Deutsch Magazin September'12

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Schüler sehen. Es gibt immer noch fünf Schüler und sie setzten seinen Weg fort. Die Schüler meines Großvaters sehen sich selbst als zweite Schülergeneration meines Großvaters. Wenn sie von meinem Vater gelernt hätten, wären sie für die dritte Schülergeneration gehalten worden und dies hat in der chinesischen Kultur weniger Status, als zweite Generation Praktizierender zu sein. Sie trainieren die Techniken von vor 1950, als die Anwendungen noch von höchster Bedeutung waren. So glaubt mein Vater, dass der neue Fu Stil korrekt ist. Er wird die Entwicklung der Form, ihre Details und Techniken fortführen. Die identischen Faust- und Waffenformen werden die Veränderungen übernehmen. Veränderung ist natürlich in der Welt, alles verändert sich täglich. Wenn du keine Veränderung willst, bleibst du zurück. Das Problem in den Kampfkünsten ist, dass manche Veränderungen schlecht sind, andere wiederum gut. Es hängt von dem Schöpfer ab. Wenn du genügend Erfahrung und Fähigkeiten hast, werden deine Veränderungen positiv sein. Wenn das Gegenteil der Fall ist, werden sie schädliche Auswirkungen haben. Schüler wissen nicht, welche Art von Stil gut ist, welche nicht gut, welche mäßig gut. Genauso wenig wissen sie den Fu Stil zu beurteilen. Es unterscheidet sich davon, ein Handy zu benutzen. Wenn du ein Handy benutzt, kannst du sofort dessen Funktionen vergleichen, ob es leichter oder schwieriger zu verwenden ist im Vergleich zu einem älteren Modell. Aber in den Kampkünsten brauchst du Erfahrung. Erfahrung bedeutet nicht nur ein bestimmter Stil: Du musst deine Augen öffnen und unterschiedliche Stilrichtungen kennenlernen. Dann erst kannst du feststellen, was gut ist, nicht so gut oder nicht gut genug. Ich bin also die dritte Generation. Meine Erfahrung und mein Hintergrund unterscheiden sich von denen meines Vaters. Man kann sehen, dass es Unterschiede gibt zwischen meinen Bewegungen und denen meines Vaters. Keine großen, nur Veränderungen im Detail. Mein Bruder, meine Schwester und ich lernten alle von meinem Vater. Ich habe einige Bewegungen für die Anwendung sinnvoller gestaltet. Zum Beispiel, Tai Chi in einem Kreis auszuführen - das habe ich entworfen. Niemand sonst praktiziert Tai Chi in einem Kreis. Wir trainieren Gruppen Tai Chi in der Runde. Der zentrale Punkt ist, dass ich fühle, dass der neue Fu Stil besser ist als der alte - für die Geschicklichkeit, zur Anwendung, für die

Gesundheit. Beispielsweise war mein Großvater, als er starb, 72 Jahre alt. Mein Vater starb mit 83. Also sage ich mir 93! Ich fühle mich gut, meine körperliche Verfassung ist jünger als mein Alter. …Vielleicht an die 100! Also sind die Dinge anders als noch vor 10 oder 20 Jahren. Die Leute sind mehr an der Gesundheit interessiert. Die Anwendungen sind spannend, aber es passiert wenig Wandel in ihnen. Gelegenheiten zum Kämpfen sind gering. Aber wenn du den Schüler n die Anwendung zeigst, verstehen sie, warum die Bewegungen das sind, was sie sind. Also, der neue Fu Stil ist besser als der alte. Als Praktizierender der dritten Generation glaube ich, dass ich der Fu Stil Topmeister bin. Ich kann sagen, dass es, ob alt oder neu, der Stil meiner Familie ist. Ich sage nicht, dass der alte Stil schlecht ist, der neue Stil kommt ja vom alten. Die Natur erfordert Veränderung, um gut zu sein. Manchmal ist traditionelles gut, aber nicht immer. F: Sie sind die einzige Person, die dazu berechtig ist, diese Dinge zu sagen. Niemand sonst. Ja, ich bin dazu berechtigt das zu beurteilen. F: Nun haben Sie uns die Unterschieden zwischen dem alten und dem neuen Fu Stil gut erklärt. Aber Meister Maurizio ist neugierig herauszufinden, warum Ihr Großvater damit anfing Kampfkunst zu erlernen. Wie der alte Fu Stil entstanden ist und vielleicht etwas über die Entwicklungsgeschichte des alten Fu Stil? Als mein Großvater Fu Zheng Song jünger war, vielleicht vor 100 Jahren, lernte in China jedes Dorf und jede Person Kampfkunst. Es war sehr beliebt. Mit den Kampfkünsten kannst du dich selbst schützen, deine Familie, dein Dorf und dein Land! Die Kampfkünste befassten sich mehr mit Anwendungen und hartem Kung F u . M e i n G ro ß v a t e r l e b t e a u f d e m L a n d . D a s D o r f sammelte Geld, um Shifus von anderen Städten bringen zu lassen, um die Einwohner zu unterrichten. In der Zeit meines Großvaters erlernten Menschen die Kampfkünste mehr als konzentrierte Selbstverteidigung, mehr Anwendungen. Als er 16, 17 Jahre alt war, fing er sein Kampfkunsttraining in einer Dorfgruppe an. Damals griffen Räuber die Dörfer an und so griffen sie auch das Dorf m e i n e s G ro ß v a t e r s a n . M e i n G ro ß v a t e r v e r t e i d i g t e zusammen mit seinen Gefährten, den Dorfbewohnern, das Dorf und er durchbohrte und tötete den Anführer der Räuber. Kam die Nacht, kamen die Räuber. Du wusstest nicht, wann sie dich im Schlaf attackierten. Deshalb nahm mein Großvater meinen Vater, meine Großmutter, die Schwester meines Vaters und meinen Onkel und die gesamte Familie ging fort aus dem Dorf. F: Was sind die Verbindungen zwischen den Kampfkünsten und dem I Ging (Buch der Veränderungen)? In Europa wissen wir, dass dieses Buch existiert, vielleicht kannst du uns kurz etwas über das Konzept darlegen. Die Bedeutung von I Ging ist Veränderung. Es verändert sich nicht nur eine Sache. So viele Dinge…Ich meine, nicht nur menschliche Beziehungen, das Wetter, die Bäume…alles verändert sich. Und so beinhaltet das I Ging das Konzept von Ying und Yang, Bagua, die fünf Elemente…auch Tai Chi und Xingyi schließen die fünf Elemente-Formen mit ein, sowie Bagua, diese drei Abschnitte, das Neijia Chun-System …Wu Dang Pai. Wu Dang Pai ist daoistische Kultur. Die daoistische Kultur

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