Das Bozner Netzwerk der Dienste für Frauen in Gewaltsituationen – Erstes Tätigkeitsjahr

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um Anlässe, die sich im Beziehungsleben abspielen und starke Gefühle hervorrufen. Die Schwierigkeit, die eigenen Gefühle unter Kontrolle zu halten, spielt eine ausschlaggebende Rolle beim Entstehen von Gewalt innerhalb einer intimen Beziehung, auch wenn die Kontexte sehr unterschiedlich sind. Bei Trennungen ist Stalking die häufigste Gewaltform, während bei Ehen ökonomische und körperliche Gewalt vorwiegen. Ein Fünftel der Frauen, die Opfer von Gewalt sind, gibt an, dass die Gewalt mit der sozialen und beruflichen Sphäre verbunden ist (Arbeitstätigkeit, Arbeitswechsel, Migration) und sich vornehmlich in Form von ökonomischer Gewalt und Verfolgung ausdrückt. Ein geringerer aber dennoch bedeutsamer Anteil der Frauen ist Opfer von Menschenhandel und sexueller Ausbeutung. Die für diese Verbrechen typische Gewaltform ist die Vergewaltigung (Grafik 8). In Bozen wurden außerdem auch ein Fall von Genitalverstümmelung und ein Fall von Zwangsheirat verzeichnet.

Wer übt Gewalt gegen Frauen aus? Täter sind insbesondere Ehemänner, Verlobte und Partner (53%) sowie ehemalige Partner (13.6%). Erstere üben vorwiegend ökonomische, psychologische und körperliche Gewalt aus, während ehemalige Partner eine “Vorliebe” für Stalking, Verfolgungsakte und körperliche Misshandlungen haben. Die Daten, die die von ehemaligen Partnern ausgeübte Gewalt betreffen, zeigen, dass die Trennungsphase ein besonders komplexer Übergang ist, bei dem eine eingehende und kompetente Überprüfung einer eventuellen Rückfallgefahr von wesentlicher Bedeutung ist. In 16% der Fälle sind die Täter Familienmitglieder (Eltern und Verwandte), in 11% der Fälle handelt es sich um Freunde und Bekannte. Die Fälle, in denen der Täter eine unbekannte Person ist, sind selten und finden meist im Zusammenhang mit Menschenhandel und mit Zuhälterei statt. Die Daten des Dire-Netzes6 (DiRe, 2011) ermöglichen einen Vergleich zwischen der Bozner Realität und jener auf Nationalebene: Der Fokus liegt in beiden Fällen bei den Intimbeziehungen, da der Partner sowohl in Bozen als in ganz Italien als Hauptverantwortlicher der Gewalttaten hervorgeht. Der von DiRe erhobene Prozentsatz ist jedoch mit 64% bedeutsam höher als jener von Bozen. Dasselbe gilt, in geringerem Ausmaß, für die Daten in Bezug auf die ehemaligen Partner (20% auf Nationalebene). In Bozen ist hingegen die Gewalt gegen Frauen, die von Familienmitgliedern (Eltern und Verwandte) herrührt, häufiger als im Rest Italien (16,2% gegen 8%). Eine ähnliche Abweichung gibt es auch im Falle der von Freunden und Bekannten ausgeübten Gewalt (11% gegen 6%) sowie jener, die von unbekannten Personen ausgeübt wird (3,9% gegen 2%). Grafik 9 : Beziehung zum Gewalttäter - Prozentsätze 6

In diesem Fall beziehen wir uns auf die DIRE-Erhebung 2010, in der die Daten besser aufgeschlüsselt und deswegen

auch besser vergleichbar sind (DiRe, “DATI STATISTICI ANNO 2010: 3° RILEVAZIONE NAZIONALE”).


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