Mecklenburg Schwerin delüx Winter 4/2012

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HANDWERK

Manche mögen’s heiß Bei solchen JugendstilLeuchtern wird Ralf Froese warm ums Herz.

Ralf Froese ist einer der letzten Gelbgießer. In seiner winzigen Werkstatt neben der Wismarer Nikolaikirche bringt er Engelsflügel in Form und alte Kronleuchter auf Vordermann. Schweißtropfen rinnen von Ralf Froeses Stirn, mitten im Winter. Bei 800 Grad köchelt glühendes Metall in einem eisernen Waschzuber, ein Bunsenbrenner spuckt Feuer und heizt die Gießerei-Werkstatt auf Backstubentemperatur. Nach kurzer Zeit glüht auch Ralf Froeses Gesicht.

„Ein bisschen warm hier“, stellt der 62-Jährige kühl fest. Hitzige Gesten und große Worte sind seine Sache nicht. Dabei ist seine Werkstatt in der Wismarer Altstadt (mit der unpassenden Adresse „Neustadt 42“) eine großartige Sammlung aus Alt und Neu, aus stilvoller Patina und strahlendem Hochglanz. In jedem Winkel stehen, hängen und liegen alte Türgriffe und -beschläge, Kerzen28

ständer und Kämme, Gewichte und Glocken. Als einer der letzten Gelbgießer Deutschlands soll Ralf Froese sie zu neuem Leben erwecken. „Vor 300 Jahren waren Gelbgießer so wichtig wie Bäcker oder Fleischer“, sagt Froese. Als angesehene Zunftgenossen stellten sie nicht nur Gürtelschnallen, Knöpfe, Wachsscheren und Mörser für den Alltag her, sondern auch kunstvolle Leuchter und Türknäufe, in denen sich der Geschmack der Zeit spiegelte. Anders als Rotgießer, die ihre Werkstücke aus rötlichem Kupfer und Zinn gossen, schimmerte das Messing der Gelbgießer dank eines hohen Gehalts an Zink (25 Prozent) gelblich-weiß. MECKLENBURG-SCHWERIN delüx 4/2012


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