Jahresbericht

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«Unsere Veranstaltungen sollen auch Menschen besuchen können, die sonst wenig zum Leben haben.» KulturLegi-Anbieter, 45 «Meine Töchter gingen mit den Flüchtlings­ kindern zur Schule, das bewog mich, diesen Familien meine Unter­ stützung anzubieten.» Freiwillige, 42 «Ich bin froh, dass ich jetzt meiner Tochter doch noch das Sommerlager bezahlen kann.» Alleinerziehende, 28 Schweiz um politisches Asyl ersuchte. Sie war in einem Heim für Asylsuchende der Caritas untergebracht, im «Sonnenhof» in Emmenbrücke. Seltsam, wie klein das Gebäude mir erschien, als ich wieder dort war, viel kleiner, als ich es in Erinnerung hatte, fast niedlich. Die Zimmer hingegen kamen mir etwas schäbig vor, aber ich schwieg beschämt, als ich sah, dass das Wohnheim für meine Freundin ein Paradies darstellte. Einen Halt in einem fremden Land. Leute, die sich für sie interessierten. Die ihr erklärten, wie die Schweiz funktioniert und welche Regeln einzuhalten sind. Sie hatte alle Brücken hinter sich abgebrochen, und hier gab es Leute, die ihr halfen, einen neuen Weg zu finden. Der Ort, der meine Kindheit bedrängte, wurde meiner Freundin zu einem Schloss des Vertrauens. Zum Glück gibt es den «Sonnenhof». Wenn seine Mauern reden könnten! Was sie alles gesehen haben, seit meine Grossmutter dort nächtigte und vielleicht vom Grossvater träumte, den sie bei den Gemüsegärten unten kennen gelernt hatte. Die Mauern schweigen, und das ist okay. Sie haben ihre Aufgabe erfüllt, sie haben die vielen Übergänge eines Jahrhunderts unbeschädigt überstanden. Mir haben sie geholfen, sie zu überwinden. Andern haben sie einen Halt gegeben. Wir brauchen auch feste Strukturen und Werte, die nicht bei jedem Wellenschlag der Geschichte einbrechen. Zum Glück gibt es die Caritas. Die dasteht, wenn jemand mit einer Brutalität aus seiner Umgebung gerissen wird, die wir uns kaum vorstellen können. Und einfach mal hilft. Alles andere hat Zeit. Alles andere kommt noch schnell genug. Die Fragen, die Abklärungen, ein Kulturschock, der gegenseitig ist. Das Asylgesuch meiner kubanischen Freundin wurde bewilligt, Caritas half mit Deutschunterricht, unterstützte bei der Wohnungssuche, begleitete zu Behördengesprächen. Man erleichterte ihr den Übergang in ein neues Leben. Und dann war sie in der Schweiz, und wurde selber zum Zeichen eines Übergangs, der vielen Leu-

ten Angst macht und sie verunsichert. Eine Fremde aus einem fernen Land. Globalisierung. Finanzkrise. Arbeitsplatzverlust. Zum Glück gibt es die Caritas. Die dasteht und mithilft, dass die Unsicherheit nicht in dumpfe Wut umschlägt, die dann bald auch Schuldige sucht. Mit Beschäftigungsprogrammen für Jugendliche. Mit der sozialen Beratung für Leute, die in Not geraten sind. Mit Veranstaltungen zum Verständnis zwischen den Kulturen. Übergänge schaffen. Übergänge erleichtern. Wir sind auf beides angewiesen. Sind wir doch selber nichts als ein einziger Übergang. Ich weiss, wovon ich rede. Brauche nur ein Foto anzusehen, das mich als Kindergärtner zeigt. Und eines von heute.

Bildstrecke «Übergänge gestalten» fotografiert in der Umgebung von Luzern vom Fotografen Daniel Tischler, Luzern. Die Arbeit ist inspiriert durch die noch junge Sportart «Le Parkour», bei der natürliche Hindernisse spielerisch übersprungen und überklettert werden. Die Hindernisse selbst dürfen dabei nicht verändert werden, weil es darum geht mit dem vorhandenem Umfeld zurecht zu kommen. Cover und S. 10/11 – Dominik Käufeler, Bern. S. 5 – Mo Henzmann, Emmenbrücke. S.6 – Michi Nguyen, Luzern. S. 9 – Sabine Wigger, Horw. S. 12 – Joel Eggimann, Römerswil.


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