Interview Recruiting Fluktuation im Unternehmen herrscht, ist es an der Zeit, sich zu fragen, ob es nur am Arbeitsmarkt oder auch am Unternehmen selbst liegen könnte. Auch der wirtschaftliche Schaden ist immens, auch wenn es faktisch nicht immer in Gänze offensichtlich wird. Das Personalwesen ist die Hygiene für das Unternehmen. Wer da nicht aktiv bleibt, wird es immer schwerer haben, geeignetes Personal zu finden und zu binden. BODYMEDIA: In der Fitnessbranche arbeitet man ja eher dezentral. Das Team ist nicht immer vollständig vor Ort und auch die Führungskräfte sind nicht immer greifbar. Hält das noch mal andere Herausforderungen in Bezug auf die Mitarbeiterintegration bereit? Francisco J. Fiala: Hier kommt es wieder auf eine vertrauensvolle Kommunikation und gut abgestimmte Strukturen und Prozesse an. Der Inhaber sollte diese Kommunikation durch andere Mitarbeiter ermöglichen. Wenn da ein offener und vertrauensvoller Austausch praktiziert wird, dann kann das durchaus funktionieren. In der Regel sind Mitarbeiter unter bestimmten Voraussetzungen gerne bereit, Verantwortung zu übernehmen. BODYMEDIA: Welche Erwartungen sollten bei einem neuen Mitarbeiter erfüllt werden? Francisco J. Fiala: Vor allem Aufmerksamkeit, Wertschätzung und ein transparenter Umgang. Ganz wichtig ist es, ihm eine Ansprechperson an die Seite zu stellen. Und dann nicht nur irgendjemanden, sondern bestenfalls einen Mitarbeiter, der mit ihm auf einer Wellenlänge sein könnte. Das vermittelt dem neuen Mitarbeiter gleich ein gutes Gefühl. Gut wäre es außerdem, wenn man plant, was man die nächsten Monate mit dem Mitarbeiter vorhat, also welche Aufgaben man ihm übertragen möchte. Die Einarbeitung ist enorm wichtig, auch für die Bindung an das Unternehmen, dafür sollte man ausreichend Zeit einplanen. Ein Punkt, der dabei immer wieder übersehen wird, ist die Vermittlung einer Fehlerkultur. Der neue Mitarbeiter darf gerne früh lernen, dass er Fehler machen bzw. offen damit umgehen 150
Ein Zeichen der Wertschätzung: Jedem neuen Mitarbeiter sollte man eine Ansprechperson an die Seite stellen
darf. Je transparenter damit umgegangen wird, desto effizienter können diese auch behoben werden und der gesamten Organisation somit zu einem Qualitätssprung verhelfen. Denn letztlich geht es darum, als Team besser zu werden. Wer den neuen Mitarbeiter zudem an themenübergreifenden Meetings etc. teilhaben lässt, entwickelt aus ihm heraus vielleicht sogar Fähigkeiten, von denen keiner wusste, dass er sie hat. Eine hohe Transparenz ist außerdem ziemlich hilfreich. BODYMEDIA: Vieles von dem, über das wir gesprochen haben, kann eigentlich jedes Unternehmen umsetzen. Aber so einfach ist es sicher nicht. Wo liegen hierbei die Stolpersteine? Francisco J. Fiala: Es ist sicher auch eine Frage der Priorisierung. Wenn ich als Praxisinhaber sage, dass mir mein Equipment das Wichtigste ist, werde ich eher weniger Zeit für meine Mitarbeiter aufwenden. Allgemeiner gesprochen hängt es aber sicherlich auch damit zusammen, dass Human Resources bisher nie so richtig als Kompetenzzentrum anerkannt wurde. Viele glaubten, diese Fähigkeit intuitiv zu besitzen. Leider trifft das nicht in jedem Fall zu. Und insbesondere in kleineren Unternehmen fällt es schnell
mal unter den Teppich. Ich bin davon überzeugt, dass es den Unternehmern, die sich mit diesem Thema wirklich beschäftigen, viel Lebensqualität gibt, nicht nur weil funktionierende Strukturen vorhanden sind, sondern weil das Unternehmen auch krisensicherer wird. Selbst der Weggang eines Leistungsträgers kann dann leichter kompensiert werden. BODYMEDIA: Vielen Dank für das interessante Gespräch!
Zur Person Francisco J. Fiala ist Experte auf dem Feld des Recruitings und der Eignungsdiagnostik sowie im Onboarding neuer Mitarbeiter. Als Führungskräftecoach hat er zahlreiche Unternehmen in unterschiedlichen Branchen beraten. Vor seiner Zeit als Personalberater war er als Geschäftsführer für City Fitness in Deutschland und später in Spanien tätig.