StiftungsReport 2012/13

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Lernen vor Ort: Musterbeispiel transsektoraler Zusammenarbeit

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Wie sich die Organisation von Bildungsangeboten besser an die heutigen Anforderungen anpassen lässt, zeigt auch das bundesweit angelegte Programm „Lernen vor Ort“. An dessen Entstehung wirkte im Herbst 2009 ein Stiftungsverbund von 29 (mittlerweile 47) Stiftungen mit. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und 40 Kommunen engagiert er sich für ein „kohärentes Bildungsmanagement vor Ort“.76 Die Kreise und kreisfreien Städte haben sich für die Teilnahme am Programm mit schlüssigen Konzepten beworben, wie das regionale Bildungswesen den Ansprüchen einer modernen Wissensgesellschaft genügen kann. Die Besten im Westen und Osten erhalten nicht nur materielle, sondern auch praxisnahe Unterstützung. Hierfür bringen Stiftungen ihre lokalen Netzwerke, fachliche Expertisen und Erfahrungen ein: „Stiftungen tun sich vor Ort zusammen, was bisher nicht selbstverständlich ist und war“, sagt Wilfried Lohre, Geschäftsführer des Nationalen Stiftungsverbundes. „In 24 der 40 geförderten Kommunen existieren mittlerweile lokale Stiftungsverbünde, die eine dauer­hafte ­Stiftungskooperation anstreben, sich als Bestandteil der örtlichen Zivilgesellschaft verstehen und mit den anderen Bildungsakteuren gemeinsam handeln wollen.“ 77 Die Initiatoren haben erkannt, dass es für den individuellen Bildungserfolg wichtig ist, die einzelnen Bildungsstationen systematisch miteinander zu verzahnen. Dadurch soll lebenslanges Lernen erleichtert werden. Das Programm fokussiert besonders auf benachteiligte Kinder und Jugendliche wie Kinder mit Migrationshintergrund oder Hauptschüler.

StiftungsReport 2012/13

Anders als gemeinhin üblich beteiligen sich die Stiftungen an „Lernen vor Ort“ nicht finanziell, sondern bringen sich mit ihrer Expertise ein, etwa indem sie Patenschaften übernehmen. Grundpatenschaften bestehen jeweils zwischen einer Stiftung und einer Kommune. Eine Stiftung mit besonderem Schwerpunkt, etwa der Integration behinderter Schüler, kann im Rahmen einer Themenpatenschaft auch mehreren Kommunen zur Seite stehen. Zusätzlich unterstützen die Stiftungen die Kommunen dabei, nachhaltige Konzepte zu entwickeln und Public Private Partnerships aufzubauen. So hat sich aus dem Programm Lernen vor Ort etwa in Lippe die Gründung einer Bildungsgenossenschaft, Lippe Bildung eG, ergeben, an der sich Unternehmen, die IHK, die Agentur für Arbeit, Stiftungen und Hochschulen beteiligen. „Die Bildungsgenossenschaft kann das, was früher verschiedene Akteure nebeneinander gemacht haben, bündeln“, sagt Markus Rempe, Vorstand der Lippe Bildung eG. So habe beispielsweise die Stiftung Standortsicherung Kreis Lippe der Genossenschaft Mittel zur Verfügung gestellt, anstatt eigene Projekte durchzuführen. Davon profitierte auch das Lippe Energy Camp, bei dem leistungsstarke Schüler auf einer fünftägigen Exkursion mehr über Berufe in der Energiebranche erfahren konnten. Unternehmen der Regionen ermöglichten unter anderem Betriebsbesichtigungen und organisierten Busfahrten. An jedem Ort stellen sich Netzwerke und Beteiligungsstrukturen anders dar. Vielerorts haben Stiftungen die im Bildungsbereich Tätigen dazu gebracht, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.


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