Karl Walker - Das Geld in der Geschichte

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Karl Walker: Das Geld in der Geschichte

Hier sehen wir, daß in der neueren Zeit zwar auch schon Rohstoffe und Kunstschätze zur Kriegsbeute gehörten, die Edelmetalle Gold und Silber als Währungsmetall aber immer noch das Wichtigste waren, was der Eroberer außer dem Landgewinn und dem Machtzuwachs begehrte. -

immer erst aus der Ferne eines sehr weiten Abstandes wahr.

Nach den napoleonischen Kriegen und den Befreiungskriegen verlegt sich die Welt etwas mehr von der Eroberungspolitik auf die Handelspolitik. Aber Kampf um das Gold ist auch diese Handelspolitik, dieser Handelskrieg immer noch. Die überlegenen Handelsvölker heben freilich die Idee des Freihandels auf den Schild; die anderen aber, die dabei zu kurz kommen, entwickeln demgegenüber die Idee und die Praxis des Schutzzolles, vornehmlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Immer scheint das Gesetz des Handelns vom Gelde her diktiert zu sein. In Amerika, der "reichsten Schatzkammer der Welt", wie Lincoln die Union nannte, stiegen nach dem Rückgang der Goldfunde, die im Durchschnitt der Jahre 1810/20 nur noch auf 11 500 kg gekommen waren, die Funde im fünften Jahrzehnt auf fast 55 000 kg und im sechsten Jahrzehnt auf 200 000 kg! Neue Goldfelder in Kalifornien stellten alles bisher Dagewesene in den Schatten und die goldhungrige Welt bekam wieder ihren Auftrieb. Von 1850 bis 1860 förderte Amerika fast soviel Gold wie die vorausgegangenen 250 Jahre von 1600 bis 1850 zusammen erbracht hatten. Doch von 1870 bis 1890 trat wieder eine Erschöpfung mit der dazugehörigen Krise ein; und wenn Moltke damals sagte, es sei nicht mehr der Ehrgeiz der Fürsten, sondern "das Unbehagen über einen Zustand", das in der neueren Zeit den Frieden gefährde, so kann dieses Wort nur so verstanden werden, daß die Krisen der Wirtschaft von innen her die Daseinsbedingungen der Völker zerrütten und damit den Kampf ums Dasein, der sich normalerweise im friedlichen Wettbewerb abspielt, in die Härten blutiger Auseinandersetzungen hineinzwingen. - Noch einmal bessert sich die Lage zu Anfang des 20. Jahrhunderts: Transvaal gelangt an die Spitze der Goldproduzenten. Seine Erträge lagen im Jahre 1916 um 70 v. H. höher als die vormaligen Förderungen von Kalifornien. Es mag sein und liegt in der Natur der Sache, daß die Wirkungen, die vom Gelde ausgehen, seien sie nun Fluch oder Segen, nicht von jedermann wahrgenommen werden - jedenfalls nicht als Auswirkungen des Geldwesens. Zu riesenhaft ist der Bogen, der über unsere Häupter hinweg die kausalen Zusammenhänge herstellt. Und obwohl auch unsere Welt noch immer mitten drin steht in der Alternative "Eroberung oder Handel", nehmen wir die Dinge, so wie sie sind, 80


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