Natur+Umwelt 3-2017

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Fotos: Schrägformat

Viel kostet viel Jeder Stecker symbolisiert Strom­ verbraucher wie Waschmaschine oder Herd.

ich dusch’ schon ganz gerne warm«, kommt die Ant­ wort spitz zurück. Schließlich liegt das namenlose 8000-Seelen-Dorf bei 2 097 500 Euro Stromkosten pro Jahr, den Ver­ brauch der ansässigen Firma nicht mitgezählt. Das be­ eindruckt die Kids dann doch. War doch alles nur die ganz normale Grundausstattung … Dass die Medien­ elektronik in Deutschland ungeschlagen auf Nummer eins der Stromverbraucher steht, wundert hingegen niemanden hier. Die schnell gestartete Umfrage, wer wie viele Fernseher zu Hause hat, findet erst bei vier Geräten pro Familie ein Ende. Zeit für den »EnergieDreisprung«, meint Renate Schwäricke: 1. Energie ein­ sparen, 2. Ausnutzung verbessern, 3. Erneuerbare aus­ bauen. Vereinfachte Spielregeln Das war eine der großen Herausforderungen, denen Peter Satzger beim Entwickeln des BN-Energiespar­ dorfes gegenüberstand. Einerseits sollte das Modell die Situation in einem bayerischen Durchschnittsdorf realistisch abbilden, andererseits musste es so ver­ ständlich und im Wortsinn begreifbar bleiben, dass es Kinder und Jugendliche tatsächlich erreicht. Ungefähr ein Jahr lang hat er in seinem Keller an Idee und Konzept gefeilt, sich immer wieder mit Axel

Auf der Seite »BN aktiv« berichten wir über unsere Aktiven und ihre vielseitigen Naturschutzaktionen in ganz Bayern. Schreiner von der BN-Umweltstation in Wartaweil ab­ gestimmt – alles ehrenamtlich und neben seinem Job als Entwickler bei einem großen Autobauer. Dann hieß es Sägen, Schrauben und Löten und es vergingen noch einmal einige Monate bis der Prototyp endlich stand. Als Satzger und Schreiner schließlich ihren Frauen die Spielregeln erklären wollten, dauerte das eineinhalb Stunden. Da war ihnen klar, sie müssen nochmal ran ans Konzept. Schließlich gab der Erfolg den beiden

aber recht: Das bayerische Wirtschaftsministerium war so überzeugt von dem Prototyp, dass es den Bau und Einsatz drei weiterer Dörfer zu 70 Prozent förderte. Heute sind sie im ganzen Freistaat unterwegs: Etwa 300 Workshops mit rund 7500 Schülern ist die stolze Bilanz von 2016. Die Organisation und Vermittlung des Dorfes an den vier Standorten Bayerns stemmen die örtlichen Kreisgruppen mit sehr viel ehrenamtlichem Einsatz. Dann wird’s politisch Im Katharinen-Gymnasium ist inzwischen die Einsicht gewachsen, dass etwas gegen den hohen Stromver­ brauch unternommen werden muss. Gesagt, getan: Standby immer ausschalten wurde schon diskutiert, und dass ein Haus vier Fernseher braucht, zweifeln ­inzwischen bestimmt auch einige an. Also weiter zu Stufe 2: Die Schüler tauschen ihre Geräte gegen effizi­ entere aus und beobachten auf der Leinwand, wie der Stromverbrauch ihres Dorfes merklich sinkt. Stufe 3: Jetzt wird’s politisch. Zwei Jungs schlüpfen in die Rollen des ersten und zweiten Bürgermeisters, ein anderer wird zum AKW-Betreiber und auch Landwirte, Firmen­ besitzer, Pfarrer und Naturschützer sitzen mit am ima­ ginären Gemeinderatstisch. Renate Schwäricke liefert den Schülern Input zu den einzelnen Rollen, und ein ausgeteiltes Faktenblatt hilft beim Argumentieren. Wie lebhaft sich die Diskussion im »Gemeinderat« entwickelt, erstaunt mich. Freiflä­ chen-Fotovoltaik-Anlage? Klar, machen wir. Windrä­ der? Nur, wenn Landwirte, Anlieger und Naturschützer mitreden dürfen. Biogasanlage? Hm, was kommt da ­eigentlich rein? Zwischendurch werden die Anlagen im Modelldorf angeschlossen, der Zähler für den einge­ speisten Strom tickert immer schneller. Zu Unterrichts­ ende muss Renate die Diskussion fast abwürgen und es gibt mehrere positive Rückmeldungen. So hat das Energiespardorf wieder einmal seinen Zweck erfüllt, das Zusammenspiel von Politik, Technik und dem ­Handeln Einzelner anschaulich zu machen. Weitere Infos zum Energiespardorf: → www.kurzlink.de/energiespardorf

[3-17] Natur + Umwelt BN-Magazin

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