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Die Brüder Jesu

Zurück nach Nazaret

Jeschua ist in Jerusalem gekreuzigt worden. Seine Brüder Jakob, Josef und Simon (nicht identisch mit dem Apostel Simon Petrus) waren zum Paschafest auch in Jerusalem, allerdings nicht zusammen mit Jeschua. Sie haben sich gleich nach seinem Tod auf den Weg zurück nach Nazaret gemacht. Nun rasten sie am Wegrand im Schatten eines Ölbaums. Jakob ist der älteste und damit tonangebend.

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Jakob: Wie bringen wir es Mutter bei?

Josef: Die Mutter! Schweigen. Dann

Simon: Er war ihr erklärter Liebling! Nach Vaters Tod hat sie sich ganz auf ihn gestützt.

Josef: Ja, bis er sie verlassen hat! Das verstehe ich nicht: Das Reich Gottes verkünden und die eigene Mutter im Stich lassen – wie passt das zusammen?

Jakob: Ein biss’chen eigen war er ja immer schon. Aber dann hat ihm der Täufer völlig den Kopf verdreht. Mit seiner Predigt: Das Reich Gottes kommt!

Josef: Aber wieso hat Jeschua geglaubt, ausgerechnet er muss es vorbereiten?

Jakob: Weil er übergeschnappt war! Das Reich Gottes hat doch nur in seiner Phantasie existiert. Wo ist es denn jetzt?

Simon: Etwas exaltiert war er immer schon. Aber dass er so durchdreht ...

Jakob: Also ehrlich, als ich hörte, welchen Erfolg er unten am See hat, die Leute sollen ja richtig zu ihm geströmt sein, da habe ich manchmal gedacht: Ob nicht doch etwas dran ist an seiner Botschaft? Jetzt wissen wir, was dran war – nichts!

Josef: Er soll ja sogar Wunder gewirkt haben, Kranke geheilt.

Simon: Auf Wundertäter fallen die Leute am liebsten rein.

Jakob: Aber in Jerusalem hat er sich überschätzt! Als ob die Römer stillhielten, wenn jemand lauthals verkündet: Jetzt und hier beginnt das Reich Gottes!

Simon: Der Hohe Rat soll ihn wegen Gotteslästerung verurteilt haben.

Jakob: Er wollte mit dem Kopf durch die Wand. Das hat er davon!

Längeres Schweigen. Dann

Josef: Der arme Kerl! Wie er am Kreuz geschrien hat! Das habe ich immer noch im Ohr. Furchtbar!

Simon: Gut, dass Vater das nicht mehr erleben musste. Er wäre ja wahrscheinlich auch nach Jerusalem gepilgert.

Josef: Vielleicht hätten wir Jeschua daran hindern sollen, sich so zu exponieren.

Simon: Wie denn? Glaubst du, er hätte sich hindern lassen? Und was hätten seine Kumpel dazu gesagt?

Jakob: Seine Kumpel! Das hat man gesehen, wie die zu ihm halten. Von denen war nach seiner Verhaftung keiner mehr zu sehen.

Schweigen. Dann

Jakob: Wenn wir zuhause sind, will ich Debora bitten, mit mir zu Mutter zu gehen. Vielleicht kann sie es ihr schonender beibringen als ich.

Simon: Wir müssen uns jedenfalls beeilen. Es darf niemand vor uns in Nazaret sein.

Josef: Ich habe Angst, wenn ich mir vorstelle, wie Mutter unter der Nachricht zusammenbricht.

In Nazaret

Jakob allein mit seinem Bruder Judas (nicht identisch mit dem Apostel und Verräter Jesu). Judas war zuhause bei ihrer Mutter Maria geblieben.

Jakob: Jetzt erzähl noch mal genau: Was ist hier wirklich passiert?

Judas: Ich weiß nicht mehr, als was ich euch schon erzählt habe. Vor drei Tagen ist Mutter mittags gekommen, hat ganz verändert ausgesehen, hat förmlich gestrahlt, und dann hat sie gesagt: „Jeschua war bei mir. Er lebt.“ Ich war natürlich verblüfft, da hat sie erzählt: Er stand auf einmal vor ihr und hat ihr gesagt, er ist in Jerusalem gekreuzigt worden. Aber Gott hat ihn vom Tod auferweckt. Sie wollte ihm erst nicht glauben, aber er hat es mehrfach überzeugend versichert. Dann hat sie ihn nach kurzer Zeit nicht mehr gesehen.

Jakob: Und du hast ihn gar nicht gesehen?

Judas: Nein, ich war ja auch gar nicht in der Wohnung.

Jakob: Und das hast du ihr geglaubt?

Judas: Sie wirkte ganz ruhig, nicht irgendwie überdreht. Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte, ich weiß es auch jetzt noch nicht.

Längeres Schweigen. Dann Jakob für sich, wie laut nachdenkend.

Wieso konnte sie schon von seiner Kreuzigung wissen? Sie muss es geträumt haben. Ja, das ist es! Sie hat sich ja dauernd Sorgen um Jeschua gemacht. Jetzt hat ihre Sorge sie das lebhaft träumen lassen. Sie ist wach geworden und hat nicht gewusst, dass es nur ein Traum war.

Judas: Aber sie bleibt auch jetzt dabei, dass sie ihn wirklich gesehen und mit ihm gesprochen hat.

Jakob: Klar, jetzt, wo sie weiß, dass er wirklich am Kreuz gestorben ist, klammert sie sich erst recht an ihren Traum. Wir wollen ihr diesen Glauben lassen, auch wenn wir ihn nicht teilen können.

Im Weinberg

Kurze Zeit später. Jakob arbeitet allein in einem Weinberg. Plötzlich blickt er auf.

Jakob ungläubig: Du?? Das darf doch nicht wahr sein! Er ist starr vor Staunen, scheint jemandem zuzuhören.

Dann: Und was soll ich in Jerusalem?

Wieder hört er zu.

Dann: Versprochen!