschäftsbücher der Banken und Versicherungen müssen offen gelegt werden. Die Öffentlichkeit muss erfahren, wohin die Gewinne der letzten Jahre geflossen sind, wer für welche Spekulationsgeschäfte verantwortlich ist, was die Gründe für diese Krise der Banken sind usw.
Widerstand gegen Massenentlassungen - Für die Aufteilung der Arbeit auf alle Arbeitskräfte. Die Lohnabhängigen haben diese Krise nicht verursacht. Mit ihrer Arbeit schaffen sie den gesellschaftlichen Reichtum. Wir werden daher keine Vernichtung von Arbeitsplätzen akzeptieren. Die Gewerkschaften müssen entschiedenen Widerstand gegen Stellenabbau organisieren. Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich und die Aufteilung der Arbeit auf alle Arbeitskräfte ist die einzige Lösung. Das Finanzsystem muss verstaatlicht werden. Das nach der Profitlogik funktionierende Finanzsystem hat eine unvorstellbare Krise verursacht. Der einzige Ausweg liegt in der Verstaatlichung der Banken und Versicherungen. Sie stellen die zentralen Schalthebel der Wirtschaft dar. Die Wirtschaft muss endlich in den Dienst der Allgemeinheit gestellt werden. Das erfordert jedoch, dass das Finanzsystem unter demokratischer Kontrolle verstaatlicht wird. Das wäre die ökonomische Grundlage für ein ernsthaftes Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten.
die Lohnabhängigen mit denselben Angriffen konfrontiert. Die Bürgerlichen versuchen gemeinsam Antworten auf die Krise zu finden. Wir brauchen eine starke internationale ArbeiterInnenbewegung.
Offensive gegen die Marktideologie in SP und Gewerkschaften In den letzten 30 Jahren wurden die Spitzen der SP und einiger Gewerkschaften und leider auch viele mittlere und einfache FunktionärInnen tief von der Ideologie der Überlegenheit des Marktes durchdrungen. Die derzeitige Krise ist ein Schlag ins Gesicht dieser Neandertaler- Ideologie vom „Jeder gegen Jeden“, die auch in der ArbeiterInnenbewegung tonangebend war. Die jetzige Krise muss die Linke zum Anlass nehmen, um in der ArbeiterInnenbewegung wieder eine wissenschaftlich fundierte Kapitalismuskritik und eine sozialistische Perspektive mehrheitsfähig zu machen. Der Markt ist nicht der bessere Wirtschafter. Doch es braucht Überlegungen, wie der Staat ein besserer Wirtschafter werden kann, als er im Ostblock oder auch in der Schweiz in der Vergangenheit war. Es braucht ein neues Wirtschaftsmodell mit der Einbeziehung der Beschäftigten und der Konsumenten. Die Wirtschaft muss demokratisch organisiert werden, denn nur so kann sie den Bedürfnissen und Interessen der Mehrheit dienen.
Josef Falkinger
Für dieses Programm müssen wir international kämpfen. In allen Ländern sind
Aufstand der Vernunft Nr. 8 „Eure Krise zahlen wir nicht!“ Das Manifest der Internationalen Marxistischen Strömung zur Wirtschaftskrise Die Krise des Kapitalismus hat drastische Verschlechterungen der Lebensbedingungen von Milliarden von Menschen zur Folge. Damit einher geht die Überzeugung vieler Menschen, dass sich die Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft in diesem System nicht verwirklichen lässt. Das Leben hat mehr zu bieten als dieses Wirtschaftssystem herzugeben vermag. Wir MarxistInnen streben nach einer Welt, in der alle nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten leben und arbeiten können. Das vorliegende Werk analysiert die Ursachen der Krise und präsentiert ein Aktionsprogramm für die internationale ArbeiterInnenbewegung im alltäglichen Kampf für die Durchsetzung ihrer Interessen. Aufstand der Vernunft Nr. 8, „Eure Krise zahlen wir nicht!“ Preis: 9 Fr., Soli-Preis: 15 Fr.
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Obama ist neuer Präsident der USA:
Willkommen in der „Schule der Demokraten“ Die USA haben einen neuen Präsidenten – Barack Hussein Obama wird am 20.Januar 2009 zum 44. Präsidenten vereidigt. Zusammen mit der dramatischen Wende in der wirtschaftlichen Situation markiert dies einen Wendepunkt in der Geschichte des Landes und der Welt. Hunderttausende waren auf den Strassen und feierten den Sieg Obamas, so gross war die Frustration über Bushs Politik. Es gab einen kollektiven Erleichterungsseufzer, v.a. bei jungen Leuten und Schwarzen. Zum ersten Mal wurde ein Afroamerikaner als Präsident der stärksten Nation der Welt gewählt. Aber dadurch wird der Rassismus nicht beseitigt, dieser ist ein Produkt des Kapitalismus. Jedoch waren viele US-Amerikaner derart frustriert über Bushs Politik, dass sogar Leute mit rassistischen Vorurteilen lieber Obama wählten. Für MarxistInnen zählen aber nicht die Hautfarbe, sondern die Klasseninteressen, die ein Kandidat vertritt. Wir haben keine Illusionen in Obama – er hat mehr Wahlkampfspenden gesammelt als McCain – denn er ist die Wahl der Wirtschaft, um sie durch die harten Zeiten zu bringen. Dennoch bedeutet dies einen Schwenk nach links, Obamas Kandidatur hat viele Menschen motiviert, die vorher nicht an Politik interessiert waren: 68% der ErstwählerInnen, 66% der Latinos und 90% der AfroamerikanerInnen wählten Obama. Obamas Wahlsieg ist Ausdruck für einen in den USA weit verbreiteten Wunsch nach einem tiefgreifenden politischen Wandel. Bedeutet dies, dass nun die Bush-Jahre mit Krieg, Terrorismus, Naturkatastro-
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phen wie Katrina, etc. vorüber sind? Wir müssen uns klarmachen, dass Obama dieselben Interessen wie Bush und McCain repräsentiert, jedoch mit mehr Charme und Intellekt. Auch er wird gezwungenermassen Angriffe auf die Arbeiterrechte durchführen müssen, um die Interessen der Bürgerlichen und der Wirtschaft verfolgen zu können. Obama wurde mit dem Hintergrund der weltweiten unsicheren Lage, der Wirtschaftsund Finanzkrise hauptsächlich aufgrund dessen gewählt, was die Leute in ihm sehen wollen. Früher oder später wird Obama aber sein „wahres“ Gesicht zeigen und die Menschen werden von ihm enttäuscht sein. Sie werden sich mehr und mehr den Ideen des revolutionären Marxismus und Sozialismus öffnen.
Wirtschaftlicher Aufruhr Die wichtigste Frage der WählerInnen ist die Wirtschaft. Die Instabilität der Börse hat direkte Auswirkungen auf die Realwirtschaft und das Leben der Menschen. Es ist immer dasselbe: in den Zeiten des Aufschwungs profitieren die Reichen, in den harten Zeiten müssen die ArbeiterInnen und Armen die Rechnung zahlen und den Gürtel enger schnallen. Der Immobilienmarkt kollabierte und die Arbeitslosenquote steigt. Derzeit beträgt diese offiziell 6,1%, in Wirklichkeit ist sie aber höher und sie wird noch zunehmen.
Merck, Yahoo, Genereal Electrics, Xerox, Goldman Sachs, Coca-Cola und fast alle Fluglinien haben bereits Massenentlassungen angekündigt. 300.000 Jobs werden im Bankensektor und bei Finanzdienstleistern verschwinden. Bisher war unklar, ob das Land in eine Rezession schlittert, aber jetzt ist es offensichtlich geworden. Die Exportrate sinkt, der Absatz General Motors ist um 45% gesunken, und die Stahlindustrie wird 17 von 29 Hochöfen schliessen. Und jetzt, da einem jahrelang erzählt wurde, dass kein Geld für Schulen, Gesundheit, Arbeitsplätze und Infrastruktur da sei, wird einem Bürgschaftspaket von 700 Mrd. Dollar für diejenigen zugestimmt, die die Krise zu verantworten haben – und zwar von Republikanern (eingeschlossen McCain) und Demokraten (eingeschlossen Obama). Während die Banker weiterhin Millionen an Boni erhalten und Geld für die Kriege in Afghanistan und im Irak ausgegeben wird, verlieren Millionen von Arbeitern ihre Häuser, Jobs, Renten und die Hoffnung in die Zukunft.
Obama, der Sozialist? In den Grundfragen unterscheiden sich Obama und McCain kaum – keiner von ihnen will mit dem Kapitalismus brechen, einem System, dass auf der Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse durch die Kapi-
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talistInnen basiert. Der Unterschied liegt darin, wie sie das kapitalistische System retten wollen. Obama ist redegewandt und kann die Leute begeistern, aber er verspricht wenig. Nur gezwungenermassen musste er die Börse in Worten angreifen und Bushs Handeln im Irak kritisieren. McCain thematisierte dieselben Punkte, nur aus einem leicht anderen Blickwinkel. Jedoch wurde McCains Partei für die Wirtschaftskrise verantwortlich gemacht und weder sein Alter und sein bizarres Auftreten noch seine Latenight-Comedy-Karikatur als Vizepräsidentschaftskandidatin, Sarah Palin, halfen ihm im Wahlkampf weiter. Also griff er zu einem alten Trick: er beschimpfte seinen Gegner als „Sozialisten und Kommunisten“. Im Kontext einer grösser werdenden Wirtschaftkrise hat nun das Wort „Sozialismus“ erneut den Mainstream erreicht. Es ist auch bezeichnend, dass die „rote“ Hetze gegen Obama seinem Image nicht geschadet hat; Sozialismus hat nicht mehr das böse Image wie noch vor einigen Jahren. Nichtsdestotrotz ist Obama weit davon entfernt, ein Sozialist zu sein. Während seines Wahlkampfs hat er sich durchgehend an die Mittelklasse gewendet und kaum an die ArbeiterInnen und die Armen. Er will zwar die Steuern für die reichsten 5% der USAmerikaner erhöhen, stimmt aber auf der anderen Seite dem 700 Mrd.-Dollar-Paket für die Banken zu.
Wahlergebnisse Insgesamt konnte ein leichter Linkstrend festgestellt werden. Es gab zwar eine klare Mehrheit für Obama, aber auch die linken Kandidaten Ralph Nader und Cynthia McKinney konnten durchaus passable Stimmenanzahlen erreichen. Die Demokraten haben jetzt einen führenden Vorteil im Senat und im Repräsentantenhaus. Sie könnten den Krieg im Irak beenden, sind aber mit Händen und Füssen an den Kapitalismus gebunden und werden niemals die Interessen der ArbeiterInnen vertreten. Der Demokrat James Carvel sagt, dass sich seine eigene Partei nicht wirklich von der republikanischen unterscheidet. Jedenfalls bleiben die Demokraten ein mächtiges Werkzeug für die herrschende Klasse. Ohne einer traditionellen ArbeiterInnenpartei wird die herrschende Klasse versuchen, die Demokraten und ihre historische gewachsene Verbindung zum Gewerkschaftsbund AFL-CIO benutzen, um jede Regung der ArbeiterInnen zu behindern. Im Moment bevorzugt die herrschende Klasse noch die aggressive Politik von Bush & Co., aber das wird nicht für immer andauern. Durch den Druck der Massen mussten die Demokraten schon mal Zugeständnisse an die ArbeiterInnen machen. Diesen Ruf hatten sie eine Zeitlang, aber jetzt zeigt sich wieder ihr wahres Gesicht. Bei poli-
tischer und wirtschaftlicher Instabilität werden auch die Demokraten weitere Kürzungen und Angriffe auf Lebensstandard der Massen durchführen. Millionen US-AmerikanerInnen werden dann erkennen, dass es notwendig ist, mit den Demokraten zu brechen und eine Partei zu gründen, die die ArbeiterInnenklasse vertritt.
Präsident Obama Obama ist schon dabei, die Erwartungen an seine Politik herunterzuschrauben. Auf die Frage, was er in den ersten 100 Tagen erreichen wolle, antwortete er, dass es mehr Zeit brauche, um solche grosse Projekte wie die Gesundheitsreform, die globale Erwärmung und den Irakkrieg anzugehen. Stattdessen will er einen neuen Patriotismus ausrufen und appelliert ans Zusammenhalten in diesen schweren Zeiten. Da haben wir es: wir sollen ungeachtet der Unterschiede härter arbeiten und alle Freunde sein; dieselbe Botschaft, die uns Bush am 11. September 2001 gab. Aber es gibt keine Gleichheit im Kapitalismus. Eine Klasse wird durch die andere ausgebeutet. Obama wird einige kosmetische Veränderungen vornehmen, um die ArbeiterInnenklasse ruhig zu halten. Er wird wahrscheinlich für die Mittelklasse Steuererleichterungen durchführen und dafür versuchen, die Steuern für die
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Reichen zu erhöhen. Wie viel diese dann tatsächlich zahlen müssen, bleibt abzuwarten. In Wirklichkeit nimmt er jedoch nur die Steuerbegünstigungen für die Reichen aus der Ära Bush zurück, d.h. man ist wieder auf dem Level aus den Zeiten von Reagan, Bush Sen. und Clinton. Im Bereich Umwelt will Obama die Nuklear- und Kohlekraft weiter ausbauen. In der Aussenpolitik wird er weiterhin die US-Interessen im Ausland verteidigen, wenngleich auch mit weniger Arroganz und mehr diplomatischem Geschick. Im Kern wird sich wenig ändern.
Friedensengel Obama? Über Obama wird gesagt, er habe zu Kriegen eine Einstellung, die sich grundlegend von jener des George W. Bush unterscheiden würde. Was stimmt: die FORM seiner Politik wird anders sein als jene von Bush und den Neokonservativen. Viel eher wird er eine ähnliche Vorgehensweise wie Madeleine Albright und Bill Clinton verfolgen (die während ihrer Amtszeit den Irak, Sudan, Afghanistan und Jugoslawien bombardierten und die wirtschaftlichen Sanktionen gegen den Irak und somit Millionen Tote zu verantworten haben, Anm. d. Red.). Anders ausgedrückt: Er wird weiterhin die Interessen des US-Imperialismus im Ausland umsetzen, wenn auch mit weniger Arroganz und mehr diplomatischem Feinsinn. Dass er Joe Biden als Vizepräsident ausgesucht hat (der sich für die Teilung des Irak ausgesprochen hat), ist ein deutlicher Hinweis darauf. Die grossen Herausforderungen für die neue Regierung liegen neben der Lösung der Wirtschaftskrise ausser Frage im Umgang mit den Kriegen im Irak und in Afghanistan und dem Nahost-Konflikt. Obama wird höchstwahrscheinlich bald schon die Handlungsstrategie der USA im Nahen Osten definieren. Er wird einige Truppen in dieser Region verschieben und zu einem „Dialog“ mit Syrien und dem Iran aufrufen, während gleichzeitig „alle Optionen offen gehalten“ werden. Aber seine grundlegende Strategie in dieser Region wird sich nicht wesentlich von jener Bushs unterscheiden. Es ist kein Zufall, dass einer seiner ersten Besuche nach seiner Nominierung als demokratischer Präsidentschaftskandidat dem
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„American Israel Public Affairs Commitee“ galt, der wichtigsten pro-israelischen Lobby und einer der bis dato wichtigsten Unterstützungsgruppen für Bush. Indem er es geschickt verstanden hat, sich in der Frage der Beendigung der militärischen Besatzung des Iraks nicht festzulegen, hat Obama es zu Wege gebracht, die Stimmen vieler Kriegsgegner zu gewinnen. Tatsächlich hat er aber ausdrücklich festgestellt, dass alle Truppen, die aus dem Irak abgezogen werden, stattdessen nach Afghanistan entsandt werden sollen, um dort eine Front nach Pakistan eröffnen zu können! Bereits jetzt greifen die USA militärisch in Pakistan ein (wenn auch ohne offene Kriegserklärung). Es scheint sich um ein Vorspiel auf eine Invasion zu handeln, mit der sich die USA in Zentralasien wieder ihren Einfluss stärken wollen. Das Abenteuer des US-Imperialismus im Irak ist längst zum Scheitern verurteilt, die Armee wird sich letzten Endes zurückziehen müssen. Der politische Ausdruck dieser Erkenntnis und all ihrer Schlussfolgerungen ist Barack Obama.
Wie weiter mit der Wirtschaft? Die wirtschaftliche Situation in den USA ist denkbar schlecht. Viele erwarten sich von Obama einen neuen „New Deal“. Heute haben wir allerdings eine vollkommen andere Ausgangssituation für ein derartiges Massnahmenpaket als Franklin Roosevelt in den 1930ern. Aus der einstmals grössten Kreditgebernation der Welt mit ihren massiven Goldreserven wurde der grösste KreditNEHMER, der nur noch
auf Pump lebt. Wenn Obama tatsächlich ähnliche Massnahmen umsetzen würde, könnte er dies nur um den Preis einer weiteren Verschuldung tun und würde die Krise damit schlussendlich sogar verstärken. Der US-Kapitalismus steckt in der Sackgasse. Jeder Versuch, die wirtschaftliche Situation wieder zu stabilisieren, würde die soziale und politische Situation im Land destabilisieren. Obama hat innerhalb eines kapitalistischen Rahmens sehr wenig Spielraum, eine wirkliche Veränderung herbeizurufen. Einmal mehr wird man die Lohnabhängigen in den USA dazu auffordern, im Interesse der „nationalen Einheit“ einen „Teil der Bürde“ auf sich zu nehmen. Aber dieser Teil wird für die ArbeiterInnen und Armen um einiges grösser sein als jener der Reichen, wie das von Obama unterstützte Rettungspaket für die Wall Street jetzt schon zeigt. Die Linke sollte angesichts des neuen Präsidenten jetzt die richtigen Fragen stellen: Wird er die gewerkschaftsfeindlichen Gesetze abschaffen? Wird er einen landesweiten Mindestlohn einführen? Wird er die privaten Gesundheitskonzerne zerschlagen und eine freie und universelle Gesundheitsvorsorge einrichten? Wird er das Militärbudget kürzen und die so notwendigen Milliarden in Bildung, Wohnen und Infrastruktur investieren? Wird er den Auto- und Energiesektor verstaatlichen und ihn unter ArbeiterInnenkontrolle stellen? Wird er die Verfolgung und Abschiebung der ImmigrantInnen stoppen und ihnen Generalamnestie gewähren? Wird er ein massives öffentliches Sozialprogramm starten und somit Millionen Jobs schaffen, Wohnungen für alle garantieren und das öffentliche Verkehrssystem modernisieren und ausbauen sowie die heruntergekommene Infrastruktur sanieren? Das sind die grundlegenden Fragen, die Millionen Menschen in den USA unter den Nägeln brennen, und die Obama nicht in ihrem Interesse beantworten wird.
übersetzt aus dem Englischen
John Peterson
Socialist Appeal (USA)
arbeitskämpfe
ehämmert Ges chelt
Arbeitskämpfe in der Schweiz
In einer Periode zunehmender Arbeitskämpfe versuchen wir, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, diese kurz und überblickend zusammenzufassen.
Tessiner Verkaufspersonal protestiert
Streik in der Waadt: Gymilehrer scheren aus
Etwa 200 Verkäuferinnen, Verkäufer und weitere sich solidarisierende Arbeitnehmende protestierten am Donnerstag dem 04.12.2008 vor dem Sitz der Tessiner Regierung in Bellinzona gegen eine zusätzliche Verlängerung der Ladenöffnungszeiten während den Festtagen.
Die Waadtländer Regierung hat sich mit der grössten Beamtengewerkschaft auf ein neues Lohnmodell geeinigt. Unzufrieden bleiben die Gymnasiallehrer, die ihren Streik fortsetzen. Die Gymnasiallehrer beschlossen an Versammlungen, den am Donnerstag dem 30.10.08 begonnenen Streik fortzusetzen. Sieben von neun Gymnasien seien geschlossen, erklärte eine Vertreterin der Gewerkschaft SUD gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. Die beiden letzten Gymnasien könnten zudem zur Streikbewegung stossen. Nicht beeindruckt zeigten sich die Lehrer von der Unterzeichnung des neuen Lohnmodells durch den Beamtenverband FSF. Die Gymnasiallehrer und mit ihnen die Gewerkschaften VPOD und SUD forderten, dass über die Löhne der Gymnasiallehrer sowie aller anderen Verlierer des neuen Lohnsystems weiterverhandelt wird. Die Gewerkschaften drohen andernfalls für den 11. November mit einem Streik aller Kantonsangestellten. Der Streit um das neue Lohnsystem hält bereits seit mehr als einem Jahr an. Ende Januar hatten 10‘000 Kantonsangestellte gegen die Regierungsvorschläge demonstriert. Mindestens 6‘000 haben damals die Arbeit niedergelegt. Der Kanton möchte mit der Reform diverse Funktionen neu einstufen und das gesamte System vereinfachen. Ursprünglich wollte die Regierung 20 Millionen Franken in den Systemwechsel stecken. Nach der Grossdemo vom Januar 2008 wurde der Betrag auf 80 Millionen Franken erhöht.
Der Arbeitgeberdachverband des Tessiner Detailhandels (Federcommercio) wollte am 23. und 30. Dezember die Läden für zwei Abendverkäufe bis 21 Uhr öffnen. Das Begehren der Federcommercio stiess auf breites Unverständnis, da alle Tessiner Läden im Dezember bereits an 24 aneinander folgenden Tagen geöffnet sein können – Sonn- und Feiertage inbegriffen (der 8.Dezember ist im Tessin ein Feiertag). Gegen diesen erneuten Versuch des Detailhandelverbandes, die Ladenöffnungszeiten auf Kosten des Personals auszudehnen, protestierten die Tessiner Verkäuferinnen und Verkäufer vehement. Die verlangten zusätzlichen Abendverkäufe würden für sie und ihre Familien eine unzumutbare Belastung darstellen. Schon mit den bisherigen Öffnungszeiten ist das Familienleben dieser Arbeitnehmenden ausgerechnet in den Festtagen massiv eingeschränkt. Weite Teile der Bevölkerung unterstützten den Protest gegen die unsinnigen Abendverkäufe: Alleine an einem Tag haben beispielsweise 110 kleingewerbliche Vertreter des Detailhandels einen öffentlichen Appell gegen die zusätzlichen Abendverkäufe unterschrieben.
Genfer Gefängnis Champ-Dollon blockiert Die Wärter im Genfer Gefängnis ChampDollon hatten genug. Sie haben am Dienstag dem 02.12.08 mit einer vorübergehenden Blockade des Gebäudes gegen ihre Arbeitsbedingungen und die Haftbedingungen im chronisch überbelegten Gefängnis protestiert. Organisiert hatte die Kundgebung die Sektion Gefängnis der Genfer Polizisten-Gewerkschaft (UPCP). Rund 60 der etwa 250 Aufseher von Champ-Dollon beteiligten sich an der Aktion. Champ-Dollon gilt seit Jahren als chronisch überbelegt. In der für bis zu 270 Gefangene konzipierten Anlage sitzen gegenwärtig ungefähr 470 Personen ein. Ab über 350 Insassen werde Champ-Dollon zum Pulverfass, merkte ein Aufseher an. Auch die Häftlinge haben in der Vergangenheit in Champ-Dollon protestiert. Am 27. August 2007 zum Beispiel weigerten sich rund 200 Gefangene nach dem Mittagessen in ihre Zellen zurückzukehren. Sie beklagten sich darüber, dass die Verfahren und die Untersuchungshaft zu lang dauerten.
JournalistInnen im Streik NEUENBURG – Aus Protest gegen Abbaupläne traten die Redaktionen von «L‘Éxpress» und «L‘Impartial» am Freitag 14. November in den Streik. Die Zeitungen erschienen nur in reduzierter Form. Der Streik begann nach einer Personalversammlung. Niemand kehrte zur Arbeit zurück. Laut der Herausgeberin SNP stellten Kader und Angestellte, die sich nicht am Streik beteiligten, die Seiten fertig. Die SNP, die zur französischen Mediengruppe Hersant gehört, hatte vor einer Woche Sparmassnahmen von rund zwei Millionen Franken und den Abbau von insgesamt 15 Stellen angekündigt. Das entspricht 20 Prozent aller Redaktionsstellen! Zehn davon betreffen JournalistInnen oder FotografInnen der beiden Zeitungen. Vorschläge für Kurzarbeit seien von der Direktion zurückgewiesen worden, teilen die Redaktionen mit. Zwar sind die Personalvertreter überzeugt, dass die Direktion bei der Präsentation der finanziellen Schwierigkeiten keine Schwarzmalerei betrieben habe. Dennoch sollen Lösungen gefunden werden, die für das Personal weniger schmerzhaft sind.
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umwelt
„Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unseren menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns.“ Friedrich Engels
Der Umweltmarkt – die Umwelt verspekuliert? Der Mensch hat sich seit jeher natürlicher Ressourcen bedient und wiederum Emissionen der Umwelt zugeführt. Die industrielle Produktion und das damit verbundene wirtschaftliche Wachstum hat grossen Teilen der westlichen Bevölkerung Wohlstand gebracht. Sie hat aber auch zu einer Übernutzung der Ressourcen und zu erhöhten Emissionen geführt. Im folgenden Artikel wird versucht, einen marxistischen Lösungsweg der Umweltprobleme zu skizzieren. Der Hauptfokus in der Umweltökonomie richtet sich auf die beiden Schnittpunkte des wirtschaftlichen und des ökologischen Kreislauf. Dadurch ist eine Entwirrung der stark verknüpften Problematik möglich.
Ansätze für eine verhältnismässige Entnahme natürlicher Ressourcen Natürliche Ressourcen sind theoretisch alle Stoffe, die dem Menschen zur Verfügung stehen. Nur müssen sie erschlossen werden und einen ökonomischen Nutzen bringen, ansonsten sind sie für den Menschen uninteressant. Sie sind auf Grund verschiedener Faktoren, beispielsweise klimatischen oder geologischen, weltweit unterschiedlich verteilt. Jedoch nur ein Bruchteil dieser Ressourcen ist nutzbar. Wie können wir sie nun verhältnismässig nutzen, ohne dass Raubbau betrieben wird und sie auch für nachfolgende Generationen zur Verfügung stehen? In der kapitalistischen Wirtschaft werden natürliche Ressourcen überall dort entnommen, wo sie einfach nutzbar sind und am schnellsten Gewinn bringen. Ungefragt jeglicher Notwendigkeit oder jedes ökologisches Sinns, genau diese Ressource an diesem Ort zu nutzen, wird abgekapselt von jeglichem gesellschaftlichen Interesse, durch eine einfache „ra-
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tionale“ Berechnung einzelner Personen respektive Firmen, ihre Ausbeutung legitimiert. Um die Sache gut zu verkaufen, wird ihr ein grünes Mäntelchen umgestülpt und mit der Worthülse Nachhaltigkeit operiert, obwohl niemand weiss, was das genau bedeutet. Ich möchte es am Beispiel Zucker veranschaulichen: Jahr für Jahr werden in der Schweiz Tonnen von Rüben zur Zuckergewinnung nach Frauenfeld und Aarberg gefahren und die anfallenden Reste werden dem Vieh verfüttert. Dieser Kreislauf hört sich sehr vernünftig und ziemlich ökologisch an, er ist jedoch ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg und mag für diese Zeit seine Berechtigung gehabt haben. Vergleicht man jedoch die Ökobilanz von der schweizerischen Zuckerproduktion aus Zuckerrüben mit der Produktion in Mittelamerika aus Zuckerrohr, fällt die Bilanz für das Zuckerrohr garantiert eindeutig aus. Die Zuckerrübe ist gewiss die Pflanze, die in unseren Breiten relativ einfach in Massen produziert werden kann und pro Hektare die höchste Zuckerproduktion aufweist. Ihre Kultivierung in Monokultur braucht jedoch einen unverhältnismässig grossen Einsatz an Pflanzenschutzmitteln und sie produziert aufgrund der kurzen Vegetationsperioden viel weniger Zucker pro Hektare als das Zuckerrohr. Zudem ist die Gewinnung des Zuckers aus der Rübe extrem energieintensiv. Nur damit
wir Schweizer Zucker haben, werden grosse Mengen Erdöl importiert. Dieses Beispiel zeigt auf, wie unrationell im Kapitalismus mit Ressourcen umgegangen wird. In einer geplanten Wirtschaft würde das internationale Planerteam, das betraut wurde, den weltweiten Zuckerbedarf sicherzustellen, sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisse in seine Planung einbeziehen. Es würde überlegen, in welcher Klimazone der Zucker am rationellsten und umweltverträglichsten hergestellt werden könnte, mit welcher Kulturpflanze und welches der einfachste Weg wäre, den Rohstoff zum Endverbraucher zu transportieren. Die dadurch entstehenden Freiflächen in Europa könnten mit sinnvolleren, besser geeigneten Kulturen bepflanzt werden und wiederum andere Weltteile beliefern. Durch das Ende der marktwirtschaftlichen Anarchie könnte nicht nur der wichtige Rohstoff Zucker gerecht aufgeteilt, sondern die Ressourcen geschont und effizient genutzt werden. Das hiesse weniger Bodenerosion und vernünftigen Pflanzenschutzeinsatz.
Umgang mit Emissionen Unter Emissionen werden im Umweltbereich Stoffe oder Vorgänge verstanden, welche durch ihre Freisetzung meistens einen negativen Effekt, auf das durch
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sie tangierte Medium aufweisen. Die bekanntesten sind das CO2 und andere Treibhausgase, die massgeblich zum Klimawandel beitragen. Für diese negativen Auswirkungen bezahlen die Produzenten der geschädigten Allgemeinheit nichts. Sie ist es die für die Schäden bezahlen muss. Die Firmen bezahlen weder für die Gesundheitsschäden, noch für die Umweltkatastrophen, die damit verursacht werden. Der Markt behandle die Natur „effizient“, ist eine lächerliche Theorie. Es zählt, was in den Bilanzen und nicht was in den Ökobilanzen steht, weil jede Firma nach der kapitalistischen Logik handeln muss. Auch wenn es Ansätze gibt, die versuchen, den Ausstoss an CO2 zu minimieren, zu internalisieren, wird nur das Minimum umgesetzt. Steuern und Zertifikate sind nur Tropfen auf einen heissen Stein und ermöglichen einer reichen Elite ihr verschwenderisches Leben ungefragt weiterzuführen. Mit dem Beispiel des alpenüberquerenden Verkehrs kann das gut veranschaulicht werden: Seit langem gibt es Transporte über die Alpen, sie verbinden wichtige Produktionsstandorte in Nord und Süd. Seit der Eröffnung des A2-Autotunnels am Gotthard nimmt der Verkehr jährlich zu. Viele Massnahmen, die zur Eindämmung der Verkehrslawine beitragen sollten, LSVA (Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe) und Alpeninitiative (Beschränkung der Anzahl Durch-
fahrten), zeigten meist nur spärliche Wirkung, obwohl sie mehrmals durch Volksinitiativen gefordert wurden. All diese marktwirtschaftlichen Mittel wie Steuern, Subventionen und Umweltzertifikate verpuffen, weil die unsichtbare Hand des Marktes nicht existiert. Ein Heer von kleinen bis grossen Firmen versucht sich, durch ihre unsinnige Konkurrenz auf der Strasse und auf der Schiene, mit den gleichen Dienstleistungen zu schlagen. Hunderte Leerfahrten hin und hunderte zurück – wo ist hier die Logik? Würden die ganzen Vorgänge auf Schiene und Strasse koordiniert aus einer Hand angeboten, wäre Stau am Gotthard praktisch undenkbar. Mit modernster Computertechnologie würden die Lastwagen- und Bahnfahrten geplant und jedes Transportmittel an dem Ort eingesetzt, wo es am sinnvollsten ist. Die damit eingesparten Emissionen wären enorm und die finanziellen Einsparungen könnten direkt für die Entwicklung neuer effizienter Fahrzeuge eingesetzt werden.
nur möglich, wenn wir das Wissen der ganzen Welt vereinen und mit einem allgemein verbindlichen Wirtschaftsplan unseren Planet retten. Wir können diese einschneidenden Probleme nicht länger der Willkür des Marktes überlassen. Überlassen wir unsere Zukunft nicht irgendwelchen Geisterhänden, nehmen wir sie selber in die Hand!
Wenn die beiden Bereiche der Umweltökonomie (Entnahme natürlicher Ressourcen und Umgang mit Emissionen) in einem Kontext betrachtet werden, kann jede Emission, jeder Rohstoff wieder zur Ressource werden. Wir müssen versuchen die Kreisläufe zu optimieren und die Lücken zu verkleinern, dies ist
Joachim Lichtenhahn
Wir fordern: • Staatliches Monopol auf die Ressourcenentnahme • Landreformen weltweit • Keine weiteren Spekulationen und schon gar nicht mit der Umwelt - Nein zu handelbaren Umweltzertifikaten • Wir brauchen keinen „optimalen Grad an Verschmutzung“, sondern das Minimum an Verschmutzung • Für eine ökologische und nachhaltige Produktionsweise, welche dem Wohl aller und nicht dem Profit einzelner weniger dient!
Präsident Juso Winterthur
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Eine Stellungsnahme:
Der Krieg in Gaza! Seit dem 28. Dezember 2008 führt die israelische „Verteidigungsarmee“ die Operation „Gegossenes Blei“ gegen die Menschen im Gazastreifen. Nachdem bei den Bombenangriffen über 450 Menschen ihr Leben verloren, geht das Sterben nach Beginn der Bodenoffensive weiter. Hauptziel dieser Aggression gegen die palästinensische Bevölkerung ist die Zerschlagung der islamistischen Hamas-Bewegung. Israel reiht seinen Kampf gegen die Hamas in den von Bush initiierten „weltweiten Kampf gegen den Terror“ ein und erhält dafür den Beifall der meisten westlichen, aber auch der sekulären, US-freundlichen arabischen Regierungschefs von Ägypten und Saudi Arabien. Die herrschende politische Klasse Israels braucht dringend einen militärischen Erfolg, nachdem der Feldzug gegen die Hisbollah im Libanon 2006 scheiterte und jetzt Wahlen bevorstehen. Die Führer der regierenden Kadima- und der Arbeitspartei möchten diese Wahlen gewinnen und führen einen „Wahlkampfkrieg“, wie es der Sprecher der Friedensbewegung Gush Shalom, Uri Avneri, ausdrückte. Bereits der ehemalige Regierungschef Menachem Begin nutze eine Militäraktion während des Wahlkampfes 1981, bombardierte irakische Atomreaktoren und gewann die Wahlen. Anders erging es Shimon Peres, der den ersten Libanon-Krieg vor den Wahlen 1996 befahl und nicht wiedergewählt wurde, als dieser nicht erfolgreich verlief. Verteidigungsminister Barak (Arbeitspartei) und Außenministerin Tzipi Livni (Kadima) haben auf diesen Trick zurückgegriffen und die aktuellen Umfragen scheinen ihnen Recht zu geben. Die Umfragewerte für die beiden Regierungsparteien stiegen nach den ersten Bombenangriffen auf Gaza sprunghaft an, bei der Arbeitspartei um 5 Sitze. „Ungefähr 80 tote Palästinenser für einen Knesset-Sitz,“ wie es Uri Avnery verbittert ausdrückte. Hunderte, vielleicht Tausende Tote, um die politische Macht zu erhalten, sind ein deutliches Zeichen für ein verkommenes imperialistisches System.
Der Krieg gegen die Hamas Israel erklärt, die Bombenangriffe dienten dem Schutz der eigenen Bevölkerung im Süden des Landes, die während des
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sechsmonatigen Waffenstillstands wiederholt von Raketen aus Gaza angegriffen worden war. Dieser Waffenstillstand war jedoch nie vorhanden, weil Israel die Grenzen zu Gaza blockierte, um nicht zu sagen belagerte und verhinderte, dass die Menschen mit Lebensmitteln, Brennstoffen und Medikamenten versorgt wurden. Eine solche Blockade gegen 1,5 Millionen PalästinenserInnen war eine kriegerische Handlung. „Sie lähmt das Leben im Gazastreifen: Sie zerstört die Verdienstmöglichkeiten und bringt Hunderttausende an den Rand des Hungers; Krankenhäuser hören auf zu funktionieren; Strom und Wasserzufuhr sind unterbrochen.“ (Uri Avnery) Die Provokationen einzelner Hamas-Anhänger, die Kassam-Raketen auf israelisches Gebiet schossen, wurden zum Anlass genommen, ein Massaker unter der Bevölkerung des Gazastreifens anzurichten. Die Hamas errang bei den Parlamentswahlen 2006 eine überwältigende Mehrheit, nachdem die palästinensische Bevölkerung das Vertrauen in die die Fatah-Führung verloren hatte, weil diese sich mehr oder weniger als Marionette Israels und der USA erwies. Die Hamas war ursprünglich eine karitative Organisation, die mit Duldung Israels Krankenhäuser und Schulen in den besetzten Gebieten errichtete. Erst 1988 gründete sich die Hamas als Partei. Während die Aktivitäten der PLO von Israel brutal unterdrückt wurden, liess man der Hamas freie Hand, in der Hoffnung, damit die Palästinenserbewegung zu spalten und der PLO und ihrem damaligen Chef Yassir
Arafat die Führungsrolle im Kampf gegen die israelische Besatzung zu entreissen. Die Hamas, die sich gern als anti-imperialistisch präsentiert, ist in Wirklichkeit eine reaktionäre nationalistische Organisation, die einen islamistischen Staat anstrebt, in dem alle Organisationen der ArbeiterInnenklasse verboten würden. Kurz nachdem die Hamas die Kontrolle des Gazastreifens übernahm, gab es einen Übergriff auf die Büroräume des Palästinensischen Gewerkschaftsbundes. Dahinter steckt das Ziel, eine unabhängige Organisation der palästinensischen ArbeiterInnen zu unterdrücken.
Die Haltung der arabischen Nachbarn Die PalästinenserInnen fühlen sich seit langem von ihren arabischen Nachbarn im Stich gelassen. Als Israel seine Luftangriffe auf Gaza vorbereitete, besuchte die israelische Außenministerin Tzipi Livni den ägyptischen Regierungschef Mubarak, wahrscheinlich um ihn über Israels Absichten zu unterrichten. Mubaraks einzige Reaktion: Er rief die Hamas auf, den Raketenbeschuss einzustellen. Es war auch nichts anderes zu erwarten, hatte sich doch Ägypten aktiv an der Blockade des Gazastreifens beteiligt und zum Handlanger Israels gemacht. Als Hunderte PalästinenserInnen versuchten, während der Luftangriffe nach Ägypten zu fliehen, wurden sie von ägyptischen Sicherheitskräften daran gehindert. Als sich einzelne arabische Staaten für ein
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Krisentreffen aussprachen, lehnte Ägypten dies ab und Saudi Arabien meldete „Vorbehalte“ an. Was treibt Ägypten zu einer solchen Politik? Ägypten ist einer der wichtigsten Verbündeten der USA im arabischen Raum im Kampf gegen den radikalen Islamismus und der zweitgrößte Empfänger von US-Militärhilfe. Präsident Mubarak und sein saudiarabischer Amtskollege hoffen, dass durch eine Niederlage der Hamas der Einfluss des Iran und radikalislamistischer Bewegungen in den verschiedenen arabischen Ländern gestoppt wird. Diese Kalkulation könnte sich als sehr kurzsichtig erweisen. In fast allen arabischen Ländern ist es zu Solidaritätskundgebungen für das palästinensische Volk und die Hamas gekommen. Die arabischen Führer sind wegen ihrer Kollaboration mit Israel bzw. ihrer mangelnden Unterstützung der PalästinenserInnen der Kritik ihrer eigenen Bevölkerung ausgesetzt. Schon die Kämpfe gegen die Hisbollah und andere „Anti-terrorkriege“ haben gezeigt, dass fundamentalistische Organisationen durch militärische Auseinandersetzungen eher noch gestärkt werden. Sollte sich die Situation im Gazastreifen weiter zuspitzen, könnte sich die bereits instabile Situation im Nahen Osten weiter verschlechtern, so dass auch anderswo islamistische Organisationen die Oberhand gewinnen und bisherige sekuläre Regimes hinwegfegen. Damit wäre die Strategie der US- und israelischen Imperialisten gescheitert und der gesamte Nahe und Mittlere Osten würde zu einem explosiven Pulverfass.
Die israelische Arbeiterbewegung Die israelische Arbeiterbewegung hätte die moralische Pflicht, die Aggressionspolitik der eigenen herrschenden Klasse zu stoppen. Der israelische Gewerkschaftsbund Histadrut sollte sich weigern jegliche Kriegshilfe zu leisten und seine Mitglieder zu Streiks aufrufen, um zu verhindern, dass Rüstungsgüter produziert oder geliefert werden. Die israelischen und palästinensischen ArbeiterInnen sind natürliche Verbündete. Sie werden am meisten unter dem Krieg leiden, denn schon jetzt verschlingt der aufgeblähte Rüstungshaushalt enorme finanzielle Mittel. Dies führt dazu, dass die Sozialausgaben gekürzt und weniger Wohnungen, Schulen und Krankenhäuser gebaut werden. Wir machen uns aber keine Illusionen, weil die israelischen Gewerkschaften und die Arbeitspartei integrale Bestandteile des zionistischen Systems sind und ihre Führungskräfte jegliche Aggression gegen das palästinensische Volk mit dem Existenzrechts Israels begründen. Wer sich dieser Ideologie nicht anschließt, der gilt in Israel als Landesverräter. Nichtsdestotrotz gibt es in Israel eine Friedensbewegung, die von den westlichen Medien bewusst ignoriert wird, die aber immer wieder ihre Stimme gegen die Aggressionspolitik der herrschenden politischen Klasse erhebt. Es sind ArbeiterInnen, Intellektuelle und Jugendliche, die nicht länger mit anse-
internettipp: www.derfunke.ch Die Bedeutung des Kriegs im Gaza - eine marxistische Analyse
hen wollen, wie das von den westlichen imperialistischen Ländern hochgerüstete Israel Tausende unschuldige Zivilisten umbringt. Es ist zu hoffen und zu unterstützen, dass diese Kräfte an Einfluss gewinnen und Druck auf die FührerInnen der Gewerkschaften und der Arbeitspartei ausüben, um diesen schmutzigen Krieg schnell zu beenden.
Wir fordern: • Das sofortige Ende aller Aggressionshandlungen gegen die Menschen im Gazastreifen! Abzug der israelischen Bodentruppen! Nein zum Staatsterror und zum individuellen Terror! • Ein Ende der Blockade, damit die Menschen mit Lebensmitteln, Brennstoff und Medikamenten versorgt werden und sich frei bewegen können! • Schluss mit den terroristischen Angriffen gegen die Zivilbevölkerung in Israel; die Führung des palästinensischen Widerstands muss die Massen bewaffnen und regionale Verteidigungskomitees in jeder Stadt und jedem Dorf organisieren! • Die Unterstützung der Menschen in Gaza durch die israelische ArbeiterInnenbewegung! Keine Zusammenarbeit mit der israelischen Kriegsmaschinerie!
Von Walter Leon
In Defence of Marxism
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Massenproteste gegen Polizeirepression und Armut:
Griechenlands Regierung brennt der Hut In Griechenland gingen im Dezember 2008 zehntausende Jugendliche nach der willkürlichen Ermoderung eines 15jährigen Schülers durch einen Polizisten auf die Barrikaden. Am 10 Dezember legten die Gewerkschaften mit einem Generalstreik das ganze Land lahm. Doch der Ursprung dieser Ereignisse liegt weiter zurück. Schon lange stößt die rechte Regierung in breiten Bevölkerungsteilen auf Unmut. Am Samstag dem 6. Dezember 2008 erschoss in Athen ein Polizist den 15jährigen Schüler Alexandros Grigoropoulos nach einer verbalen Auseinandersetzung. Noch in der gleichen Nacht versammelten sich über 10.000 Jugendliche in 14 verschiedenen Städten Griechenlands, darunter Athen, Thessaloniki, Patras sowie auf den Inseln Kreta, Korfu und Samos, um auf den grausamen Gewaltakt der Exekutive hinzuweisen. Es kam zu zahlreichen Strassenkämpfen zwischen Polizei und Jugendlichen. Am Montag marschierten in ganz Griechenland rund 40.000 SchülerInnen zu Polizeistationen und liessen ihrem Unmut freien Lauf. Die Protestwelle überraschte in ihrer unglaublich raschen Verbreitung ganz Griechenland. Innert weniger Tage lagen alle Schulen des Landes lahm, zahlreiche Universitäten wurden besetzt. Die Unruhen erinnern sehr an jene der französischen Banlieus im Herbst 2005. In diesem Fall fanden die Jugendlichen aber einen politischen Ausdruck, der sie mit der griechischen ArbeiterInnenklasse in Verbindung bringt.
Das hatten wir doch schon … Zum einen erinnert das ungerechtfertigte Vorgehen der polizeilichen Exekutive
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viele BeobachterInnen an die Militärdiktatur von 1967 bis 1974, zum anderen an die letzten vier Jahre der rechtsgerichteten Regierung und ihrer blutigen Handhabung. Eine lange Liste an politischen Morden und brutalen Demonstrationsinterventionen zeigt das wahre Gesicht der Wächter des bürgerlichen Staats. Neofaschistische Elemente innerhalb der Polizei werden toleriert oder sogar gezielt an Demonstrationen eingesetzt. Diese Ereignisse können nicht einfach auf Zufälle oder die Verantwortung einzelner Polizisten reduziert werden. Der griechische Staat im Dienste der herrschenden Klasse bedient sich gezielt solcher Methoden um das Aufbegehren der Massen, das in den letzten Jahren in Griechenland deutlich zugenommen hat, niederzuhalten. Die Jugendlichen und die ArbeiterInnen haben diesen Umgang satt. Dieser Form des Klassenkampfes von oben muss der Klassenkampf von unten entgegnet werden. In den ersten Tagen haben die traditionellen Links- und Arbeiterparteien jedoch den autonomen Gruppierungen, die ihre Aufgabe alleine in wahllosen Anschlägen und den Auseinandersetzungen mit der Polizeigewalt sehen, das Feld überlassen. Diese Gangart gab der Regierung aber
nur ein Argument mehr im Namen der „Demokratie“ weiterhin hart durchzugreifen: „Niemand hat das Recht, diesen tragischen Vorfall als Alibi für Aktionen der rohen Gewalt zu missbrauchen, für Aktionen gegen unschuldige Menschen, gegen ihr Eigentum, gegen die ganze Gesellschaft und gegen die Demokratie“, so der Wortlaut des Ministerpräsidenten Karamanlis.
Wirtschaftskrise und Generalstreik Das wirtschaftlich schwache Griechenland ist angesichts der tief greifenden Krise im wahrsten Sinne des Wortes arm dran. Das Einkommen jedes fünften Griechen liegt unter der Armutsgrenze, die Arbeitslosigkeit übersteigt sieben Prozent. Der Aufruf der griechischen Gewerkschaften (GSEE und ADEDY) im öffentlichen und privaten Sektor zum Generalstreik für Mittwoch, den 10.12., trug nicht umsonst die Losungen des Kampfes gegen Armut und Arbeitslosigkeit, sowie gegen die restriktive Lohnpolitik und die Reform des Pensionssystem. Auch das betrifft die Jugend genauso wie die ArbeiternehmerInnen. Vor allem Jugendliche, die „700 Euro-Generation“, die meist in prekären und schlecht bezahlten Beschäftigungsverhältnissen arbeiten müssen, kennen das wahre
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Studentenproteste vor einer Polizeistation in Athen
Gesicht des griechischen Kapitalismus ganz genau. Die konservative Regierung unter Ministerpräsident Karamanlis ist offensichtlich nicht imstande und willens die Krise im Sinne der Lohnabhängigen zu bewältigen. Die zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich in der griechischen Gesellschaft ist mittlerweile von enormer sozialer Sprengkraft. Die Gewerkschaften versuchten für den Generalstreik die Proteste der Jugendlichen mit denen der Lohnabhängigen zu verknüpfen. Sie sahen die Ursachen der Jugendbewegung nicht lediglich in der Ermordung des jungen Schülers, sondern auch als Ausdruck kollektiver Unzufriedenheit der Massen mit den weitreichenden sozialen Problemen Griechenlands. Die Welle von wöchentlichen Streiks und Generalstreiks des letzten Jahres, erreichte somit einen neuen Höhepunkt.
Rückritt der Regierung? Der Vorsitzende der stärksten Oppositionspartei PASOK, Papandreou, fordert nun den Rücktritt der amtierenden Regierung der Neuen Demokraten (ND) und insbesondere deren Galionsfigur, Ministerpräsident Karamanlis.
Mit dieser Forderung versucht die PASOK der wütenden Stimmung in weiten Teilen der Bevölkerung, die nach einer radikalen gesellschaftlichen Veränderungen suchen, einen Ausdruck zu verleihen. Der komfortable Vorsprung der PASOK in den Umfragewerten von bis zu 7% vor der rechten ND ist ebenfalls ein interessanter Indikator für die Stimmung in der griechischen Gesellschaft. Alle Parteien mit Wurzeln in der ArbeiterInnenbewegung (die sozialdemokratische PASOK, die kommunistische KKE und die Linkspartei SYRIZA) zusammen kämen derzeit sogar auf rund 60 Prozent der Wählerstimmen. Karamanlis musste aufgrund der Ereignisse bereits die Regierung umbilden und erhoffte sich dadurch eine Beruhigung der Lage. Was es jetzt braucht ist eine Einheitsfront der Gewerkschaften, der Sozialdemokratischen Partei (PASOK), der kommunistische KKE und des Linksbündnisses SYRIZA sowie der Massenorganisationen der Jugend gegen die Politik der Regierung und die herrschende Klasse. Auf der Tagesordnung steht jetzt der Kampf für den Sturz der rechten Regierung. Das „demokratische“ Regime Griechenlands steht auf äusserst wackeligen Beinen. Die Stimmung in der griechischen Gesellschaft ist generell schlecht. Die Vetternwirtschaft und die Korruption sind überall an zu treffen und machen
internettipp: www.derfunke.ch Griechenland: Ein Vorgeschmack auf die kommenden Ereignisse in Europa
das Leben schwer. Das Gesundheits- und Bildungssystem ist total ausgehöhlt und wer sich keine private Krankenpflege oder Nachhilfeunterricht nehmen kann, steht auf verlorenem Posten. Die Klassenunterschiede sind durch den Mord des Jugendlichen nur ein weiteres Mal klar zum Vorschein gekommen. Nur der Rücktritt der Regierung und die Bildung einer neuen linken, sozialistischen Regierung unter dem Druck und der demokratischen Einbeziehung der Massen kann eine gesellschaftliche Umverteilung von Oben nach Unten gewährleisten. Dass dafür die Grenzen des kapitalistischen Systems gesprengt werden müssen, ist eine der wichtigsten Lehren aus der Geschichte der griechischen ArbeiterInnenbewegung. Der Generalstreik der Gewerkschaften und die militante Jugendbewegung gegen staatliche Repression zusammen können der Startschuss für eine sozialistische Wende sein!
Emanuel Van den Nest
Redaktion der österreichischen SchülerInnenzeitung „Brandsatz“
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theorie
Einführung in die marxistische Wirtschaftstheorie
Die Kapitalismusdebatte hatte eine Diskussion über das Wirtschaftssystem losgetreten, wobei aber insbesondere die Kritiker des „Heuschrecken-Kapitalismus“ nur Oberflächenphänomene behandeln. Die Gründe für die Erscheinungen, die sie umschrieben haben, liegen vielmehr in den Bewegungsgesetzen dieses Wirtschaftssystems selbst. Es ist geprägt durch die Auseinandersetzung zwischen Kapitalbesitzern und Lohnabhängigen. Der Schlüssel zum Verständnis der kapitalistischen Produktion ist die Erwirtschaftung des Mehrwerts.
Die Ware Arbeitskraft Grundlage ist, dass der Kapitalbesitzer die Ware Arbeitskraft vom Arbeiter kauft. Damit erwirbt er das Recht, diese Ware auszubeuten. Die Ware Arbeitskraft hat nun eine besondere Eigenschaft – sie schafft einen Wert, der grösser ist als jener der Arbeitskraft (der Wert dieser Ware drückt sich üblicherweise ungefähr in der Höhe des Lohnes aus). D.h. die Arbeitskraft schafft einen Mehrwert, der sich aus der Differenz zwischen dem Wert der Arbeitskraft und dem Wert des von ihr erzeugten Produktes ergibt. Der Kapitalist eignet sich also einen Teil des erzeugten Wertes in Form von unbezahlter Mehrarbeit an.1 Die Rate des Mehrwertes wird daher bestimmt durch das Verhältnis von gesellschaftlich notwendiger Arbeit und Mehrarbeit und ist also „der exakte Ausdruck für den Exploitationsgrad (=Ausbeutungsgrad) der Arbeitskraft durch das Kapital oder des Arbeiters durch den Kapitalisten“.2 Für die Marktbeziehungen bedeutet dies, dass die Arbeiter nicht das ganze Produkt ihrer Arbeit zurückkaufen können und daher die permanente Gefahr einer Überproduktionskrise besteht. Es entsteht also die paradoxe Situation, dass die Kapitalbesitzer versuchen, die Löhne der Arbeiter zu drücken, um ihre Profite zu erhöhen, dadurch aber den Massenkonsum reduzieren, was sich negativ in ihren Bilanzen niederschlägt.
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Der tendenzielle Fall der Profitrate Diese Problematik wird durch den sogenannten„tendenziellen Fall der Profitrate“ weiter verschärft. In der Produktion unterscheidet man zwischen variablem (die Arbeitskraft) und konstantem (Gebäude, Maschinen, Werkzeuge, Geräte, Rohstoffe) Kapital. Mehrwert wird, wie wir oben gesehen haben, nur durch das variable Kapital erzeugt. Der Kapitalist ist durch den Konkurrenzkampf permanent gezwungen, seine Produktionsanlagen zu erweitern, um konkurrenzfähig zu bleiben. Damit verändert sich die organische Zusammensetzung des Kapitals: Infolge des technischen Fortschrittes sinkt der Anteil des variablen Kapitals in Relation zum konstanten. Die organische Zusammensetzung des Kapitals ändert sich also zugunsten des konstanten Kapitals und sorgt so für den tendenziellen Fall der Profitrate. Wichtig ist zu sehen, dass es sich dabei eben nur um eine Tendenz handelt und es daher auch entgegenwirkende Kräfte gibt. Die zwei wichtigsten sind einerseits die Erhöhung der Mehrwertrate (d.h. eine verstärkte Ausbeutung der Arbeiter, indem die Produktivitätserhöhungen die Lohnerhöhungen übersteigen) und andererseits die Verbilligung der Elemente des konstanten Kapitals. 3 Der „tendenzielle Fall der Profitrate“ führt also dazu, „dass die Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit im Fall der Profitrate ein Gesetz erzeugt, das ihrer eigenen Entwicklung auf einem gewis-
sen Punkt feindlich gegenübertritt und daher beständig durch Krisen überwunden werden muss.“ 4
Das Ungleichgewicht zwischen den verschiedenen Produktionszweigen Das dritte Element der Marxschen Krisentheorie ist die Disproportionalität (Missverhältnis) zwischen den verschiedenen „Produktionsabteilungen“, der Produktionsmittel- bzw. der Konsumgüterindustrie, die aus der Planlosigkeit des Kapitalismus entsteht. Marx erklärt sie folgendermassen: „Indes sprechen wir hier nicht von der Krise, soweit sie auf unproportionierter Produktion, das heisst einem Missverhältnis zwischen der Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die einzelnen Produktionssphären beruht. Davon kann nur die Rede sein, soweit von der Konkurrenz der Kapitalisten die Rede ist. Es ist schon gesagt worden, dass Steigen oder Sinken des Marktwertes infolge dieses Missverhältnisses, Zurückziehung von Kapital von einer Produktionssphäre und Übertragung in eine andere, Wanderung von Kapital von einem Produktionszweig in den anderen, zur Folge hat. Indes in dieser Ausgleichung selbst ist schon vorhanden, dass sie das Gegenteil der Ausgleichung voraussetzt und also die Krise einschliessen kann, dass die Krise selbst eine Form der Ausgleichung sein kann. 5
theorie
Mehrwert und Ausbeutung Der Mehrwert ist also die Differenz zwischen dem Wert der Arbeitskraft und dem in der Produktion neugebildeten Wert. Wenn wir die Mehrwert- oder Ausbeutungsrate bestimmen wollen, müssen wir die Menge der Mehrarbeit mit der gesellschaftlich notwendigen Arbeit vergleichen. In einer Formel ausgedrückt bedeutet dies:
beitszeit 5 Stunden und die Mehrarbeit 3 Stunden beträgt, die Mehrwertrate in Prozent ausdrücken will, ergibt sich folgende Rechnung: Mehrwertrate = Mehrarbeit x 100 / notwendige Arbeit = 3 x 100 / 5 = 60% Nach der Verlängerung der Arbeitszeit von acht auf neun Stunden sieht die Rechnung folgendermassen aus:
Mehrwertrate = Mehrwert/Wert der Arbeitskraft
Mehrwertrate = Mehrarbeit x 100 / notwendige Arbeit = 4 x 100 / 5 = 80%
oder
Durch die Intensivierung der Arbeit:
Mehrwertrate = Mehrarbeit/notwendige Arbeit Während die Mehrwertrate das Verhältnis zwischen Mehrwert und Arbeitslohn ist, ist die Profitrate das Verhältnis des Mehrwertes zum aufgewendeten Kapital. Das Kapital wird dabei in konstantes und variables unterschieden. Für die Profitrate ergibt sich daher folgende Formel: Profitrate = Mehrwert / konstantes + variables Kapital Aus dieser Formel wird klar ersichtlich, dass die Profitrate durch einen höheren Mehrwert, und damit grössere Ausbeutung, steigt. Die Kapitalisten haben logischerweise das Bestreben die Mehrarbeit zu verlängern, das kann auf zwei Arten geschehen:
Durch die Verlängerung des Arbeitstages: Wenn man, bei der Grundannahme, dass die gesellschaftlich notwendige Ar-
Dies ist die wesentlich häufigere Form, die Mehrwertrate zu erhöhen. Dabei wird die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit, d.h. jene Arbeitszeit, die notwendig ist, um die Reproduktion des Arbeiters zu gewährleisten, durch die Effektivierung der Arbeit oder durch die Verbesserung der Maschinen, bzw. einen Mix aus beiden Elementen, verkürzt. Die notwendige Arbeit würde dann nicht mehr fünf, sondern, was auch der Realität des letzen Jahrzehnts wesentlich näher kommt, nur mehr vier Stunden betragen. In einer Formel ausgedrückt könnte dies z.B. bedeuten: Mehrwertrate = Mehrarbeit x 100 /Notwendige Arbeit = 4 x 100/4 = 100% Der Mehrwert, der durch technischen Fortschritt bzw. der Intensivierung der Arbeit und damit einhergehender grösserer Ausbeutung entsteht, ist der relative Mehrwert.
Anmerkungen 1. Die Arbeitszeit kann daher in zwei Teile zerlegt werden. Ein Teil „gesellschaftlich notwendiger“ Arbeit, d.h. jene Arbeitszeit, die nötig ist, um einen Wert zu erzeugen, der die Reproduktion der Arbeitskraft sichert (d.h. der Lohn des Arbeiters muss ausreichen, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können, Miete zu zahlen bzw. seinen Kindern das Auskommen zu sichern). Der zweite Teil ist die unbezahlte Mehrarbeit. Jene Zeit also, in der der Arbeiter nicht für sich, sondern für den Profit des Kapitalbesitzers arbeitet. Das Verhältnis zwischen diesen zwei Bereichen liegt bei ungefähr 3 (3 Stunden notwendige Arbeit) zu 5 (5 Stunden unbezahlte Mehrarbeit). Während im Kapitalismus dieses Ausbeutungsverhältnis verschleiert ist, wird es durch die Heranziehung feudalistischer Produktionsverhältnisse wesentlich transparenter. Der Leibeigene, aber auch der lehnshörige Bauer musste z.B. drei Tage in der Woche Fronarbeit auf den Feldern „seines“ Grundherren verrichten, nur die restliche Zeit durfte er sein eigenes Feld bestellen. Die Grundmechanismen der Ausbeutung blieben also im Kapitalismus gleich. 2. Karl Marx, Das Kapital, Bd. I, in: MEW 23, Berlin 1969, S. 232f. 3. Karl Marx, Das Kapital, Bd. III, in: MEW 25, Berlin 1969, S.240f. 4. Ebenda:, S. 268f. 5. aus: Karl Marx, Theorien über den Mehrwert, zit. Nach Paul M. Sweezy, Theorie der kapitalistischen Entwicklung, Frankfurt/Main 1970, S. 189
Die Redaktion
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Aufstand der Vernunft Nr. 6 „Von Flammen und Dampfkesseln“
Aufstand der Vernunft Nr. 7 „Sozialismus und Frauenbefreiung“
Im Oktober 1917 erschütterte die Russische Revolution die Welt. Aus unserer Sicht handelt es sich dabei um das bedeutendste Ereignis der Weltgeschichte, weil es damals in Russland erstmals gelang, den Kapitalismus zu stürzen und die Arbeiterinnenklasse daran ging, eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung aufzubauen.
Im neuen Band unseres Theoriemagazins „Aufstand der Vernunft“ wollen wir eine marxistische Analyse zum Thema Frauenunterdrückung und Geschlechter-verhältnisse liefern. Im Zuge der Frauenbewegung der 1960er und 1970er Jahre wurden eine Reihe von Frauenrechten erkämpft und wichtige Fortschritte bei der Bewusstmachung von Sexismus und Frauenunterdrückung gemacht. Von einer Gleichberechtigung der Geschlechter sind wir jedoch noch immer weit entfernt. Ganz zu schweigen von einer Emanzipation der Frau. Ganz im Gegenteil erleben wir vor dem Hintergrund der Krise des Kapitalismus eine konservative Gegenoffensive, die zur Festigung traditioneller Frauenbilder und vieler Unterdrückungs-formen führt. Der Kampf gegen Frauenunterdrückung in all seinen Ausdrucksformen ist daher heute so relevant wie eh und je. Entgegen dem Vorwurf„geschlechtsblind“ gewesen zu sein, haben die marxistischen Klassiker sehr wohl einen wichtigen Beitrag zur theoretischen Klärung dieser Frage geliefert. Mit diesem Buch wollen wir eine Analyse der ökonomischen, sozialen, ideologischen oder sexuellen Unterdrückung der Frau darstellen. Wie Alexandra Kollontai schrieb: „Kein Sozialismus ohne Frauenbefreiung! Keine Frauenbefreiung ohne Sozialismus!“
Im Zentrum dieses Buches steht ein Beitrag des britischen Marxisten Alan Woods über die Rolle der Bolschewiki im Jahr 1917. Darin zeichnet er die gesellschaftlichen Dynamiken dieser Revolution nach und widerlegt die von bürgerlichen Historikern vielstrapazierte These, die Oktoberrevolution sei in Wirklichkeit ein Staatsstreich gewesen. Am historischen Beispiel stellt er die Ideen und Methoden der Bolschewiki dar und gibt somit eine Antwort auf die Frage nach den Aufgaben einer revolutionären Organisation.
Aufstand der Vernunft Nr. 6, „Von Flammen und Dampfkesseln“ Preis: 15 F., Soli-Preis: 20 Fr.
Aufstand der Vernunft Nr. 7, „Sozialismus und Frauenbefreiung“ Preis: 14 Fr., Soli-Preis: 18 Fr.
Ich bestelle: o ein Funke-Abo (15 Franken für 5 Ausgaben) o Theoriereihe “Aufstand der Vernunft” Band _____ (16 Franken + Porto) o Broschüre Nr. 1 “Wie gewinnen wir einen Streik?” (2 Franken + Porto) o Broschüre Nr. 2 “Perspektive - ArbeiterInnenbewegung 2008” (3 Franken) o das Buch “Leo Trotzki – Sozialismus oder Barbarei” (18 Franken + Porto) Ich will: o eine Liste eurer Materialien o Infos über eure Veranstaltungen und Aktivitäten o aktiv werden Name: Strasse: PLZ & Ort: Telefonnr.: E-Mail:
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