Natur + Umwelt 3-2012

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Eiszeit für die dritte Startbahn

Ein Erfolg für den Klimaschutz: Die Jugendorganisa­ tion Bund Naturschutz (JBN) hat mit vielen krea­ tiven Aktionen dazu beigetragen, den Ausbau des Münchner Flug­ hafens vorerst zu stoppen.

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lötzlich sind sie da und erregen viel Aufsehen in der Stadt. Wochenende für Wochenende ziehen sie durch die Kneipen und Bars – am Abend, wenn es dort schön voll ist. Eine Gruppe Eisbären ist in München unterwegs. Sie stellen sich zu den Menschen an die Theke, kommen zu den Gästen an die Tische und verwickeln diese in Gespräche über ein Thema, das ihnen ziemlich am Herzen liegt: Muss denn der Münchner Flughafen wirklich ausgebaut werden? Braucht die Region unbedingt eine dritte Startbahn? Und vor allem: Wie würde eine weitere Steigerung des Flugverkehrs das Weltklima verändern – und damit die frostige Heimat der Eisbären? Am Ende bitten die Pelztiere um eine Unterschrift, damit ein Bürger­ entscheid stattfinden kann. Die Münchner sollen abstimmen, ob sie für oder gegen den Ausbau des Flughafens sind. »Irgendwann haben wir gemerkt, dass wir mit einem Infostand oder Flugblättern nur eine gewisse Zahl von Leuten erreichen. Der Rest schaltet ab, will sich nicht mit dem Thema beschäftigen«, sinniert Andreas Link vom Landesvorstand der

YouTube-Video der JBN ansehen? www.youtube.com/ watch?v=zCL6cbv6QTk

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Natur + Umwelt BN-Magazin [3-12]

JBN. Dass sich die bayerische BUNDjugend gegen den geplanten Ausbau des Flughafens engagieren würde, war klar: »Schon jetzt produziert der Airport ein Zehntel der bayerischen Treibhausgasemissionen. Als Ausgleich müsste man jedes Jahr einen Buchenwald von der Fläche Mittelfrankens anpflanzen«, erklärt der 22-Jährige. »Mehr Flugverkehr würde dem Weltklima noch mehr zusetzen – das wäre das falsche ­Signal.« Im Aktionsbündnis gegen den Flug­ hafenausbau, das sich in Bayern formierte, hatte die JBN sofort ihre spezifische Rolle: »Während andere Gruppen sich zunächst auf die Themen Lärm und ­Naturschutz konzentrierten, war für uns der Klimawandel das wichtigste Argument gegen den Ausbau. Und wir haben die frechen, ungewöhnlichen und kreativen Aktionen geplant.« Zuerst stellte die JBN eine Bastelanleitung für einen Protest-Papierflieger ins Internet, die über 300-mal heruntergeladen wurde. Später starteten die Kneipentouren im Eisbärenkostüm, um Hunderte Unterschriften für das Bürgerbegehren zu sammeln. »Dann haben wir uns überlegt, wie wir unsere Argumente knapp und witzig verpacken können, damit sie auch jene erreichen, die noch nicht überzeugt sind«, erzählt Amelie Bauer. Sie hatte die Idee zu einem kurzen Video: Eine gelangweilte Stewardess in einer Flugzeugkabine aus Recyclingpapier macht ihre Passagiere nicht wie üblich mit den Sicherheitsvorkehrungen an Bord vertraut, sondern liefert stattdessen »Munition« gegen die Ausbaupläne. »Mit über 5500 Klicks auf YouTube ist das Video inzwischen das erfolgreichste, das die JBN je online gestellt hat«, freut sich Amelie Bauer. Anschließend lud man zum öffentlichen Picknick im Flughafen: auch das eine Idee, die beim Aktionsbündnis gegen die neue Startbahn viel Anklang fand. »Bei der Organisation des Protests hat sehr geholfen, dass wir uns mit den Menschen vernetzt haben, die in London den Bau einer neuen Startbahn verhindert haben«, erzählt Joseph Brückner. Er organisierte für die JBN einen Klimakongress. »Viele Ideen haben wir dort entwickelt – auch das Picknick im Terminal


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