triskel - 12/2011

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Medien und Literatur

Medien und Literatur Richard Schuberth ~ CrossRoots (2002) von kuec CrossRoots – Lexikon der irischen, schottischen, englischen, walisischen und bretonischen Folk-, World- und Traditional Music

Gescheiteres zum Thema ist seit dem Erscheinen dieses Klassikers nicht in Buchform veröffentlicht worden – jedenfalls nicht auf Deutsch. Ein Monumentalwerk von über 500 Seiten in großem Taschenbuchformat, das im Januar 2012 zehn Jahre alt wird. Also ein guter Zeitpunkt, um auf Richard Schuberths große Verdienste hinzuweisen und vielleicht ein Geschenktipp, falls man noch eines Exemplars habhaft wird. Die erste Auflage ist nämlich vergriffen, und eine weitere wird wohl nicht kommen. Dass ich überhaupt ein Exemplar von CrossRoots besitze, ist dem Zufall geschuldet. Verleger Christian Ludwig fand im Keller noch eine falsch beschriftete Kiste, deren Inhalt er zum Sonderpreis online anbot. Das Buch bietet zweierlei: kurze Lexikontexte zu Bands und Personen sowie Sonderkapitel über Regionen, Instrumente, musikalische Formen und Stile, die den Sinnzusammenhang herstellen. Nicht unbedingt selbstverständlich ist, dass der englischen Folkszene genauso Raum gegeben wird wie der schottischen und irischen. Amerika, speziell Kanada mit Cape Breton ist einbezogen. Der Schwerpunkt liegt aber bei der irischen Tradition und ihren Revivals. Anstelle eines Vorworts macht Schuberth klar, was im Rahmen seines Buches die Begriffe ‚traditionelle Musik’, ‚Folk’ und ‚keltisch’ bedeuten. Er ist studierter Historiker und Ethnologe und kann daher schlüssig darlegen, weshalb er die beiden letzteren Ausdrücke tunlichst meidet – sie tragen nicht zur begrifflichen Klarheit bei. Der Autor führt an der passenden Stelle ein paar eigene Kategorien ein, die sich als hilfreich erweisen: Rhythm & Reel für die rhythmusbetonte Akkordbegleitung, wie sie sich in der Nachfolge von Planxty und der Bothy Band bei akustischen Gruppen durchsetzte. Mit Folk Baroque meint er einen Gitarrenstil, der auf Bert Jansch, John Renbourn et al. zurückgeht und großen Einfluss auf jüngere Folkgitarristen hatte. Der Wiener Autor, Jg. 1968, schreibt flüssig und bringt eine Unmenge Wissen ein. Er hat mehrere Jahre Arbeit in dieses Werk gesteckt.

Den Hauptteil machen die Einträge zu Bands und Personen aus. Oft sind treffende englische Zitate vorangestellt, die in grau-kursiver Schrift allerdings mühsam zu entziffern sind. Das ein oder andere Etikett (MacColl als Marxist) ist mir zu einseitig, aber ohne Verkürzung wäre das Werk wohl ausgeufert. Den Artikeln nachgestellt ist i.d.R. eine Diskographie, auch auf Bücher und Videos wird hingewiesen. Schuberth muss sich durch Hunderte von Alben hindurchgehört haben. Weniger leicht greifbar sind die Auswirkungen, die die Live – Auftritte der gelisteten Bands hatten. Schön wäre eine Darstellung der wichtigsten Festivals gewesen; Cropredy, Cambridge oder die Celtic Connections Glasgow werden aber wenigstens erwähnt. Fotos sind eher dünn gesät. CrossRoots zählt aber nicht nur Namen und Alben auf, sondern liefert Querverweise und gibt fundierte Bewertungen ab. In den Einträgen weist Schuberth immer wieder den Einfluss andersartiger Musikstile von Jazz bis Techno nach. Er stellt die persönliche Kreativität der KünstlerInnen in den Mittelpunkt. Keltischer Mystizismus hat bei ihm keine Chance; purer Kommerz wird als solcher benannt. Seine Bewertungen orientieren sich nicht an der Treue zu irgendeiner Tradition, sondern an ästhetisch-künstlerischen Maßstäben, die mehr dem Akustischen als dem

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