Pc games magazin januar 012014

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MAGAZIN 01 | 2014 Entspanntes Arbeiten im gemütlichen Umfeld – so stellt sich mancher Laie vermutlich auch die Arbeit in einer Spieleredaktion vor. In beiden Fällen ist es vor allem eines: ein „richtiger“ Beruf.

die beim Playstation-3-Titel Der Puppenspieler zwischen 6 und 12 schwankten, da ihnen die Cutscenes doch überraschend gruselig vorkamen. Die offizielle Kennzeichnung lautet hier „Ab 6“, da in dem Spiel alle Aktionen klar Teil eines Theaters sind, was eine Art Barriere zwischen Spieler und Inhalt aufbaut. Diese Feinheiten sind vielleicht sogar die wichtigsten Kriterien, da der deutlich überwiegende Anteil aller von der USK geprüften Titel in den Kinder- und Jugendbereich fällt. Nicht einmal 8% aller Einsendungen erhalten das Siegel mit der roten 18 für „Keine Jugendfreigabe“, die nicht gekennzeichneten Spiele machen sogar unter ein Prozent aus – sicherlich auch, weil Publisher ganz klar vom Index bedrohte Produkte in Deutschland gar nicht erst zur USK geben oder freiwillig Kürzungen unterziehen. Um überhaupt aus dem Raster der USK zu fallen und vielleicht ein Kandidat für die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) zu werden, muss ein Spiel zum Beispiel Gewalt gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen als Selbstzweck und mit einer die Menschenwürde verachtenden Darstellung inszenieren, Kinder oder Jugendliche in sexuellen Zusammenhängen präsentieren oder aber den Krieg als solchen verherrlichen. Kulturelle Prägung Gerade der letzte Punkt ist ein sehr deutsches Phänomen des Jugendschutzes. In den USA wird in den

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Medien deutlich „lockerer“ mit Gewaltdarstellung und Krieg umgegangen, dafür sind die Grenzen bei erotischen Inhalten deutlich enger gesteckt. Kurioserweise haben die Briten im Gegenzug ein Problem mit expliziter Sprache und in Griechenland ist jede Form von Glücksspiel ein No-Go. Jede Nation hat dabei ihre eigenen Traditionen und Gründe für die Entscheidungen, Deutschland ist aber das Land mit den klarsten Strukturen und Vorgaben für den Jugendschutz in Spielen. Auch wird der Jugendschutz mehrfach schon im Grundgesetz hervorgehoben und in Paragraph 5 wird das Recht zur freien Meinungsäußerung dahingehend eingeschränkt, dass der Schutz der Jugend vorgeht. Deswegen müssen auch erwachsene Gamer mit USK-Siegeln auf ihren Packungen und etwas mühseligeren Einkäufen indizierter Titel leben. Die Zukunft Da immer mehr Spiele ausschließlich online oder als Apps auf Tablets und Smartphones verbreitet werden, gibt es auch immer größere Grauzonen, die den Jugendschutz nicht gerade einfacher machen. Die Gesetzesgrundlage für die USK sollte in der Hinsicht angepasst werden, aber der Markt entwickelt sich schneller als die legale Nacharbeit hinterherkommen kann. Davon abgesehen wünscht sich der USK-Geschäftsführer Felix Falk im Interview auch mehr Bewusstsein der Publisher für den Stellenwert ih-

Wunschlisten der anderen Art: Weil sie so viele Titel durcharbeiten müssen, dürfen sich die Sichter auch ein paar Titel vormerken, die sie sich unbedingt selbst vorknöpfen wollen.

rer Produkte. In den letzten Jahren hat zum Beispiel Bethesda Softworks nach dem Erwerb der Rechte an alten Id-Software-Titeln Klassiker wie Doom vom Index nehmen und neu prüfen lassen. Viele der alten Schätze im Retro-Regal der USK könnten vielleicht auch endlich ihren Platz als Meilensteine der Gaming-Geschichte einnehmen und nicht länger aus Angst

vor rechtlichen Maßnahmen in den Medien totgeschwiegen werden, wenn sich die Rechteinhaber hier dazu entschließen könnten, einen dementsprechenden Antrag zu stellen. Denn dass die ‚Killerspiele‘ von damals heute nicht mehr als jugendgefährdend eingestuft würden, sondern endlich offen für Gamer zugänglich wären, ist in der Regel klar abzusehen.

DAS PRÜFVERFAHREN 1. Ein Publisher reicht das Spiel mit einem Antrag auf Bewertung bei der USK ein. 2. Die USK benennt Sichter, die das Spiel auf jugendgefährdende Inhalte prüfen. Die Sichter müssen eine gute Kenntnis der Branche mitbringen und erhalten eine Schulung, wie sie relevante Inhalte erkennen, zusammenstellen und präsentieren. 3. Der zuständige Sichter präsentiert die Spielinhalte einem Gremium von Jugendschutzexperten. Außerdem legt er einen genauen Bericht über die Spielinhalte vor. Die Sachverständigen werden von den Bundesländern gestellt. Aus dem Pool von über 50 Experten werden jeweils 4 ausgewählt. 4. Auf Basis der Vorführung sprechen die Jugendschutzexperten eine Empfehlung aus. 5. Der ebenfalls anwesende ständige Vertreter der Obersten Landesjugendbehörde (OLJB) des für die Kennzeichnung von Videospielen federführenden Bundeslandes Nordrhein-Westfalen kann die Empfehlung annehmen oder ein Veto einlegen, auf das hin ein Publisher eine neue Prüfung beantragen müsste. 6. Die Kennzeichnung wird durch die OLJB offiziell gemacht. 7. Im Falle einer Verweigerung der Kennzeichnung kann die USK, sofern extrem jugendgefährdende oder gar strafrechtlich bedenkliche Inhalte gefunden wurden, die BPjM informieren. Erst die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien kann nach einer weiteren Prüfung eine Indizierung aussprechen. Eine Beschlagnahmung kann sogar erst durch ein Gericht angeordnet werden, wenn strafrechtlich relevante Inhalte vorliegen. pcgames.de


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