Wirtschaft Spezial - Spezial Immobilien II

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SPARSAMER FLÄCHENVERBRAUCH. Wo Städte in der Vergangenheit in großen Schüben wuchsen, ging diese Entwicklung oft zulasten einer durchdachten Stadtstruktur. Berlin trifft Vorsorge, dass ein solcher Wildwuchs künftig ausgeschlossen ist. Die kompakte, gemischte und soziale Stadt der kurzen Wege sei weiterzuentwickeln, heißt es. Diese Leitbilder seien bei einem deutlichen Wachstum der Bevölkerung am besten geeignet, allen ein lebenswertes Umfeld zu sichern. Dabei hat die Nachverdichtung von Lagen mit vorhandener Infrastruktur Vorrang: „Innenentwicklung geht vor Außenentwicklung“, heißt dies im Bürokratie-Jargon. Dieses Vorgehen sichere einen sparsamen Flächenverbrauch und sei ökologisch wie ökonomisch nachhaltiger. Allerdings muss diese Nachverdichtung sowohl sozial verträglich als auch klimagerecht und städtebaulich wie architektonisch ansprechend vonstatten gehen, geben Fachleute der Senatsverwaltung zu bedenken. Der vom August 2013 stammende Stadtentwicklungsplan Wohnen wurde inzwischen von der Entwicklung überholt. Das explodierende Bevölkerungswachstum ist darin nicht ausreichend berücksichtigt. Vor kurzem noch rechnete Senator Andreas Geisel „mit einem Zuwachs von 250.000 Menschen. Das entspricht der Größe eines zusätzlichen Berliner Stadtbezirkes“. Neueste Schätzungen gehen längst von 340.000 Neu-Berlinern bis 2030 aus. AKTUALISIERUNG NÖTIG. Jetzt wird an einer Aktualisierung für das kommende Jahr gearbeitet. Dabei müssen Flächen ‒ vor allem die landeseigenen ‒ neu bewertet werden. Einige dieser Areale, die laut Flächennutzungsplan für den Wohnungsneubau verfügbar wären, waren 2013 noch

HOHER DRUCK. Nach dem Volksentscheid über die Nichtbebauung des Tempelhofer Feldes wurde dies um so notwendiger. Dort waren ursprünglich 5.000 Wohnungen geplant. Dies könne nun beispielsweise von der landeseigenen Fläche Elisabeth-Aue im Norden des Bezirks Pankow aufgefangen werden. „Unter diesem Handlungsdruck ist es erklärlich, dass die Elisabeth-Aue nicht erst nach 2025 realisiert werden soll, sondern etwa fünf Jahre früher“, heißt es aus der Senatsverwaltung. Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften Howoge und Gesobau sowie der Senat wollen auf der über 70 Hektar großen, heute landwirtschaftlich genutzten Fläche bis zu 5.000 neue Wohnungen für 10.000 Einwohner entstehen lassen. LANDESEIGENE FLÄCHEN. Ähnlich verhält es sich mit den Buckower Feldern am südlichen Rande von Neukölln, wo die Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ 500 günstige Mietwohnungen auf landeseigener Fläche plant. Das größte private Bauvorhaben in Berlin trägt den Namen „Weiße Taube“ und sieht 2.000 Miet- und 70 Eigentumswohnungen an der Landsberger Allee, Höhe Ikea, vor. Investoren sind dort Max Aicher und Harry van Caem. Baubeginn ist frühestens im Herbst 2017. Einen ähnlichen Zeithorizont, Baubeginn 2017, sieht der Bezirk Pankow für den Lückenschluss entlang der Michelangelostraße. Dort sollen 2.700 Wohnungen, eine Grundschule und eine Dreifelder-Sporthalle entstehen. NICHT KONFLIKTSCHEU. Egal, wo neu gebaut werden soll, wandeln sich Interessenkonflikte zwischen Anwohnern und Wohnungssuchenden schnell in Bürgerproteste und Politikfrust. Bausenator Andreas Geisel will aufpassen, dabei nicht unsensibel aufzutreten. Er sagt aber auch deutlich in Richtung jener, die Vorhaben verhindern wollen: „Wir können uns vor dem Wachstum in Michael Hielscher Berlin nicht wegducken.“

THEO B LAUS

PROF. K

als „nachrangig“ eingestuft. Diese sollten erst nach 2025 in Anspruch genommen werden. Dabei handelt es sich zumeist um Flächen, deren Bebauung die Stadt in die Landschaft erweitern. Diese Standorte galten als eine Art Puffer für den Fall der Fälle: Sollte die Bevölkerung noch schneller wachsen, als bisher angenommen, könnten sie zusätzlichen Spielraum für die Entwicklung eröffnen. Genau dieser Fall, so scheint es, ist nun eingetreten, der Spielraum soll deshalb ausgenutzt werden.

BILDER:

gen ins Auge erfasst. Konkrete Bauvorhaben fürs nächste Jahr sind die Areale Friedenstraße/Pufendorfstraße im Friedrichshain (600 Wohneinheiten), der Güterbahnhof Wilmersdorf (900), die Bautzener Straße in Schöneberg (300), das Freudenberg-Areal (650) in Friedrichshain, die Howoge baut am Lindenhof in Lichtenberg 410 barrierearme Wohnungen, in Mitte beginnen zudem die Bauarbeiten am Mauerpark und der Lehrter Straße. Für die nahe Zukunft sind zudem Hunderte Wohnungen auf der Güterbahnhofsbrache am Thälmannpark, am Pankower Tor sowie auf dem Areal des früheren Schlachthofs an der Landsberger Allee vorgesehen.

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RENNE R

Wohnungswirtschaft & Wohnungsbau

Wasserstadt Spindlersfeld Von Prof. Klaus Theo Brenner stammen die Entwürfe für den Bau von rund 800 Mietund Eigentumswohnungen.

Gartenstadt Karlshorst Die WPK Grundstücksentwicklungsgesellschaft plant dort 1.200 Wohnungen.

BILD: SITUS GMBH

Ludwig Hoffmann Quartier Mehr als 500 Miet- und Eigentumswohnungen plant die SITUS GmbH Grundstück+Projekt in Buch.

Freudenberg Areal Die kommunale Howoge lässt 650 Mietwohnungen erbauen, entworfen von Arno Bonanni Architekten. BILD: ARNO BONANNI ARCHITEKTEN

www.grothgruppe.de


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