SCM Journal

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„Die Bibel ausreden lassen ...“ iRMgaRd wEtH zuM JuBilÄuM: 20 JaHRE nEukiRcHEnER kindER-BiBEl Generationenübergreifende Bibel Diesen Weg hat Irmgard Weth offenbar erfolgreich beschritten. Die Neukirchener Kinder-Bibel ist entstanden an der Schnittstelle zwischen biblisch-theologischem Unterricht, der Ausbildung für DiakonInnen und ErzieherInnen sowie der religionspädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen im Neukirchener Erziehungsverein (Neukirchen-Vluyn), dem auch der Kalenderverlag angegliedert ist. So versteht sich diese Bibel nicht nur als Bibel für Kinder, sondern als „generationenübergreifende“ Bibel, die in Schulen und Gemeinden weite Verbreitung gefunden hat, auch in den katholischen Raum hinein.

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Beeindruckt erzählt Irmgard Weth von dem Jungen im Konfirmandenunterricht, der zum ersten Mal die Bibel aufschlägt. „Ich kann Gott nicht verstehen, warum er die Menschen geschaffen hat und nicht aufgegeben hat, obwohl sie so viel Mist bauen“, meint er erschrocken als er im Alten Testament zu lesen beginnt. Aber dann gibt er sich selbst die Antwort: „Ich glaub, das kann nur Liebe sein!“

Einmalig für Kinderbibeln sei der ausführliche Anhang, der als „Einführung in die Bibel und ihre Geschichten“ dient. Als weiteres wichtiges Charakteristikum der Neukirchener KinderBibel erwähnt Irmgard Weth die Illustrationen des niederländischen Künstlers Kees de Kort. Sie bestechen „durch Sparsamkeit der Mittel und intensiven Ausdruck“.

„Die Bibel spricht zu mehr Menschen und in viele verschiedene Lebenssituationen hinein, wenn man sie nicht durch eigene Interpretationen von vorneherein zu sehr festlegt.“

Auch für Irmgard Weth ist das ein Schlüssel: Dass man über dem Lesen der Bibel „das Staunen lernt über Gott und seinen langen Atem der Liebe, in seiner langen Geschichte mit den Menschen“. Weth muss es wissen: Die Theologin und Pädagogin hat die erfolgreiche „Neukirchener Kinder-Bibel“ geschrieben, die in diesem Herbst 20-jähriges Jubiläum feiert, in 16. Auflage erschienen und bis heute mehr als 600.000 Mal verkauft worden ist. In 154 Geschichten aus dem Alten und Neuen Testament entfaltet sie den Weg Gottes mit seinen Menschen, wobei sie besonderen Wert auf die sprachliche Gestaltung jeder einzelnen Erzählung legt. Sie erzählt in klaren und betont einfachen, rhythmischen Sätzen, in Anlehnung an die elementare Sprache der Luther-Bibel. In epischen Texten und dramatischen Dialogen verfolgt sie ihr Anliegen, „die Bibel ausreden zu lassen, ohne ihr gleich belehrend oder erklärend ins Wort zu fallen“.

Begeistert beschreibt Irmgard Weth die Einzigartigkeit biblischer Erzählungen, die „vergangen und gegenwärtig, einmalig und vielmalig zugleich“ sind. Im Nacherzählen würden sie lebendig, ohne dass man sie durch erklärende Zusätze anreichern und aktualisieren müsse. Die in der Neukirchener Kinder-Bibel enthaltenen Erzählungen berichten von realen Erfahrungen, die Menschen mit Gott gemacht haben. Sie erzählen von Freude und Trauer, von Verzweiflung und Hoffnung. Die Autorin hat festgestellt: „Die Bibel spricht zu mehr Menschen und in viele verschiedene Lebenssituationen hinein, wenn man sie nicht durch eigene Interpretationen von vorneherein zu sehr festlegt“.

Beachtlich findet Irmgard Weth eine gegenläufige Bewegung: Aller Säkularisierung zum Trotz, ist die Nachfrage nach (Kinder-)Bibeln über die Jahrzehnte stark gewachsen; offenbar ein Ausdruck dessen, was der amerikanische Medienkritiker Neil Postman so formuliert hat: Was wir brauchen, ist „die glaubwürdige Erzählung, die der Vergangenheit Bedeutung zuschreibt, die Gegenwart erklärt und für die Zukunft Orientierung liefert.“ Die Neukirchener Kinder-Bibel erzählt diese Geschichten. Jörg Podworny

SCM Journal Herbst 2008 BioGRAFien | 17


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