Jahrbuch 2019

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Wir stehen zusammen United we stand

r:  „Wir schützen die Freiheit, Vielfalt und Unabhängigkeit in Kunst und Design“, „Wir stellen uns an die Seite derer, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden“, „Wir machen uns stark für ein plurales Miteinander und individuelle, eigensinnige Wege“ — Maja Redlin und Lisa Linz, Sie haben für die Kommunikation der Jahresausstellung 2019 Sätze entwickelt, die einerseits die Haltung der burg als Kulturinstitution verdeutlichen und klar nach außen trugen. Auf der anderen Seite war es zugleich eine Aufforderung nach innen. Wie waren die Reaktionen darauf? ll:  Zunächst der Hinweis, dass wir die Statements auf Grundlage unseres Leitbilds, der Erklärung der Vielen und der Weltoffenen Hochschule entwickelt haben. Aber eben nicht nur wir allein, wir haben mit vielen Personen, Studierenden wie Lehrenden, gesprochen, umformuliert, hinterfragt. Wir haben versucht, ein Miteinander zu finden und auf dieser Grundlage die Sätze zu formulieren. mr:  Die Reaktionen waren unterschiedlich. Viele fanden gut, dass wir die Medien der Jahresausstellung dafür genutzt haben, uns als Hochschule zu positionieren. Es gab aber auch kritische Stimmen, die der Meinung waren, die Hochschule kann die Sätze nicht genug mit Leben füllen. Wir fanden diese unterschiedlichen Ansichten gut und spannend. Wenn Kommunikationsmaßnahmen zu einem Austausch und einem Diskurs führen, ist das gut. Vielleicht kann wieder etwas Neues, ein Handeln entstehen, wenn die Leute inner- und außerhalb der Hochschule einen produktiven Weg finden, um sich einzubringen. Gleichzeitig zeigt es, dass wir weiterhin daran arbeiten müssen, die Inhalte auch aktiv mit Leben zu füllen. ll:  Ich fand die Gespräche extrem bereichernd. Ich bin ein Mensch, der erst einmal nicht sehr politisch nach außen tritt. Ich informiere mich und hinterfrage auch, aber ich habe bis letztes Semester nicht so viel aktiv gemacht. Für mich war das insofern sehr „empowernd“. Ich wurde sensibilisiert und besitze dadurch die Fähigkeit, darauf aufmerksam zu machen. Gegensätzliche Meinungen zu hören, war extrem gut, um dadurch eine Haltung zu entwickeln. Ich fände schön, wenn es weitergehen würde, wenn wir einen größeren Rahmen finden, in dem wir kommunizieren, unsere Werte gemeinsam entwickeln, hinterfragen und dafür einstehen.

az:  Und, geht es weiter? ll:  Aktuell habe ich das Gefühl, dass die Diskussionen ein bisschen eingeschlafen sind, vielleicht durch die vorlesungsfreie Zeit. Ich hoffe, dass sich das noch im Laufe des Semesters weiterentwickelt. r:  Wie politisch soll Kunst und Design eigentlich sein? Und welchen Raum nehmen diese Fragen in der Lehre ein? Hat sich das verändert in den letzten Jahren? dh:  Gesellschaftliche Themen haben in der Lehre, aber auch in Arbeiten von Studierenden zugenommen. Was mich irritiert, ist, dass man mitunter von der Hochschule einfordert, dass wir uns noch stärker politisch betätigen — wir sind als Hochschule jedoch nicht zuallererst dazu da, politische Arbeit zu leisten, sondern für die Bildung in Kunst und Design. Wir können aber Strukturen schaffen, damit sich alle an der Hochschule gleichberechtigt in den politischen Diskurs einbringen können. Das Engagement aller Hochschulmitglieder in dieser Hinsicht ist essentiell, sonst sehe ich einen Widerspruch zwischen Anspruchshaltung und persönlichem Engagement. Als Rektor war mir zum Beispiel wichtig, dass die Erklärung der Vielen von der Mehrheit der Hochschule diskutiert und unterstützt wird, bevor ich sie unterzeichne. Ich muss als Vertreter der Hochschulleitung das Gefühl haben, dass wir wirklich einen Auftrag aus der Hochschule heraus haben. at:  Ich sehe ebenso ganz klar eine Tendenz bei den Studierenden, gesellschaftspolitische Fragestellungen in ihre Projekte aufzunehmen. Ich würde jedoch einwenden, dass das nicht zur Wertung führen darf. Dass also Projekte und Arbeiten, die ästhetische Fragestellungen verfolgen, nicht mehr als gleichwertig betrachtet werden. Es gibt sehr viele Fragestellungen im Bereich Design und Kunst, die sollen alle ihren Raum haben und ihre Möglichkeiten finden. az:  Ich habe den Eindruck, dass es unterschiedliche Felder gibt. In der Kunstgeschichte wird zum Beispiel versucht, auf gesellschaftliche Situationen zu reagieren und dementsprechend Schwerpunkte in der Lehre zu setzen. In der Theorie finde ich das absolut wichtig, auch innerhalb unserer Veranstaltungsreihe „Jour Fixe“. In meiner eigenen Lehre, in der Bildhauerei halte ich mich da zurück. Da schließe ich mich


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